Handelsgeschäft nach HGB
Für Handelsgeschäfte gelten besondere Regelungen. Diese finden sich in den §§ 343-372 HGB. Daher ist es von zentraler Bedeutung zu wissen, was eigentlich ein Handelsgeschäft ist. In diesem Beitrag erklären wir, wann ein solches vorliegt.
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Inhaltsverzeichnis
1. Begriff des Handelsgeschäfts
1.1. Definition des Handelsgeschäfts
Für Handelsgeschäfte gelten die besonderen Regelungen der §§ 343-372 HGB. Nach der Legaldefinition des § 343 Absatz 1 HGB sind Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören.
1.2. Kaufmann
Demnach muss derjenige, der das Geschäft tätigt, Kaufmann sein. Wann eine Person Kaufmann im Sinne des HGB ist, haben wir in einem unserer anderen Beiträge erklärt. Denkbar ist aber auch, dass eine Person lediglich den Rechtsschein setzt, er sei Kaufmann, tatsächlich aber gar kein Kaufmann ist. Dann stellt sich die Frage, wann für den Scheinkaufmann das Betreiben eines Handelsgeschäfts in Betracht kommt. Dies beurteilt sich nach seinem Auftreten im Einzelfall. Allerdings wird wohl jemand, der den Rechtsschein erzeugt, er sei ein Kaufmann auch den Anschein eines Handelsgeschäfts und nicht den eines Privatgeschäfts erzeugen.
1.3. Geschäft gehört zum Betrieb des Handelsgewerbes
Das Geschäft muss zum Betrieb des Handelsgeschäft gehören. Geschäft ist jedes rechtserhebliche Verhalten, also der Abschluss von Verpflichtungsverträgen, die Vornahme von Verfügungsgeschäfte, einseitige Rechtsgeschäfte, wie Rücktritt, Minderung, Mahnung, Kündigung oder Fristsetzung und Realakte, soweit die Rechtsordnung daran Rechtsfolgen knüpft. Zu letzteren gehört beispielsweise die Vermischung, Verwendung oder Warenversendung.
Dafür, dass das Geschäft dem Betrieb des Handelsgeschäfts zugehörig ist, spricht die Vermutung des § 344 Absatz 1 HGB. Diese ist erst widergelegt, wenn feststeht, dass das von dem Kaufmann eingegangene Geschäft nicht dem Betrieb seines Handelsgewerbe dienen sollte. Dazu reicht nicht aus, dass das Geschäft allein objektiv eine Privatangelegenheit war. Hinzutreten muss vielmehr, dass die Privatangelegenheit für den Geschäftsgegner auch erkennbar war.
Somit kann wegen der Vermutung des § 344 Absatz 1 HGB ein privates Geschäft nur angenommen werden, wenn dies eindeutig zum Ausdruck gebracht wurde. Im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs, wenn also beispielsweise eine GmbH an eine Privatperson bewegliche Sachen verkauft, so ist aber anerkannt, dass sogar branchenfremde Geschäfte im Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes gehören.
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In diesem Video erklären wir die unterschiedlichen Rechtsformen in Deutschland und wo Unterschiede zwischen ihnen bestehen.
1.4. Einseitiges oder beiderseitiges Handelsgeschäft
In Abhängigkeit dazu, ob die am Geschäft beteiligten Personen beide Kaufleute sind, spricht das Gesetz von einseitigen Handelsgeschäft oder beiderseitigen Handelsgeschäft. Es gilt jedoch, dass die Vorschriften über die Handelsgeschäfte grundsätzlich für beide Parteien gelten, selbst wenn es es nur um ein einseitiges Handelsgeschäft handelt, § 345 HGB. Daher gelten die besonderen Vorschriften des HGB auch für die Person, die selbst kein Kaufmann ist. Deswegen liegt beispielsweise auch ein Handelskauf vor, wenn eine Privatperson im Supermarkt einkauft. Daher finden die Regelungen mit Ausnahme der §§ 377, 379 HGB Anwendung.
Wenn bei dem einseitigen Handelskauf eine bestimmte Person Kaufmann sein muss, so ist dies im Gesetz besonders geregelt. Dies gilt beispielsweise für die kaufmännische Sorgfaltspflicht (§ 347 HGB), bei der Vertragsstrafe (§ 348 HGB), bei dem Ausschluss der Vorausklage bei der Bürgschaft (§ 349 HGB) und bei der Formfreiheit (§ 350 HGB).
Wenn ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegen muss, also beide Parteien Kaufleute sein müssen, so ist dies ebenfalls gesetzlich geregelt. Dies gilt beispielsweise hinsichtlich der Besonderheiten für das Gewährleistungsrecht (§ 377 HGB) und das Zurückbehaltungsrecht (§ 369 ff HGB).
2. Besonderheiten bei dem Zustandekommen des Handelsgeschäfts
2.1. Zustandekommen eines Vertrags nach Zivilrecht
Wenn das Handelsgeschäft ein Vertrag ist, dann gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen der §§ 145 ff. BGB. Hinzutreten dann aber die besonderen Regelungen des Handelsrechts für Handelsgeschäfte (§§ 343-372 HGB)
Grundsätzlich kommt ein Vertrag nach den zivilrechtlichen Regelungen durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Diese Willenserklärungen können ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Hingegen entstehen durch Schweigen grundsätzlich keine Verträge. Nur im Einzelfall ordnet das Gesetz an, dass Schweigen als Ablehnung (§§ 108 Absatz 2 Satz 2, 177 Absatz 2 Satz 2 BGB) oder Zustimmung (§§ 416 Absatz 1 Satz 2, 516 Absatz 2 Satz 2 BGB) gilt. Zuletzt kann durch Parteivereinbarung festgelegt werden, dass Schweigen in dem konkreten Fall einer Bedeutung zukommen soll. In der Regel ist Schweigen aber überhaupt keine Willenserklärung.
2.2. Besonderheiten bei einem Handelsgeschäft
Im Handelsrecht gibt es hinsichtlich des Zustandekommens von Verträgen einige Besonderheiten. Diese modifizieren die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen. Demnach kommt insbesondere dem Schweigen eine Bedeutung zu. Schweigen hat rechtsgeschäftliche Bedeutung, wenn es auf ein Angebot zur Geschäftsbesorgung nach § 362 Absatz 1 HGB oder auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben erfolgt.
2.3. Schweigen auf ein Angebot, § 362 Absatz 1 HGB
2.3.1. § 362 Absatz 1 Satz 1 HGB
Der § 362 Absatz 1 HGB stellt Voraussetzungen auf, unter denen der Kaufmann verpflichtet ist, auf ein Angebot unverzüglich zu antworten. Andernfalls gilt sein Schweigen als Annahme des Antrags. Demnach kommt der Vertrag in zwei Fällen durch Schweigen zustande.
Der erste Fall ist in § 362 Absatz 1 Satz 1 HGB geregelt. Demnach muss derjenige, dem der Antrag zugeht, Kaufmann sein. Der Betrieb des Kaufmanns muss ferner die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringen. Beispielsweise hat die Tätigkeit einer Bank Geschäftsbesorgungen zum Gegenstand. Sie erledigt zum Beispiel für ihre Kunden Zahlungs-, Überweisungs- und Einziehungsaufträge.
Jedoch hat nicht jeder Betrieb eines Kaufmanns Geschäftsbesorgungen für andere zum Gegenstand. Ansonsten wäre die Einschränkung des § 362 Absatz 1 Satz 1 HGB überflüssig. Nicht unter die Norm fallen daher beispielsweise Kaufgeschäfte. Somit kann der Warenkaufmann bei Angeboten auf Abschluss von Kaufverträgen grundsätzlich ohne nachteilige Rechtswirkungen schweigen.
Ferner muss der Kaufmann mit dem Antragenden zum Zeitpunkt des Angebots schon in einer Geschäftsbeziehung stehen.
Weiterhin muss sich der Antrag auf Geschäfte beziehen, die zu dem üblichen Geschäftskreis des Kaufmanns gehören. Dabei ist aber nicht entscheidend, wie der Kaufmann seinen Betrieb tatsächlich führt oder, ob ein derartiges Geschäft auch in der konkreten Geschäftsbeziehung üblich ist. Maßgeblich ist vielmehr, welche Geschäftsbesorgungen nach der Verkehrsanschauung normalerweise zu einem solchen Gewerbebetrieb gehören. Daher gilt § 362 HGB nicht hinsichtlich branchenfremden Geschäftsbesorgungen.
2.3.2. § 362 Absatz 1 Satz 2 HGB Schweigen nach Erbieten zur Geschäftsbesorgung
Einen weiteren Fall, bei dem ein Vertrag durch Schweigen zustande kommt, regelt der § 362 Absatz 1 Satz 2 HGB. Demnach löst Schweigen des Kaufmanns einen Vertrag aus, wenn sich der Kaufmann jemandem zur Besorgung von Geschäften erboten hat. Zudem muss sich der Antrag im Rahmen des vom Kaufmann Erbotenen halten. Jedoch ist für den § 362 Absatz 1 Satz 2 HGB nicht erforderlich, dass der Betrieb des Kaufmanns eine Geschäftsbesorgung mit sich bringt oder, dass eine Geschäftsbeziehung besteht.
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2.3.3. Rechtsfolge: Zustandekommen des Handelsgeschäfts
Rechtsfolge der beiden Varianten des § 362 Absatz 1 HGB ist, dass der Kaufmann verpflichtet ist, auf das Angebot unverzüglich zu antworten. Daher muss er ohne schuldhaftes Zögern erklären, ob er den Antrag annimmt oder nicht. Dem Beauftragten schadet jedoch nur Schweigen. Folglich hindert jede irgendwie geartete Antwort die Wirkungen des § 362 Absatz 1 HGB. Sie braucht nicht Annahme oder Ablehnung des Angebots sein. Die Unverzüglichkeit ist bei Kaufleuten in der Regel nur gewahrt, wenn noch am Tag des Antragszugang eine Antwort erfolgt.
Antwortet der Kaufmann nicht unverzüglich, so gilt sein Schweigen als Annahme des Antrags. Dann kann der Kaufmann seine Annahme nicht mit der Begründung anfechten, er habe sich über die Wirkung seines Schweigens getäuscht. Diese Fehlvorstellung stellt einen unbeachtlichen Motivirrtum dar.
2.4. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
Ein weiterer Fall, in dem ein Vertrag durch Schweigen zustande kommt, liegt bei einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben vor. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist ein von einem Vertragspartner an den anderen gerichtetes Schreiben, in dem der Absender seine Auffassung über das Zustandekommen und den Inhalt eines mündlich, fernmündlich oder telegrafisch geschlossenen Vertrags mitteilt. Wichtig ist, dass es sich auch wirklich um ein Bestätigungsschreiben handeln muss. Das meint, dass der Ersteller des Schreibens auch lediglich die nach seinen Vorstellung ausgehandelten Bedingungen bestätigen muss und nicht weitere Voraussetzungen hinzufügen darf.
Möchte der Empfänger eines derartigen Schreibens dessen Inhalt nicht gelten lassen, so muss er unverzüglich widersprechen. Andernfalls gilt sein Schweigen als Einverständnis. Dann kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Bestätigungsschreibens zustande.
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben beruht auf dem Handelsbrauch, mündliche Abreden alsbald schriftlich festzuhalten. Dadurch soll dem Bedürfnis nach Klarheit und Rechtssicherheit im Handelsverkehr Rechnung getragen werden. Im HGB ist es nicht geregelt.
Tatsächlich hat die Rechtsprechung aber den Anwendungsbereich auch auf Personen ausgedehnt, die im größeren Umfang am Wirtschaftsleben teilnehmen. Folglich sind die Grundsätze über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben nicht nur auf das Handelsrecht beschränkt.
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