Geschäftsführer abberufen

Wirksamkeit, Durchführung

Abberufung des Geschäftsführers: Wirksamkeit und Durchführung

Hat die Gesellschafterversammlung der GmbH den Geschäftsführer durch Beschluss abberufen, so stellt sich die Frage, wann die Abberufung wirksam ist. Dabei ist grundlegend zwischen mitbestimmten und nichtmitbestimmten GmbHs zu unterscheiden. Bei letzteren ist dann noch maßgeblich, ob dem Geschäftsführer ein Sonderrecht auf Geschäftsführung zu steht und ob der Beschluss förmlich festgestellt worden ist. In diesem Beitrag erklären wir, wann die Abberufung wirksam ist und wie die Gesellschaft das Abberufungsrecht verwirkt.

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Unser Video: Pflichten und Haftung eines Geschäftsführes einer GmbH

In diesem Video erklären wir, welche Pflichten ein Geschäftsführer hat und wie er haften kann.

Inhaltsverzeichnis


1. Abberufung des Geschäftsführers

Die Abberufung des Geschäftsführers ist in § 38 GmbHG geregelt. Demnach kann die Bestellung des Geschäftsführer jederzeit frei widerrufen werden. Eine Beschränkung dieser freien Widerrufbarkeit ist im Gesellschaftsvertrag möglich. Jedoch muss gemäß § 38 Absatz 1 GmbHG die Abberufung aus wichtigen Gründen immer möglich sein. Zuständig für die Abberufung des Geschäftsführers einer GmbH ist die Gesellschafterversammlung.

2. Wirksamkeit der Abberufung des Geschäftsführers

2.1. Zunächst Unterscheidung zwischen mitbestimmter und nicht mitbestimmter GmbH

Hat die Gesellschafterversammlung die Abberufung beschlossen, so stellt sich die Frage, wann die Abberufung des Geschäftsführers wirksam wir, er also seine Geschäftsführerstellung verliert. Dies hängt in erster Linie davon ab, ob die GmbH mitbestimmt ist.

Bei einer mitbestimmten GmbH verfügen die Mitarbeiter über Mitbestimmungsrechte. Diese Mitbestimmungsrechte ermöglichen es den Arbeitnehmern, Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens zu nehmen. Dies gilt beispielsweise in Bezug auf die Arbeitsbedingungen oder die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Die Mitbestimmung zielt darauf ab, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und denen des Unternehmens zu schaffen und so zu einer harmonischen und effizienten Arbeitsumgebung beizutragen.

Die Mitbestimmung in einer GmbH ist durch das Betriebsverfassungsgesetz und das Mitbestimmungsgesetz geregelt. Es gibt verschiedene Formen der Mitbestimmung, abhängig von der Größe des Unternehmens. In kleinen und mittleren Unternehmen (bis 500 Mitarbeiter) gibt es einen Betriebsrat, der die Interessen der Arbeitnehmer vertritt. In Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern tritt zusätzlich zur Betriebsratsebene die Unternehmensmitbestimmung in Kraft. Hierbei werden Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat entsandt. Je nach Unternehmensgröße und dem anwendbaren Mitbestimmungsgesetz kann die Zahl der Arbeitnehmervertreter variieren. In einigen Fällen können Arbeitnehmervertreter bis zur Hälfte der Aufsichtsratssitze einnehmen

Bei einer mitbestimmten GmbH ist die Abberufung selbst bei einem Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes sofort wirksam (§ 84 Absatz 3 Satz 4 AktG, § 31 Absatz 1 MitbesG).

Bei einer nicht mitbestimmten GmbH ist demgegenüber entscheidend, ob dem abberufenen Geschäftsführer ein satzungsmäßiges Sonderrecht auf Geschäftsführung zusteht. Weiterhin ist maßgeblich, ob der Abberufungsbeschluss von einem Versammlungsleiter förmlich festgestellt wurde. Ist keine Beschlussfeststellung erfolgt, so hängt die Wirksamkeit davon ab, ob der § 84 Absatz 3 Satz 4 AktG Anwendung findet.

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2.2. Geschäftsführer mit Geschäftsführungs-Sonderrecht

Geschäftsführer können ein Sonderrecht auf Geschäftsführung haben. Darin greift dann jede Abberufung ein, welcher der Geschäftsführer nicht zugestimmt hat. Daher verstößt der entsprechendde Abberufungsbeschluss gegen § 35 BGB. Die Rechtsfolge des § 35 BGB ist dann die Unwirksamkeit des Abberungsbeschlusses. Auch eine bloß vorläufige Abberufung ist daher unwirksam.

Wenn die Gesellschafter dem Geschäftsführer ein solches Sonderrecht einräumen, so müssen sie hinnehmen, dass er dieses erst verliert, wenn rechtskräftig festgestellt ist, dass die Voraussetzungen für den Entzug des Sonderrechts vorliegen. Bis zu dieser rechtskräftigen Feststellung bleibt der Geschäftsführer daher vertretungsbefugt. Erst das Urteil ersetzt dann nach § 894 ZPO seine fehlende Individualzustimmung zu seiner Abberufung. Bis zu dem rechtskräftigen Urteil bleibt der Beschluss jedoch schwebend unwirksam.

Verweigert der Geschäftsführers seine Zustimmung, so ist der Abberufungsbeschluss endgültig unwirksam. Damit ist er nichtig, so dass eine Beschlussmängelklage nicht zwingend erforderlich ist. Trotzdem ist dem ohne seine Zustimmung abberufenen Sonderrechtsinhaber jedenfalls bei tatsächlichem Fehlen eines wichtigen Grundes zumeist zu raten die Beschlussmängelklage zu erheben. Ansonsten steht er bei seiner weiteren Tätigkeit für die Gesellschaft immer unter Zwang zu begründen, weshalb er seine Organstellung nicht verloren hat. Das gilt erst recht, wenn der Versammlungsleiter den Abberufungsbeschluss trotz fehlender Zustimmung fälschlicherweise festgestellt hat.

2.3. Beschlussfeststellung

Wenn dem Geschäftsführer kein Sonderrecht zusteht so richtet sich die wenigstens vorläufige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses nach dem Ergebnis einer Beschlussfeststellung. Danach ist die förmlich festgestellte Abberufung zunächst wirksam. Sie muss von dem abberufenen Geschäftsführer angefochten werden. Die Organstellung bleibt aber zunächst erhalten, wenn die Ablehnung des Widerrufsantrags mit der Stimme des Betroffenen abgelehnt und dieses Abstimmungsergebnis als wirksam festgestellt wurde.

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Gesellschafterversammlung einer GmbH: Rechte und Pflichten

Wir klären, welche Rechte und Pflichten die Gesellschafter bei der Gesellschafterversammlung haben.

2.4. Vorläufige Wirksamkeit der Abberufung des Geschäftsführers analog § 84 Absatz 3 Satz 4 AktG?

Nach § 84 Absatz 3 Satz 4 AktG ist der Widerruf des Vorstands einer Aktiengesellschaft aus wichtigem Grund wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Dies gilt nach § 31 Absatz 1 MitbesG auch für nach diesem Gesetz mitbestimmte GmbHs. Daher verliert der Geschäftsführer mit Zugang der Abberufungserklärung, wie oben dargelegt sein Amt unabhängig davon, ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt.

Ursprünglich wurde der § 84 Absatz 3 Satz 4 AktG auch auf nicht mitbestimmte GmbHs angewandt, wenn ein Fremdgeschäftsführer oder ein Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Geschäftsführersonderrecht abberufen wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch am 14.05.2019 entschieden, dass § 84 Absatz 3 Satz 4 AktG keine Anwendung findet.

Grund dafür ist, dass § 84 Absatz 3 Satz 3 AktG allein auf die Verhältnisse in einer Aktiengesellschaft zugeschnitten ist. Bei dieser besteht mit dem Aufsichtsrat ein gesondertes, von den Gesellschaftern unabhängiges und dadurch neutrales Bestellungs- und Abberufungsgremium. In einer GmbH hingegen fällt die Abberufung in den Aufgabenbereich der Gesellschafterversammlung. Dann könnte ein Gesellschafter mit der bloßen Behauptung, der andere Gesellschafter sei aus wichtigem Grund untragbar, dessen Stimme ausschalten und einen formal gültigen Abberufungsbeschluss herbeiführen. Das wäre ein bequemes Mittel, um bei Meinungsverschiedenheiten jedenfalls in einer Zwei-Personen-GmbH einen geschäftsführenden Gesellschafter auf Jahre hinaus auszuschalten. Damit besteht die Gefahr, des Einflusses unternehmensfremder Interessen.

Keine Zweifel bestehen bei der analogen Anwendung des § 84 Absatz 3 Satz 4 auf eine GmbH die freiwillig einen Aufsichtsrat bestellt hat, der die ausschließliche Zuständigkeit für die Abberufung der Geschäftsführer hat. Auch dann können aber begründete Zweifel an der Neutralität des Aufsichtsrats bestehen. Das gilt beispielsweise dann, wenn ein Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer abberufen werden soll, der oft auch die Mehrheit der Aufsichtsmitglieder ausgesucht hat.

2.5. Fazit: Wirksamkeit der Abberufung

Bei mitbestimmten GmbHs ist die Abberufung sofort wirksam (§ 84 Absatz 3 Satz 4 AktG, § 31 Absatz 1 MitbesG).

Bei einer nicht mitbestimmten GmbH ist darauf zu achten, ob dem Geschäftsführer ein Sonderrecht auf Geschäftsführung zu steht oder, ob der Beschluss förmlich festgestellt wurde.

Besteht ein Sonderrecht des Geschäftsführers, so ist der Beschluss der Abberufung gemäß § 35 BGB nichtig. Daher ist die Abberufung unwirksam.

Ist der Beschluss förmlich festgestellt worden, so ist die Abberufung grundsätzlich wirksam.

Bei fehlender förmlicher Feststellung des Beschlusses ist die Abberufung nicht vorläufig wirksam. Die Wirksamkeit der Abberufung hängt vielmehr von der materiellen Rechtslage ab. Der durch das Abstellen auf die materielle Rechtslage eintretende Schwebezustand ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Abberufung hinzunehmen.

2.6. Wirksamkeit der Abberufung des Geschäftsführers im Außenverhältnis

Es stellt sich jedoch auch die Frage, wann der abberufene Geschäftsführer im Außenverhältnis zu den Geschäftspartnern der GmbH keine Vertretungsbefugnis mehr innehat. Der Geschäftspartner, der weiß, dass der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer abberufen wurde, dieser sich aber gerichtlich gegen die Abberufung wehrt, darf gemäß § 15 HGB grundsätzlich auf die Vertretungsbefugnis vertrauen, bis ihm positiv bekannt ist, dass die Abberufung wirksam ist beziehungsweise sie im Handelsregister eingetragen wurde. Diese Handelsregisterpublizitätswirkung begründet regelmäßig einen Verfügungsgrund gegen den wirksam abberufenen Geschäftsführer, sich jeder weiteren Tätigkeit für die Gesellschaft zu enthalten. Ob Maßnahmen des Geschäftsführers gegen einen Dritten wirksam sind, hängt davon ab, ob der Abberufungsbeschluss des Gesellschafterversammlung wirksam war.

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3. Wechselseitige Abberufung

3.1. Definition der wechselseitigen Abberufung der Geschäftsführer

Bei der zwei-Personen-GmbH kommt es nicht selten zur wechselseitigen Abberufung der Gesellschafter-Geschäftsführer aus wichtigem Grund. Dabei reagiert der von der Abberufung bedrohte Gesellschafter-Geschäftsführer aus die Ankündigung seiner Abberufung damit, dass er – unabhängig davon, ob in der Person seines Kontrahenten überhaupt wichtige Gründe vorliegen – seinerseits über dessen Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund Beschluss fassen lässt.

Der Vorteil liegt aus seiner Sicht darin, durch die wechselseitigen Zwangsmaßnahmen eine unübersichtliche Situation zu schaffen. Je unübersichtlicher die Sach- und Rechtslage ist, desto eher tendieren Gerichte zur Aufrechterhaltung des Status quo. Dann kann die Gegenabberufung gegebenenfalls bewirken, dass gegen einen eigentlich wirksam Abberufenen zumindest einmal keine einstweilige Verfügung ergeht, die ihm die weitere Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit untersagt. Ferner gerät der andere Gesellschafter in die Defensive, da so auch wichtige Gründe in seiner Person, also etwaiges eigenes Fehlverhalten angesprochen wird. Wenn sich dann im Zuge der wechselseitigen Vorwürfe eine nachhaltige Zerrüttung des Verhältnisses unter den Geschäftsführer herausstellt, muss der ursprüngliche Angreifer, um den Verlust seiner Organposition fürchten. Insgesamt entsteht dann durch die wechselseitige Abberufung gegebenenfalls erheblicher Druck sich gütlich zu einigen.

3.2. Wirksamkeit der wechselseitigen Abberufung

Ein solcher Abberufungswettlauf wird aber dadurch entschärft, dass die Wirksamkeit der Abberufung von der objektiven Rechtslage abhängt. Daher müssen beide Geschäftsführer im einstweiligen Verfügungsverfahren vorbehaltlich anderer Regelungen im Gesellschaftsvertrag bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache weiter amtieren. Somit hat der Abberufene weiterhin nach § 49 GmbHG die Möglichkeit eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Zudem hat er Zugang zu den Geschäftsräumen und den darin befindlichen Unterlagen. Möglich ist auch vorbeugender einstweiliger Rechtsschutz gegen die drohende Abberufung, wenn Abberufungsgründe erkennbar nicht vorliegen oder selbst auf Nachfrage hin nicht substantiiert aufgedeckt werden und die Rechtslage eindeutig ist.

3.3. Verbindung der Klagen

Wenn gegen beide Abberufungen Klage erhoben wurde, so ist sicher zu stellen, dass beide Abberufungen gemeinsam gerichtlich verhandelt und auch gemeinsam entschieden werden. Gleiches gilt im einstweiligen Verfügungsverfahren. Eine getrennte Verhandlung und Entscheidung ist ermessensfehlerhaft, da bei der Gesamtabwägung des Vorliegens wichtiger Gründe das Verhalten beider Geschäftsführer materiellrechtlich zu berücksichtigen ist.

4. Zeitliche Grenzen für die Abberufung des Geschäftsführers

Die Abberufung des Geschäftsführers ist an keine Frist gebunden. Daher lässt sich eine Abberufung auch auf länger zurückliegende Vorfälle stützen. Für sie gilt insbesondere nicht die Frist des § 626 Absatz 2 BGB. Das Abberufungsrecht kann nur nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein, wenn es nicht innerhalb angemessener Frist ausgeübt wurde. Das Zeitmoment, also der reine Zeitablauf genügt für die Verwirkung noch nicht. Hinzukommen muss auch noch ein Umstandsmoment. Dieses liegt vor wenn, der Geschäftsführer aufgrund des Verhaltens der Gesellschafter annehmen darf, sie wollten aus dem wichtigen Grund keine Rechte mehr herleiten. Langes Zuwarten mit der Abberufung kann aber immerhin dagegen sprechen, dass es sich bei dem relevanten Vorgang um einen gravierenden handelte.


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