Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften
Seit dem 01.01.2007 ist die Jahresabschlusspublizität in Deutschland streng geregelt. Jedoch gibt es einige Einschränkungen und Begünstigungen bei der Offenlegung des Jahresabschlusses. Dabei gelten für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften teils unterschiedliche Regelungen. In diesem Beitrag erklären wir, welche Begünstigungen für die Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften gelten.
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In diesem Video erklären wir, wie Konzerne ihre Bilanzen erstellen und welche Besonderheiten sie dabei zu beachten haben.
Inhaltsverzeichnis
1. Jahresabschlusspublizität in Deutschland
Bis zum 01.01.2007 mussten Unternehmen ihrer Abschlüsse zwar bereits beim Handelsregister einreichen. Jedoch wurde das Registergericht bei einer Nichtbeachtung nur auf Antrag eines Berechtigten tätig und konnte ein Ordnungsgeld verhängen.
Dies änderte sich aber mit dem Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister. Damit wurden die Vorgaben der europäischen Union durch die Publizitätsrichtlinie und die Transparenzrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Insbesondere die Digitalisierung des Bundesanzeigers ermöglicht es dem Bundesamt für Justiz Verstöße gegen die Offenlegungspflicht zu verfolgen. Diese Verstöße kann es dann mit Ordnungsgeldern von bis zu 25.000 € belegen. Die Ordnungsgelder können auch mehrfach verhängt werden. Unternehmen scheuen sich jedoch regelmäßig vor der Jahresabschlusspublizität. Sie kennen oft auch die Offenlegungspflicht oder bestehende Offenlegungserleichterungen nicht.
2. Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften: Pflicht zur Offenlegung
Grundsätzlich muss jede Kapitalgesellschaft in Deutschland gemäß § 325 Absatz 1a HGB ihren Jahresabschluss spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag der das Unternehmensregister führenden Stelle elektronisch zur Einstellung in das Unternehmensregister übermitteln. Dabei gibt es jedoch einige Erleichterungen und für Kapitalgesellschaften rechtsformspezifische Besonderheiten.
Die offenzulegenden Unterlagen sind der Jahresabschluss bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, der Lagebericht, der Bilanzeid und der Lageberichtseid. Ferner ist der Bericht des Aufsichtsrats offenzulegen, sofern ein obligatorischer Aufsichtsrat besteht. Das ist bei der Aktiengesellschaft gemäß § 171 AktG der Fall und bei der GmbH, wenn ein Aufsichtsrat nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, § 52 GmbHG. Demgegenüber gilt die Offenlegungspflicht jedoch nicht für Personenhandelsgesellschaften mit einem freiwillig gebildeten Aufsichtsrat. Bei börsennotierten Kapitalgesellschaften ist zudem die Erklärung zum Corporate Governance Kodex (Entsprechungserklärung) offenzulegen.
Nicht zu den offenzulegenden Unterlagen gehören Sonderbilanzen, wie Eröffnungsbilanzen, Stichtagsbilanzen, Umwandlungsbilanzen, Verschmelzungsbilanzen oder Liquidationsschlussbilanzen.
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3. Erleichterungen der Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften
3.1. Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften: Größenabhängige Erleichterungen
Alle Erleichterungen hinsichtlich der Einstellung des Jahresabschlusses gelten auch für die Offenlegung. Daher können insbesondere kleine Gesellschaften im Sinne des § 267 Absatz 1 HGB eine weniger tief gegliederte Bilanz aufstellen. Sie erfahren erhebliche Erleichterungen hinsichtlich der Abgabepflichten im Anhang.
Darüber hinaus gelten auch nach § 326 HGB größenabhängige Erleichterungen hinsichtlich der Offenlegung für kleine Kapitalgesellschaften. Sie müssen nur die Bilanz und den Anhang übermitteln. Daher müssen sie keine Gewinn- und Verlustverrechnung übermitteln. Kleine Kapitalgesellschaften sind solche, bei denen zwei der drei folgenden Kriterien nicht überschritten sind:
- EUR 6.000.000 Bilanzsumme
- EUR 12.000.000 Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag
- im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer
Diese Schwellenwerte müssen an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen überschritten werden. Doch auch selbst, wenn die Schwellenwerte nicht überschritten sind, liegt keine kleine Kapitalgesellschaft vor, wenn das Unternehmen einen organisierten Mark im Sinne des § 2 Absatz 5 WpHG in Anspruch nimmt oder die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt beantragt hat
Kleinstkapitalgesellschaften müssen nur eine Bilanz zur Hinterlegung einreichen, die aber nicht veröffentlicht wird. Kleinstkapitalgesellschaften sind dabei solche, bei denen zwei der drei Kriterien an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten sind:
- EUR 350.000 Bilanzsumme
- EUR 700.000 Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag
- im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer
Es gibt Gestaltungsmöglichkeiten, um diese Erleichterungen zu erreichen. Beispielsweise lässt sich eine Vertriebsgesellschaft regelmäßig als kleine Gesellschaft ausgestalten, wenn sie selbst keine Mitarbeiter beschäftigt und die Bilanzsumme beispielsweise durch Forderungsabtretungen in der Unternehmensgruppe gestaltet wird.
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3.2. Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften: Konzernabschluss
3.2.1. Erleichterung für einbezogene Gesellschaften
Es besteht die Möglichkeit einen Konzernabschluss zu veröffentlichen, wenn das Unternehmen aus mehreren rechtlichen Einheiten besteht, die unter dem gemeinsamen Dach einer Muttergesellschaft steht. So lässt sich eine Befreiung von der Publizität der Jahresabschlüsse der einbezogenen Unternehmen erreichen. Mit dem Konzernabschluss kann die Aussagekraft der Abschlusspublizität deutlich verringert werden, da die Daten der einzelnen Einheiten nicht mehr sichtbar sind.
§ 264 Absatz 3 HGB befreit bestimmte Tochtergesellschaften, die in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens mit Sitz in der EU/EWR einbezogen sind, von den Offenlegungspflichten. Dazu müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Das Mutterunternehmen muss sich insbesondere dazu verpflichten, für die Verpflichtungen des Tochterunternehmens einzustehen. Diese Verpflichtung erfolgt in der Regel durch einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Absatz 1 Satz 1 AktG. Die Befreiung von den Publizitätspflichten geht daher mit einer Durchbrechung der Haftungsbegrenzung einher.
Voraussetzungen des Befreiung sind ferner:
- die Zustimmung der Gesellschafter des Tochterunternehmens,
- das Einstehen des Mutterunternehmens für die Verpflichtungen des Tochterunternehmens,
- die gesonderte Aufstellung und Prüfung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts,
- die Angabe der Befreiung im Konzernanhang des Mutterunternehmens,
- die Veröffentlichung des Beschlusses der Gesellschafter, der Erklärung zur Verpflichtungsübernahme, des Konzernabschlussberichts, des Konzernlageberichts und des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers im Bundesanzeiger.
3.2.2. Keine Möglichkeit der Befreiung des Mutterunternehmens
Die Möglichkeit der Befreiung des Mutterunternehmens eröffnet § 264 Absatz 3 HGB aber nicht. Die Rechtsfolgen beziehen sich ausdrücklich nur auf die in den Konzernabschluss einbezogenen Tochtergesellschaften. Daher ist neben dem Konzernabschluss auch der Jahresabschluss des Mutterunternehmens zu veröffentlichen.
3.3. Befreiende Wirkung von übergeordneten Konzernabschlüssen
Die Regelung des § 291 HGB eröffnet weiterhin die Möglichkeit auf eine Veröffentlichung zu verzichten. Wird ein Tochterunternehmen in den Konzernabschluss eines übergeordneten Konzerns in der EU oder in der EWR einbezogen, so reicht es, wenn nur der übergeordnete Konzernabschluss aufgestellt und veröffentlicht wird. Dann ist lediglich erforderlich, dass dies im Anhang der einbezogenen Unternehmen sowie im Konzernanhang genannt wird.
4. Sanktionen bei Verstößen gegen die Jahresabschlusspublizität
Die Unternehmen sind verpflichtet, die Unterlagen innerhalb eines Jahres nach dem Abschlussstichtag beim Unternehmensregister einzureichen (§ 325 Absatz 1a HGB). Verstöße gegen die Jahresabschlusspublizität bei Kapitalgesellschaften ahndet das Bundesamt für Justiz. Bei Nichteinreichung leitet das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren nach § 355 HGB ein. Es beginnt mit einer Androhungsverfügung gemäß § 335 Absatz 3 Satz 1 HGB, welche eine sechswöchige Nachfrist beinhaltet. Reicht das Unternehmen den Jahresabschluss innerhalb dieser Frist ein, so ist das Verfahren beendet. Dann sind nur die Verfahrenskosten zu zahlen. Diese betragen derzeit EUR 100 zuzüglich Auslagen.
Reicht das Unternehmen den Abschluss in dieser Zeit hingegen nicht ein, so wird gemäß § 335 Absatz 1 Satz 4 HGB ein Ordnungsgeld zwischen EUR 2.500 und EUR 25.000 festgelegt. Bei kapitalmarktorientierten Unternehmen im Sinne des § 264d HGB kann das Ordnungsgeld dabei sogar bis zu EUR 10 Mio. betragen. Zudem wird eine erneute Androhungsverfügung ausgesprochen, die erneut zu einem Ordnungsgeld führen kann. Das Verfahren endet daher ausschließlich durch die Einreichung des Abschlusses und grade nicht durch Zahlung des Ordnungsgelds.
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass das Unternehmensregister gleichzeitig eine erste Prüfung durchführt, insbesondere zu den Befreiungsvoraussetzungen der § 264 Absatz 3 beziehungsweise § 264b HGB und die Veröffentlichung bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen auch ablehnt.
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