neue Wegzugsteuer 2022

Erleichterungen & Verschärfungen

2022 kommt die neue Wegzugsteuer – welche Änderungen bringt sie?

Die neue Wegzugsteuer findet ab 2022 Anwendung. Sie greift, wenn Gesellschafter von Kapitalgesellschaften ihre unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland durch einen Wegzug ins Ausland aufgeben. Dabei ergeben sich einige wesentliche Veränderungen in der Rechtslage zur noch aktuellen Wegzugsteuer. So findet die neue Wegzugsteuer zukünftig auch dann Anwendung, wenn ein solcher Gesellschafter in ein EU/EWR-Mitgliedsland fortzieht. Außerdem muss man dann die neue Wegzugsteuer auf jeden Fall zahlen. Statt der bisherigen Regelung, die eine unbefristete Stundung erlaubte, findet nun eine Stundung über sieben Jahre statt. Auch die Regelung bei beabsichtigter Rückkehr nach Deutschland hat Veränderungen erfahren. Sie ist nun regelmäßig auf sieben Jahre gestiegen, man kann sie gegebenenfalls aber auch auf zwölf Jahre ausdehnen .

Unser Video: Die neue Wegzugsteuer kommt: Änderungen zu Stundung und EU-Vorteil

Wir klären, welche Änderungen mit der neuen Wegzugsteuer ab 2022 zur Anwendung kommen.

Inhaltsverzeichnis


1. Die neue Wegzugsteuer in Deutschland – Einleitung

Wie jeder andere Staat hat Deutschland ein berechtigtes Interesse an der Erhebung von Steuern. Dazu zählen auch Steuern, die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auf den Veräußerungsgewinn beim Verkauf ihrer Gesellschaft zahlen. Voraussetzung für die Erhebung dieser Steuer ist, dass der Gesellschafter in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist. Das ist man in aller Regel, wenn man in Deutschland einen Wohnsitz hat. Wenn man jedoch den Wohnsitz in Deutschland aufgibt und ins Ausland zieht, verliert man die unbeschränkte Steuerpflicht hierzulande. Also könnte man zum Beispiel als GmbH-Gesellschafter in ein Land wegziehen, das keine Steuern auf den Verkauf der deutschen GmbH erheben würde und von dort aus die GmbH verkaufen. Jedenfalls würde dies in der Theorie mangels unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland steuerfrei ablaufen. Mit dem Wegzug des GmbH-Gesellschafters verliert Deutschland also das Besteuerungsrecht am Verkaufsgewinn der GmbH.

Dass dies keineswegs im Sinne Deutschlands sein kann, ist klar. Also hat Deutschland, ebenso wie viele andere Staaten, die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um dennoch den potentiellen Gewinn aus dem zukünftigen Verkauf der GmbH beanspruchen zu können. Allerdings musste man dabei berücksichtigen, dass es keine Möglichkeit gibt, um den dann im Ausland lebenden Gesellschafter zur Zahlung der Steuer zu veranlassen. Schließlich gilt die deutsche Jurisdiktion nur innerhalb Deutschlands. Also hat man einen anderen Weg gewählt, nämlich die Einführung einer Wegzugsteuer, die zum Zeitpunkt des Wegzugs anfällt; man nennt diesen Vorgang auch Steuerentstrickung.

Die Wegzugsteuer greift nun direkt beim Wegzug eines solchen Gesellschafters. Dabei bewertet man die Kapitalgesellschaft zum Zeitpunkt des Wegzugs und ermittelt dadurch den potentiellen Gewinn, den der fortziehende Gesellschafter bei einem Verkauf erwarten könnte. Doch ist dies ein rein fiktionaler Gewinn. Tatsächlich hat der Gesellschafter kein Geld erhalten. Wie soll man dann die Steuer zahlen?

2. Neue Wegzugsteuer: die bisherige Rechtslage

Bislang war es so, dass man unterscheiden musste, in welchen Staat ein von der Wegzugsteuer betroffener Gesellschafter wegzog. War dies ein EU- oder EWR-Mitgliedsland, dann konnte man eine Stundung der Steuer beantragen. Dabei war die Laufzeit im Grunde unbeschränkt, sofern man nachweisen konnte, dass man außerstande war die Wegzugsteuer zu entrichten. Andernfalls konnte man zumindest eine Stundung über einen Zeitraum von fünf Jahren beantragen. Zog man hingegen in ein anderes Land (Drittstaat), musste man die Wegzugsteuer sofort entrichten.

Außerdem gab es eine Regelung, die bei einer Rückkehr eines Gesellschafters dazu führte, dass die gestundete Steuer wieder ganz entfiel. Hatte man bereits einen Teil der Steuer gezahlt, erhielt man folglich eine Erstattung. Doch musste man dafür innerhalb von fünf Jahren aus dem Ausland zurück nach Deutschland ziehen. Konnte man nachweisen, dass der Wegzug ins Ausland berufliche Gründe hatte, dann erlaubte das Finanzamt auf Antrag auch eine längere Rückkehrfrist von bis zu zehn Jahren.

Grundlage für die Wegzugsteuer war übrigens § 6 AStG. Die Wegzugsbesteuerung selbst erfolgte hingegen im Rahmen des Einkommensteuerrechts.

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3. Neue Rechtslage, neue Wegzugsteuer

Ab dem 01.01.2022 soll nun eine neue Rechtslage bei der Wegzugsbesteuerung Anwendung finden. Dazu änderte der Gesetzgeber Ende Juni 2021 mit dem ATADUmsG gleich mehrere Vorschriften. Insbesondere § 6 AStG ist davon betroffen. Weiterhin soll die neue Wegzugsteuer keinen Einfluss auf die bisher angewandte Steuerpraxis haben. Somit ist hier ein Bestandsschutz für all jene gegeben, die vor dem 31.12.2021 ins Ausland fortziehen.

3.1. Neue Wegzugsteuer greift auch bei Wegzug ins EU/EWR-Ausland

Schauen wir nun, was man für die neue Wegzugsteuer vorgesehen hat. Dabei zogen gleich mehrere Veränderungen in das Außensteuergesetz ein. So soll nun die neue Wegzugsteuer auch bei einem Wegzug in ein EU/EWR-Land gelten. Damit gibt man die Unterscheidung zwischen EU/EWR-Mitgliedsländern und Drittstaaten auf. Dies bedingt eine gravierende Konsequenz. Denn nun ist es gleichgültig in welches Land man wegzieht; die neue Wegzugsteuer greift in jedem Fall.

3.2. Änderung zur Stundung der neuen Wegzugsteuer

Zumindest bleibt weiterhin die Möglichkeit einer Stundung bestehen. Doch nun ist dies über eine Zeitspanne von sieben Jahren möglich. Dabei ist auch kein Nachweis erforderlich, der belegt, dass eine sofortige Entrichtung der Wegzugsteuer unmöglich ist. Tatsächlich änderte man somit aber die Dauer der Stundung in all jenen Fällen, in denen ein Wegzug in ein EU/EWR-Land stattfand, denn dies war früher ja unter den genannten Voraussetzungen unbeschränkt möglich. Mit anderen Worten muss man ab dem Jahr 2022 immer die neue Wegzugsteuer entrichten, doch kann man stets die Möglichkeit einer Stundung nutzen.

3.3. Änderung der Rückkehrregelung

Eine weitere Änderung im Außensteuergesetz betrifft die Rückkehr eines von der neuen Wegzugsteuer betroffenen Gesellschafters. Hier gilt nun, dass man bei einer Rückkehr innerhalb von sieben Jahren mit einer Erstattung der bereits gezahlten Wegzugsteuer rechnen kann. Liegen für den Auslandsaufenthalt berufliche Gründe vor, dann kann man diese Dauer per Antrag an das Finanzamt auf bis zu zwölf Jahre verlängern. Selbstverständlich muss man diese beruflichen Gründe auch konkret nachweisen können, um diese Option wahrnehmen zu können. Außerdem muss man dem Finanzamt schon zum Zeitpunkt des Wegzugs die Absicht einer geplanten Rückkehr nach Deutschland erklären, um von dieser Option Gebrauch machen zu können.

3.4. Die neue Wegzugsteuer greift auch bei Gewinnausschüttungen

Was ebenfalls hinzukommt, betrifft den Umfang der Gewinnausschüttungen, die ein im Ausland lebender Gesellschafter erhalten darf, ohne dass dabei die neue Wegzugsteuer anfällt. Denn wenn die Gewinnausschüttungen 25 % des gemeinen Werts der Gesellschaft betragen, dann fällt die neue Wegzugsteuer sofort in vollem Umfang oder, bei bereits erfolgter Teilzahlungen im Rahmen der Stundungsgewährung, im Restumfang an. Auf diesen Punkt sollte man also in Zukunft besonders achten.

3.5. Keine neue Wegzugsteuer bei Wertveränderungen bei der Kapitalgesellschaft

Abgeschafft hat der Gesetzgeber hingegen die komplexe Regelung im Hinblick auf Wertveränderungen, die während der Stundung eintreten. Selbst wenn etwa eine GmbH innerhalb des Stundungszeitraums einen anderen Wert annehmen sollte, bleibt die Höhe der neuen Wegzugsteuer unverändert.

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4. Ursache für die neue Wegzugsteuer

Wie bereits erwähnt erhob Deutschland ja schon zuvor eine Wegzugsteuer. In der Zwischenzeit sah die Europäische Union aber Bedarf für eine Verschärfung der Wegzugsbesteuerung in ihren Mitgliedsstaaten. Sie reagierte damit auf Steuervermeidungspraktiken, die zu weitreichenden Steuerausfällen führten. Um diese Praktiken einzudämmen und somit ihren Missbrauch zu verhindern, erließ die EU die Anti-Tax-Avoidance-Directive (kurz ATAD). Ihre Standards sind für die Mitgliedsstaaten sowie ihre Partner im EWR verpflichtend. Um diese Änderungen nun auch auf nationaler Ebene umzusetzen, hat die Bundesregierung das ATADUmsG auf den Weg gebracht. Mittlerweile haben Bundestag und Bundesrat die Gesetzesänderung verabschiedet, sodass Deutschland in dieser Hinsicht seinen Verpflichtungen als Mitgliedsstaat der EU nachgekommen ist.

Obwohl man damit den Forderungen zur Nachbesserung der deutschen Wegzugsteuer nachgekommen ist, bleibt aber unklar, ob diese Änderungen tatsächlich auch europarechtlich konform sind. Doch ist dies ein separates Thema, das man in einem eigenen Artikel untersuchen sollte.

5. Wie man die neue Wegzugsteuer vermeiden kann

Obschon einige bislang gebräuchliche Vermeidungsstrategien aufgrund der neuen Rechtslage obsolet sind, gibt es noch ein paar Optionen.

Zunächst kann man die alten Optionen zur Vermeidung der Wegzugsteuer nach wie vor noch bis zum Jahresende 2021 nutzen. Kann man diesen Plan umsetzen, profitiert man vom Bestandsschutz. Eine solche Möglichkeit besteht im Wegzug in ein EU-Land vor Eintritt der Wirkung der neuen Wegzugsteuer. Auf diese Weise kann man noch die bisherige unbefristete Stundung in Anspruch nehmen. Möchte man aber zu einem späteren Zeitpunkt in einen Drittstaat weiterziehen, dann kann man das machen, ohne dabei die Stundungsgewährung zu verlieren. Dies gelingt, indem man einen Drittstaat für einen Zweitwohnsitz wählt, mit dem das EU-Land, in dem man derzeit lebt, kein Doppelbesteuerungsabkommen unterhält. Denn dadurch bleibt das Besteuerungsrecht im EU-Land nach wie vor erhalten. Allerdings sollte dann das Drittland idealerweise keine Steuern erheben, denn sonst würde man ja einer Doppelbesteuerung in beiden Staaten unterliegen.

Möchte man hingegen erst ab dem nächsten Jahr ins Ausland ziehen, dann kann man überlegen, ob man zuvor noch eine Übertragung der Unternehmensbeteiligungen auf eine Familienstiftung in Deutschland vornimmt. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass die Übertragung der Anteile mit einer Schenkungsteuer einhergeht. Ähnliches gilt natürlich auch bei einer Übertragung der Anteile an eine Familienstiftung in Liechtenstein. Im Gegensatz zur Familienstiftung in Deutschland spart man dabei die hierzulande alle 30 Jahre wiederkehrende Erbersatzsteuer. Doch kann man das Gestaltungsmodell liechtensteinische Familienstiftung nur noch bis zum Ende des Jahres nutzen.


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