Hinzurechnungsbesteuerung

So weisen Sie eine wesentliche Tätigkeit nach

Gegenbeweis bei der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 8 Absatz 2 AStG

Sollten passive und niedrig besteuerte Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft nach § 8 Absatz 1 AStG vorliegen, so ist diese Gesellschaft Zwischengesellschaft. Die Einkünfte werden dann einer wesentlich beteiligten inländischen Gesellschaft hinzugerechnet (Hinzurechnungsbesteuerung). Dies lässt sich durch einen Gegenbeweis nach § 8 Absatz 2 AStG verhindern. Wir erklären, wie Sie diesen führen und wem Sie welche Informationen darlegen müssen. 

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerliche Gestaltungsberatung spezialisiert. Dabei arbeiten wir regelmäßig Gestaltungsmodelle zu Hinzurechnungsbesteuerung aus. Aufgrund der aktuellen Resonanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
31. Dezember 2018 Hinzurechnungsbesteuerung: Erkennen / Vermeiden / Gestalten mit Beispiel
03. März 2022 DBA und Hinzurechnungsbesteuerung im Rahmen des Unionsrechts
24. Juni 2022 Doppelbesteuerung bei der Hinzurechnungsbesteuerung: Vermeidung durch die ATAD-Richtlinie
01. Juli 2022 Kürzungsbetrag bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 11 AStG n.F.): Gewinnausschüttungen ausländischer Gesellschaften

Unser Video: Die neue Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7-13 AStG ab 1. Januar 2020

In diesem Video erklären wir, wie die Hinzurechnungsbesteuerung funktioniert.

Inhaltsverzeichnis


1. Die Hinzurechnungsbesteuerung kurz erklärt

Die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung werden allgemein ausgelöst, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine ausländische Kapitalgesellschaft beherrscht und diese Gesellschaft niedrig besteuerte Einkünfte aus passiver Tätigkeit erzielt. Dabei sind Einkünfte aus passiver Tätigkeit solche Einkünfte, die nicht aus den in § 8 Absatz 1 AStG aufgezählten aktiven Tätigkeiten entstammen. Einkünfte aus aktiver Tätigkeit lösen daher keine Hinzurechnungsbesteuerung aus.

2. Der Gegenbeweis, § 8 Absatz 2-4 AStG

2.1. Rechtsfolgen des Gegenbeweises

In den § 8 Absatz 2 bis 4 AStG hat der Gesetzgeber eine Exkulpationsklausel eingefügt. Diese ermöglicht dem inländischen Anteilseigener einer ausländischen Gesellschaft den Nachweis, dass diese einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Die Rechtsfolge besteht bei erfolgreichem Gegenbeweis darin, dass die Gesellschaft nicht als Zwischengesellschaft qualifiziert wird und deswegen nicht unter die Bestimmungen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung fällt. Damit unterliegen die eigentlich als passiv einzustufende Einkünfte nicht mehr der Hinzurechnungsbesteuerung.

Dafür bedarf es bei der ausländischen Gesellschaft einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit. Diese muss unter Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen, sachlichen und personellen Ausstattung selbstständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden und bedarf hinreichend qualifiziertes Personal. Daneben müssen die Geschäftsbeziehungen den Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1 AStG) beachten. Zudem ist der Gegenbeweis räumlich beschränkt.

2.2. Wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit

Für die Ausübung einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit soll es gemäß § 8 Absatz 2 Statz 2 und 3 AStG Voraussetzung sein, dass die erforderliche Ausstattung sowie hinreichend qualifiziertes Personal mit selbstständiger und eigenverantwortlicher Tätigkeit vorhanden ist. Keine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit kann es daher vermitteln, wenn die Gesellschaft ihre Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt. In der Gesetzesbegründung wird auf das greifbare Vorhandensein in Form von Geschäftsräumen, Personal und Ausrüstungsgegenständen abgestellt. Zudem soll die Gesellschaft in sachlicher und personeller Hinsicht so ausgestaltet sein, dass sie ihre unternehmerischen Entscheidungen selber treffen kann. Die schlichte Lizenzüberlassung als vermögensverwaltende Tätigkeit erfordert keinen besonderen Geschäftsappart. Nach der Rechtsprechung des EuGH genügt es daher, wenn die wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit im Ansiedlungsstaat darauf gerichtet ist, stabil und kontinuierlich am Geschäftsverkehr teilzunehmen.

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2.3. Räumlicher Anwendungsbereich

Gemäß § 8 Absatz 3 AStG ist der Gegenbeweis ausschließlich auf EU und EWR Gesellschaften beschränkt. Daher kommt er für Beteiligung an Drittstaatengesellschaften nicht in Frage. Zur alten Rechtslage haben der Bundesfinanzhof (BFH) und der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Gegenbeweis auch in Drittstaatenfällen unter Rekurs auf die Kapitalverkehrsfreiheit möglich sein soll. Grund dafür sollte sein, dass unter den § 7 Absatz 1 und Absatz 3 AStG der alten Fassung Konstellationen denkbar waren, in denen keine gesellschaftsrechtliche Beherrschung vorlag. In diesen Fällen kam es daher nicht zu einem sicheren Einfluss auf die Gesellschaft, der das Eingreifen der Niederlassungsfreiheit zur Folge haben würde. Deswegen kam dann allein die Kapitalverkehrsfreiheit in Betracht, so dass die ganze Vorschrift am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen wäre.

Ob dies unter der neuen Fassung des § 7 Absatz 1 und Absatz 2 AStG ebenfalls anzunehmen ist, wird unterschiedlich beurteilt und ist noch nicht entschieden. Problematisch ist dabei, dass die ATAD-Richtline in ihrem Artikel 7 Absatz 2 den Mitgliedstaaten eine Gegenbeweismöglichkeit für EU und EWR-Gesellschaften einräumt. Demnach können die Mitgliedstaaten die Gegenbeweismöglichkeit für Drittstaatengesellschaft versagen. Dann stellt sich die Frage, ob Sekundärrecht gegen Primärrecht der Europäischen Union verstoßen kann oder nicht.

2.4. Fremdvergleichsgrundsatz

Die Geschäftsbeziehung, die die passiven Einkünfte begründet und über die der Gegenbeweis angestellt werden soll, muss dem Fremdvergleichsgrundsatz des § 1 AStG genügen (Drittvergleichsklausel). Hierdurch will der Gesetzgeber konzernbezogenen Gestaltungsmodellen entgegentreten, bei welchen in einem europäischen Niedrigsteuerland eine Konzernmuttergesellschaft mit einem Minimum an sachlicher Ausstattung vergleichsweise unbedeutenden Dienstleistungsfunktionen nachgeht, daneben aber in erheblich großem Umfang eine konzerninterne Finanzierungstätigkeit unter Beteiligung von inländischen Konzerngesellschaften ausübt, wobei bedeutende Finanzierungserträge erzielt werden. Letztere würden ansonsten der Hinzurechnungsbesteuerung entgehen.

Durch den Verweis auf § 1 AStG werden praktisch die Verrechnungspreisdokumentationspflichten der inländischen Steuerpflichtigen ausgedehnt. Nachvollziehbar ist dies jedoch nicht, da erstens wegen des Vorrangs des § 1 AStG und der Regelungen des § 10 Absatz 3 AStG zur verdeckten Gewinnausschüttung und Einlage nur angemessene Erträge für die Hinzurechnungsbesteuerung angesetzt werden.

2.5. Konkrete Ausgestaltung des Gegenbeweises

Die Substanzprüfung und Aktivitätsprüfung des Gegenbeweises muss sich immer konkret auf die jeweiligen passiven Einkünfte beziehen. Erzielt die niedrig besteuerte Gesellschaft Einkünfte aus unterschiedlichen Tätigkeiten ist der Substanznachweis daher für jeder dieser Tätigkeiten erforderlich.

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3. Der Gegenbeweis bei verdeckten Gewinnausschüttungen

3.1. Problem: Fremdvergleichsgrundsatz

Die ausländische Gesellschaft kann von einer Tochtergesellschaft verdeckte Gewinnausschüttungen erhalten. Diese verdeckten Gewinnausschüttungen können nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a) Satz 1 AStG zu passiven und niedrig besteuerten Einkünften der ausländischen Gesellschaft führen. Dann unterliegen sie bei einem inländischen Anteilseigner der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung. In diesem Fall sollten Sie ebenfalls darüber nachdenken, ob Sie die Besteuerung der passiven Beteiligungserträge durch den Gegenbeweis in § 8 Absatz 2 AStG verhindern. Dabei stellen sich einige Probleme.

Zunächst könnte die Anforderung, dass dem Fremdvergleichsgrundsatz genüge getan werden muss, begründen, dass die Möglichkeit des Gegenbeweises für verdeckte Gewinnausschüttungen niemals in Frage kommt. Durch die Rechtsprechung des BFH ist das Rangverhältnis zwischen der Einkünftekorrektur, dem Fremdvergleichsgrundsatz und der Hinzurechnungsbesteuerung geklärt. Demnach hat bereits bei der Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte eine entsprechende Korrektur von nicht fremdüblichen Geschäftsbeziehungen im Wege von verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen zu erfolgen. Somit kann es denklogisch gar nicht dazu kommen, dass nicht fremdvergleichskonforme Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen werden.

Im Ergebnis scheitert die Möglichkeit des Gegenbeweises von passiven Einkünften aus verdeckten Gewinnausschüttungen daher nicht an der in § 8 Absatz 2 Satz 4 AStG statuierten Drittvergleichsklausel. Dies erscheint auch sinnvoll, da die Einkünfte, die der ausländischen Gesellschaft in Form der empfangenden verdeckten Gewinnausschüttung zufließen, letztlich gerade aufgrund der Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes entstehen.

3.2. Problem: Bezüglich welcher Tätigkeit ist der Gegenbeweis zu führen?

Dann stellt sich die Frage, welche konkreten Anforderungen an den Gegenbeweis im Falle von hinzurechnungspflichtigen Einkünften aus verdeckten Gewinnausschüttungen zu stellen sind. Dabei ist problematisch, dass die, den verdeckten Gewinnausschüttungen zugrunde liegenden Einkünfte, nach dem ausländischen Recht oft gar nicht existieren.

Es liegt keine Tätigkeit im tatsächlichen Sinne vor. Vielmehr stellt die Gewinnausschüttung einen einmaligen Sachverhalt dar. Der Gegenbeweis erfordert hingegen eine Betrachtung der jeweiligen passiven Einkünfte und nicht der Tätigkeit der Gesellschaft als Ganzes. Fraglich ist daher, bezüglicher welcher Aktivität der Gegenbeweis zu führen ist.

Die wirtschaftliche Tätigkeit für das Empfangen von Gewinnausschüttungen ist nachzuweisen. Hingegen nicht darzulegen ist die Substanz für das Erbringen von Dienstleistungen und Lieferungen, die eventuell der Gewinnausschüttung zugrunde liegen. Lieferungen und Leistungen sind zum einen nach vollkommen anderen Kriterien zu bewerten. Zum anderen könnten ansonsten Konstellationen in denen die, die verdeckte Gewinnausschüttung empfangende ausländische Gesellschaft nicht Leistungserbringer sondern Leistungsempfänger ist, nicht hinreichend geprüft werden. Deswegen ist es nicht sachgerecht, zu prüfen, ob die ausländische Gesellschaft über hinreichende Substanz für die Durchführung des, der Gewinnausschüttung zugrundeliegenden Rechtsgeschäft verfügt.

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3.3. Problem: Konkrete Anforderungen an den Gegenbeweis

Dann ist aber fraglich, wie die wirtschaftliche Tätigkeit für das Empfangen von Gewinnausschüttungen nachweisbar ist.

Es könnten die Anforderungen an den Gegenbeweis bei verdeckten Gewinnausschüttungen aus dem § 50d Absatz 3 EStG abgeleitet werden. Sowohl dem § 50d Absatz 3 EStG als auch dem § 8 Absatz 2 AStG liegt der Gedanke zugrunde, die missbräuchliche Einschaltung ausländischer Gesellschaften ohne ausreichend Substanz zu verhindern.

Da die Beteiligung der leistenden Tochtergesellschaft die Einkunftsquelle für die empfangene Gewinnausschüttung darstellt, könnten sich die Substanzanforderungen der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit anhand der Qualität des Beteiligungsmanagements der ausländischen Gesellschaft messen lassen. Jedoch darf es nicht notwendig sein, die hohen Voraussetzungen einer aktiven Beteiligungsverwaltung zu erfüllen. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu § 50d Absatz 3 EStG reicht die bloße passive Beteiligungsverwaltung aus, um eine rein künstliche Gestaltung auszuschließen. Eine passive Beteiligungsverwaltung setzt voraus, dass die Gesellschaft ihre Rechte als Gesellschafter tatsächlich ausübt, wie etwa das Einberufen der Gesellschafterversammlung, das Fassen von Ausschüttungsbeschlüssen oder zum Beispiel die Feststellung des Jahresabschlusses. Hingegen sind nur geringe Anforderungen an die sachliche und personelle Ausstattung der Gesellschaft zu stellen.

4. Fazit

Der Gegenbeweis zur Vermeidung der Hinzurechnungsbesteuerung erfordert nachzuweisen, dass die ausländische Gesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit durchführt. Dazu bedarf es hinreichender Dokumentation. Probleme entstehen dabei insbesondere, wenn die passiven Einkünfte verdeckte Gewinnausschüttungen betreffen. Wir beraten Sie dazu gerne.


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  4. Entwicklung steuerlicher Gestaltungsmodelle
  5. Hinzurechnungsbesteuerung vermeiden

Verdeckte Gewinnausschüttung

  1. Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung
  2. Rückzahlung verdeckter Gewinnausschüttungen
  3. Verdeckte Gewinnausschüttung als Nachteil?
  4. Spenden an verbundene Gesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung

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