GmbH-Steuerrecht

Inkongruente Gewinnausschüttungen

Steuerliche Optimierungen bei der GmbH: Inkongruente Gewinnausschüttungen sind kein Gestaltungsmissbrauch

Inkongruente Gewinnausschüttungen sind Gewinnausschüttungen, die sich nicht nach dem Verhältnis der durch die Gesellschafter gehandelten Anteile bemessen. Im Rahmen einer GmbH lassen sich damit gewisse Steuervorteile erzielen. Wir erklären, die Zulässigkeit von inkongruenten Gewinnausschüttungen und welche Gestaltungsmöglichkeiten es dabei gibt.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Steueroptimierung für die GmbH und dessen Gesellschafter spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle im Rahmen von Gewinnausschüttungen aus. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
6. Dezember 2019 Gewinnausschüttung aus einer GmbH: Die Vorteile des Teileinkünfteverfahrens
17. Januar 2020 GmbH-Gesellschafter: Geschäftsführergehalt oder Gewinnausschüttung?
24. Juni 2020 Verdeckte Gewinnausschüttung: Vorteil oder Nachteil?
8. Oktober 2020 Besteuerung des Gewinns einer GmbH: 25 % statt 50 % Steuern zahlen!
20. Januar 2022 Steuerliche Optimierungen bei der GmbH: Inkongruente Gewinnausschüttungen sind kein Gestaltungsmissbrauch (dieser Beitrag)

Unser Video: Die richtige Strategie für Gewinnausschüttungen beim GmbH-Gesellschafter

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Inhaltsverzeichnis


1. Inkongruente Gewinnausschüttungen – Definition

Erst kürzlich musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) auf Grund einer Revision des Finanzamtes erneut mit einer inkongruenten Gewinnausschüttung befassen. Dabei wurde die Revision des Finanzamtes aber abgelehnt. Dazu wurde auf vorherige Entscheidungen,  verwiesen, in denen der BFH schon grundlegend entschieden hat, dass inkongruente Gewinnausschüttungen keinen Gestaltungsmissbrauch begründen und, dass der Fall im Rahmen des Rechtsstreites nicht anders lag.

Somit stellt sich zunächst die Frage, was überhaupt eine inkongruente Gewinnausschüttung ist. Grundsätzlich erfolgt gemäß § 29 Absatz 3 Satz 1 GmbHG die Verteilung des in der GmbH erzielten Gewinnes an die Gesellschafter nach dem Verhältnis der durch die Gesellschafter gehaltenen Anteile. Abweichend davon ist nach § 29 Absatz 3 Satz 2 GmbHG eine sogenannte inkongruente Gewinnausschüttung gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich festgelegt ist. Dabei kann zum Beispiel auf das Verhältnis der tatsächlich geleisteten Einlagen abgestellt werden. Daneben ist es aber auch möglich für bestimmte Anteilseigener bereits eine Vorzugsdividende festzulegen. Im weiteren Verlauf werden regelmäßig Einlagen in die Gesellschaft, von dem durch die inkongruente Gewinnausschüttung Begünstigten, geleistet. Deswegen wird dieses Verfahren regelmäßig auch Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren genannt.

2. Zivilrechtliche Wirksamkeit von inkongruenten Gewinnausschüttungen

Damit eine inkongruente Gewinnausschüttung zivilrechtlich wirksam ist müssen bei einer GmbH die Voraussetzungen des § 29 Absatz 3 Satz 2 GmbH erfüllt sein. Daher muss im Gesellschaftsvertrag ein anderer Maßstab zur Verteilung der Gewinne als das Verhältnis der Geschäftsanteile festgesetzt sein. Für eine nachträgliche Satzungsänderung zur Regelung einer ungleichen Gewinnverteilung ist gem. § 53 Absatz 3 GmbHG die Zustimmung aller beteiligten Gesellschafter erforderlich. Alternativ kann die Satzung aber anstelle eines konkreten Verteilungsmaßstabs eine Klausel enthalten, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig über eine abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann. Steuerrechtlich interessant ist die inkongruente Gewinnausschüttung für die GmbH. Dazu bedarf es einer Klausel, nach der die Gewinnverteilung jederzeit geändert werden kann und eines dazugehörigen Gesellschafterbeschlusses.

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3. Gestaltungsmöglichkeiten durch inkongruente Gewinnausschüttungen

Um die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft abzudecken, ist die inkongruente Gewinnausschüttung eine durchaus sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit zur steuerlichen Optimierung.

3.1. Verlustpotenzial durch inkongruente Gewinnausschüttungen ausnutzen

Durch inkongruente Gewinnausschüttungen lässt sich ein ansonsten ungenutzter Verlustvortrag einzelner Gesellschafter ausnutzen. Dazu folgendes Beispiel:

D und M sind zu jeweils 50 % an der DM-GmbH beteiligt, dessen Jahresüberschuss von 1 000 000 Euro an die Gesellschafter ausgeschüttet werden soll.

D hat einen steuerlichen Verlustvortrag von 1 000 000 Euro. Während M vor Ansatz der Kapitaleinkünfte ein zu versteuerndes Einkommen von 400 000 Euro aufweist.

Damit beläuft sich das zu versteuernde Einkommen des D nach einer kongruenten Gewinnausschüttung auf -500 000 Euro. Folglich bleibt dem D ein ungenutzter Verlustvortrag in Höhe von -5o0 000 Euro. Die M hingegen verzeichnet ein zu versteuerndes Einkommen von 900 000 Euro.

Nun können die Gesellschafter vereinbaren, die Ausschüttung inkongruent zu 100 % dem D zufließen zu lassen. Daher erhält der D die 1 000 000 Euro. Nach der Ausschüttung soll D dann den Betrag wieder inkongruent in die GmbH einlegen. So wird dem D der Verlustabzug ermöglicht und er kann das komplette Verlustpotenzial ausnutzen. Durch die inkongruente Einlage wird das Geld der GmbH wieder zugeführt. Bei der M hingegen verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen von 400 000 Euro. Dieses unterliegt entweder dem Teileinkünfteverfahren oder der Abgeltungsteuer. Mit der Ausschüttung kann natürlich gewartet werden, bis der Gesellschafter ebenfalls Verluste erzielt. Insbesondere im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens lassen sich gewisse Progressionseffekte so ausnutzen. Faktisch kann das auszuschüttende Kapital als eine Art „Guthaben“ bei der Kapitalgesellschaft gelagert und bei Bedarf abgerufen werden.

Unser Video: Gewinnausschüttung: Kapitalertragsteuer vs. Teileinkünfteverfahren

In diesem Video erklären wir, das Teileinkünfteverfahren und die Abgeltungsteuer.

3.2. Gewinne aus Tochtergesellschaften gewissen Gesellschaftern zurechnen

Durch inkongruente Gewinnausschüttungen lassen sich die Gewinne von Tochtergesellschaften einer Holding-GmbH einem Gesellschafter zurechnen. So kann genau bestimmt werden, welchem Gesellschafter welche Gewinne aus welcher Tochtergesellschaft zustehen sollen. Steuerersparnisse können sich dann insbesondere ergeben, wenn ein Gesellschafter eine Steuerbesitzbeteiligung in das Gesellschaftsvermögen einer GmbH einbringt und dann im Rahmen einer inkongruenten Gewinnausschüttung der GmbH die Gewinnausschüttungen aus der Streubeteiligung erhält.

3.3. Gewinnrücklagen durch inkongruente Gewinnausschüttungen an Altgesellschaftern ausschütten

Ein eher wirtschaftlicher und gesellschaftsrechtlicher Zweck der inkongruenten Gewinnausschüttungen greift bei dem Hinzutreten eines neuen Gesellschafter. Sollen allein die Altgesellschafter an thesaurierten Gewinnrücklagen vor dem Eintritt des neuen Gesellschafters partizipieren, so können die inkongruente Gewinnausschüttungen zugute kommen. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn vor dem Eintritt des neuen Gesellschafters die Vollausschüttung der Gewinnrücklagen nicht beschlossen werden konnte.

4. Inkongruente Gewinnausschüttungen sind kein Gestaltungsmissbrauch

4.1. Anforderungen an Gestaltungsmissbrauch

Der BFH hat bestätigt, dass inkongruente Gewinnausschüttungen keinen Gestaltungsmissbrauch begründen. Der BFH nimmt Gestaltungsmissbrauch allenfalls an, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Weiterhin soll eine Gestaltung dann unangemessen sein, wenn sie verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts nicht wählen würden, weil sie unpassend ist. Dennoch bleibt auch diese Definition schwammig. Zentral geht es aber darum, dass die Gestaltung allein darauf ausgerichtet ist Steuern zu sparen und keine anderen Erwägungen eine Rolle spielen, sie wirtschaftlich gesehen eher sinnlos ist.

4.2. Inkongruente Gewinnausschüttungen erfüllen Anforderungen für Gestaltungsmissbrauch nicht

Zwar dient die inkongruente Gewinnausschüttung zur umfassenden Ausnutzung des Verlustpotenzials gerade erkennbar dazu, den Verlustbetrag vollkommen auszunutzen. Dennoch entspricht die umfassende Ausschöpfung von Verlusten gerade dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Daher ist die Ausnutzung der Verluste verfassungsrechtlich gerade geboten. Allein die gesetzlichen Grenzen insbesondere der § 10d EStG beschränken den Verlustausgleich. Andere Einschränkungen gibt es aber gerade nicht. Zudem werden insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen oftmals inkongruent zugerechnet. Deswegen bedarf es, soweit die Gestaltung mit den gesetzlichen Zielen übereinstimmt, keiner weiteren außersteuerlichen Motive.

4.3. Einlage keine Zuwendung an die anderen Gesellschafter

Fraglich erscheint, ob die nachfolgende inkongruente Einlage nicht eine Zuwendung an die anderen Gesellschafter darstellt. Die Kapitalzuführung hat gleichzeitig eine Wertsteigerung der von den Mitgesellschaftern gehaltenen Beteiligungen zur Folge. Die inkongruente Wiedereinlage von zuvor inkongruent ausgeschütteter Gewinne erfolgt aber in aller Regel im Eigeninteresse. Daher kann sie schon gar keine Zuwendung darstellen. Auch das hat der BFH so bestätigt.

4.4. BFH entscheidet noch über das Erfordernis des Gesellschafterbeschlusses

Derzeit ist noch ein Verfahren vor dem BFH anhängig. In diesem hatte die inkongruente Gewinnausschüttung keine Ermächtigungsgrundlage in einem Gesellschafterbeschluss. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH die zivilrechtliche Wirksamkeit einer inkongruenten Gewinnausschüttung als Voraussetzung der Zulässigkeit macht.

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5. Reaktion des BMF

5.1. Zunächst Nichtanwendungserlass: Erforderlich besondere Gesellschafterleistungen

Das BMF reagierte auf die Entscheidung des BFH mit einem sogenannten Nichtanwendungserlass. Das ist ein BMF-Schreiben, indem gezeigt wird, dass eine Entscheidung des BFH nicht angewendet wird. Vielmehr soll sie nur in dem entschieden Einzelfall gelten.

Inkongruente Gewinnausschüttungen sollen demnach nur dann steuerlich anerkannt sein, wenn besondere Leistungen des Gesellschafters die vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung rechtfertigen. Diese Leistungen müssen im Verhältnis zwischen der ausschüttenden Kapitalgesellschaft und dem begünstigten Gesellschafter bestehen. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn ein Gesellschafter der Kapitalgesellschaft wertvolle Grundstücke unentgeltlich zur Nutzung überlässt oder, wenn er unentgeltlich die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft übernimmt. Damit wurden inkongruente Gewinnausschüttung im Grundsatz nicht anerkannt.

5.2. Heute: Inkongruente Gewinnausschüttungen grundsätzlich anerkannt

Doch diesen Grundsatz konnte das BMF nicht aufrechthalten. Insbesondere hat der BFH in Verfahren nach dem Nichtanwendungserlass seine Rechtsauffassung bekräftigt. Deswegen gibt es ein neues BMF-Schreiben. Dem zur Folge muss die inkongruente Gewinnausschüttung zunächst zivilrechtlich wirksam sein. Wie oben dargelegt entscheidet der BFH aber künftig, ob es für die Zulässigkeit der inkongruenten Gewinnausschüttung tatsächlich der zivilrechtlichen Wirksamkeit bedarf. Zusätzlich liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn für die abweichende Gewinnverteilung beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden. Somit hält das BMF an dem Vorliegen wirtschaftlich beachtlicher Gesellschafterleistungen nicht mehr länger fest. Indiz für einen Missbrauch sei häufiges Wechseln des Gewinnverteilungsschlüssels. Damit wird das bisherige Regel/Ausnahmeverhältnis umgekehrt. Daher werden inkongruente Gewinnausschüttungen im Grundsatz anerkannt.

Die erneute Zurückweisung der Rechtsauffassung des BMF durch den BFH im Rahmen der Ablehnung der Revision im letzten Jahr zeigt, dass die Grenzen des neuen BMF-Schreibens noch immer zu eng sind. Es bleibt insbesondere abzuwartenden, wie er BFH die noch anhängige Revision entscheidet. Anzudenken ist aber in Zweifelsfällen die Möglichkeit im Wege der verbindlichen Auskunft die Auffassung des Finanzsamtes über Ihren konkreten Einzelfall zu erfahren.

Für Sie interessant: Antrag auf verbindliche Auskunft beim Finanzamt stellen

In diesem Video erklären wir, den Antrag auf verbindliche Auskunft.

6. Inkongruente Gewinnausschüttungen: Darauf sollten Sie achten

Zuletzt fassen wir nochmal zusammen, was es bei inkongruenten Gewinnausschüttungen zu beachten gibt. Bei einer GmbH bedarf es für die zivilrechtliche Wirksamkeit einer inkongruenten Gewinnausschüttung einer Klausel, nach der die Gewinnverteilung jederzeit geändert werden kann und eines dazugehörigen Gesellschafterbeschlusses. Das Ausnutzen eines Verlustabzuges fällt nicht in den Bereich des Gestaltungsmissbrauchs. Vorsicht ist aber bei häufigem Wechsel des Gewinnverteilungsschlüssels geboten.


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Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Gestaltungsberatung zur Besteuerung einer GmbH spezialisiert. Bei der Beurteilung der Möglichkeit von inkongruenten Gewinnausschüttungen schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

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  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
  3. Steueroptimierung bei Gewinnausschüttungen (Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren)
  4. Steuerreduktion durch inkongruente Gewinnausschüttungen
  5. Strategische Beratung bei Kapitalgesellschaften (Erwerb eigener Anteile, disquotale Gewinnausschüttung, Organschaft, Holdingstrukturen etc.)

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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