Übertragung von Betriebsvermögen zu Buchwerten

Welche Voraussetzungen gelten für die Betriebsübertragung?

Betriebsübertragung: So klappt sie zu Buchwerten!

Eine unentgeltliche Betriebsübertragung führt grundsätzlich zur fiktiven Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit (§ 16 Absatz 3 EStG) und löst damit eine Versteuerung vorhandener stiller Reserven aus. Da der Gesetzgeber die Problematik insbesondere innerhalb von Familienverbünden erkannt hat, wurde § 6 Absatz 3 EStG ins Leben gerufen. Die Norm regelt, unter welchen Voraussetzungen eine – dem Grunde nach steuerpflichtige – Betriebsübertragung zu Buchwerten möglich ist.

Unser Video:
Betriebsübertragung nach § 6 Absatz 3 EStG

In diesem Video erklären wir, wie eine unentgeltliche Betriebsübertragung zu Buchwerten erfolgen kann.

Inhaltsverzeichnis

1. Rechtlicher Hintergrund: Was ist eine Betriebsübertragung steuerlich?

Erbschaften und Schenkungen finden ausnahmslos und damit in allen Fällen im Privatvermögen des Steuerpflichtigen statt. Dies gilt entsprechend auch bei der Übertragung von vollständigen Betriebsvermögen oder Wirtschaftsgütern, die sich in einem solchen befinden. Eine Schenkung führt entsprechend zur fiktiven Entnahme, wird dann im Privatvermögen ausgeführt und der Übernehmer legt das Wirtschaftsgut wieder in ein (sein) Betriebsvermögen ein.

Der Nachteil liegt dabei auf der Hand. Denn die (Zwangs-) Entnahme, etwa bei Erbschaft, führt zur Aufdeckung der stillen Reserven, da sie mit ihrem gemeinen Wert als Einnahme zu berücksichtigen ist (§§ 4 Absatz 1 Satz 2 und 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 EStG). Da auf der anderen Seite nur der bisherige Buchwert erfolgswirksam und damit gewinnmindernd auszubuchen ist, unterliegen vorhandene stille Reserven bei der Betriebsübertragung der bis zu 45%igen Einkommensteuer.

Hintergrund ist schlicht die Intention des Gesetzgebers, stille Reserven spätestens bei Aufgabe des Betriebs oder Mitunternehmeranteils besteuern zu können. Eine Besteuerung sollte daher – um diesem genannten Willen zu folgen – gerade nicht stattfinden, wenn der Übernehmer des Unternehmens dieses weiterführt. An dieser Stelle kommt § 6 Absatz 3 EStG ins Spiel.

2. Die Systematik des § 6 Absatz 3 EStG im Überblick

Um die Übertragung und anschließende Weiterführung eines Unternehmens auch steuerlich attraktiv zu halten, sieht § 6 Absatz 3 EStG eine gewisse „Sonderbehandlung“ von Betriebsübertragungen vor. Dabei muss

  • ein ganzer Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil
  • unentgeltlich
  • auf eine andere (natürliche wie juristische) Person

übergehen (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Rechtsfolge ist die Übernahme zu Buchwerten ohne Aufdeckung eventuell in den Wirtschaftsgütern „schlummernder“ stiller Reserven (Halbsatz 2). Allerdings muss die (spätere) Besteuerung dieser Reserven sichergestellt sein, was nur dann der Fall ist, wenn das übernommene Betriebsvermögen bei Aufgabe oder Verkauf der Besteuerung im Inland unterliegt (Tatbestände des § 16 EStG).

Nach § 6 Absatz 3 Satz 2 EStG ist ein (teilweiser) Rückbehalt von Wirtschaftsgütern im Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft durch den Überträger unschädlich, sofern der Übernehmer des Anteils diesen innerhalb einer Frist von fünf Jahren (Haltefrist) weder veräußert noch aufgibt.

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Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitutnernehmeranteilen?

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2.1. Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen 

Für die Anwendung des § 6 Absatz 3 EStG gelten die allgemeinen Begriffsdefinitionen. Demnach handelt es sich 

  • bei einem ganzen Betrieb regelmäßig um ein Einzelunternehmen (§§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 18 Absatz 1 EStG),
  • bei einem Teilbetrieb um einen organisatorisch abgeschlossenen Teil eines solchen Unternehmens, wenn dieser selbstständig lebensfähig wäre, und
  • bei einem Mitunternehmeranteil um einen Anteil an einer Personengesellschaft,

wenn der Überträger als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG anzusehen ist.

Nach § 6 Absatz 7 Nummer 1 EStG wenden Sie Absatz 3 entsprechend an, wenn der übertragene Betrieb oder die anteilig übertragene Mitunternehmerschaft ihren Gewinn nach § 4 Absatz 3 EStG (EÜR) ermittelt.

Der Bundesfinanzhof hat im Zusammenhang mit § 6 Absatz 3 EStG entschieden, dass eine Übertragung nur dann zu Buchwerten möglich ist, wenn der bisherige Betriebsinhaber seine gewerbliche Tätigkeit insoweit einstellt (BFH vom 25.01.2017, X R 59/14).

Soweit funktional notwendiges Sonderbetriebsvermögen (R 4.2 Absatz 2 EStR) vorliegt, ist dieses zwingend mit zu übertragen. Generell fällt sowohl der prozentuale Anteil am Vermögen der Gesamthand (in der Regel feststehend laut Gesellschaftsvertrag) als auch das gesamte Sondern-BV des Mitunternehmers unter die Begünstigung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG. Im Umkehrschluss scheidet die Begünstigung aus, wenn der übertragende Mitunternehmer funktional wesentliches Sonder-BV zurückhält.

2.2. Unentgeltliche Betriebsübertragung

Die nach § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG begünstigte Übertragung zu Buchwerten ist nur dann als solche zu behandeln, wenn sie unentgeltlich erfolgt. Eine Übertragung ist immer dann als unentgeltlich anzusehen, wenn keine rechtliche Verpflichtung zur Gegenleistung besteht. Schließen Übergeber und Übernehmer des Betriebsvermögens einen bindenden Kaufvertrag miteinander ab, kann selbst bei offensichtlicher Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung keine unentgeltliche Betriebsübertragung mehr vorliegen.

Selbst die Vereinbarung eines „symbolischen Euros“ als Kaufpreis führt damit zur Veräußerung des Betriebs oder des Anteils daran. Der Gewinn respektive Verlust fällt unter § 16 EStG und ist gegebenenfalls nach § 34 EStG begünstigt.

Geht der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge über, fällt diese Übertragung dem Grunde nach unter § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG. Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13.01.1993 (IV B 3 – S 2190 – 37/92), Randziffern 4 und 25, als unentgeltlich zu behandeln ist. Dies ist regelmäßig bei lebenslangen Versorgungsleistungen des Übernehmers an den Übergeber im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 1 EStG der Fall.

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2.3. Kein Ausschluss des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland

Übergeber und Übernehmer haben bei einer Betriebsübertragung im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG sicherzustellen, dass das übernommene Betriebsvermögen später im Inland der Besteuerung unterliegt.

Beispiel: Vater V mit Wohnsitz in Bonn überträgt seinen 30%igen Mitunternehmeranteil an seinen Sohn S, der in den USA lebt. Eine Übertragung zu Buchwerten scheidet aus, da der Anteil bei einer späteren Veräußerung oder Aufgabe nicht mehr der deutschen Einkommensteuer unterliegen würde. Hier läge vielmehr ein Fall des § 16 Absatz 3a EStG vor.

2.4. Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens

Werden nur einzelne Wirtschaftsgüter eines Betriebsvermögens übertragen, fallen diese Vorgänge unter § 6 Absatz 5 Satz 1 EStG. Übertragungen sind dabei zu Buchwerten möglich, wenn das Wirtschaftsgut

  • zwischen zwei Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen übertragen wird,
  • zwischen Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen übertragen wird, und
  • innerhalb einer Mitunternehmerschaft vom Sonderbetriebs- ins Gesamthandsvermögen oder zwischen den Sonderbetriebsvermögen mehrerer Mitunternehmer

übertragen wird. Voraussetzung für die Buchwertfortführung ist auch hier die sichergestellte spätere Besteuerung vorhandener stiller Reserven (§ 6 Absatz 5 Satz 1 Halbsatz 2 EStG).

3. Betriebsübertragungen aus umwandlungsteuerlicher Perspektive

Eine Betriebsübertragung ist neben der einkommen- auch aus umwandlungsteuerlicher Perspektive zu betrachten. Nach § 24 Absatz 1 UmwStG gelten bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft verschiedene Wahlrechte. Maßgeblich für deren Ausübung ist, dass der Einbringende Mitunternehmer (R 15.8 Absatz 1 EStR) wird.

Dem Grunde nach hat die übernehmende Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 24 Absatz 2 Satz 1 UmwStG). Nach Satz 2 ist ein Ansatz aber auch zu Buchwerten oder darunter möglich, soweit

  • das Besteuerungsrecht der BRD mit Blick auf das eingebrachte Betriebsvermögen weder ausgeschlossen noch beschränkt wird,
  • der gemeine Wert der über die Gesellschaftsanteile hinaus gewährten Gegenleistungen maximal 25 % des eingebrachten Betriebsvermögens oder EUR 500.000, maximal aber den Buchwert des eingebrachten Vermögens beträgt.

Der Wert, mit dem die Personengesellschaft das Betriebsvermögen ansetzt (§ 24 Absatz 2 Satz 1 oder 2 UmwStG), gilt als Veräußerungspreis. Insoweit ist beim einbringenden Mitunternehmer eine fiktive Veräußerung zu Buchwerten (Gewinn damit in der Regel EUR 0,00) zu versteuern (§ 24 Absatz 3 Satz 1 UmwStG in Verbindung mit § 16 EStG).

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4. Exkurs: Erbschaft-, Schenkungs- und Umsatzsteuer bei der Betriebsübertragung

Abseits des Einkommensteuergesetzes gelten für Betriebsübertragungen noch die folgenden Regelungen:

  • Erbschaft- und Schenkungsteuer: Die Übertragung von Betriebsvermögen ist ein steuerpflichtiger Vorgang. Er ist gegebenenfalls nach §§ 13a bis 13c ErbStG begünstigt respektive steuerfrei
  • Umsatzsteuer: Betriebsübertragungen sind keine steuerbaren Vorgänge, sofern eine Betriebsveräußerung im Ganzen vorliegt (§ 1 Absatz 1a UStG). Dies kann auch bei einem Teilbetrieb der Fall sein. Die Übertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft ist unabhängig von der Stellung des Überträgers umsatzsteuerbar, aber steuerfrei (§§ 1 Absatz 1 Nummer 1 und 4 Nummer 8 Buchstabe f UStG)
  • Grunderwerbsteuer: Gehört zum übertragenen Betriebsvermögen ein Grundstück, löst die Übertragung mitunter Grunderwerbsteuer aus (§ 1 Absatz 1 Nummer 1 und 3 Satz 1 GrEStG).

Mitunter ist bei der Anwendung des § 6 Absatz 3 EStG der sprichwörtliche „Blick über den Tellerrand hinaus“ unabdingbar. Denn Vermögensübertragungen, zu denen auch die (anteilige) Betriebsübertragung gehört, lösen regelmäßig mehrere steuerliche Tatbestände parallel aus. 

Steuerberater für steueroptimierte Betriebsübertragungen

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Personengesellschaften

  1. Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
  2. Vermeidung von gewerblicher Prägung und gewerblicher Infizierung
  3. Beratung zu sämtlichen Umwandlungsvorgängen (Einbringung, Verschmelzung, Formwechsel, Anteilstausch)
  4. Haftung der Personengesellschafter
  5. Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren

Erbschaftsteuer

  1. Beratung zum Erbschaftsteuerrecht (Freibeträge, Anzeigepflichten)
  2. Empfehlungen vor Schenkungen zu Lebzeiten
  3. Steueroptimierte Übertragungen nach §§ 13a bis 13c ErbStG

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