Casinospiele als unternehmerische Tätigkeit

Noch privat oder schon gewerblich?

Das Casino und die Steuer – noch Freizeit oder schon beruflich?

Wer im Casino spielt, beispielsweise in Europas größtem Casino in Campione d’Italia, tut dies in der Regel als Teil seiner Freizeitgestaltung. Gewinne und andere Erträge stellen daher grundsätzlich keine Einnahmen im Sinne der deutschen Steuergesetze dar. Gleichzeitig gehören aber auch die Ausgaben, also der Spieleinsatz, zu den Kosten der privaten Lebensführung. Sie haben daher ebenfalls keine steuerliche Auswirkung.

Doch was gilt eigentlich, wenn Spielerinnen und Spieler im Casino oder beim Glücksspiel die Grenze zur Berufsmäßigkeit überschreiten? Können Poker und Co. eine „nachhaltige unternehmerische Tätigkeit“ nach § 15 EStG darstellen? Mit dieser Frage musste sich der Bundesfinanzhof unter anderem im Februar 2023 näher beschäftigen.

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Unser Video: Das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof

In diesem Video erklären wir, wie steuerrechtliche Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) in München ablaufen.

Inhaltsverzeichnis


1. Grundsatz: Casino- und Glücksspiele sind von der Besteuerung ausgenommen

Spielerinnen und Spieler fallen mit ihren Freizeitaktivitäten grundsätzlich nicht unter die Regelungen des Einkommensteuerrechts. Der Grund dafür ist vergleichsweise offensichtlich, da die Grenze zur Berufsmäßigkeit nur selten überschritten wird. Wären die entsprechenden Hürden niedriger, müsste de facto jede Einnahme der Besteuerung unterliegen – beispielsweise auch Gewinne, die aus der eigenen Hochzeit resultieren oder als „Überschuss“ nach einer Geburtstagsparty verbleiben.

Daher gehören (Online-) Casinos, Lotterien und andere Freizeitspiele nicht zum Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ausgaben, die mit diesen Tätigkeiten verbunden sind, sind der privaten Lebensführung zuzuordnen. Für sie besteht damit nach § 12 Nummer 1 EStG ein allgemeines Abzugsverbot, wie wir es auch vom privaten Pkw oder vom eigenen Einfamilienhaus kennen. Etwas anders ausgedrückt: Das Finanzamt interessiert in der Regel nicht, was Steuerpflichtige in ihrer Freizeit und mit ihrem versteuerten Bruttoeinkommen anstellen.

Anders sieht es allerdings aus, wenn die Betätigungen im Casino unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 EStG fallen. Denn liegen hiernach alle Voraussetzungen für die Besteuerung vor, stellt die vermeintliche Freizeitaktivität eben keine solche mehr dar. Mit seiner Entscheidung vom 22.02.2023, X R 8/21, hat der Bundesfinanzhof (BFH) diese Grundsätze auf einen professionellen Online-Pokerspieler angewandt.

2. Ausgangsfall: Pokerspieler erzielt hohe Gewinne im Casino

Der vom BFH entschiedene Ausgangsfall stellte sich vergleichsweise unscheinbar dar. Ein 20-jähriger Student verbrachte seine Freizeit überwiegend in verschiedensten Online Casinos. Über die Jahre baute er seine Poker-Fertigkeiten weiter aus und erzielte in den Jahren 2009 bis 2013 Gewinne in Höhe von EUR 105.000 bis EUR 735.000. In Summe verdiente er mehrere Millionen Euro mit seinen Aktivitäten im Online-Casino.

Er selbst war der Auffassung, mit seinen Spielen einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG nachzugehen. Daher erklärte er die entsprechenden Gewinne in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre. Er ging hier nach den Grundsätzen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung vor, zog also alle Ausgaben von der Summe der Einnahmen ab. Um auf „Nummer sicher“ zu gehen, erhöhte er den berechneten Gewinn abschließend noch um einen Sicherheitszuschlag von rund 20 %.

Nachdem das Finanzamt alle Steuerbescheide erlassen hatte, legte der spätere Kläger Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, seine Aktivitäten im Casino stellten Glücksspiel dar und seien damit ohne steuerliche Relevanz. Allerdings hatte er weder im Einspruchs- noch im erstinstanzlichen Klageverfahren nennenswerten Erfolg.

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3. Die Entscheidung des BFH: Gewinne aus Online-Poker können steuerpflichtig sein

Der Bundesfinanzhof folgte in diesem Fall den Einschätzungen der Vorinstanz. Er sah in der Betätigung des Studenten eine hauptberufliche, gewerbliche Tätigkeit. Im ersten Schritt begründete er dies mit der zeitlichen Inanspruchnahme, die deutlich über ein „klassisches Hobby“ hinausging. In einigen Jahren verbrachte der Kläger rund 180 Stunden monatlich im Casino und war teilweise sogar auf mehreren Plattformen gleichzeitig aktiv. Über fünf Jahre hinweg spielte er dabei mehr als 780.000 einzelne Spiele.

Anschließend prüfte der BFH die Voraussetzungen einer gewerblichen Tätigkeit nacheinander durch. Da alle anderen Einkunftsarten ausschieden, beschränkte er sich von Anfang an auf § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 2 EStG. Die folgenden Grundsätze gelten dabei auch für andere (Glücks-) Spiele. Konkret erfüllten die Pokerspiele im Casino alle Voraussetzungen für eine gewerbliche und damit steuerpflichtige Tätigkeit:

  • Der Spieler war nachhaltig, angelegt auf mehrere Jahre, im Online-Casino aktiv
  • Er handelte mit der Absicht, Gewinne zu erzielen
  • Es erfolgte eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

Werfen wir also einen etwas genaueren Blick auf die einzelnen Voraussetzungen.

3.1. Nachhaltige „Tätigkeit“ durch Pokerspiele im Online-Casino

Für den BFH stand fest, dass der Spieler bereits innerhalb der ersten Jahre eine umfangreiche und nachhaltige unternehmerische Tätigkeit ausgeübt hat. Abgestellt wurde dabei auf die Abgrenzung zur „üblichen Freizeit- und Hobbygestaltung“, die das Gericht als nicht gegeben ansah. Denn der bisherige Student führte sein Studium zwar fort, verbrachte gleichzeitig aber sogar mehr als die als „üblich“ anzusehende Wochenarbeitszeit im Casino.

Gleichzeitig spielte er in mehreren Online-Casinos, in vielen Fällen sogar zeitgleich. Er habe die Tätigkeit auch nachhaltig ausgeübt, weil er seine Einsätze nach ersten Erfolgen erhöhte und sich gleichzeitig auf ein bestimmtes Spiel, nämlich Poker, gewissermaßen spezialisierte. Insgesamt war damit die Grenze einer rein privaten, nicht-gewerblichen Vermögensverwaltung deutlich überschritten.

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3.2. Spiele im Casino mit Gewinnerzielungsabsicht

Die Absicht, Gewinne zu erzielen, war für den Bundesfinanzhof hier vergleichsweise einfach festzustellen. Denn einerseits bestand hier zwischen den Beteiligten kein Streit, andererseits stand bereits durch das professionelle Vorgehen des Spielers fest, dass die Gewinnabsicht in den Vordergrund gestellt wurde.

Abschließende Gewissheit erlangte der BFH durch die kontinuierliche Steigerung der Gewinne, die nicht mehr auf reines „Glück“ zurückzuführen waren. Vielmehr stellten sie einen Ausdruck der zunehmenden Professionalisierung dar.

3.3. Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

Das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist gerade bei einem Casino mitunter schwer zu beurteilen. Denn grundsätzlich, dies stellte auch der BFH fest, handelt es sich bei einem solch abgeschlossenen (virtuellen) Raum gerade nicht um den „allgemeinen“, sondern nur um einen „bestimmten“ wirtschaftlichen Verkehr.

Maßgeblich war für den Bundesfinanzhof hier vor allem das nach außen erkennbare Auftreten, da hierfür der gewählte Benutzername bereits ausreichend sei. Bei einem Casino handle es sich zudem nicht per se um einen abgeschlossenen „Raum“, da theoretisch alle Personen die Möglichkeit haben, ebenfalls an den Spielen teilzunehmen. Ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, spiele indes keine Rolle.

4. Fazit: Aktivitäten im Casino sind nur selten als steuerpflichtige Tätigkeit zu werten

Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der BFH zahlreiche, bislang teilweise noch offene, Rechtsfragen rund um die Steuerpflicht von „Einkünften“ aus Aktivitäten in Online-Casinos geklärt. Dabei bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass eine solche nur in seltenen Einzelfällen zu bejahen ist. Hier bestehen zudem zahlreiche Parallelen zu anderen „Freizeitaktivitäten“, beispielsweise den Tätigkeiten von Profifußballern. Denn auch sie erzielen nur dann steuerpflichtige Einkünfte, wenn sie ihre sportlichen Aktivitäten tatsächlich mit einer gewissen Professionalität ausüben.

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