Quellensteuer bei beschränkter Steuerpflicht

Steuerabzug nach § 50a EStG

Steuerabzug nach § 50a EStG: Quellensteuer bei beschränkter Steuerpflicht

Beschränkt steuerpflichtige Lizenzgeber, Künstler und Aufsichtsräte sind in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Dabei hat der deutsche Kunde bzw. Lizenznehmer für den Ausländer 15 % bzw. 30 % Quellensteuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Hierbei muss ein besonderes Besteuerungsverfahren beachtet werden: der Steuerabzug nach § 50a Einkommensteuergesetz. Dabei handelt es sich prinzipiell um eine Abgeltungsteuer. Eine weitere Besonderheit daran ist, dass der Schuldner des Entgelts statt der Empfänger die Steuer abzuführen hat.

Wir möchten hier eine Einführung in diese spezielle Thematik bieten. Daher haben wir zusammen mit der FOM Hochschule nachfolgenden Beitrag angefertigt. Die Ausarbeitung wurde von Marco Heim (Bachelor of Arts in Steuerrecht) nach wissenschaftlichen Kriterien und unter Betreuung von FOM-Dozent Christoph Juhn LL.M./StB erstellt. 

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die verschiedenen Möglichkeiten um die Quellensteuer spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle zur Vermeidung der Quellensteuer aus. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
08. November 2019 Bei Quellensteuer auf Lizenzen sind Betriebsausgaben abzugsfähig
17. Januar 2019 Quellensteuer nach § 50a EStG: Lizenzen – Künstler – Aufsichtsräte
31. Januar 2019 Quellensteuer bei Lizenzzahlungen an EU-/Drittstaaten-Gesellschaften
06. März 2019 Steuerabzug nach § 50a EStG: Quellensteuer bei beschränkter Steuerpflicht (dieser Beitrag)

Inhaltsverzeichnis


1. Einführung

1.1. Worum geht es?

Wie bei der Lohnsteuer und der Abgeltungsteuer handelt es sich auch bei dem Steuerabzug nach § 50a EStG um eine Abzugsteuer. Abzugsteuern werden von einer Vergütung, die ein Steuerpflichtiger erhält, direkt abgezogen und gelangen somit nicht in dessen Hände. Den Steuerabzug nach § 50a des EStG verlangt das Finanzamt bei beschränkt Steuerpflichtigen von den folgenden in Absatz 1 des § 50a EStG genannten Einkünften:

  1. Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietung erzielt werden
  2. Einkünfte aus der inländischen Verwertung von Darbietungen i. S. d. Nr. 1
  3. Einkünfte, die aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, von Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten herrühren
  4. Einkünfte, die Mitgliedern von Aufsichtsräten, Verwaltungsräten etc. gewährt werden[1]

Der Grund für diesen erweiterten Steuerabzug liegt in der Sicherstellung der Besteuerung der Einkünfte in Deutschland, denn wenn beschränkt steuerpflichtige Einkünfte Deutschland erst einmal verlassen haben, ist eine Besteuerung gegebenenfalls nicht mehr so einfach möglich.

1.2. Beschränkte Einkommensteuerpflicht und Körperschaftsteuerpflicht

Eine wichtige Voraussetzung für die Besteuerung nach § 50a EStG ist das Vorliegen von beschränkter Steuerpflicht. Die beschränkte Steuerpflicht ist in § 1 Absatz 4 Satz 1 des EStG für natürliche Personen und in des § 2 Nummer 1 KStG für Körperschaften geregelt.

Natürliche Personen sind beschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Inland weder einen Wohnsitz[2] noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt[3] haben. Die Absätze 2 und 3 des § 1, sowie § 1a des EStG, auf die hier nicht näher eingegangen wird, sind vorrangig zu prüfen. Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, so werden natürliche Personen mit Ihren inländischen Einkünften im Sinne des § 49 EStG einkommensteuerpflichtig.[4]

Körperschaften (zur Beantwortung der Frage, was die in diesem Zusammenhang genannten Körperschaften sind, kann zum Beispiel auf Tabelle 1 und 2 der Anlagen des Betriebsstättenerlasses vom 24.12.1999 zurückgegriffen werden[5] ) sind beschränkt steuerpflichtig wenn sie weder ihren Sitz[6] noch Ihre Geschäftsleitung[7] im Inland haben, jedoch über inländische Einkünfte im Sinne von § 8 Absatz 1 des KStG in Verbindung mit § 49 des EStG verfügen.[8]

1.3. Durchführung der Besteuerung

Anhand der bisher dargestellten Voraussetzungen für die Durchführung der Besteuerung nach § 50a des EStG, ergibt sich für in Frage kommende Sachverhalte nun eine Prüfreihenfolge. Zunächst muss die beschränkte Steuerpflicht nach § 1 Absatz 4 EStG bzw. § 2 Nummer 1 KStG festgestellt worden sein. Zudem müssen inländische Einkünfte gemäß § 49 EStG vorliegen. Darüber hinaus müssen diese inländischen Einkünfte unter die in § 50a Absatz 1 EStG genannten (siehe Punkt 1.1) fallen.

Sind die zuletzt genannten Normen einschlägig, kommt der Steuerabzug nach § 50a des EStG zum Tragen. Grundsätzlich unterliegt dem Steuerabzug der volle Betrag der Einnahmen, es findet also eine Bruttobesteuerung wie zum Beispiel bei der Lohnsteuer statt.[10] 

1.4. Wirkung des Steuerabzugs nach § 50a Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz[11]

Der Vergütungsschuldner hat den Steuerabzug für Rechnung des Vergütungsgläubigers vorzunehmen, die Steuer bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde anzumelden und Sie dorthin abzuführen (§ 50a Absatz 5 EStG, § 73e EStDV). Vergütungsschuldner ist, wer zivilrechtlich die Vergütungen schuldet, die die oben genannten Tatbestände erfüllen. Die Abzugsverpflichtung kann nicht mit befreiender Wirkung vertraglich auf Dritte übertragen werden.[12] Die Abzugsteuer nach § 50a EStG hat grundsätzlich abgeltende Wirkung. Auf gewisse Außnahmetatbestände wird im Folgenden genauer eingegangen.

Da die „endgültige“ Bruttobesteuerung nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes der Dienstleistungsfreiheit (Die Dienstleistungsfreiheit ist eine der vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes neben der Personenfreizügigkeit, der Warenverkehrsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit)[13] entgegensteht, sofern nicht auch Inländer in Fällen, wie dem oben abgebildeten, „bruttobesteuert“ werden[14], hat der deutsche Gesetzgeber reagiert und mit dem Jahressteuergesetz 2009 ein Veranlagungswahlrecht nach § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 EStG für Bürger aus EU/EWR-Staaten eingeführt. Dies ist also eine weitere Norm, die im Zusammenhang mit dem Steuerabzug nach § 50a EStG geprüft werden muss. Ist die Norm des § 50 Absatz 2 Nummer 2 EStG einschlägig, kommt es also trotz einbehaltener Abzugsteuer zu einer Veranlagung in Deutschland. Die Parallelvorschrift für Körperschaften ist in § 32 Absatz 2 des KStG zu finden.

Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug ist, wie oben angedeutet, der volle Betrag der Einnahmen, wobei die vom Schuldner der Vergütung ersetzten oder übernommenen Reisekosten des Vergütungsgläubigers nur insoweit zu den Einahmen gehören, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 EStG übersteigen.[15]

Die Steuer beträgt nach § 50a Absatz 2 EStG:

  • Grundsätzlich 15%,
  • 30% in Fällen von Einkünften im Sinne des § 50a Absatz 1 Nummer 4 EStG.

Die Möglichkeit zum Abzug von Werbungskosten/Betriebsausgaben von den in § 50a Absatz 1 EStG genannten Einkünften mit Ausnahme der Nummer 4, wird dem Schuldner in Fällen des oben genannten Veranlagungswahlrechts für Bürger aus EU/EWR-Staaten durch § 50a Absatz 3 EStG eingeräumt, sofern Sie mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.[16] Auch die Einführung der Norm des § 50a Absatz 3 EStG beruht auf einem Urteil des EuGH, wonach die bereits beschriebene Dienstleistungsfreiheit einer Regelung entgegensteht, nach der beschränkt Steuerpflichtige in einem ersten Schritt durch Erhebung einer Abzugsteuer „bruttobesteuert“ wird und erst im Veranlagungsverfahren eine Nettobesteuerung herbeiführen kann (Vgl. EuGH-Urteil FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH vom 3.10.2006, C 290/04).

Der erhöhte Quellensteuersatz bei ausgeübtem Wahlrecht nach § 50a Absatz 3 EStG beträgt:

  • 30% in den Fällen, in denen der beschränkt Steuerpflichtige eine natürliche Person ist
  • 15% in den Fällen, in denen der beschränkt Steuerpflichtige eine Körperschaft etc. ist.[17]

Die Steuer entsteht gemäß § 50a Absatz 5 EStG in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Gläubiger zufließt. In diesem Zeitpunkt ist auch der Steuerabzug durch den Schuldner vorzunehmen. Der Schuldner hat nun die innerhalb eines Kalendervierteljahres einbehaltene Steuer  jeweils bis zum zehnten des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats an das Bundeszentralamt für Steuern abzuführen und auf Verlangen dem Schuldner die in § 50a Absatz 5 Satz 6 EStG genannten Angaben auf amtlich vorgeschriebenen Muster zu bescheinigen (Namen, Anschrift, Art der Tätigkeit, Höhe der Vergütung etc.).[18] Das Finanzamt des Vergütungsgläubigers kann auch wie eine Art Vorauszahlung und zur Sicherung des Steueranspruchs den Steuerabzug anordnen. Die Steuer beträgt dann 25% bei natürlichen Personen und 15% bei Körperschaften etc.[19]

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2. Anwendung

2.1. Der klassische Anwendungsfall

Der niederländische Stargeiger Arjen Rieu, wohnhaft in den Niederlanden, gibt in Berlin im Jahr 01 ein Konzert und erhält hierfür eine Gage in Höhe von € 6.000,00. Im Zusammenhang mit dem Konzert sind bei ihm Ausgaben (Fahrtkosten, Hotel etc.) in Höhe von € 1.000,00 angefallen.[20]

Wie ist nun die steuerliche Situation von Herrn Rieu in Deutschland im Veranlangungszeitraum 2015 zu beurteilen?

Zunächst wird die Steuerpflicht in Deutschland geprüft. Die unbeschränkte Steuerpflicht ist zu verneinen, da Herr Rieu weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Dies ist nach § 1 Absatz 4 EStG bereits eine Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht in Deutschland. Inländische Einkünfte, die im zweiten Schritt geprüft werden müssen, liegen nach § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d) ebenfalls vor, da es sich um im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen handelt. Somit ist Herr Rieu in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtig. Im nächsten Schritt stellt man fest, dass somit nach § 50 Absatz 1 Satz 1 EStG der Betriebsausgabenabzug grundsätzlich zulässig ist, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einnahmen stehen. Da es sich jedoch um Einkünfte im Sinne des § 50a Absatz 1 Satz 1 EStG handelt, wird der Steuerabzug nach § 50a durchgeführt. Dabei ist der Abzug von Betriebsausgaben grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Der Steuersatz beträgt nach § 50a Absatz 2 EStG 15% (Grundfall). Das heißt, es sind 15% von € 6.000,00 sprich € 900,00 an Steuern vom Auftraggeber an das Finanzamt abzuführen. Der Steuerabzug hat in diesem Fall nach § 50 Absatz 2 Satz 1 EStG abgeltende Wirkung. Auf das Veranlagungswahlrecht für Bürger von EU/EWR-Staaten wird verzichtet, da es im Ergebnis ungünstiger wäre. Die Bemessungsgrundlage würde zwar um € 1000,00 sinken (Betriebsausgabenabzug nach § 50a Absatz 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz möglich) jedoch würde auch der erhöhte Quellensteuersatz von 30% für natürliche Personen angewendet werden (Vgl. § 50a Absatz 3 Nummer 1 EStG).

2.2. Steuerabzug bei mehrstufigen Verhältnissen

Wenn eine Vergütung von einem Vergütungsgläubiger an einen anderen beschränkt Steuerpflichtigen (Vergütungsgläubiger der 2. Stufe) weitergereicht wird, ist der Steuerabzug nach § 50a EStG grundsätzlich auf jeder Stufe vorzunehmen, auf der die Voraussetzungen für den Steuerabzug nach § 50a EStG vorliegen.[21] Dies ist durch den Umstand begründet, dass sowohl die Einkommensteuer als auch die Körperschaftsteuer subjektbezogen erhoben werden.[22] Weitergereichte Vergütungen können jedoch in den Fällen des § 50a Absatz 3 EStG (Veranlagungswahlrecht) regelmäßig als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn die weitergereichte Vergütung ihrerseits nicht dem Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 EStG unterliegt. Wurde der Steuerabzug im Zeitpunkt der Weiterreichung bereits durchgeführt, kann eine korrigierte Steueranmeldung abgegeben werden.[23] In bestimmten, hier nicht näher erläuterten Fällen kann der Vergütungsschuldner der 2. Stufe vom Steuerabzug absehen (siehe hierzu § 50a Absatz 4 Satz 1 EStG).

Folgender Fall soll als Beispiel zur Verdeutlichung der Systematik dienen:

Die inländische Nature One Musik-Veranstaltungs-GmbH (GmbH) engagiert für Konzerte in Deutschland durch Vertrag mit der ausländischen MOS-Künstlerverleihgesellschaft, welche einer deutschen Kapitalgesellschaft entspricht, ein aus im Ausland ansässigen Künstlern zusammengesetztes Event-DJ Team. Der Zusammenschluss der Künstler ist einer deutschen GbR vergleichbar. Zwischen dem DJ-Team und der Nature One Musikveranstaltungs-GmbH bestehen keine vertraglichen Beziehungen. Die Konzerte werden örtlich von jeweils einem anderen „Konzert-Veranstalter“ (K) organisiert, der im Auftrag der GmbH gegen eine prozentuale Beteiligung an den Einnahmen tätig wird. Die ausländische Künstlerverleihgesellschaft verfügt nicht über eine inländische Betriebsstätte und hat keinen inländischen Vertreter. Das DJ-Team bezieht seine Vergütungen direkt von der Künstlerverleihgesellschaft und steht zu dieser nicht in einem Arbeitsverhältnis und ist an dieser nicht beteiligt.[24]

Besteuerung der MOS-Künstlerverleihgesellschaft (Besteuerung auf der 1. Ebene):

Die Künstlerverleihgesellschaft ist mit inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 2 Nummer 1, § 8 Absatz 1 KStG i. V. m. § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die Körperschaftsteuer wird gem. § 50a Absatz 1 Nummer 2 EStG im Wege des Steuerabzugs erhoben. Bemessungsgrundlage sind alle Einnahmen – soweit sie dem Steuerabzug des § 50a EStG unterliegen -, die die Künstlerverleihgesellschaft für die künstlerische Darbietung des Quartetts erhält.

Der Steuerabzug ist gem. § 50a Absatz 5 Satz 2 und 3 EStG von der Musik-Veranstaltungs-GmbH als Vergütungsschuldnerin der 1. Stufe vorzunehmen und an das zuständige Finanzamt abzuführen.

Enthält das im Einzelfall einschlägige DBA[25] keine dem Artikel 17 Absatz 2 OECD-MA entsprechende Vorschrift, wonach dem Künstler die Einkünfte auch bei Zahlung an Dritte zuzurechnen sind, sind die Vergütungen als Unternehmensgewinne i. S. d. Artikels 7 OECD-MA zu qualifizieren. Eine Freistellung kann – mangels inländischer Betriebsstätte – gem. § 50d EStG erteilt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Erfüllung der Verpflichtung nach § 50a Absatz 5 EStG nachgewiesen wird, soweit die Vergütung an andere beschränkt Steuerpflichtige weitergeleitet wird (Besteuerung auf der 2. Ebene).

Besteuerung des DJ-Teams (Besteuerung auf der 2. Ebene):

Die ausländischen Musiker sind mit ihren inländischen Einkünften gem. § 1 Absatz 4, § 49 Absatz 1 Nummer 3 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig. Die Einkommensteuer wird gem. § 50a Absatz 1 Nummer 1 EStG im Wege des Steuerabzugs erhoben. Bemessungsgrundlage sind alle Einnahmen, die den ausländischen Musikern für die im Inland ausgeübte selbständige Tätigkeit zufließen.

Die Künstlerverleihgesellschaft ist als Vergütungsschuldnerin zum Steuerabzug verpflichtet, da sie mit Inlandsbezug tätig wird. Wird der Steuerabzug nicht ordnungsgemäß vorgenommen, haftet sie gem. § 50a Absatz 5 Satz 4 EStG. Ferner können gegen jeden einzelnen ausländischen Musiker als Vergütungsgläubiger gem. § 50a Absatz 5 Satz 5 EStG Nachforderungsbescheide erlassen werden. Die Einkommensteuer ist in Höhe des Steuerabzugsbetrages gegen die ausländischen Künstler festzusetzen. Hat der Gläubiger der Vergütung seinerseits Steuern für Rechnung eines anderen beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers einzubehalten (2. Stufe), so kann er vom Steuerabzug absehen, wenn seine Einnahmen bereits dem Steuerabzug unterlegen haben (§ 50a Absatz 4 Satz 1 EStG).

Artikel 17 OECD-MA weist Deutschland das Besteuerungsrecht zu, da hier die künstlerische Tätigkeit ausgeübt worden ist. Eine Freistellung nach § 50d Absatz 1 und 2 EStG ist nicht möglich.

2.3. Besonderheiten in Fällen von geltenden Doppelbesteuerungsabkommen

Die nach § 50a EStG steuerpflichtigen Einkünfte können grundsätzlich in Deutschland nur insoweit besteuert werden als es die Schranken- bzw. Verteilungsnormen eines ggf. bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens zulassen und dem Quellenstaat (Deutschland) nach den Tätigkeits-, Arbeits- bzw. Ausübungsprinzip ein Besteuerungsrecht zuweisen. Hat demnach Deutschland kein Besteuerungsrecht, werden die Normen des § 49 EStG für die Einzelnen Tatbestände der beschränkten Steuerpflicht durch das nach § 2 AO[26] vorgehende DBA blockiert. Ungeachtet dessen, ist in Fällen des § 50a EStG der Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 Satz 1 EStG vorzunehmen.[27]

Mit § 50d Absatz 2 EStG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen die volle oder teilweise Entlastung von der Abzugsteuer zu beantragen, sofern ein DBA es ermöglicht die abzugsteuerpflichtigen Einkünfte nicht, oder mit einem niedrigeren Steuersatz zu besteuern.[28] Voraussetzung dafür ist, dass das Bundeszentralamt für Steuern dem Vergütungsgläubiger aufgrund eines ihm nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck gestellten Antrags bescheinigt, dass die Voraussetzungen für die Entlastung vorliegen (=Freistellung im Steuerabzugsverfahren).[29]

2.4. Mutter-Tochter-Richtlinie und Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie

Im Bereich des länderübergreifenden Quellensteuerabzuges sei auch die Richtlinie 2011/96/EU vom 30.11.2011 oder auch Mutter-Tochter-Richtlinie genannt. Deren Zweck ist es, steuerliche Mehrfachbelastungen bei Ausschüttungen im internationalen Unternehmensverbund zu beseitigen. Die Regelung betrifft die Kapitalertragsteuer und sieht vor, dass die von einer Tochtergesellschaft ausgeschütteten Dividenden im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft entweder gar nicht besteuert, oder die von der Tochtergesellschaft bereits gezahlte Körperschaftsteuer auf die etwaige Quellensteuer angerechnet wird. Voraussetzung hierfür sind eine Mindestbeteiligung von 10%, es muss sich bei beiden Gesellschaften um Kapitalgesellschaften handeln und sie müssen in verschiedenen EU Staaten ansässig sein.[30] Die Befreiung der Tochter vom Quellensteuerabzug auf Dividenden wird in Deutschland durch § 43b EStG umgesetzt, die Freistellung der Dividenden oder indirekte Anrechnung der von der ausländischen Tochter gezahlten Steuer für die Muttergesellschaft wird durch § 8b des KStG umgesetzt.

Als ein Pendant zur Mutter-Tochter-Richtlinie sei die auch für den Steuerabzug nach § 50a des EStG relevante, so genannte Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie[31] über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlung von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen genannt. Verbundene Unternehmen meint in diesem Zusammenhang Unternehmen, zwischen denen unmittelbar eine Beteiligung von >25% besteht und Unternehmen mit gemeinsamer, in der EU-ansässiger Mutter und Beteiligung jeweils >25% (Fall der Schwestergesellschaften).[32] Ohne diese Richtlinie wären nach nationalem Recht Zinsen regelmäßig nach § 43 Absatz 1 Nummer 7 EStG nicht Kapitalertragsteuerpflichtig, wohingegen Lizenzgebühren nach § 50a Absatz 1 Nummer 3  in Verbindung mit § 50 Absatz 2 EStG bzw. § 32 KStG abzugsteuerpflichtig mit Abgeltungswirkung wären. Zweck der Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie, ist die Beseitigung von Ungleichbehandlungen zwischen rein nationalen und grenzüberschreitenden Fällen. Sie wird in Deutschland durch § 50g EStG umgesetzt. Der § 50g EStG sieht vor, dass auf Antrag die Kapitalertragsteuer für Zinsen und die Steuer auf Grund des § 50a für Lizenzgebühren, die von einem Unternehmen der BRD als Schuldner an ein Unternehmen eines anderen Mitgliedsstaates der EU gezahlt werden, nicht erhoben wird.[33] Voraussetzungen sind, dass Zinsen bzw. Lizenzgebühren im Sinne der Definition des § 50g Absatz 3 Nr. 4 EStG vorliegen und es sich bei Gläubiger und Schuldner um verbundene Unternehmen im Sinne der oben genannten Definition handelt.[34]


3. Kritische Würdigung

In ihre aktuelle, in dieser Arbeit beschriebenen Form kamen die Regelungen des § 50a EStG durch das Jahressteuergesetz 2009. Der Steuerabzug nach § 50a EStG sollte umfassend neu und klarer systematisiert und an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes[35] angepasst werden. Die Verwirklichung der Ziele des Steuerabzuges nach § 50a EStG, an oberster Stelle die Sicherung des Steueraufkommens der Bundesrepublik Deutschland, sollten einfacher umsetzbar sein.[36]

Doch trotzdem bleiben einige Zweifelsfragen offen. Schwierig sei beispielsweise die Abgrenzung zwischen der Einkünfterzielungsabsicht und der steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei in diesem Zusammenhang. Denn der Verzicht auf den Steuerabzug nach § 50a EStG ist bisher nur dann möglich wenn dem Schuldner der Vergütung Nachweise darüber vorliegen, dass beim Vergütungsgläubiger keine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Wie diese Nachweise im Einzelnen aussehen können ist bislang nicht abschließend geklärt.[37] Zudem wird in der Literatur die Frage der EU-Konformität im Zusammenhang mit der Verdoppelung des Steuersatzes von 15% auf 30% in Fällen des Veranlagungswahlrechtes nach § 50a Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 EStG aufgeworfen.[38] Des Weiteren bleibt das Problem der Haftung des Steuerschuldners (Vergütungsschuldner) bei Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten, denn er hat hier besondere Nachweispflichten zu beachten und ist insoweit auf die korrekten Informationen des Gläubigers angewiesen.[39] Großen Diskussionsstoff liefert auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber mit BMF-Schreiben vom 20.03.2008 ab dem Veranlagungszeitraum 2008 auf die Besteuerung von ausländischen Sportlern, Vereinen und Dachverbänden bei europäischen Mannschaftssportwettbewerben (besonders der UEFA Champions League) verzichtet. Dieser Erlass entbehrt nach Meinung der Literatur jeglicher Rechtsgrundlage, konterkariert die Besteuerungsregeln der DBA und führt zu einer praktischen Ungleichbehandlung von Sportlern und Künstlern.[40] Unstreitig würde bei angestellten Sportlern und Künstlern mit Wohnsitz im Ausland bei inländischen Einkünften gemäß § 49 Absatz 1 Nummer 4a EStG und einer Tätigkeit im Inland nach § 50a Absatz 4 Nummer 2 zu einer Abzugsteuerverpflichtung für anteilige Löhne. Für die Steuer haftet nach § 50a Absatz 4 Nummer 2 EStG der ausländische Arbeitgeber. Dasselbe Prüfschema kann man für ausländische Fußballvereine oder Theater durchführen. Im Ergebnis würde hier die Abzugsteuerverpflichtung, in diesem Fall des Veranstalters (zum Beispiel der UEFA) festgestellt. Nur in wenigen DBA gäbe es Regeln die zur Beantragung einer Freistellungsbescheinigung befähigen würden. Durch § 50 Absatz 7 EStG sei es den obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen zwar erlaubt die Steuern von beschränkt Steuerpflichtigen zu erlassen, jedoch nur in Fällen in denen dies aus volkswirtschaftlicher Sicht zweckmäßig erschient oder die Steuerberechnung schwierig sei. Beide Fälle sind hier jedoch nicht gegeben. Es wird nun also de facto zugelassen, dass die Steuern der Spieler, Vereine und Dachverbände ganzheitlich erlassen werden. Die Folge des Ganzen ist die Schaffung so genannter „weißer Einkünfte“[41], da der Steuererlass in Deutschland den meisten DBA entgegen laufe, zumal im jeweiligen Heimatstaat der Vereine und Spieler oft keine Besteuerung vorgesehen ist. Der Verzicht der Besteuerung wird an die Bedingung geknüpft, das der Ansässigkeitsstaat der Spieler und Vereine auf die Besteuerung von in Deutschland ansässigen Vereinen und Spielern verzichtet. Mit dieser Gegenseitigkeitserklärung schafft nun der Staat selbst den nach § 50d Absatz 8 EStG erforderlichen Nachweis des Besteuerungsverzichts im Ausland und sorgt damit auch bei deutschen Sportlern zu anteiligen „weißen Einkünften“ die von jeder Besteuerung freigestellt sind.

Abschließend lässt sich also konstatieren, dass es sich bei dem Steuerabzug nach § 50a EStG zwar um eine sehr wichtige Norm zur Sicherung des Steueranspruchs der BRD auf bestimmte inländische Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger handelt, es sich jedoch auch um einen durchaus streitbaren Punkt innerhalb der Gesetzestexte handelt. Dies spiegelt sich auch in der umfassenden Anpassung durch das Jahressteuergesetz 2009 wieder. Ob und wann eine schrittweise Anpassung zum Beispiel der letztgenannten Ungleichbehandlung von Sportlern und Künstlern oder der Vermeidung der Schaffung weißer Einkünfte behoben wird, bleibt jedoch abzuwarten.


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[1] Quelle: § 50a Absatz 1 EStG

[2] Quelle: § 8 AO

[3] Quelle: § 9 AO

[4] Vgl. § 1 Absatz 4 Satz 1 EStG

[5] Vgl. BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999 – IV B 4 – S 1300 – 111/99 –

[6] Quelle: § 11 AO

[7] Quelle: § 10 AO

[8] Vgl. § 2 Nummer 1 KStG

[9]Quelle: http://www.iww.de/pistb/archiv/inbound-aktivitaeten-20-grundfaelle-zur-beschraenkten-steuerpflicht-wann-darf-deutschland-besteuern-f35693

[10] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 05

[11] Quelle: eigene Darstellung

[12] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 40

[13] Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dienstleistungsfreiheit.html

[14] Vgl. EuGH-Urteil Rs. Gerritse (2003) http://lexetius.com/2003,874

[15] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 44

[16] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 44

[17] Vgl. § 50a Absatz 2 Satz 1 EStG

[18] Vgl. § 50a Absatz 5 EStG

[19] Vgl. § 50a Absatz 7 EStG

[20] In Anlehnung an EuGH-Urteil Rs. Gerritse (2003)

[21] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 35

[22] Vgl. Klaus von Sicherer, Einkommensteuer Band 1, 2005 S. 31

[23] Vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 36

[24] In Anlehnung an BMF-Schreiben vom 25.11.2010 IV C 3 – S 2303/09/10002 Rz. 97 und 98

[25] Auf die Auswirkungen von Doppelbesteuerungsabkommen auf den Steuerabzug wird in Abschnitt 2.3 näher eingegangen.

[26] § 2 AO bekundet den Vorrang völkerrechtlicher Vereinbarungen vor den Steuergesetzen

[27] Vgl. DStZ 2011 Heft 17 Seite 648

[28] Quelle: http://www.bzst.de/DE/Steuern_International/Abzugsteuerentlastung/abzugsteuerentlastung_node.html

[29] Vgl. § 50d Absatz 2 Satz 1 EStG

[30] Vgl. Wassermeyer, DBA 129. Auflage 2015 Rn 101-103

[31] Vgl. Richtlinie 2003/49/EG vom 3.6.2003 zuletzt geändert durch Richtlinie 2004/66/EG vom 20.11.2006

[32] Vgl. Richtlinie 2003/49/EG Artikel 3b

[33] Quelle: § 50g Absatz 1 Satz 1 EStG

[34] Vgl. Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE 2. Auflage 2010 Rn. 44-63

[35] siehe hierzu Punkt 1.2 Urteil FKP Scorpio

[36] Vgl. DStR-2010-0008 Köhler/Göbel/Schmidt Aufsatz vom 15.01.2010

[37] Vgl. IWB-2013-0303 Holthaus Aufsatz vom 08.05.2013

[38] Vgl. IStR-2014-0628 Holthaus Aufsatz  04.09.2014

[39] Vgl. DStR-2010-0008 Holthaus Aufsatz vom 08.05.2013

[40] IStR-2008-0504 Holthaus, Aufsatz vom 17.07.2008

[41] Quelle: http://www.wirtschaftslexikon24.com/e/weisse-einkünfte/weisse-einkünfte.htm