Hinzurechnungsbetrag ermitteln: So regelt es das AStG!
Mit der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 14 des Außensteuergesetzes (AStG) möchte der Gesetzgeber Gestaltungen entgegenwirken, bei denen ein deutscher Steuerpflichtiger Gewinne über ausländische Zwischengesellschaften „schleust“, um die Gesamtsteuerbelastung zu reduzieren. Anzusetzen ist dabei der sogenannte Hinzurechnungsbetrag, der zu den Kapitaleinkünften nach § 20 EStG gehört. Wir werfen einen etwas genaueren Blick auf die konkrete Berechnung des Hinzurechnungsbetrages nach § 10 AStG!
Unser Video: Die Hinzurechnungsbesteuerung
In diesem Video erklären wir, wie die Hinzurechnungsbesteuerung funktioniert und wie sie vermieden werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundsatz: Was steckt hinter der Hinzurechnungsbesteuerung?
Die in den §§ 7 bis 14 AStG geregelte Hinzurechnungsbesteuerung gehört zu den inländischen Normen des internationalen Steuerrechts, basiert also nicht – wie beispielsweise ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – auf Absprachen und Vereinbarungen mit anderen Staaten. Wie auch die übrigen Vorschriften des Außensteuerrechts, erstreckt sich ihre Wirkung daher grundsätzlich nur auf inländische Steuerpflichtige.
Voraussetzung für die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung ist, dass ein inländischer unbeschränkt Steuerpflichtiger (natürliche oder juristische Person) eine ausländische Kapitalgesellschaft beherrscht (§ 7 Absatz 1 Satz 1 AStG). „Beherrschung“ liegt dabei immer dann vor, wenn der jeweiligen Person mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind (Absatz 2). Ist dies der Fall, gilt die ausländische Gesellschaft außerdem als nahestehende Person.
Die Ermittlung eines Hinzurechnungsbetrages nach § 10 AStG wird allerdings erst dann erforderlich, wenn die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 AStG ist. Diese Voraussetzung gilt im Wesentlichen in folgenden Fällen als erfüllt:
- Die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft, ermittelt nach inländischen Grundsätzen, unterliegen einer Besteuerung mit 15 % oder weniger (§ 8 Absatz 5 AStG)
- Die Gesellschaft übt im ausländischen Staat, in dem sie ihren Sitz hat – beispielsweise in der Schweiz – keine „wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit“ aus
In § 8 Absatz 1 AStG nennt der Gesetzgeber abschließend alle Fälle, in denen nicht von einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit am statuarischen Sitz der Kapitalgesellschaft auszugehen ist. Diese Voraussetzung ist bei Gewerbetreibenden und Vermietungsunternehmen regelmäßig dann erfüllt, wenn im entsprechenden Staat ein aktiver Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Während eine reine „Briefkastenfirma“ mitunter § 8 AStG unterfällt, gilt dies nicht, wenn vor Ort Mitarbeiter beschäftigt, Lager- und Betriebsstätten unterhalten oder Produkte veräußert werden.
Ist die ausländische Gesellschaft hingegen Zwischengesellschaft für inländische Einkünfte, ist für die Anteilseigner ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG zu ermitteln!
2. Hinzurechnungsbetrag ermitteln – § 10 AStG im Detail
Die Einkünfte der sogenannten Zwischengesellschaft sollen durch den Hinzurechnungsbetrag im Ergebnis so behandelt und besteuert werden, als hätte sie der jeweilige Anteilseigner unmittelbar erzielt. Für Zwecke der inländischen Besteuerung ignoriert der Gesetzgeber also die zwischen die Einkunftsquelle und die natürliche oder juristische Person „geschaltete“ Gesellschaft und stellt eine Besteuerung unmittelbar auf Gesellschafterebene sicher.
Wie der Hinzurechnungsbetrag zu ermitteln ist, regelt dabei § 10 AStG. Grundsätzlich ist hier folgende Reihenfolge zu beachten:
- Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7 und 8 AStG.
- Ermittlung der Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft nach deutschen Gewinnermittlungsgrundsätzen.
- Erfassung des Hinzurechnungsbetrages nach § 10 AStG in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG.
- Durchführung von Kürzungen nach den §§ 11 und 12 AStG.
Werfen wir also einen Blick auf die einzelnen Vorschriften, die die schlussendliche Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages regeln.
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2.1. Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7 und 8 AStG
Bevor überhaupt ein Hinzurechnungsbetrag zu ermitteln ist, müssen die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7 und 8 AStG gemeinsam vorliegen. Notwendig ist also insbesondere, dass
- eine im Inland unbeschränkt steuerpflichtige, natürliche oder juristische Person
- eine Körperschaft, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat und für die auch keine Steuerbefreiungen nach § 3 Absatz 1 KStG gälten,
- im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG beherrscht
und diese Gesellschaft Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 AStG ist, weil sie keine aktive wirtschaftliche Tätigkeit am Sitz ausübt und zudem einer Besteuerung mit weniger als 15 % unterliegt.
Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen und liegt in der Folge keine Zwischengesellschaft vor, ist kein Hinzurechnungsbetrag zu ermitteln. Entsprechendes gilt durch § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG in Fällen, in denen eine Gesellschaft zwar weder Sitz noch Geschäftsleitung in Deutschland hat, für die aber eine Steuerbefreiung nach § 3 Absatz 1 KStG griffe, wenn dem so wäre.
2.2. Ermittlung der ausländischen Einkünfte und des Hinzurechnungsbetrages
Nach § 10 Absatz 1 AStG sind die nach § 7 Absatz 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft beim Steuerpflichtigen als Hinzurechnungsbetrag anzusetzen. Die Bezeichnung „Hinzurechnungsbetrag“ stammt dabei daher, dass ohne die Regelungen des AStG keine Erfassung der Erträge beim Gesellschafter notwendig wäre, weil die Zwischengesellschaft sie bis zur Ausschüttung „abschirmt“.
Im Ergebnis entspricht der Hinzurechnungsbetrag den nach § 4 Absatz 1 EStG ermittelten Einkünften der Zwischengesellschaft. Sie gelten stets als solche aus Gewerbebetrieb (§ 10 Absatz 3 Satz 1 und 2 AStG). Folge der entsprechenden Anwendung des EStG ist, dass Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Absatz 4 EStG den Hinzurechnungsbetrag mindern, soweit sie mit den Einkünften der Zwischengesellschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Beispiel: Der deutsche Unternehmer Max ist zu 100 % an einer ausländischen GmbH beteiligt. Sie erbringt verschiedene Beratungsleistungen im Versicherungsbereich und wird mit 10 % besteuert. Da Max überwiegend aus Deutschland für seine Kapitalgesellschaft arbeitet und vor Ort keinen aktiven Geschäftsbetrieb unterhält, ist sie Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG. Die nach deutschem Recht ermittelten Einkünfte der Gesellschaft betragen EUR 200.000 und gelten als Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG.
2.3. Erfassung des Hinzurechnungsbetrages nach § 20 EStG
Der nach § 7 AStG ermittelte Hinzurechnungsbetrag gehört nach § 10 Absatz 2 Satz 1 AStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Konkret gilt er dabei als Ertrag im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG und gilt in dem Veranlagungszeitraum als zugeflossen, in dem das Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft endet. Abzustellen ist daher im Wesentlichen auf die vor Ort geltenden Vorschriften zu Beginn und Ende von Wirtschaftsjahren.
Da ein Kapitalertrag im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG grundsätzlich nach den §§ 3 Nummer 40 EStG und 8b KStG (teilweise) steuerbefreit wäre, normiert § 10 Absatz 2 Satz 4 AStG die Nichtanwendung dieser Vorschriften. Entsprechendes gilt, soweit dieser anwendbar wäre, für § 32d EStG und die hier geregelte Abgeltungsteuer. Der Hinzurechnungsbetrag unterliegt damit der regulären Besteuerung mit dem für das jeweilige Unternehmen oder die Privatperson geltenden Steuersatz.
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2.4. Kürzungen nach den §§ 11 und 12 AStG
Um eine doppelte Besteuerung der jeweiligen Gewinne zu vermeiden, enthalten die §§ 11 und 12 AStG verschiedene Kürzungsvorschriften. Konkret gelten dabei folgende Grundsätze:
- Kürzungsbetrag nach § 11 AStG: Hat der Gesellschafter im Kalenderjahr, für das der Hinzurechnungsbetrag ermittelt wird, Gewinnausschüttungen aus der Zwischengesellschaft erhalten, so sind diese als sogenannter Kürzungsbetrag nach § 11 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 AStG abzuziehen. Dies gilt auch für verdeckte Gewinnausschüttungen. Ergibt sich hierdurch ein Verlust, erfolgt für diesen eine gesonderte Feststellung, um die Verluste mit späteren Gewinnen verrechnen zu können
- Anrechnung von Steuern nach § 12 AStG: Auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Anteilseigners werden ausländische Steuern, mit denen der Hinzurechnungsbetrag bereits belastet wurde, angerechnet. Damit vermeidet das AStG eine doppelte und damit gegebenenfalls verfassungswidrige Belastung der Gewinne der Zwischengesellschaft mit Einkommen- und/oder Körperschaftsteuer
Die Kürzungen nach den §§ 11 und 12 AStG mindern das Einkommen des Steuerpflichtigen unmittelbar. Auf die Höhe des nach § 10 AStG anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag haben sie zunächst keinen Einfluss.
3. Betriebsausgaben oder Werbungskosten – Abzug vom Hinzurechnungsbetrag
Der Hinzurechnungsbetrag gehört zwar zu den Kapitalerträgen, gleichzeitig finden die Freistellungsvorschriften des Ertragsteuerrechts allerdings keine Anwendung. Aus diesem Grund haben Anteilseigner einer Zwischengesellschaft die Möglichkeit, Betriebsausgaben nach § 10 Absatz 4 AStG vom Hinzurechnungsbetrag abzuziehen.
Notwendig für den Abzug ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften. Ein solcher liegt zum Beispiel vor, wenn für die Zwischengesellschaft eine Steuerberaterin oder ein Steuerberater beauftragt werden muss. Auch die Abschreibung entgeltlich erworbener Firmenwerte kann zu Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Absatz 4 EStG führen.
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