Ohne Wegzugsteuer nach Spanien auswandern
Unternehmer aller Art, die nach Spanien auswandern möchten, müssen sich dem Thema Steuerentstrickung stellen. Denn Deutschland würde gerne die Steuern auf den bis zum Zeitpunkt des Wegzugs entstandenen Unternehmenswert – die sogenannten stillen Reserven – sichern, weil sonst das Besteuerungsrecht hieran ins Ausland verlagert werden würde. Doch stellt dies für viele Unternehmer einen erheblichen finanziellen Aufwand dar. Er ist oft so hoch, dass er dazu führt, dass man den Wegzug dann doch lieber sein lässt. Allerdings ist dies genau das, was das Europarecht unter einer Einschränkung der Personenfreizügigkeit versteht und eigentlich verbietet. Den deutschen Gesetzgeber hat dies bislang aber wenig gestört. Daher ist es Zeit, dass wir hier einmal mehr zeigen, diesmal exemplarisch am Beispiel Spanien, wie man ohne Wegzugsteuer auswandern kann. Und als besonderes Sahnehäubchen beschreiben wir, wie man dabei sogar von der sogenannten Lex Beckham profitiert.
Unser Video: auswandern nach Spanien
In diesem Video erklären wir, welche steuerliche Hürden es zu beachten gibt, wenn man nach Spanien auswandern möchte, und wie man sie umgeht.
Inhaltsverzeichnis
1. Ohne Wegzugsteuer auswandern nach Spanien – Einleitung
Spanien ist ein tolles Urlaubsland. Wir Deutschen lieben es, unsere Ferien im sonnigen Süden auf der Iberischen Halbinsel zu verbringen. Allerdings stellt sich oft schon nach einiger Zeit ein gewisses Risiko ein. Nämlich, dass wir, je häufiger wir uns dort aufhalten, immer weniger von dort wieder weg wollen. Also entscheiden sich viele von uns, Deutschland zu verlassen und ganz nach Spanien zu ziehen. Wenn man das als Rentner oder Pensionär macht, ist das sogar in der Regel recht unkompliziert. Aber was ist, wenn Sie als Unternehmerin oder Unternehmer nach Spanien auswandern wollen?
2. Auswandern nach Spanien: Achtung Wegzugsteuer!
Spanien ist Mitgliedstaat der Europäischen Union. Das ist schon mal ganz praktisch, weil dadurch die allgemeine Freizügigkeit aller EU-Bürger auch für dieses Land gilt. Spanien ist aber ebenso wie Deutschland ein souveräner Staat. Und das bedeutet, dass man Steuern nach eigenen Vorschriften erhebt – ebenso wie Deutschland. Wenn wir als deutsche Unternehmer aber ins Ausland fortziehen wollen, begegnet uns einerseits das uns erst einmal fremde spanische Steuerrecht, andererseits – und noch viel gravierender – das deutsche Außensteuergesetz mit seinen diversen Vorschriften, die nach einer Steuerentstrickung verlangen.
Das hat folgenden Hintergrund. Wenn man in Deutschland steuerpflichtig ist und hier das eigene Unternehmen verkauft, sei es ein Einzelunternehmen, eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, dann unterliegen die dabei aufgedeckten stillen Reserven ganz regulär der hiesigen Besteuerung. Wenn man aber ins Ausland fortzöge und erst dort den Verkauf vornimmt, fände die Besteuerung, aufgrund der ins Ausland verlagerten Steuerpflicht, statt in Deutschland nun im Ausland statt. Und das ist etwas, das kein Staat so einfach geschehen lassen möchte, denn das bedeutet, dass er sein Besteuerungsrecht praktisch aufgibt und auf die ihm zustehende potentielle Steuer komplett verzichtet. Deshalb gibt es in Deutschland (ebenso wie in vielen anderen Ländern) für solche Fälle die Steuerentstrickung, die bei Kapitalgesellschaften als Wegzugsteuer bekannt ist.
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3. Auswandern nach Spanien: das Problem mit der Wegzugsteuer
3.1. Besteuerung des Unternehmenswerts zum Zeitpunkt des Wegzugs
Jetzt mag man sich fragen, worin das Problem mit der Wegzugsteuer besteht. Tatsächlich ist es ein recht schwerwiegendes. Denn die stillen Reserven eines Unternehmens werden ja normalerweise über einen Verkauf aufgedeckt, sodass man eine zuverlässige Bemessungsgrundlage für die Besteuerung erhält. Aber wenn gar kein Verkauf stattfindet, muss der Gesetzgeber nach anderen Wegen suchen, um die Steuer in angemessener Höhe zu bestimmen.
Daher hat er sich auf die Annahme gestützt, dass ein Unternehmen in aller Regel eine gewisse Rendite erwirtschaftet. Diese Rendite kann man pauschal annehmen und dann in Verbindung mit dem Gewinn des Unternehmens auch seinen Wert bestimmen. Um Fluktuationen auszugleichen nimmt man bei diesem Bewertungsverfahren den Durchschnittsgewinn der zurückliegenden drei Jahre. Diesen multipliziert man vereinfachend mit einem Faktor von 13,75 (der Faktor ist ein Maßstab für die Rendite) und erhält damit den Wert des Unternehmens. Diesen kann man dann ganz regulär zur Festsetzung der Wegzugsteuer ansetzen.
3.2. Ungleichbehandlung von EU-Bürgern bei Anwendung der Wegzugsbesteuerung
Dabei ist es allerdings eine Sache, dass überhaupt bei einem Wegzug nach Spanien oder anderswohin in der EU Wegzugsteuer anfällt. Denn wer die Personenfreizügigkeit ernst nimmt, muss jemanden, der innerhalb der EU umzieht steuerlich genauso behandeln, wie jemanden, der innerhalb der eigenen Landesgrenzen umzieht. Bei einem Umzug beispielsweise von Tübingen nach Bonn zahlt hier ja auch niemand fiktive Steuern.
3.3. Wegzugsteuer ist eine Steuer, die auf einer Fiktion basiert
Die viel gravierendere Tatsache ist andererseits jedoch, dass die Steuer erhoben wird, obwohl man tatsächlich überhaupt keinen Realgewinn verzeichnet. Mit anderen Worten muss man als Gesellschafter in die Privatkasse greifen, um die Steuer zu bezahlen. Dabei ist es fraglich, ob sich das alle Betroffenen finanziell leisten können. Insbesondere dann, wenn man gerade drei Jahre lang hervorragend wirtschaften konnte, fällt die Wegzugsteuer sehr hoch aus. Zwar sieht das deutsche Steuerrecht zur Milderung dieses massiven Nachteils eine Stundung der Steuer über einen Zeitraum von sieben Jahren vor, aber die Steuerlast bleibt trotzdem drückend.
3.4. Wegzugsteuer: wie der Bundesfinanzhof dazu urteilt
So drückend, dass man davon sprechen kann, dass die Zahlung der Wegzugsteuer die Personenfreizügigkeit ebenso massiv einschränkt. Dass dies also gegen Europarecht verstoßen dürfte, ist offenkundig. Deshalb ist die jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in einem ähnlichen Fall, der sogenannten Rechtssache Wächtler, aufsehenerregend. Hier liegt zwar eine Auswanderung in die Schweiz im Fokus der juristischen Auseinandersetzung, und somit das mit diesem Land bestehende Freizügigkeitsabkommen statt das Europarecht, aber das dahinterliegende Rechtsprinzip ist das gleiche. Und das Urteil des BFH sieht das ebenfalls eindeutig so, dass die Erhebung der Wegzugsteuer in ihrer derzeit geregelten Form einen Verstoß gegen geltendes Recht darstellt. Zwar erkennt das Urteil an, dass eine Festsetzung der Wegzugsteuer rechtens ist (zwecks Wahrung der Steuerhoheit Deutschlands), gleichzeitig stellt es aber auch fest, dass sie dabei mit einer frist- und zinslosen Stundung einhergehen sollte.
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4. Ohne Wegzugsteuer nach Spanien auswandern: so geht es
4.1. Allgemeine Optionen zur Vermeidung der Wegzugsteuer
Nun gibt es verschiedene Optionen, um ohne Wegzugsteuer nach Spanien auszuwandern. Eine davon ist, dass man weiterhin in Deutschland steuerlich ansässig bleibt, indem man weniger als die Hälfte des Jahres in Spanien verbringt. Denn Spanien regelt seine Einkommensteuerpflicht, anders als Deutschland, allein über die Dauer des Aufenthalts im Inland; der Wohnsitz ist dort irrelevant. Solange man also auch weiterhin in Deutschland einen Wohnsitz hat, kann man diese Unterschiede in den Definitionen der jeweiligen Steuerpflicht nutzen, um sowohl die deutsche Wegzugsteuer als auch die Einkommensteuer in Spanien zu vermeiden.
Selbstverständlich ist dies nur ein geringwertiger Ersatz für einen vollwertigen Wegzug nach Spanien. Also überlegen wir weiter, wie wir ohne Wegzugsteuer das Auswandern nach Spanien bewerkstelligen können. Dazu stehen tatsächlich eine ganze Reihe an Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sei es eine Übertragung der Unternehmensbeteiligung auf eine Familienstiftung, die Umwandlung in eine doppelstöckige Holdingstruktur oder die Gründung einer stillen Gesellschaft mit der eigenen GmbH, sie alle erlauben eine Vermeidung der Wegzugsteuer nach § 6 AStG.
4.2. Mit der Lex Beckham ohne Wegzugsteuer nach Spanien auswandern
4.2.1. Wie die Lex Beckham entwickelt wurde
Eine ganz spezielle Variante, die so nur mit Spanien möglich ist, wollen wir Ihnen aber ebenfalls vorstellen. Sie geht auf die Zeit zurück, als der berühmte englische Profifußballer David Beckham zu einem spanischen Fußballverein wechselte. Um ihm den Umzug nach Spanien auch steuerlich schmackhaft zu machen, verabschiedete Spanien ein besonderes Steuergesetz, das seitdem unter der Bezeichnung Lex Beckham bekannt ist. So erlaubte Spanien ausländischen Fachkräften, die einen Arbeitsvertrag vor Ort unterzeichnen, dass sie nach ihrem Zuzug ihre in Spanien verdienten Löhne oder Gehälter pauschal mit lediglich 24 % zu versteuern brauchen. Alle anderen Einkünfte blieben hingegen vor weiterer Besteuerung in Spanien ausgenommen. Dabei gilt in Spanien eigentlich ebenfalls prinzipiell das Welteinkommensprinzip.
4.2.2. Wie wir mit der Lex Beckham ohne Wegzugsteuer nach Spanien auswandern können
Mittlerweile hat man diese Regelung jedoch in einigen Punkten verschärft. So gilt sie nun nur für das Jahr der Antragstellung und die darauffolgenden fünf Jahre. Außerdem gelten nun auch gewisse Obergrenzen in Bezug auf die in Spanien erzielten Einkünfte. All dies ist für uns aber kein Hinderungsgrund, und so entwickeln wir daraus ein sehr spezielles Gestaltungsmodell. Denn durch diese Sonderregelung und ihren Einfluss auf das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland wird erreicht, dass Deutschland einerseits das Besteuerungsrecht behält, sofern die betroffene Person dort weiterhin über einen Wohnsitz verfügt, andererseits aber auch Spanien seine Ansässigkeit im Inland als erfüllt ansieht, sodass man dadurch in den Anwendungsbereich der Lex Beckham kommt. Jedenfalls fehlt somit die Rechtsgrundlage zur Erhebung der deutschen Wegzugsteuer.
4.2.3. Besteuerung in Spanien und Deutschland: keine Doppelbesteuerung
Was aber damit einhergeht, ist eine Doppelbesteuerung in Deutschland und Spanien, die aber zum Glück durch das DBA vermieden wird, wobei Spanien die in Deutschland entrichtete Einkommensteuer auf die eigene anrechnet. Da man ja weniger aus Gründen der Steuervermeidung sondern aus privaten Gründen nach Spanien zieht, sollte dieser Aspekt allenfalls von untergeordneter Bedeutung sein. Wichtig in diesem Zusammenhang ist doch, dass der Wegzug nach Spanien tatsächlich ohne Wegzugsteuer erfolgen konnte.
4.2.4. Einschränkungen zur Nutzung der Lex Beckham
Allerdings gibt es auch bei dieser Lösung einige Punkte, die man beachten muss. So gilt etwa diese Regelung nur, solange man als steuerpflichtige Person in Spanien keine gewerblichen Einkünfte erzielt. Wer beispielsweise in Deutschland an einer GmbH & Co. KG beteiligt ist, somit gewerbliche Einkünfte erzielt, kann keinen Gebrauch von dieser Sonderregelung machen. Außerdem gilt die zuvor erwähnte zeitliche Befristung. Wer danach wieder nach Deutschland zurückzieht, kann diese Sonderregelung erst wieder nach Ablauf von zehn Jahren in Anspruch nehmen.
Empfehlung: Das Steuerrecht Spaniens
In diesem Video lassen wir Steuerberater und langjährigen Spanienkenner Willi Plattes das spanische Steuerrecht erklären.
5. Ohne Wegzugsteuer nach Spanien auswandern – Fazit
Wie man schnell erkennen kann, ist der Wegzug deutscher Unternehmer nach Spanien alles andere als einfach. Zumindest wer hierbei ohne Wegzugsteuer nach Spanien auswandern möchte, muss genau abwägen, welche Gestaltung am ehesten den eigenen Zielen und Zwecken dient. Soll der Aufenthalt ohnehin nur wenige Jahre andauern, kann man auch über die Nutzung der Lex Beckham-Regelung nachdenken. Ist hingegen der endgültige Wegzug nach Spanien beschlossene Sache, muss man schon über speziellere Gestaltungen nachdenken.
Oder, man wartet, bis das BFH-Urteil aus der Rechtssache Wächtler in seinen Konsequenzen in nationales Steuerrecht umgesetzt wird. Allerdings kann dies, wie so oft, an einem Mangel an Einsicht des deutschen Gesetzgebers scheitern. Denn es könnte durchaus sein, dass man sich auf den Standpunkt stellt, dass das Urteil in Sachen Wächtler eben nur für Wegzüge in die Schweiz Auswirkungen auf die Wegzugsteuer hat. Wer aber in ein EU-Ausland auswandert und sich gegen die Wegzugsteuer wehren möchte, der müsste dann ebenfalls einen langjährigen Rechtsstreit gegen den deutschen Fiskus führen. Und das ist etwas, von dem der Gesetzgeber ausgehen kann, dass es bis zur endgültigen Klärung sehr viel Zeit brauchen wird. Zeit, die er nutzen kann, um weiterhin Wegzugsteuer festzusetzen und zu erheben.
Steuerberater für internationales Steuerrecht
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zum internationalen Steuerrecht spezialisiert. Bei der Vermeidung der deutschen Wegzugsteuer schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:
Internationales Steuerrecht – Privat
- Erläuterungen zur unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht in Deutschland und im Ausland
- Unterstützung beim Wegzug nach Dubai
- Informationen zum Steuerrecht in ausländischen Steuerregimen (zum Beispiel Mauritius, Namibia, Schweden)
Internationales Steuerrecht – Unternehmen
- Unterstützung bei der Gründung von Unternehmen im Ausland
- Informationen zu ausländischen Unternehmensformen (Österreich, USA, VAE)
Erbschaft/Schenkung
- Beratung zum internationalen Erbschaftsteuerrecht
Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln, Bonn, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Dubai (VAE) gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:
Fachreferent beim Steuerberaterverband für internationales Steuerrecht
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