Quellensteuer bei Lizenzzahlungen an EU-/Drittstaaten-Gesellschaften (England/Brexit)
Deutsche Unternehmen zahlen Lizenzgebühren an Gesellschaften im EU-Ausland und in Drittstaaten. Dabei ist auf Lizenzzahlungen grundsätzlich 15 Prozent Quellensteuer nach § 50a EStG einzubehalten. Während bei Lizenzzahlungen an EU-Muttergesellschaften meist die Mutter-Tochter-Richtlinie (§ 50g EStG) hilft, greift bei Drittstaaten-Gesellschaften meist das Doppelbesteuerungsabkommen. Wir zeigen am Beispiel von Großbritannien, wie sich das Quellensteuerabzugsverfahren in EU-Sachverhaltwn (UK vor dem Brexit) und in Drittstaaten-Sachverhalten (UK nach dem Brexit) für Lizenzzahlungen an die englische Muttergesellschaft verhält.
Im Nachfolgenden Beitrag werden wir auf die Änderungen der Besteuerung von Lizenzgebühren durch den Austritt des vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union näher eingehen. Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit der FOM-Hochschule erstellt. Die Ausarbeitung wurde von Herrn Daniel Maurice Frings (Bachelor of Arts in Steuerrecht) nach wissenschaftlichen Kriterien und unter zweitgutachterlicher Betreuung von FOM-Dozent Christoph Juhn LL.M./StB erstellt.
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die verschiedenen Möglichkeiten um die Quellensteuer spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle zur Vermeidung der Quellensteuer aus. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:
Datum |
Thema |
08. November 2019 |
Bei Quellensteuer auf Lizenzen sind Betriebsausgaben abzugsfähig |
17. Januar 2019 |
Quellensteuer nach § 50a EStG: Lizenzen – Künstler – Aufsichtsräte |
31. Januar 2019 |
Quellensteuer bei Lizenzzahlungen an EU-/Drittstaaten-Gesellschaften (dieser Beitrag) |
06. März 2019 |
Steuerabzug nach § 50a EStG: Quellensteuer bei beschränkter Steuerpflicht |
Unser Video:
Lizenzgebühren
Im Video erklären wir Ihnen wie Konzerne durch Lizenzvergabe ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verschieben und dadurch erhebliche Steuern sparen.
Inhaltsverzeichnis
1. Lizenzzahlungen: Die Besteuerung nach § 50a EStG
Bei beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 49 EStG wird nach § 50a Abs. 1 S. 1 EStG die Steuer im Abzugsverfahren für die in den § 50a Abs. 1 Nr, 1 bis 4 EStG genannten Einkünfte erhoben. Nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG zählen dazu Einkünfte, die für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten erzielt werden. Insbesondere greift § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG dabei auf gewerbliche Schutzrechte zurück. Die Überlassung von gewerblichen Schutzrechten fällt nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 EStG unter die beschränkte Steuerpflicht.[6] Als gewerbliche Schutzrechte bestimmt § 73a Abs. 3 EStDV Rechte, die nach Maßgabe des Designgesetzes, des Patentgesetzes, des Gebrauchsmustergesetzes oder des Markengesetzes geschützt sind.
Das Nutzungsrecht wird in einem Lizenzvertrag eingeräumt,[7] welcher unter anderem die zu zahlende Lizenzgebühr bestimmt. Dieser begründet dabei ein Dauerschuldverhältnis für das Nutzungsrecht.[8] Der Steuerabzug für die Vergütung von gewerblichen Schutzrechten, also Lizenzgebühren, beträgt 15 Prozent gem. § 50a Abs. 2 S. 1 EStG.
2. EU-Sachverhalt: Freistellung nach § 50g EStG
Die Steuer wird gem. § 50g Abs. 1 EStG für Lizenzgebühren auf Antrag nicht erhoben, wenn diese von einem Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland oder einer dort belegenen Betriebsstätte eines Unternehmens eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union als Schuldner an ein Unternehmen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union als Gläubiger gezahlt werden. Voraussetzung dafür ist nach § 50g Abs. 1 S. 3 EStG, dass der Gläubiger und der Schuldner ein verbundenes Unternehmen sind. Der § 50g Abs. 3 Nr. 5 EStG definiert den Begriff, was als Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 zählt, und verweist dazu auf die Anlage 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetz. Als Unternehmen können demnach nur Körperschaften angesehen werden.[9]
3. Nicht-EU-Sachverhalt: Keine Freistellung mehr durch § 50g EStG
Nach dem Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union ist § 50g EStG für die Freistellung der Abzugsteuer nach § 50a EStG nicht mehr anwendbar.[10]
Eventuelle Freistellungen von der Abzugsteuer können sich jedoch auch aus abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ergeben.
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4. Gestaltung: Anwendung des Art. 12 DBA
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien sieht nach Artikel 12 Abs. 1 vor, dass Lizenzgebühren, die aus einem Vertragsstaat stammen und deren Nutzungsberechtigter eine im anderen Staat ansässige Person ist, nur im anderen Staat besteuert werden können. Die Lizenzgebühren können somit nur im Staat des Empfängers besteuert werden.[11] Abweichend von Absatz 1 gilt dies nicht nach Artikel 12 Abs. 4 S. 1 des Doppelbesteuerungsabkommen für den in einem Drittvergleich übersteigenden Betrag. Dieser kann nach dem Recht eines jeden Vertragsstaat besteuert werden gem. Artikel 12 Abs. 4 S. 2 des DBA mit England.
4.1. Erforderlich: Erstattung bzw. Freistellungsbescheinigung beim Bundeszentralamt für Steuern
Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung hat eine in England ansässige Gesellschaft, welche Lizenzgebühren einer deutschen Körperschaft erhält, einen Freistellungsauftrag nach § 50d Abs. 2 EStG bei dem Bundeszentralamt für Steuern zu stellen. Wird die Freistellung nicht beantragt, so hat die deutsche Körperschaft die Abzugssteuer von 15 Prozentz einzubehalten und an die Finanzverwaltung abzuführen.[12] Die britische Körperschaft kann sich die Abzugsteuer nach § 50d Abs. 1 EStG erstatten lassen, wenn keine Freistellung beantragt wurde. Der Antrag zur Erstattung der einbehaltenen Abzugsteuer ist gem. § 50d Abs. 1 S. 9 EStG in einer Frist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Lizenzgebühren bezogen wurden, zu stellen.
4.2. Ergebnis: Freistellung
Die Vereinnahmung von Lizenzgebühren ist für eine britische Muttergesellschaft somit weiterhin ohne einen Einbehalt der Abzugsteuer im Sinne des § 50a EStG möglich. Die Freistellung von der Abzugsteuer erfolgt nach dem Brexit jedoch nicht mehr aufgrund der Regelungen des § 50g EStG, sondern nach § 50d EStG. Eine Verzinsung des Erstattungsbetrages erfolgt nicht mehr.[13]
5. Welche Folgen hat die neue Lizenzzschranke?
Für das deutsche Tochterunternehmen ist der Abzug der Lizenzgebühren als Betriebsausgabe grundsätzlich uneingeschränkt möglich. Der Betriebsausgabenabzug von Lizenzgebühren wird nach § 4j EStG beschränkt, wenn die Einnahmen aus der Lizenzüberlassung niedriger besteuert werden und es sich bei dem Zahlungsempfänger um eine nahestehende Person nach § 1 Abs. 2 Außensteuergesetz handelt.[14] Bei einer britischen Muttergesellschaft ist dies der Fall.
Nach § 4j Abs. 2 EStG liegt eine Niedrigbesteuerung vor, wenn die Einnahmen zu einer Ertragsteuer von weniger als 25 Prozent führen. Ist dies der Fall, kann nur ein Teilabzug der gezahlten Lizenzgebühren als Betriebsausgabe anerkannt werden.[15] Als Berechnungsgrundlage für den nichtabziehbaren Teil gilt die Regelung des § 4j Abs. 3 S. 2 EStG. Der nichtabziehbare Teil berechnet sich, indem 25 Prozent minus die Belastung durch Ertragsteuern in Prozent durch 25 Prozent geteilt werden.
Die Steuerbelastung in Großbritannien beträgt für Körperschaften als corporation tax derzeit 19 Prozent und ab dem Jahr 2020 17 Prozent[16] und liegt damit unter den in § 4j Abs. 2 EStG geforderten 25 Prozent. Für Lizenzzahlungen an nahstehende Personen in Großbritannien besteht ein Teilabzugsverbot für die Betriebsausgabe. Diese Regelung ist jedoch unabhängig von dem Brexit und hat bereits jetzt Bestandskraft.
6. Lizenzzahlungen an EU-Schwestergesellschaften
Für Lizenzzahlungen in einem zweistufigen Konzern mit Sitz in Großbritannien können sich hinsichtlich der Abzugsbesteuerung nach § 50a EStG auch andere Bestimmungen ergeben. Dies ist der Fall, wenn eine deutsche Tochtergesellschaft einer in Großbritannien ansässigen Körperschaft Lizenzgebühren an eine andere Tochtergesellschaft der englischen Muttergesellschaft zahlt.
Ist das deutsche Tochterunternehmen zu mindestens 25 Prozent an dem anderen Tochterunternehmen beteiligt, welches den Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, kann § 50g EStG angewendet werden.
Ist das deutsche Tochterunternehmen nicht an dem anderen Tochterunternehmen beteiligt oder nicht als verbundenes Unternehmen im Sinne des § 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa und bb EStG aufgrund einer Beteiligung von unter 25 Prozent anerkannt, ist die Anwendung des § 50g Abs. 1 EStG nicht möglich.[17]
Der § 50g EStG kann in dieser Konstellation nur noch greifen, wenn ein drittes Unternehmen, in diesem Fall die britische Muttergesellschaft, unmittelbar an den beiden anderen Unternehmen zu mindestens 25 Prozent beteiligt ist[18] gem. § 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc EStG. Voraussetzung hierfür ist nach § 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchstabe b S. 2 EStG, dass die Beteiligung zwischen Unternehmen besteht, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sind. Dies wäre nach vollzogenem Brexit nicht mehr der Fall.[19]
Nachdem Großbritannien aus der Europäischen Union ausgetreten ist, kann der § 50g EStG nicht mehr in dieser Gestaltung angewendet werden. Die Regelungen für die Abzugsbesteuerung richten sich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen, welches mit dem Land der Tochtergesellschaft, die die Lizenzgebühren empfängt, abgeschlossen ist.
So würde, wenn § 50g EStG aufgrund einer zu niedrigen oder nicht vorhandenen Beteiligungshöhe nicht anwendbar ist, eine Lizenzgebühr, die an eine polnische Tochtergesellschaft des englischen Mutterkonzerns von der deutschen Tochtergesellschaft gezahlt wird, der Abzugsteuer nach § 50a EStG unterliegen.[20] Abweichende Regelungen können sich nur aus dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Polen ergeben.[21]
Der Artikel 12 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommen mit Polen bestimmt, dass Polen das Besteuerungsrecht als Empfängerstaat behält. Gemäß Artikel 12 Abs. 2 des DBA mit Polen kann Deutschland eine Abzugsteuer in Höhe von 5 Prozent erheben.[22]
7. Fazit: DBA hilft in Drittstaatensachverhalten
Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat hinsichtlich der Lizenzzahlungen einer deutschen Tochtergesellschaft an eine andere ausländische Tochtergesellschaft somit nur Auswirkungen auf einen möglichen Steuerabzug, sofern das entsprechende Doppelbesteurungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland ein Besteuerungsrecht einräumt.
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[1] Duden, S. 174.
[2] Richtlinie 2003/49/EG vom 03. Juli 2003.
[3] Richtlinie 2011/96/EU vom 30. November 2011.
[4] Hoereth/Stelzer, Brexit – Was ändert sich steuerlich für Unternehmen in Deutschland?, HI9507056.
[5] Hoereth/Stelzer, Brexit – Was ändert sich steuerlich für Unternehmen in Deutschland?, HI9507055.
[6] EStG-Ko/Frotscher, § 50a Rz. 57.
[7] EStG-Ko/Frotscher, § 50a Rz. 67.
[8] BFH, Urteil vom 27. Februar 1976 – III R 64/74.
[9] EStG-Ko/Frotscher, § 50g Rz. 11.
[10] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI11465931.
[11] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI11465931.
[12] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI11465931.
[13] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI11465931.
[14] EStG-Ko/Staccioli, § 4j Rz. 1a.
[15] EStG-Ko/Staccioli, § 4j Rz. 75.
[16]o.V., https://www.gov.uk/government/publications/rates-and-allowances-corporation-tax/rates-and-allowances-corporation-tax, 08. Januar 2019.
[17] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI12349183.
[18] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI12349183.
[19] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI12349183.
[20] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI12349183.
[21] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI12349183.
[22] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI12349183.