GmbH: Erwerb eigene Anteile -Beschränkungen und rechtliche Auswirkungen
In der Praxis kann es in bestimmten Konstellationen im Interesse einer GmbH sein ihre eigenen Geschäftsanteile von einem ausscheidenden Gesellschafter zu erwerben. Der Erwerb eigener Geschäftsanteile kann hierbei verschiedenen Zwecken dienen. Zu diesen zählen unter anderem die Vorbereitung einer Einziehung der Geschäftsanteile, die Vorbereitung der Beteiligung von Mitarbeitern an der Gesellschaft, die Abfindung von Gesellschaftern und der Rückerwerb von treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteilen. Der folgende Artikel beleuchtet die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen und Folgen des Erwerbs eigener Geschäftsanteile durch die GmbH.
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Eigene Anteile
Im Video erklären wir Ihnen wie die GmbH eigene Anteile erwirbt und welche Vorteile dies mit sich bringt.
1. Allgemeines zum Erwerb eigener Anteile
Im Grundsatz ist es einer GmbH rechtlich erlaubt eigene Geschäftsanteile zu erwerben. Bei der Durchführung einer derartigen Transaktion wird die Gesellschaft, wie üblich, von Ihrem Geschäftsführer vertreten (§ 35 GmbHG). Es handelt sich bei dem Erwerb eigener Anteile durch die GmbH jedoch nicht um eine Handlung im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes. Insbesondere verschieben sich durch die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die GmbH die Mehrheitsverhältnisse unter den übrigen Gesellschaftern (vgl. hierzu 5.). Daher ist der Geschäftsführer im Innenverhältnis grundsätzlich dazu verpflichtet die Gesellschafter über den geplanten Erwerb zu informieren bzw. deren Zustimmung einzuholen.
2. Beschränkungen der Erwerbsberechtigung
Die grundsätzlich rechtlich bestehende Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile wird gesetzlich jedoch durch § 33 GmbHG in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Die gesetzlichen Bestimmungen des § 33 GmbHG verfolgen dabei den Zweck den Bestand des Stammkapitals zu schützen. Insoweit dient § 33 GmbHG als Ergänzung zu § 30 GmbHG, der unter anderem Ausschüttungen der GmbH an die Gesellschafter in das Stammkapital der GmbH verbietet. Die folgend dargestellten gesetzlichen Beschränkungen sind zwingendes Recht und als solches nicht durch abweichende Vereinbarungen (z.B. durch Gesellschaftsvertrag) zu umgehen.
2.1. Erwerb nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile
§ 33 Abs. 1 S. 1 GmbHG
Der Erwerb von Geschäftsanteilen, deren Einlageverpflichtung (z.B. Geldeinlage im Fall Bargründung einer GmbH) nicht in voller Höhe von dem jeweiligen Gesellschafter geleistet wurde, durch die GmbH ist unzulässig. Grund für diese gesetzliche Regelung ist die Tatsache, dass eine GmbH aufgrund des Grundsatzes der Kapitalaufbringung kraft Gesetzes nicht auf die Forderung zur vollständigen Leistung der Einlagen gegen die Gesellschafter verzichten darf (§ 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG). Der Erwerb nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile durch die GmbH würde allerdings dazu führen, dass die Gesellschaft einen Einlageanspruch gegen sich selbst hätte. Dies ist rechtlich grundsätzlich nicht möglich. Der Einlageanspruch würde somit erlöschen („Konfusion“) und die GmbH faktisch auf die offene Einlageforderung verzichten.
2.2. Fiktive Bildung einer Rücklage in Höhe der Erwerbskosten
§ 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG
Im Gegensatz zu nicht voll eingezahlten Geschäftsanteilen steht es einer GmbH grundsätzlich frei vollständig eingezahlte Geschäftsanteile selbst zu erwerben. Sie unterliegt hierbei jedoch einer kapitalerhaltungsbedingten Beschränkung. Die Gesellschaft darf auch volleingezahlte Geschäftsanteile nur Erwerben, sofern ihr im Zeitpunkt des Erwerbs ausreichend freies Vermögen zur Verfügung steht. Das freie Vermögen darf dabei weder das Stammkapital noch gesellschaftsvertraglich zu bildende Rücklagen, die nicht zur Auszahlung an Gesellschafter verwendet werden dürfen, umfassen. Durch die gesetzliche Voraussetzung der fiktiven Bildung einer Rücklage in Höhe der Erwerbskosten wird sichergestellt, dass die GmbH die Anteile nur erwerben kann soweit der gesellschaftsrechtliche Grundsatz der Kapitalerhaltung nicht beeinträchtigt wird. Hat die GmbH nicht genug freies Vermögen um die Erwerbskosten zu begleichen, muss der Erwerb der eigenen Anteile unterbleiben.
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Vermögenssituation der GmbH ist in der einschlägigen Fachliteratur derweil umstritten. Jedenfalls sollte ein nicht ausreichendes Gesellschaftsvermögen im Zeitpunkt der Zahlung aufgrund des Zwecks der Kapitalerhaltung zur Unzulässigkeit des Erwerbs der Geschäftsanteile führen.
2.3. Sonderfall: „Keinmanngesellschaft“
Sofern die beiden vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind ist sogar der Erwerb der Anteile eines Alleingesellschafters zunächst wirksam und rechtsgültig, wobei die Details in der Fachliteratur sehr umstritten sind. Hierdurch entsteht eine GmbH ohne Gesellschafter und ohne ein funktionierendes Organ der Willensbildung (Gesellschafterversammlung). Da dieser Zustand mit dem zivilrechtlichen Verständnis einer organschaftlichen Vereinigung nicht zu vereinbaren ist, sollte die Gesellschaft zeitnah für Abhilfe sorgen. Im Übrigen ist die „Keinmanngesellschaft“ jedenfalls ein Auflösungsgrund im Sinne des GmbHG.

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3. Erwerb eigener Anteile in Zusammenhang mit Umwandlungsvorgängen (§ 33 Abs. 3 GmbHG)
Im Zusammenhang mit bestimmten Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) hat eine GmbH im Einzelfall ausscheidende Gesellschafter abzufinden. Zwecks derartiger Abfindungszahlungen ist eine GmbH dazu berechtigt die von den ausscheidenden Gesellschaftern gehaltenen Anteile selbst zu erwerben. Zwar muss die GmbH auch in diesem Fall ausreichend freies Vermögen zur Verfügung stehen (vgl. 2.2.). Die Besonderheit ist jedoch, dass es der GmbH in den Fällen des § 33 Abs. 3 GmbHG ausnahmsweise erlaubt ist, nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile zu erwerben. Die Vorschrift stellt dementsprechend eine Ausnahme zu der Beschränkung des § 33 Abs. 1 S. 1 GmbHG dar. Anwendbar ist diese Ausnahmevorschrift für Abfindungszahlungen im Rahmen der folgenden Umwandlungsvorgänge:
- Verschmelzung (vgl. § 29 UmwG)
- Abspaltung, Aufspaltung (vgl. § 125 UmwG i.V.m. § 29 UmwG)
- Rechtsformwechsel in die Rechtsform „GmbH“ (vgl. § 207 UmwG)
Der aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 33 Abs. 3 GmbHG erfolgte Erwerb eigener, nicht voll eingezahlter, Geschäftsanteile führt nach der vorherrschenden Auffassung in der Fachliteratur zum Erlöschen des noch offenen Einlageanspruches der GmbH durch „Konfusion“.
4. Rechtliche Auswirkungen eines Verstoßes gegen die Beschränkungsvorschriften
4.1. Verstoß gegen § 33 Abs.1 S. 1 GmbHG
Der Erwerb nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile durch die GmbH führt, außer in den Fällen der Abfindungszahlungen im Rahmen einschlägiger Umwandlungsvorgänge, zur Nichtigkeit sowohl des Kaufvertrages als auch der Übertragung des Eigentums an den Geschäftsanteilen auf die GmbH (§ 134 BGB).
4.2. Verstoß gegen § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG
Der Erwerb eigener Anteile unter Verstoß gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz, da die GmbH im maßgeblichen Zeitpunkt nicht über ausreichend freies Vermögen verfügte, führt zu der Nichtigkeit des Kaufvertrages, § 33 Abs. 2 S. 3 GmbHG. Die Übertragung des Eigentums an den erworbenen eigenen Geschäftsanteilen ist jedoch rechtlich wirksam. Die Eigentumsübertragung erfolgte indes ohne Rechtsgrund (aufgrund der Nichtigkeit des Kaufvertrages) und kann daher unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten rückabgewickelt werden.
5. Rechtliche Auswirkungen auf die von der GmbH gehaltenen Geschäftsanteile
Die von einer GmbH gehaltenen eigenen Geschäftsanteile bestehen, im Gegensatz zu eingezogenen Geschäftsanteilen, grundsätzlich fort. Allerdings ruhen die sich aus den Geschäftsanteilen üblicherweise ergebenden Rechte und Pflichten. Das Stimmrecht aus den eigenen Geschäftsanteilen darf nicht ausgeübt werden und wird im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen nicht mitgezählt. Ebenso sind die betroffenen Geschäftsanteile nicht bei der Berechnung der Beteiligungsquote zu berücksichtigen. Der GmbH entsteht aus den eigenen Geschäftsanteilen kein Gewinnanspruch gegen sich selbst, vielmehr fällt der auf die betroffenen Anteile entfallende Gewinn den übrigen Gesellschaftern zu. Bereits im Erwerbszeitpunkt bestehende Rechte Dritter an den Geschäftsanteilen bleiben, vorbehaltlich eines lastenfreien Erwerbs, zwar bestehen, doch ist die GmbH nicht in der Lage die Geschäftsanteile selbst zu belasten. Korrespondierend zu den Rechten ruhen auch die sich aus den Geschäftsanteilen ergebenden Pflichten. So verteilt sich beispielsweise die gesellschaftsrechtliche Ausfallhaftung nach §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG auf die übrigen Gesellschafter.
Die Gesellschaft ist jedoch dazu berechtigt die selbst gehaltenen Geschäftsanteile weiter zu veräußern. Etwaig bestehende gesellschaftsvertragliche Vinkulierungsklauseln sind hierbei zu beachten. Ebenso ist die Einziehung der Geschäftsanteile grundsätzlich möglich, soweit der Gesellschaftsvertrag eine derartige Option vorsieht.
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