Einspruch gegen den Steuerbescheid

Wer kann Einspruch einlegen?

Einspruch gegen Steuerbescheid – so ist er einzulegen!

Im siebenten Teil der Abgabenordnung (AO) regelt der Gesetzgeber das außergerichtliche Rechtsbehelfs- oder auch Einspruchsverfahren. Der Einspruch ist dabei gegen Steuerbescheide und andere Verwaltungsakte möglich, sofern und soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei muss der Einspruch mindestens statthaft sein sowie form- und fristgerecht beim Finanzamt eingehen. Wir geben einen ersten Überblick!

Unser Video:
Einspruch gegen Steuerbescheide

In diesem Video erklären wir, wer unter welchen Voraussetzungen Einspruch gegen den Steuerbescheid erheben kann.

Inhaltsverzeichnis

1. Grundsatz: Wann kommt ein Einspruch gegen den Steuerbescheid infrage?

Die AO kennt verschiedene Voraussetzungen, die für einen Einspruch gegen den Steuerbescheid gemeinsam erfüllt sein müssen. Konkret gilt dabei, dass

  • der Einspruch nach § 347 AO statthafter Rechtsbehelf sein muss,
  • kein Ausschlussgrund nach § 348 AO vorliegen darf,
  • der Einspruchsführer im Sinne des § 350 AO beschwert sein muss sowie
  • die vorgegebene Form und Frist einzuhalten sind (§§ 357 und 355 AO).

Zusätzliche Besonderheiten gelten mit Blick auf die Einspruchsbefugnis bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung. Darüber hinaus kommen auch im Einspruchsverfahren die Änderungsnormen der §§ 129, 164, 164, 172 bis 177 AO zur Anwendung. Dies gilt allerdings nur, wenn mit dem Einspruch ein Steuerbescheid, der bereits geändert wurde, erneut geändert werden soll (§ 351 Absatz 1 AO).

Das Finanzamt hat eingehende Schreiben, die auf eine Änderung oder Aufhebung des jeweiligen Bescheides abzielen, im Wege der Auslegung zu deuten (§ 133 BGB). Dies gilt einmal mehr, wenn der Steuerpflichtige sein Anliegen nur schwammig oder unverständlich vorbringt. Im Zweifel ist dabei stets von einem Einspruch auszugehen, da dieser die Rechte des Steuerpflichtigen am umfassendsten wahrt (AEAO vor § 347, Randziffer 1).

1.1. Statthaftigkeit des Einspruchs

Der Einspruch gegen Steuerbescheide ist regelmäßig der statthafte Rechtsbehelf. Dabei regelt § 347 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO, unter welchen Tatbestandsvoraussetzungen diese Statthaftigkeit gegeben ist:

  • Gegenstand des Einspruchs ist ein Verwaltungsakt in Abgabenangelegenheiten (§ 347 Absatz 2 AO)
  • Der Sachverhalt unterliegt der Verwaltung durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden (§§ 1, 3 Absatz 1 und 6 Absatz 2 AO)
  • Es liegt kein Ausschluss nach § 348 AO vor, was beispielsweise beim Einspruch gegen eine Einspruchsentscheidung der Fall ist

Der Einspruch ist dabei auch dann statthaft, wenn er sich gegen einen nichtigen Bescheid, einen Scheinverwaltungsakt oder den Nichterlass eines Bescheides richtet. Hat das Finanzamt mehrere Verwaltungsakte auf einem Bescheid verbunden, wird der Einspruch regelmäßig gegen alle eingelegt (AEAO zu § 347, Randziffer 1).

Beispiel: Ein Steuerbescheid richtet sich an zusammenveranlagte Ehegatten, wobei die Vorauszahlungen der Ehefrau auf die Gesamtsteuerschuld angerechnet wurden. Festsetzung für Ehemann, Ehefrau und Anrechnungsverfügung sind jeweils eigene Verwaltungsakte.

1.2. Beschwer beim Einspruch gegen den Steuerbescheid

Aus der Beschwer des § 350 AO folgt das sogenannte Rechtsschutzbedürfnis des Steuerpflichtigen. Demnach ist zur Einlegung des Einspruchs gegen einen Steuerbescheid nur befugt, wer durch den Verwaltungsakt selbst beschwert ist. Grundsätzlich begründet jeder Steuerbescheid, der einen Steueranspruch des Fiskus ausweist, auch eine Beschwer – schließlich könnte die Steuer infolge des Einspruchs herabgesetzt werden.

Auch Verlustfeststellungen und Nullfestsetzungen führen zu einer Beschwer, wenn der Steuerpflichtige mit dem Einspruch die Feststellung eines höheren Verlustes oder einer Steuererstattung/Steuervergütung begehrt (AEAO zu § 350, Randziffern 1 und 3).

1.3. Frist und Form bei der Einlegung des Einspruchs

Die Frist, innerhalb derer der Einspruch gegen einen Steuerbescheid einzulegen ist, dauert einen Monat (§ 355 Absatz 1 Satz 1 AO). Sie beginnt bei sämtlichen Verwaltungsakten mit der Bekanntgabe im Sinne des § 122 AO. Für die Fristberechnung gelten die allgemeinen Grundsätze des BGB (§ 108 Absatz 1 AO), was insbesondere bedeutet, dass die Frist erst am nächsten Werktag endet, wenn ihr Ende sonst auf einen Feiertag, Samstag oder Sonntag fiele (§ 108 Absatz 3 AO).

Maßgeblich ist der Eingang beim Finanzamt; wann der Steuerpflichtige den Einspruch absendet, ist unerheblich. Allerdings ist unter Umständen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Absatz 1 Satz 1 AO), wenn die Einspruchsfrist ohne Verschulden nicht eingehalten werden konnte. Dies ist etwa

  • bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit von bis zu sechs Wochen,
  • in Fällen höherer Gewalt und
  • bei erheblichen, unerwartbaren Verzögerungen im Postversand

einschlägig.

Nach § 357 Absatz 1 Satz 1 AO ist der Einspruch dabei schriftlich oder elektronisch einzulegen. Er ist immer an das Finanzamt zu richten, das den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Wie der Einspruch bezeichnet wird (zum Beispiel als „Widerspruch“), ist unerheblich (Satz 2). Geht der Einspruch gegen den Steuerbescheid bei einer anderen als der Ausgangsbehörde ein, leitet sie ihn weiter (§ 357 Absatz 2 Satz 4 AO). Allerdings trägt der Steuerpflichtige die Verantwortung für den fristgerechten Zugang beim zuständigen („richtigen“) Finanzamt.

Richtet sich ein Einspruch gegen die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (zum Beispiel bei der Gewerbesteuer), kann er auch bei der Behörde eingereicht werden, die den Folgebescheid erlässt (§ 357 Absatz 2 Satz 2 AO).

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2. Bindungswirkung nach § 351 AO beim Einspruch gegen Steuerbescheide

In der Praxis kommt es des Öfteren vor, dass das Finanzamt einen einmal erlassenen Bescheid mehrfach ändert. Dies geschieht beispielsweise, weil sich durch eine Außenprüfung neue Tatsachen ergeben (§ 173 AO) oder weil ein Grundlagenbescheid erlassen wird (§ 175 AO). Da auch der geänderte Bescheid wieder einen Verwaltungsakt in Abgabenangelegenheiten darstellt, ist gegen ihn der Einspruch statthaft.

Nach § 367 Absatz 2 Satz 1 AO hat das Finanzamt bei jedem Einspruch die Möglichkeit, den gesamten Steuerbescheid zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern. Könnte der Steuerpflichtige gegen die Änderungsbescheide nun immer wieder in vollem Umfang Einspruch einlegen, hätte er damit die Möglichkeit, die Einspruchsfrist von einem Monat „ewig“ nach hinten zu verlängern.

Um dies zu unterbinden, gilt mit § 351 Absatz 1 AO die sogenannte Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte. In Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger

  • einen Änderungsbescheid,
  • der einen bereits unanfechtbaren Erstbescheid ändert,
  • angreift,

ist die erneute Änderung des Änderungsbescheids nur in dem Umfang möglich, in dem bereits die ursprüngliche Änderung erfolgte. Etwas anderes gilt nur, soweit sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden eine darüber hinaus gehende Änderungsmöglichkeit ergibt.

Beispiel: Unternehmer U hat am 01.10.2022 seinen Einkommensteuerbescheid erhalten. Die Einspruchsfrist endete am 01.11.2022; hier wurde der Bescheid unanfechtbar. Am 01.03.2023 erlässt das Finanzamt einen nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO geänderten Bescheid. Die Steuer wurde um EUR 2.500 höher als im Erstbescheid festgesetzt.

Lösung: Der Änderungsbescheid vom 01.03.2023 kann nur bis zur ursprünglich festgesetzten Steuer geändert werden. Maximal möglich ist also eine Steuerfestsetzung, die um EUR 2.500 niedriger liegt.

Ausnahme: Der Steuerpflichtige bringt beispielsweise eine neue Tatsache im Sinne des § 173 AO vor; diese führt zu einer um EUR 5.000 niedrigeren Festsetzung. Eine Änderung ist in vollem Umfang möglich (§ 351 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 AO).

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