Sonderwirtschaftszone Madeira – EU-Steueroase im Atlantik
Die Sonderwirtschaftszone Madeira bietet viele steuerliche Anreize. Insbesondere die geringe Körperschaftsteuer hat schon viele Unternehmer angelockt. Doch auch die einfache und schnelle Gründung von Kapitalgesellschaften auf Madeira sind Pluspunkte, die für diese Sonderwirtschaftszone sprechen. Dabei ist die Sonderwirtschaftszone Madeira gleichzeitig durch ihre Zugehörigkeit zu Portugal automatisch auch EU-Gebiet. Daher steht die Sonderwirtschaftszone Madeira trotz ihrer Steuerprivilegien unter ihrem Schutz. Jedenfalls stellt sie kein Steuerregime dar, das auf der schwarzen Liste der EU erscheint. Denn ähnlich wie bei der Inselgruppe der Kanaren, mit der dortigen Sonderwirtschaftszone ZEC, gewährt die EU auch Madeira aufgrund der isolierten Lage und der damit einhergehenden geringen wirtschaftlichen Prosperität steuerliche Privilegien, um sich ökonomisch zu entwickeln. Für die Sonderwirtschaftszone Madeira gilt dies mindestens bis Ende 2027. Eine Verlängerung der Befristung ist durchaus wahrscheinlich.
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Inhaltsverzeichnis
1. Sonderwirtschaftszone Madeira – Einleitung
Madeira ist eine Insel im Atlantik und liegt in einigem Abstand vor der Westküste Marokkos. Portugiesische und andere Seefahrer entdeckten sie auf ihren Seeexpeditionen. So steht in den Geschichtsbüchern, dass sich dies im Jahr 1419 ereignete. Doch sehr wahrscheinlich reicht die Kenntnis über die Insel sowie ihre Nachbarinseln weit in die Antike zurück. Jedenfalls waren es Portugiesen, die der Insel ihren Namen gaben. Er bedeutet Holz, weil dort weitflächig Wälder die Hänge der erloschenen Vulkane säumen, die sich stolz und trotzig aus den Wogen des Ozeans erhoben, um nach den Wolken zu greifen.
Außer für seine spektakuläre Landschaft und sein ganzjährig mildes Klima ist Madeira noch für eine weitere Besonderheit berühmt, nämlich für seinen oft, aber keineswegs ausschließlich, süßen Wein. Weiterhin sind es die inzwischen als UNESCO-Weltnaturerbe anerkannten Lorbeerwälder (Laurisilva), durch die man über zahlreiche Levadas, kunstvoll in den Berg geschlagene Bewässerungsgräben, wandern kann. Dazu tragen die zahlreichen Wasserfälle im Gebirge sowie die schmucken Gebäude und die Bananenplantagen in Küstennähe neben vielen weiteren Sehenswürdigkeiten bei. Sie prädestinieren Madeira als erlesene Urlaubsdestination. Und das auch schon seit langer Zeit. Beispielsweise kurte Kaiserin Sissi für ein halbes Jahr auf Madeira. Selbst Winston Churchill fand großen Gefallen. Er malte sogar einige Bilder mit Motiven des Eilands.
Dennoch blieb Madeira lange Zeit wirtschaftlich unterentwickelt. Auch die Autonomie, die das Archipel nach der Nelkenrevolution erhielt, brachte keine spürbare Verbesserung. Seit Portugal 1986 aber der EU beigetreten ist, konnte man einige neue Akzente setzen. So behielt man mit dem Segen der EU eine 1980 eingerichtete Sonderwirtschaftszone auf Madeira bei. Bis 2012 blieben alle Einkünfte von Kapitalgesellschaften steuerfrei. Aus diesem Grund möchten wir nun untersuchen, ob die Sonderwirtschaftszone Madeira auch heute noch als Steueroase in Frage kommt.
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2. Die wirtschaftliche Entwicklung auf Madeira
Kommen wir nun auf die wirtschaftliche Entwicklung Madeiras zu sprechen. Wie bereits erwähnt existiert die Sonderwirtschaftszone Madeira schon seit einiger Zeit. Dennoch dauert der Bedarf nach wirtschaftlicher Förderung bis in unsere Tage fort.
Dabei stellt Tourismus einen besonders wichtigen Wirtschaftszweig auf der entlegenen Insel dar. Tatsächlich ist die Zahl der Touristen, die auf Madeira ihren Urlaub verbringen, im Laufe der Zeit deutlich angewachsen.
Dies liegt auch an den Investitionen in die Infrastruktur. So hat man neben vielen neuen und vor allem sichereren Straßen, die der zunehmenden Mobilisierung der Insulaner gerecht werden sollte, auch den früher wegen seiner kurzen Start- und Landebahn als notorisch gefährlich eingeschätzten Flughafen der Insel modernisiert. Dazu trieb man hunderte Betonpfeiler in den Küstensaum, viele mehr als hundert Meter hoch, wobei ein Großteil unter Wasser liegt. Die Piste hat dadurch deutlich an Länge hinzugewonnen, mehr als 1.000 Meter. Dennoch ist der Anflug nach wie vor eine Herausforderung, die man nur besonders erfahrenen und speziell geschulten Flugkapitänen anvertraut. Doch ist diese Verbindung zur Außenwelt für Madeira enorm wichtig, denn die allermeisten Touristen kommen auf dem Luftweg auf die Insel.
In der Corona-Pandemie hat Madeira viele Unternehmer zum Arbeiten aus der Ferne angelockt, insbesondere aus Deutschland. Ebenfalls zahlreich sind Angestellte, die hier im Home-Office tätig wurden. Keine Wunder also, dass inzwischen immer mehr berühmte deutschsprachige Influencer das Inseljuwel für sich entdeckten. Der prominenteste von ihnen, der die Schönheit der Insel und das angenehme Leben im Internet anpreist, ist Unge. Aber dies stellt nur einen kleinen Teil der Erfolge dar, die Madeira mit der Ansiedlung digitaler Nomaden zu erzielen versuchte.
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3. Was genau ist die Sonderwirtschaftszone Madeira?
Zur Frage, die im Titel anklingt, sei erst einmal gesagt, dass die Sonderwirtschaftszone Madeira offiziell die Bezeichnung Centro Internacional de Negócios da Madeira trägt (abgekürzt CINM). Man kann dies auch mit Internationales Geschäftszentrum Madeira übersetzen. Dabei handelt es sich um ein Konstrukt, welches eine Gesellschaft zum Zweck der Ansiedlung internationaler Investoren auf der Insel verwaltet (darum fallen auch Gebühren unter anderem bei der Gründung eines Unternehmens in der Sonderwirtschaftszone Madeira an, doch dazu später mehr). Diese Gesellschaft, die Sociedade de Desenvolvimento da Madeira S.A., gehört in der Hauptsache der Inselverwaltung (Regionalregierung) und der portugiesischen Hotel-Unternehmensgruppe Pestana.
4. Steueranreize der Sonderwirtschaftszone Madeira
Es ist nun an der Zeit, Ihnen die steuerlichen Verlockungen der Sonderwirtschaftszone Madeira im Detail zu erläutern.
4.1. Allgemeine Steueranreize der Sonderwirtschaftszone Madeira
Die wohl bei weitem wichtigste Steuererleichterung betrifft die Körperschaftsteuer. Hier sieht die gesetzliche Regelung für Kapitalgesellschaften und andere Körperschaften einen pauschalen Steuersatz von lediglich 5 % vor. Das ist ein Drittel dessen, was man in Deutschland an Körperschaftsteuer zahlt. Dabei kommt bei uns sogar noch die Gewerbesteuer hinzu, die oft mindestens ebenso hoch ausfällt wie die Körperschaftsteuer.
Weitere steuerliche Anreize betreffen die Grundsteuer, die Grunderwerbsteuer, die Stempelsteuer und andere kommunale oder regionale Abgaben. Hierzu sind Ermäßigungen in Höhe von 80 % vorgesehen. In Bezug auf die Stempelsteuer gilt dies allerdings nur im Zusammenhang mit Geschäften, die entweder mit ausländischen Unternehmen erfolgen, oder mit solchen, die ebenfalls in der Sonderwirtschaftszone Madeira tätig sind.
Für internationale Investoren dürfte aber die Befreiung von der Quellenbesteuerung deutlich interessanter sein. Denn wenn man über mindestens zwölf Monate hinweg mit 10 % oder mehr an einer auf Madeira angesiedelten Kapitalgesellschaft beteiligt ist, fallen bei Gewinnausschüttungen ins Ausland keine Quellensteuern an. Selbiges gilt auch für Gewinne, die aus dem Verkauf von Anteilen an einer solchen Gesellschaft hervorgehen.
Ebenfalls verlockend sind die folgenden steuerlichen Erleichterungen, die man mit einer Gesellschaft in der Sonderwirtschaftszone Madeira nutzen kann. So fallen keine Steuern auf Zinserträge sowie Erträge aus Dienstleistungen oder Lizenzgebühren an. Und da in der Sonderwirtschaftszone Madeira die allgemeinen steuerlichen Vorschriften der EU gelten, sind hier die Grundfreiheiten der EU ebenso wie die Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie, der Fusionsrichtlinie sowie die Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) garantiert. Ein weiterer Pluspunkt der Sonderwirtschaftszone Madeira ist, dass die Inselgruppe zum Gemeinschaftsgebiet der EU gehört und somit beim innergemeinschaftlichen Austausch von Leistungen den allgemeinen Vorschriften zur Umsatzsteuer unterliegt. Anders als etwa beim Bezug von Leistungen von den Kanaren fällt somit keine Einfuhrumsatzsteuer im Unionsgebiet an.
4.2. Besondere steuerliche Vorteile der Sonderwirtschaftszone Madeira
Neben diesen eher allgemeinen Steueranreizen existieren noch einige weitere, die sehr speziell sind. Sie betreffen Trusts, Yachtbesitzer und Reedereien. Letzteren bietet man ein Gewinnermittlungsverfahren, und somit eine günstigere Besteuerung, nach dem Muster der deutschen Tonnagesteuer an. Außerdem gelten besondere Regelungen bei Abschreibungen, beim steuerlichen Ansatz von Forschungs- und Entwicklungskosten sowie der Reinvestition von Gewinnen, die ebenfalls sehr vorteilhaft sind.
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5. Sonderwirtschaftszone Madeira: Voraussetzungen und Kosten
5.1. Voraussetzungen zur Nutzung des Steuerregimes in der Sonderwirtschaftszone Madeira
5.1.1. Investition und Schaffung von Arbeitsplätzen
Die herausragenden Steuervorteile, die man in der Sonderwirtschaftszone Madeira als Investor genießen kann, sind allerdings an gewisse Bedingungen geknüpft. Einerseits muss man in den ersten zwei Jahren einen Betrag von EUR 75.000 auf Madeira investieren. Das können sowohl Sachanlagen als auch immaterielle Wirtschaftsgüter sein. Ebenso kommt der Erwerb einer Immobilie, die man sowohl betrieblich (etwa zur Geschäftsführung) als auch zu Wohnzwecken nutzten kann, in Frage. Alternativ zur Investition ist es stattdessen möglich, dass man Arbeitsplätze auf Madeira schafft. Allerdings müssen es mindestens sechs Vollzeitarbeitsplätze innerhalb der ersten sechs Monate sein. Ansonsten ist mindestens ein Angestellter erforderlich. Diese Person kann auch als Geschäftsführer angestellt sein. Voraussetzung hierbei ist, dass die Anstellung eine in Portugal steuerlich ansässige Person betrifft und diese auf der Gehaltsliste des Unternehmens steht.
5.1.2. Schwellenwerte zum Einkommen
Dies sind Minimalvoraussetzungen. Hierzu sollte man beachten, dass die Besteuerung mit dem begehrten Körperschaftsteuersatz von 5 % nur bis zu einem jährlichen Einkommen von EUR 2.730.000 Anwendung findet. Möchte man diese Konditionen über diese Einkommensgrenze hinaus in Anspruch nehmen, muss man weitere Bedingungen erfüllen. Erreicht das Einkommen die Grenze von EUR 3.550.000, müssen bereits mindestens drei Mitarbeiter im Unternehmen angestellt sein. Bei noch höheren Einkommen bis EUR 21.870.000 sind schon mindestens sechs Mitarbeiter zur Wahrung des Steuerprivilegs vorgeschrieben. Allerdings entfällt ab dieser Einkommensstufe die Möglichkeit zur Investition von EUR 75.000 als Alternative. Weitere Einkommensstufen und die vorgegebenen Arbeitsplätze:
mindestens 31 Arbeitsplätze bis zu einem jährlichen Einkommen in Höhe von EUR 35.540.000
mindestens 51 Arbeitsplätze bis zu einem jährlichen Einkommen in Höhe von EUR 54.680.000
und mindestens 100 Arbeitsplätze bis zu einem jährlichen Einkommen in Höhe von EUR 205.500.000.
Daneben existiert aber noch eine weitere Besonderheit. So findet die Steuervergünstigung nur bis zu einem von drei unterschiedlichen Limits Anwendung. Die Schwellenwerte hierfür sind entweder ein Betrag von höchstens 20,1 % der jährlichen Bruttowertschöpfung oder 30,1 % der in der Sonderwirtschaftszone Madeira jährlich anfallenden Arbeitskosten oder 15,1 % des dort erzielten Jahresumsatzes. Gewinne, die darüber hinausgehen, unterliegen der allgemeinen regionalen Besteuerung mit einem Steuersatz von 14,7 % (auf dem Festland wären es 21 %).
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5.2. Welche Unternehmensformen sind in der Sonderwirtschaftszone Madeira erlaubt?
Zulässig sind sowohl die Gesellschaftsformen Lda. (Gegenstück zur deutschen GmbH) als auch die S.A., die hierzulande der Aktiengesellschaft entspricht. Einschränkungen existieren auch hinsichtlich der Branchen, die unter diesem Steuerregime tätig sein dürfen. Willkommen sind insbesondere produzierende Industrien, Handels- und Dienstleistungsgewerbe sowie E-Commerce. Ausgeschlossen sind hingegen der Finanz- und Versicherungssektor.
5.3. Initiale und laufende Kosten in der Sonderwirtschaftszone Madeira
Weil man die Verwaltung der Sonderwirtschaftszone Madeira einem Unternehmen anvertraut hat, sind auch gewisse Gebühren mit der Gründung und Führung eines Unternehmens in diesem Steuerregime verbunden. Bei der Aufnahme in die Sonderwirtschaftszone Madeira fallen einmalig EUR 1.000 an. Die jährlichen Mitgliedsgebühren betragen im ersten Jahr EUR 1.800. Danach kommen nochmals 0,5 % des im Vorjahr zu versteuernden Einkommens hinzu. Für produzierende Gewerbe existiert hingegen eine abweichende Gebührenberechnung. Dabei legt man die Fläche des Betriebs als Maßstab für die Jahresgebühr fest. Man rechnet:
Fläche des Betriebs | Jahresgebühr |
bis 2.500 m2 | EUR 12,50 pro m2 |
zwischen 2.501 m2 und 5.000 m2 | EUR 11,00 pro m2 |
zwischen 5.001 m2 und 10.000 m2 | EUR 9,50 pro m2 |
zwischen 10.001 m2 und 20.000 m2 | EUR 8,00 pro m2 |
über 20.000 m2 | EUR 7,00 pro m2 |
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