Gemischte Schenkung: steuerliche Besonderheiten im Überblick
Unter den Begriff der Schenkung fallen alle unentgeltlichen Zuwendungen. Leistet der Beschenkte allerdings eine Gegenleistung, spricht man von einer gemischten Schenkung. Denn eine Bereicherung findet dann nur noch statt, soweit keine Gegenleistung – etwa in Form einer Barzuzahlung oder der Übernahme offener Verbindlichkeiten – zu erbringen ist. Wir geben einen Überblick über einkommen- und erbschaftsteuerliche Besonderheiten der gemischten Schenkung.
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Inhaltsverzeichnis
1. Die gemischte Schenkung im Ertragsteuerrecht
Gemischte Schenkungen existierten im Ertragsteuerrecht insbesondere bei Vermögensübertragungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Denn hier geht es in vielen Fällen um die Frage, ob und in welchem Umfang der Rechtsnachfolger das Wirtschaftsgut (etwa eine GmbH-Beteiligung oder eine Immobilie) entgeltlich erworben hat.
Beispiel: Vater V überträgt ein ihm gehörendes Mehrfamilienhaus, das einen Verkehrswert von EUR 1.000.000 hat, an seine Tochter T. Sie übernimmt als Gegenleistung die noch auf der Immobilie lastenden Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 400.000.
Es liegt ein teilentgeltlicher Erwerb respektive eine gemischte Schenkung vor. T erbringt für ein Wirtschaftsgut, das einen Wert von EUR 1.000.000 hat, eine Gegenleistung im Umfang von EUR 400.000. Damit hat sie die Immobilie in Höhe von 40 % entgeltlich und in Höhe von 60 % unentgeltlich erworben.
Hierdurch ergeben sich nun weitere Auswirkungen, etwa für die Anwendung der §§ 7 und 23 EStG:
- Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils führt T die Anschaffungskosten sowie die Abschreibung des V fort (§ 11d EStDV)
- Soweit T die Immobilie entgeltlich erworben hat, hat sie originäre Anschaffungskosten im Sinne des § 255 Absatz 1 HGB. Sie stellen die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung dar; es beginnt ein neuer AfA-Zeitraum
- Bei der Berechnung der 10jährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG ist ebenfalls zwischen entgeltlichem und unentgeltlichem Teil zu unterscheiden. Denn in Höhe des entgeltlich erworbenen Anteils beginnt eine neue 10-Jahres-Frist
Unter fremden Dritten sind diese Grundsätze allerdings nur in Einzelfällen anzuwenden. Hier gilt vielmehr der Inhalt der tatsächlichen Vereinbarung, auch wenn der Kaufpreis einer Immobilie beispielsweise deutlich unterhalb des Verkehrswertes liegt.
2. Gemischte Schenkungen in der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Für die Bemessung von Erbschaft- und Schenkungsteuer ist grundsätzlich die Bereicherung des Erwerbers maßgebend (§ 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG). Soweit Vermögen beim Überträger abfließt, unterliegt es auf Ebene der Erwerberin oder des Erwerbers der Besteuerung. Diesen Grundsatz normiert § 7 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG für die Schenkung und § 3 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG ein weiteres Mal explizit für Erbschaften und Vermächtnisse.
Damit liegt eine gemischte Schenkung vor, wenn der Erwerber für den Erhalt der Vermögenswerte eine Gegenleistung zu erbringen hat. Sie mindert den Wert der Schenkung, da es insoweit an einer Bereicherung fehlt.
Beispiel: Vater V schenkt seiner Tochter T ein Haus, das einen Verkehrswert von EUR 500.000 aufweist. Die Tochter räumt ihrem Vater ein lebenslanges Wohnrecht ein. Außerdem zahlt sie EUR 50.000 unmittelbar an ihren Bruder. Die verbleibenden Schulden gegenüber der Bank, die mit EUR 80.000 valutieren, übernimmt ebenfalls T.
Grundsätzlich wird T in Höhe von EUR 500.000 bereichert. Zu berücksichtigen sind aber die von ihr zu erbringenden Gegenleistungen, also Wohnrecht, Geldzahlung und Schuldübernahme. All diese Verpflichtungen sind zu bewerten und werden der Bereicherung gegengerechnet.
Schauen wir uns nun die häufigsten Fälle der gemischten Schenkung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht anhand folgender Gegenleistungen an:
- Einräumung eines Wohnrechtes
- Zahlung zeitlich befristeter oder lebenslanger Renten
- Übernahme von Verbindlichkeiten
- Zahlung eines (zu niedrigen) Kaufpreises
In allen Fällen muss zunächst der Wert des übergehenden Vermögens feststehen. Für die Bewertung gelten die Vorschriften des Bewertungsgesetzes, insbesondere die zur Ermittlung des gemeinen Wertes nach § 9 BewG.
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2.1. Lebenslanges Wohnrecht als Gegenleistung
Möchten Eltern ihre Immobilien auf die nächste Generation übertragen, wird diese Übertragung – auch aus steuerlichen Gründen – häufig mit einem sogenannten Nießbrauchs- oder Wohnrecht verbunden. Die Eltern haben dann das Recht, die Immobilie weiterhin ganz oder teilweise zu nutzen, das zivilrechtliche Eigentum ist aber bereits auf die Kinder oder andere Personen übergegangen. Die Rechtsnachfolger sind durch das Wohnrecht objektiv eingeschränkt, da sie bis zum Tod der Eltern nicht frei über das Objekt verfügen können.
Hierdurch liegt eine gemischte Schenkung im klassischen Sinne vor. Denn die Kinder erhalten grundsätzlich den Gesamtwert der Immobilie kostenfrei übertragen. Sie übernehmen aber gleichzeitig die aus dem Wohnrecht resultierende Verpflichtung.
Ihre Bewertung erfolgt nach den §§ 13 bis 16 BewG. Hierzu muss zunächst die ortsübliche Miete für ein vergleichbares Objekt feststehen. Sie wird auf einen Jahreswert hochgerechnet. Es folgt ein Blick in die vom Bundesfinanzministerium herausgegebenen Sterbetafeln, die Aufschluss über die voraussichtliche Lebenserwartung der berechtigten Person geben. Der entsprechende Vervielfältiger ist mit dem Jahreswert zu multiplizieren und ergibt den Wert des Wohn- oder Nießbrauchsrechts.
Beispiel: Die Eltern übertragen ihr Wohnhaus an die Kinder, behalten sich aber ein lebenslanges Wohnrecht vor. Die Jahresmiete würde bei einer Fremdvermietung EUR 20.000 betragen, die Immobilie hat einen gemeinen Wert von EUR 1.500.000. Vater und Mutter sind jeweils 60 Jahre alt; die Sterbetafel weist ein voraussichtliches Lebensalter von
- 81,75 Jahren (Vater) und
- 85,41 Jahren (Mutter)
sowie Vervielfältiger von 12,852 (Vater) und 13,889 (Mutter) aus.
Hieraus ergibt sich nun der Wert der gemischten Schenkung. Vom Grundbesitzwert (EUR 1.500.000) ist der Wert des Nießbrauchs (höchster Vervielfältiger x Jahreswert; hier also 13,889 x EUR 20.000) abzuziehen. Die Kinder werden im Umfang von EUR 1.222.220 bereichert.
2.2. Zahlung von Leib- und Zeitrenten
Besteht die Gegenleistung bei der gemischten Schenkung in der Zahlung einer lebenslangen Rente, entspricht die Bewertung der des Wohn- oder Nießbrauchsrechts. Der Jahreswert ist mit dem entsprechenden Vervielfältiger, den die jeweils maßgebliche Sterbetafel des BMF ausweist, zu multiplizieren. Dieser Kapitalwert mindert dann die Bereicherung im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG.
Ist eine Leistung allerdings zeitlich befristet, etwa eine Rente, die nur für fünf Jahre gezahlt wird, erfolgt die Bewertung nach § 13 Absatz 1 BewG. Der maßgebliche Vervielfältiger ergibt sich aus Anlage 9a zum BewG. Er ist ebenfalls mit dem Jahreswert der Leistung zu multiplizieren.
Beispiel: Der Sohn verpflichtet sich, über 10 Jahre eine Rente an seinen Vater zu zahlen. Der Betrag wird auf EUR 3.000 pro Monat festgelegt. Im Gegenzug überträgt der Vater ein unbebautes Grundstück, das einen Verkehrswert von EUR 300.000 hat, auf seinen Sohn.
Für eine 10 Jahre laufende Leistung sieht Anlage 9a zum BewG einen Vervielfältiger von 7,745 vor. Der Jahreswert der Rente (EUR 3.000 x 12 Monate = EUR 36.000) ist daher mit 7,745 zu multiplizieren. Der Kapitalwert der Rente liegt damit bei EUR 278.820. Der Sohn wird durch die gemischte Schenkung nur noch im Umfang von EUR 21.180 bereichert.
2.3. Übernahme von Verbindlichkeiten bei der gemischten Schenkung
Kommt es zu einer gemischten Schenkung, weil der Übernehmer des Vermögens Verbindlichkeiten des Übergebers ebenfalls übernimmt, erfolgt die Bewertung nach § 12 BewG. Die übernommenen Schulden sind mit ihrem Nennwert („Wert auf dem Papier“) anzusetzen und der Bereicherung gegenzurechnen.
Hinweis: Verbindlichkeiten in fremder Währung sind am Bewertungsstichtag in Euro umzurechnen. Besteht die Verbindlichkeit in der Übergabe von Sachwerten, so ist deren gemeiner Wert maßgeblich.
Beispiel: Die Tochter des V übernimmt eine Immobilie im Wert von EUR 500.000, auf der noch eine Restverbindlichkeit in Höhe von EUR 100.000 lastet. Damit wird sie im Umfang von EUR 400.000 bereichert.
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2.4. Zahlung eines zu niedrigen Kaufpreises
Liegt der gemeine Wert des übertragenen Vermögens über dem hierfür gezahlten Kaufpreis, liegt in Höhe der Differenz ebenfalls eine gemischte Schenkung vor. Dabei erfolgt die Bewertung nach den §§ 9 und 12 BewG.
Beispiel: A zahlt an B EUR 500.000 für eine Immobilie, die einen Wert von EUR 700.000 hat. In Höhe von EUR 200.000 liegt eine Schenkung des B an den A vor, da insoweit keine Gegenleistung für die Immobilie verlangt wird.
3. Höhe der Schenkungsteuer bei gemischten Schenkungen
Für die Höhe der Schenkungsteuer ist bei gemischten Schenkungen der unentgeltliche Teil der Übertragung maßgeblich. Er ergibt sich stets aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des übertragenen Vermögens und der Gegenleistung, die der Erwerber – etwa als Zahlung oder durch Einräumung eines Wohnrechtes – zu erbringen hat. Je nach Steuerklasse (§ 15 ErbStG) und Freibetrag (§§ 16, 17 ErbStG) ergibt sich nach § 19 Absatz 1 ErbStG folgender Steuersatz:
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro | Prozentsatz in der Steuerklasse | ||
I | II | III | |
75 000 | 7 | 15 | 30 |
300 000 | 11 | 20 | 30 |
600 000 | 15 | 25 | 30 |
6 000 000 | 19 | 30 | 30 |
13 000 000 | 23 | 35 | 50 |
26 000 000 | 27 | 40 | 50 |
über 26 000 000 | 30 | 43 | 50 |
Zu beachten ist der Härteausgleich nach § 19 Absatz 3 ErbStG. Er greift immer dann und reduziert die Steuerbelastung, wenn eine der in Spalte 1 genannten Wertgrenzen nur geringfügig überschritten wird.
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