Die Kapitalrücklage einer GmbH
Bei vielen Kapitalgesellschaften und insbesondere bei der GmbH findet sich auf der Passivseite der Bilanz der Posten „Kapitalrücklage“. In sie fallen alle Mittel, die Gesellschafterinnen und Gesellschafter „ihrer“ GmbH von außen, zum Beispiel in Form einer schlichten Überweisung auf das Gesellschaftskonto, zuführen. Die Kapitalrücklage stellt Eigenkapital der GmbH dar und kann im weiteren Verlauf beispielsweise für eine Erhöhung des Stammkapitals genutzt werden.
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Inhaltsverzeichnis
1. Was ist eine Kapitalrücklage?
Unter der Kapitalrücklage versteht man in der handels- und steuerrechtlichen Praxis einen Passivposten in der Bilanz eines Unternehmens, regelmäßig einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH. Sie reiht sich damit in weitere Positionen der Passivseite der Bilanz ein, unter anderem in folgende:
- Gezeichnetes Kapital: Auch bezeichnet als „Stammkapital“ legen es die Gesellschafter bei Gründung der Gesellschaft fest. Das Mindest-Stammkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beträgt EUR 25.000, wovon mindestens EUR 12.500 sofort einzuzahlen sind
- Gewinnrücklagen und Gewinnvortrag: Je nach Beschlusslage werden nicht ausgeschüttete Gewinne der Vorjahre in eine Gewinnrücklage eingestellt oder schlichtweg vorgetragen. Sie stehen der Gesellschaft in den nächsten Jahren zur Verfügung, haben aber nach § 8 Absatz 3 Satz 1 KStG keinen Einfluss auf das Einkommen
- Verbindlichkeiten: Schulden der Gesellschaft sind als Verbindlichkeiten mit dem Nenn- oder gemeinen Wert ebenfalls auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen
Die Bezeichnung „Kapitalrücklage“ drückt dabei, wie auch der Begriff „Eigenkapital“, aus, dass es sich bei den Mitteln um solche der Gesellschaft selbst handelt. Die Kapitalrücklage fällt also nicht unter Fremd-, sondern unter das Eigenkapital des jeweiligen Unternehmens.
2. Grundlagen der Bildung einer Kapitalrücklage
In § 272 Absatz 2 HGB normiert der Gesetzgeber, in welchen Fällen ein Unternehmen eine Kapitalrücklage bilden darf. Die Tatbestände sind zwar abschließend, aber auch weit gefasst, sodass grundsätzlich alle Mittelzuführungen von außerhalb in die Kapitalrücklage eingestellt werden können. Konkret sind folgende Beträge als Kapitalrücklage auszuweisen respektive in diesem Bilanzposten zu summieren:
- Beträge, die bei der Ausgabe von Anteilen und Bezugsrechten über den Nennbetrag oder, falls es an einem solchen fehlt, über den rechnerischen Wert hinaus erzielt werden
- Erträge aus der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte
- Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugsanteils (relevant etwa bei der disquotalen Gewinnausschüttung) leisten
- Summe anderer Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital der GmbH leisten
Durch die Definition in § 272 Absatz 2 und 3 HGB wird bereits der Unterschied zwischen Gewinn- und Kapitalrücklagen deutlich. Denn während eine Gewinnrücklage nur aus stehengelassenen, also nicht an Anteilseigner ausgeschütteten, Gewinnen entstehen kann, gründet sich eine Kapitalrücklage rein auf der Gesellschaft von außen zugeführte Geldbeträge und Sachwerte.
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3. Rücklagen und das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG
Das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG ist ein steuerrechtlicher Sonderposten und kein „echtes“ Buchungskonto. Es dient der gesonderten Erfassung von Einlagen außerhalb des Nennkapitals und umfasst damit auch die Kapitalrücklage.
Dabei normiert § 27 Absatz 1 Satz 3 bis 5 KStG die sogenannte Verwendungsreihenfolge, die auch für die Besteuerung auf Ebene des Gesellschafters relevant ist. Im Wesentlichen bestimmt die Norm damit, dass Leistungen der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafterin oder den Gesellschafter zunächst aus dem ausschüttbaren Gewinn finanziert gelten. Ist der ausschüttbare Gewinn aufgebraucht, gilt der Bestand des steuerlichen Einlagekontos ganz oder teilweise als verwendet.
Auf dem Einlagekonto erfasst die GmbH alle nicht in das Nennkapital geleisteten Zuführungen, insbesondere verdeckte Einlagen. Auch Zahlungen in die Kapitalrücklage der GmbH erhöhen den Bestand des steuerlichen Einlagekontos. Soweit das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt, findet keine Besteuerung von Kapitalerträgen statt (§ 20 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG). Grund dafür ist, dass die entsprechenden Einlagen in das Gesellschaftsvermögen aus bereits versteuertem Einkommen geleistet wurden.
Beispiel: Der ausschüttbare Gewinn der A-GmbH liegt bei EUR 100.000. Die Gesellschafter beschließen auf ihrer jährlichen Versammlung Gewinnausschüttungen in Höhe von EUR 120.000. Es besteht eine Kapitalrücklage in Höhe von EUR 80.000.
In Höhe von EUR 100.000 liegen „klassische“ Gewinnausschüttungen, die der Besteuerung nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG unterliegen, vor. Soweit der ausschüttbare Gewinn überschritten wird, hier mit EUR 20.000, ist von einer Kapitalrückzahlung auszugehen. Sie ist nach § 20 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG nicht steuerbar.
4. Verwendungsmöglichkeiten für eine gebildete Kapitalrücklage
Da es sich bei der Kapitalrücklage stets um Eigenkapital der Gesellschaft handelt, kann sie grundsätzlich frei über die Verwendung der entsprechenden Mittel entscheiden. Dabei sehen GmbHG und HGB allerdings bestimmte Einschränkungen dieser Verwendungsmöglichkeiten vor, insbesondere um Kapital für schlechtere Zeiten vorhalten zu können. In der Praxis ergeben sich vor allem zwei Möglichkeiten zur Nutzung einer Kapitalrücklage:
- Umwandlung in Stammkapital: Die Kapitalrücklage kann durch Gesellschafterbeschluss in Stammkapital umgewandelt werden. Eine solche Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 57c GmbHG) dient beispielsweise einer besseren Bonitätseinschätzung durch Kreditinstitute
- Verlustdeckung: Die Kapitalrücklage kann auch genutzt werden, um Jahresfehlbeträge auszugleichen (§ 58b Absatz 3 Nummer 1 GmbHG). Zu beachten ist, dass die Gesellschaft zunächst Gewinnvorträge und Gewinnrücklagen aufbrauchen muss
Nach § 58b Absatz 1 und 2 GmbHG kann die GmbH auch Gewinn- in Kapitalrücklagen umwandeln. Zu beachten ist aber, dass eine Einstellung nur bis zur Höhe von 10 % des Stammkapitals der Gesellschaft zulässig ist. Darüber hinaus besteht eine fünfjährige Bindungsfrist, innerhalb derer die Kapitalrücklage nur für die in § 58c Absatz 3 GmbHG abschließend aufgezählten Zwecke genutzt werden darf.
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5. Achtung: Schenkungsteuer bei Erhöhung des Wertes von GmbH-Anteilen!
Nach § 7 Absatz 8 ErbStG gelten Werterhöhungen von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH als freigiebige Zuwendung einer Person an eine andere, wenn diese ebenfalls an der Gesellschaft beteiligt ist. Maßgeblich für den Schenkungsteuertatbestand ist, dass sich der Anteilswert durch die Handlung des anderen Gesellschafters erhöht, da nur dann von einer „Zuwendung“ im schenkungsteuerlichen Sinne die Rede ist.
Die Zahlung in die Kapitalrücklage einer Gesellschaft kann eine solche Zuwendung darstellen. Grund dafür ist, dass die entsprechende Leistung zwar nur von einem Gesellschafter geleistet wird, die Anteile aber insgesamt gleichmäßig im Wert steigen. Die praktische Auswirkung verdeutlicht auch das folgende Beispiel:
A und B sind an der AB-GmbH, die einen gemeinen Wert von EUR 2.000.000 hat, zu jeweils 50 % beteiligt. A entschließt sich dazu, insgesamt EUR 200.000 in die Kapitalrücklage der GmbH einzuzahlen, um Kapital für „schlechte Zeiten“ unmittelbar auf Gesellschaftsebene vorzuhalten. Das Vermögen der Gesellschaft steigt nun auf EUR 2.200.000, sodass auch der Anteil des B um EUR 100.000 im Wert steigt.
Im genannten Fall läge in Höhe von EUR 100.000 eine Schenkung des A an den B vor, denn der B könnte seinen Anteil an der AB-GmbH nun für einen um EUR 100.000 höheren Preis veräußern. Der Marktwert der Anteile hat sich entsprechend erhöht.
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