Die Vorabpauschale bei Fonds

Wie wird sie berechnet?

Vorabpauschale bei Fonds: Was steckt dahinter?

Anlegerinnen und Anleger, die ihr Geld in Fonds und hier insbesondere in ETFs investieren, finden auf ihrer jährlichen Steuerbescheinigung der Bank mitunter den Posten „Vorabpauschale“. Diese Vorabpauschale stellt einen Kapitalertrag im Sinne des § 20 EStG dar und unterliegt daher auch der 25%igen Abgeltungsteuer nach § 32d EStG. Doch was steckt eigentlich hinter der etwas kryptischen Bezeichnung und wie erfolgt die Berechnung von Vorabpauschalen?

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Unser Video: Grundlagen der Kapitalertragsteuer

In diesem Video erklären wir, wie Kapitalerträge besteuert werden und welche Ausnahmen sowie Besonderheiten zu beachten sind.

Inhaltsverzeichnis


1. Ermittlung von Fondserträgen: Die Grundsätze des InvStG

Mit der Vorabpauschale möchte der Gesetzgeber die laufenden Erträge thesaurierender Investmentfonds – in der Praxis sind das insbesondere Exchange Traded Funds, kurz ETFs – besteuern (§ 18 InvStG). Ohne Berechnung und Besteuerung einer Vorabpauschale stünde dem Fiskus bis zur Veräußerung der jeweiligen Fondsanteile durch die Anlegerin oder den Anleger kein Besteuerungsrecht an den „finalen“ Fondserträgen zu.

Grund dafür ist der Aufbau eines thesaurierenden Fonds. Hat er zum Beispiel zu Beginn des Jahres einen Wert von EUR 100.000 und zum Ende des Jahres einen solchen von EUR 150.000, wurden im „Fondsmantel“ EUR 50.000 an Gewinnen erzielt. Kommt es aber nun zu keiner Ausschüttung an den Anleger, sondern investiert der Fonds die Gewinne unmittelbar in weitere Anteile (etwa Aktien), besteht nach § 20 EStG, der auf dem Zuflussprinzip des § 11 EStG basiert, kein Besteuerungsrecht.

Der Staat kann auf die im ETF „gelagerten“, thesaurierten Gewinne also erst zugreifen, wenn der Anleger seine Fondsanteile veräußert. Mit der Vorabpauschale soll dieser fiskalische Nachteil umgangen werden, indem eine Besteuerung der Gewinne bereits laufend und unabhängig von einer Anteilsveräußerung erfolgt.

2. Berechnung der Vorabpauschale nach dem Investmentsteuerrecht

In § 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG bestimmt der Gesetzgeber, dass Vorabpauschalen im Sinne des § 18 InvStG zu den Investmenterträgen gehören. Gleichzeitig nimmt § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG Bezug auf die einschlägigen Normen des Investmentsteuergesetzes und ordnet Investmenterträge den Einkünften aus Kapitalvermögen unter. Auf die Vorabpauschale findet damit auch § 32d EStG inklusive dem Sparer-Pauschbetrag Anwendung.

2.1. Grundsatz: Ansatz der Wertsteigerung

Die Vorabpauschale berechnet sich grundsätzlich aus der Wertsteigerung der jeweiligen Fondsanteile zwischen dem 01.01. und dem 31.12. eines Kalenderjahres.

Beispiel: Die Anteile an einem ETF sind am 01.01.2024 EUR 30.000 wert. Am 31.12.2023 beträgt ihr Wert EUR 50.000.

Es ergibt sich eine Vorabpauschale in Höhe von EUR 20.000, die der Besteuerung nach § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG unterfällt.

2.2. Ausnahme: Versteuerung des Basisertrages

Bei der Berechnung der Vorabpauschale ist ein Vergleich zwischen der Wertsteigerung auf der einen und dem sogenannten Basisertrag auf der anderen Seite abzustellen. Der Besteuerung unterliegt stets der niedrigere Wert.

Dabei gibt § 18 InvStG die Formel, mit der die Vorabpauschale für das jeweilige Jahr zu berechnen ist, vor. Sie lautet:

Vorabpauschale = Basisertrag des Investmentfonds im Kalenderjahr – Ausschüttungen aus dem Fonds im Kalenderjahr

Der Basisertrag ist dabei wiederum nach folgender Formel zu berechnen:

Basisertrag des Investmentfonds = Wert der Anteile zum 01.01. des Kalenderjahres x Zins nach § 18 Absatz 4 InvStG x 70 %

Der Zins nach § 18 Absatz 4 InvStG entspricht der langfristig, konkret über einen Zeitraum von 15 Jahren, erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen am 1.1. eines Jahres. Das BMF veröffentlicht die entsprechenden Werte zu Beginn des jeweiligen Jahres; im Kalenderjahr 2023 lag der anzuwendende Zinssatz beispielsweise bei 2,55 %.

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2.3. Beispiel: Vergleichsrechnung für die Ermittlung der Vorabpauschale

Berechnen wir die Vorabpauschale nun anhand eines Beispiels, um die durchaus abstrakten Regelungen des InvStG etwas greifbarer darzustellen.

Wir gehen dabei von einem klassischen Investmentfonds, der weltweit in Kapitalgesellschaften investiert und keine Erträge an Anleger ausschüttet, aus. Die Fondsanteile hatten zu Jahresbeginn einen Wert von EUR 20.000, am Jahresende betrug ihr Wert EUR 25.000. Als Zinssatz ziehen wir den für das Jahr 2023 gelten Wert von 2,55 % heran. 

Wertsteigerung der AnteileBasisertrag
Wert zum 01.01.: EUR 20.000 Wert zum 31.12.: EUR 25.000     Wertsteigerung damit EUR 5.000Wert der Anteile zum 01.01. (EUR 20.000) x Basiszins 2,55 % x 70 % (§ 18 Absatz 1 Satz 2 InvStG)   Basisertrag damit EUR 357,00

Zum Ansatz kommt nach § 18 Absatz 1 Satz 3 InvStG der niedrigere Wert in Höhe von EUR 357,00. Er ist als Vorabpauschale der Besteuerung nach § 20 EStG zu unterwerfen.

3. Teilfreistellung der Vorabpauschale bei bestimmten Anlegern

Investmenterträge stellen grundsätzlich keine Gewinne im Sinne der § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG dar. Grund hierfür ist, dass das Investmentsteuerrecht mit der sogenannten Teilfreistellung eine eigenständige Steuerbefreiungsnorm kennt. Sie findet auch auf Vorabpauschalen Anwendung und nimmt, je nach Anleger, einen Großteil der Investmenterträge von der Besteuerung aus.

Steuerfrei sind nach § 20 Absatz 1 Satz 1 und 2 InvStG

  • 30 % der Erträge aus Aktienfonds, wenn der Anleger eine natürliche Person ist, der die Anteile im Privatvermögen hält;
  • 60 % der Erträge aus Aktienfonds, wenn der Anleger als natürliche Person die Anteile in einem Betriebsvermögen hält und
  • 80 % der Erträge, wenn Anlegerin eine Körperschaft (etwa eine Holding-GmbH) ist.

Für Misch- und Immobilienfonds gelten andere Freistellungssätze, konkret

  • 50 % der für Aktienfonds geltenden Teilfreistellung bei Misch- und
  • eine 60%ige Teilfreistellung bei Immobilienfonds.

Neben der Vorabpauschale gelten die genannten Teilfreistellungen auch bei anderen Investmenterträgen im Sinne des § 16 InvStG. Dies sind insbesondere Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne (§§ 2 Absatz 11 und 19 InvStG).

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4. Anrechnung von Vorabpauschalen auf Veräußerungsgewinne nach § 19 InvStG

Veräußert eine Anlegerin oder ein Anleger Anteile an Investmentfonds, gilt für die Berechnung des entsprechenden Gewinns § 19 InvStG. Demnach sind entstehende Veräußerungsgewinne

  • bei im Privatvermögen gehaltenen Anteilen nach § 20 Absatz 4 EStG und
  • bei Investmentanteilen, die Teil eines Betriebsvermögens sind, nach der jeweiligen Gewinnermittlungsmethode (§ 4 Absatz 1 oder 3 EStG)

zu berechnen.

Der Gewinn ist dabei stets um die während der Besitzzeit angesetzten Vorabpauschalen zu vermindern (§ 19 Absatz 1 Satz 3 und 4 InvStG). Dabei wird die Teilfreistellung außen vor gelassen, der jeweilige Prozentsatz also in voller Höhe – vor Anwendung des § 20 InvStG – zum Abzug gebracht. Er erhöht damit faktisch in entsprechender Anwendung von § 17 Absatz 2a EStG die Anschaffungskosten, die der Anleger (fiktiv) für die Investmentanteile aufgewendet hat.


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