Wegzugsbesteuerung

Berechnen, Stundung, Erlass, Vermeidung

Wegzugsbesteuerung: Berechnen, Stundung, Erlass, Vermeidung

Der Wegzug des GmbH-Gesellschafters ins Ausland löst die Wegzugsbesteuerung aus. Die Wegzugssteuer berechnet sich dabei nach dem Unternehmenswert der GmbH und verursacht damit eine erhebliche Steuerzahllast. Wir zeigen daher, wie Sie die Wegzugssteuer zunächst berechnen und wie Sie die Wegzugsbesteuerung vermeiden, erlassen und erstattet bekommen. 

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle aus. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
07. November 2018 Wegzugsbesteuerung die Bewertung von GmbH-Anteilen
10. November 2018 Wegzugsteuer nach § 6 AStG: Erlass & Stundung in besonderen Fällen
12. November 2018 Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) bei GmbH-Gesellschafter
20. Mai 2019 Wegzugsbesteuerung: Berechnen – Stundung – Erlass – Vermeidung (dieser Beitrag)

Unser Video:
Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG vermeiden

Im Video erklären wir Ihnen welche Möglichkeiten Sie haben und wie Sie die Wegzugsteuer umgehen können.

1. Wegzugsbesteuerung: Wer ist betroffen?

Die Wegzugsbesteuerung betrifft Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligung von mindestens 1%, die in den letzten zehn Jahren vor ihrem Umzug ins Ausland in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren. Dabei ist es ohne Belang, ob die Kapitalgesellschaft nach deutschem oder ausländischem Recht besteht. Weiterhin ist es unerheblich, ob der Gesellschafter die deutsche oder eine andere Staatsangehörigkeit hat. Gesellschafter von Personengesellschaften sind hingegen von der Wegzugsbesteuerung verschont.


2. Anwendung der Wegzugsbesteuerung

2.1. Berechnung der Wegzugssteuer

2.1.1. Das vereinfachte Ertragswertverfahren

Die Wegzugsbesteuerung ist Teil der Einkommensteuer. Die gesetzliche Verbindung hierzu ist jedoch in §6 AStG festgelegt. Weitere Anweisungen aus dem BewG sind ebenfalls relevant.

Die Berechnung der Wegzugssteuer erfolgt nach dem sogenannten vereinfachten Ertragswertverfahren. Dabei bildet der durchschnittliche steuerrechtliche Gewinn der Kapitalgesellschaft in den drei Jahren vor Umzug des Gesellschafters die Basis zur Berechnung der Steuer. Dieser Ausgangswert multipliziert mit einem Faktor von 13,75 ist zu 60% mit dem persönlichen Steuersatz des Gesellschafters zu besteuern. Ein Beispiel:

Ein GmbH-Gesellschafter verlegt seinen Wohnsitz ins Ausland. In den vorangegangenen drei Jahren erwirtschaftete die GmbH einen durchschnittlichen steuerrechtlichen Gewinn von EUR 100.000. Der persönliche Steuersatz des Gesellschafters wird hier als Mittelwert zwischen dem Eingangssteuersatz von 14% und dem Spitzensteuersatz von 42% angenommen, also 28%. Somit erfolgt die Berechnung der Wegzugsteuer auf diese Weise: EUR 100.000 x 13,75 x 60% x 28% = EUR 231.000

Aus Gründen der allgemeinen Verständlichkeit bleiben weitere Details zum vereinfachten Ertragswertverfahren unberücksichtigt. Einer individuellen Beratung ist an dieser Stelle sicherlich der Vorzug zu geben.

2.1.2. Reduzierung der Wegzugssteuer

Dem vereinfachten Ertagswertverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass die Anteile einen Wertzuwachs erfuhren. Dabei ist es unerheblich, ob der Gesellschafter die Kapitalgesellschaft (mit)gründete oder erwarb (käuflich, erblich, durch Schenkung). Dieser fiktive Wertzuwachs ist Gegenstand der Wegzugsbesteuerung. Liegt jedoch statt eines Wertzuwachses eine Wertminderung vor, so findet das vereinfachte Ertragswertverfahren keine Anwendung. Voraussetzung ist jedoch, dass der Gesellschafter nachweisen kann, dass betriebliche Gründe für den eingetretenen Wertverlust verantwortlich sind. Eine vorzeitige Wertminderung aus anderen Gründen (z.B. eine Kapitalherabsetzung) ist hingegen ein Ausschlussgrund.

2.2. Stundung der Wegzugssteuer

2.2.1. Zuzug des Gesellschafters innerhalb der EU/des EWR

Der  prophylaktische Charakter der Wegzugsbesteuerung ist wohl auch am Umstand erkennbar, dass der Gesetzgeber dazu bereit war eine gesetzlich fixierte Stundung auf Antrag zu gewähren. Dabei fordert das Gesetz weder eine Verzinsung noch eine Befristung oder das Stellen von Sicherheitsleistungen als Bedingung. Dies gilt jedoch nur, sofern der Gesellschafter seinen Wohnsitz innerhalb der EU bzw. dem EWR verlegt. Dabei muss er dort einer der deutschen Einkommensteuer vergleichbaren Besteuerung unterliegen. Außerdem muss gesichert sein, dass Deutschland im Staat des Zuzugs per Amtshilfe seinen Steueranspruch durchsetzen kann.

2.2.2. Zuzug des Gesellschafters in ein Drittland

Zieht der Gesellschafter allerdings in einen anderen Staat, gelten andere Voraussetzungen. Um auch in diesem Fall eine Stundung zu beantragen muss der Gesellschafter in seinem Antrag begründen, warum die sonst fällige Zahlung der Steuern für ihn eine erhebliche Härte darstellt. Außerdem fordert das Finanzamt die Leistung von Sicherheiten.

2.2.3. Stundungsraten

Nehmen wir an, das zuständige Finanzamt stimmt der Stundung zu. Statt in einer Summe kann der Gesellschafter die Wegzugssteuer dann auch in bis zu fünf gleichen Jahresraten zahlen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Anteile in der Zwischenzeit weiterhin im Eigentum des Gesellschafters verbleiben.

2.2.4. Wie die Stundung entfallen könnte

2.2.4.1. Umzug des Gesellschafters aus einem EU/EWR-Staat in ein Drittland

Zieht der Gesellschafter nochmals um, und zwar aus einem EU/EWR-Staat in ein Drittland, so entfällt die Stundung. Die Wegzugssteuer ist dann sogleich fällig.

2.2.4.2. Wegfall der Stundung durch Übertragung der Anteile

Eine weitere Gefahr besteht, wenn der Gesellschafter zwar weiterhin in der EU beziehungsweise im EWR verbleibt, seine Anteile jedoch auf jemanden überträgt, der selbst in einem Drittland ansässig ist.

2.2.4.3. Wegfall der Stundung durch Liquidation

Auch eine Liquidation der Kapitalgesellschaft führt zu einer Beendigung der Stundung. Daher ist es sinnvoll eine möglicherweise zukünftig zu erwartende Liquidation bereits bei der Planung des Umzugs zu erörtern.

2.2.4.4. Pflichten des Gesellschafters

Natürlich ist in allen genannten Fällen das Finanzamt über die Vorgänge zu informieren. Unterbleibt dies, so gerät man in Gefahr den Tatbestand einer Steuerhinterziehung zu erfüllen.

2.3. Rückwirkender Erlass der Wegzugssteuer

Unter bestimmten Voraussetzungen kann dem Gesellschafter die Wegzugssteuer rückwirkend erlassen werden. Kehrt der Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren wieder nach Deutschland zurück, entfällt der Anspruch auf die Wegzugsbesteuerung. Das Finanzamt kann diese Frist auf bis zehn Jahre verlängern, wenn der Gesellschafter zeigt, dass sein Umzug zwingende berufliche Gründe hat.

2.4. Erstattung der Wegzugssteuer

Entsprechend dem rückwirkenden Erlass ist die Erstattung einer bereits gezahlten Wegzugssteuer möglich. Voraussetzung ist natürlich, dass die unbeschränkte Steuerpflicht wieder greift und keine Anteile verkauft wurden.

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Wegzugsbesteuerung?

Unsere Kanzlei hat sich hierauf besonders spezialisiert. Vereinbaren Sie jetzt Ihren Beratungstermin mit unseren Steuerberatern und Rechtsanwälten:

3. Wie man die Wegzugsbesteuerung vermeidet

Es bestehen mehrere Optionen, um eine Wegzugsbesteuerung zu umgehen. Dabei kann man prinzipiell zwei Grundvoraussetzungen unterscheiden: Möglichkeiten mit und ohne Aufgabe des Eigentums an den Anteilen der Kapitalgesellschaft.

3.1. Umgehung der Wegzugsbesteuerung unter Aufgabe der Anteile

3.1.1. Verkauf der Anteile vor dem Umzug

Die einfachste Möglichkeit ist der Verkauf der Anteile an der Kapitalgesellschaft vor dem Umzug des Gesellschafters. Allerdings löst der Verkauf der Anteile ebenfalls eine Besteuerung aus, sodass dies nur dann zu empfehlen ist, wenn der Verkauf ohnehin geplant ist. Selbst dann ist zu prüfen, ob dies eventuell zu einer niedrigeren Steuer führen könnte, oder ob die Wegzugssteuer bei einem späteren Verkauf vom Ausland aus die günstigere Variante darstellt.

3.1.2. Übertragung der Anteile auf ein Familienmitglied

Eine weitere recht einfach zu realisierende Lösung stellt die Übertragung der Anteile auf einen Familienangehörigen dar. Diese Person muss allerdings in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein und bleiben. Weiterhin erfüllt eine solche Übertragung den Tatbestand einer Schenkung. Somit ist sie auch schenkungsteuerpflichtig. Ob jedoch tatsächlich Schenkungsteuer dabei anfällt, hängt wiederum von vielen weiteren Faktoren im Zusammenhang mit dem Erbschaftsteuerrecht ab. Auch dazu beraten wir Sie gerne gezielt und persönlich.

Übrigens ist auch eine spätere Rückübertragung an den ursprünglichen Gesellschafter erneut von steuerlichem Belang. Eine dabei eintretende Doppelbesteuerung sollte daher schon vorab Gegenstand einer eingehenden Beratung sein.

3.1.3. Liquidation der Kapitalgesellschaft

Schließt man die bereits genannten Möglichkeiten aus, so besteht auch die Möglichkeit die Kapitalgesellschaft zu liquidieren. Eine Liquidation ist allerdings nur dann von Interesse, wenn ohnehin keine erneute Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in Aussicht steht.

3.2. Umgehung der Wegzugsbesteuerung unter Beibehaltung der Anteile

Mit den hier dargestellten Lösungsvorschlägen findet, genau genommen, kein Erhalt der Anteile statt. Vielmehr liegt diesen Optionen ein Formwechsel zugrunde.

3.2.1. Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Da die Grundbedingung der Wegzugsbesteuerung die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist, kann man die Steuer umgehen, indem man die Grundbedingung umgeht. Ein Möglichkeit dazu besteht durch Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft. Um allerdings zu gewährleisten, dass dieser Prozess steuerneutral erfolgt, müssen hierbei gewisse Kriterien erfüllt sein. So hat die Personengesellschaft ihren betrieblichen Mittelpunkt weiterhin in Deutschland beizubehalten. Dies erreicht man dadurch, dass der Geschäftsführer von einer in Deutschland ansässigen Niederlassung die Geschäfte leitet. Dies ist somit das Stammhaus des Unternehmens. Weiterhin sollte die Betriebsstätte in Deutschland liegen.

Außerdem ist vor der Umwandlung zu prüfen, ob offene Rücklagen in der Kapitalgesellschaft vorhanden sind. Falls dies nämlich der Fall ist, so würde der Formwechsel die Aufdeckung der Rücklagen herbeiführen. Die Umwandlung würde dabei eine Zwangsgewinnausschüttung herbeiführen und die daraus resultierenden Gewinne somit einer zwangsweisen Besteuerung unterliegen.

3.2.2. Zwischenschaltung einer Personengesellschaft

Sollte der letztgenannte Punkt ebenfalls ein Hindernis darstellen, ist eine weitere Alternative möglich. Hierbei führt man eine Personengesellschaft (zum Beispiel eine GmbH & Co. KG) zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft ein. Dabei gehen die Anteile an der Kapitalgesellschaft vom ursprünglichen Gesellschafter auf die Personengesellschaft über. Die Personengesellschaft ist zwar für diesen Zweck zu gründen, muss aber dennoch in Deutschland aktiv tätig sein.

Die Zwischenschaltung der Personengesellschaft hat also den Effekt, dass die Anteile an der Kapitalgesellschaft weiterhin im vollen Umfang im Eigentum eines in Deutschland steuerpflichtigen Gesellschafters verbleiben – nur, dass dies nun eine Personengesellschaft ist. Die Anteile an der Personengesellschaft führen beim Umzug des Gesellschafters jedenfalls zu keiner Wegzugsbesteuerung, denn die Frage nach einer direkten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist hierbei abschlägig zu beantworten.


4. Zusammenfassung

Die Wegzugsbesteuerung betrifft alle Gesellschafter von Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligung von mindestens 1%, die in den letzten zehn Jahren vor ihrem Umzug ins Ausland in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren. Dabei wird die Steuer auf Basis einer fiktiven Wertsteigerung berechnet. Weiterhin ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Stundung der Steuer möglich. Unter Umständen ist bei einer späteren Rückkehr des Gesellschafters nach Deutschland eine Erstattung der Steuer möglich. Es bestehen allerdings auch Alternativen, um die Wegzugsbesteuerung im Vorfeld des Umzugs zu umgehen.


Steuerberater für die Wegzugsbesteuerung

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung von Unternehmen spezialisiert. Bei der Betreuung von Kapitalgesellschaften schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

  1. Umfassende Beratungen im Internationalen Steuerrecht (Quellensteuerabzug, Wegzugsbesteuerung, Hinzurechnungsbesteuerung)
  2. Entwicklung von Maßnahmen zur Reduktion der Steuerlast (z.B. RechtsformwahlSitzverlegung)
  3. Gründung von Holdinggesellschaften (Realisierung steuerfreier Veräußerungsgewinne, Dividendenerträge)
  4. Entwicklung individueller Gestaltungsmodelle im internationalen Steuerrecht

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

Standort
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Fachreferent beim Steuerberaterverband für internationales Steuerrecht

Seit 2014 sind die Partner unserer Kanzlei regelmäßige Fachreferenten des Steuerberaterverbands Köln. Dabei besuchen ca. 1500 Steuerberater pro Jahr unsere Seminare. Wegen der hohen Nachfrage stellen wir Ihnen unsere Präsentation zum internationales Steuerrecht gerne kostenlos zum Download zur Verfügung:

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