Grundsatz der Subsidiarität im deutschen Steuerrecht
Bestimmte Einkünfte sind vorrangig anderen Einkunftsarten zuzuordnen, soweit sie zu diesen gehören. Der Grundsatz dieser sogenannten Subsidiarität gilt allgemein im deutschen Ertragsteuerrecht, kennt aber auch gewisse Grenzen – zum Beispiel bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Werfen wir daher einen Blick auf die Subsidiarität einzelner Einkünfte und verdeutlichen dies am Beispiel der Kapitalerträge (§ 20 EStG)!

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Inhaltsverzeichnis
1. Der Grundsatz der Subsidiarität
Soweit Einkünfte zu anderen Einkunftsarten gehören, sind sie diesen zuzuordnen. Der Grundsatz der Subsidiarität ist beispielsweise in
- § 20 Absatz 8 Satz 1 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen),
- § 21 Absatz 3 EStG (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) und
- § 22 Nummer 3 Satz 1 und § 23 Absatz 2 EStG
normiert.
Die jeweilige Regelung besagt im Hinblick auf Einkünfte aus Kapitalvermögen, dass zunächst alle anderen relevanten Einkunftsarten zu prüfen sind. Nur wenn sich bei dieser Prüfung herausstellt, dass die Erträge aus den Kapitalanlagen nicht zu ihnen gehören, findet § 20 Absatz 1 oder Absatz 2 EStG Anwendung.
Beispiel: Ein gewerblich tätiger Einzelunternehmer begründet eine Betriebsaufspaltung. Die GmbH-Anteile waren bislang Privatvermögen, stellen nun aber Betriebsvermögen seines sogenannten Besitzunternehmens dar. Dadurch erfolgt eine Umqualifizierung nach dem Grundsatz der Subsidiarität. Die bisherigen Einkünfte aus Kapitalvermögen werden über § 20 Absatz 8 Satz 1 EStG zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Dadurch finden Sonderregelungen wie der Abgeltungsteuersatz (§ 32d EStG) oder der Sparer-Pauschbetrag (§ 20 Absatz 9 EStG) keine Anwendung mehr.
Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Erreicht die Vermietungstätigkeit einer Privatperson den Umfang einer gewerblichen Vermietung, werden die bislang im Privatvermögen gehaltenen Objekte Betriebsvermögen dieses Vermietungsunternehmens. In der Folge greift § 21 Absatz 3 EStG. Im Rahmen der Subsidiarität sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung denjenigen aus Gewerbebetrieb zuzuordnen.
2. Die Subsidiarität am Beispiel der Einkünfte aus Kapitalvermögen
Finanzgerichte und Bundesfinanzhof mussten sich bereits mehrfach mit der Frage der Subsidiarität im Sinne des § 20 Absatz 8 EStG befassen. Geklärt wurden in den jeweiligen Verfahren unter anderem die folgenden Einzelfragen:
- Stellt der Handel mit Wertpapieren eine gewerbliche Tätigkeit dar, fallen Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren nicht mehr unter § 20 Absatz 2 EStG, sondern unter § 15 EStG
- Ordnet ein Unternehmer eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft seinem gewillkürten Betriebsvermögen zu, sind die zufließenden Gewinnausschüttungen Betriebseinnahmen
- Wird ein privat gehaltener GmbH-Anteil Betriebsvermögen und wurde der GmbH-Anteil mit einem Bankdarlehen finanziert, stellt auch das Darlehen (negatives) Betriebsvermögen des jeweiligen Unternehmens dar
Auch § 17 EStG fußt auf dem Grundsatz der Subsidiarität. Ist eine Person zu mehr als 1 % an einer GmbH oder sonstigen Kapitalgesellschaft beteiligt, verdrängt § 17 EStG die Grundnorm des § 20 Absatz 2 Nummer 1 EStG. Ein Veräußerungsgewinn gehört dann immer zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Zu beachten sind Teileinkünfteverfahren und Teilabzugsverbot (§ 3 Nummer 40 EStG, § 3c Absatz 2 EStG). Durch die Umqualifizierung findet unter anderem der Sparer-Pauschbetrag keine Anwendung mehr, was den Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ermöglicht. Zu beachten ist aber, dass die Werbungskosten oder Betriebsausgaben nur zu 60 % abgezogen werden dürfen, wenn der Kapitalertrag selbst nach § 3 Nummer 40 EStG teilweise freigestellt wird.
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