Steuerstrafrecht: Grundlagen des Verfahrens
Steuerpflichtige, die Steuern verkürzen oder ungerechtfertigte Steuervergütungen erhalten, können insbesondere wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO belangt werden. Auf das Steuerstrafverfahren finden dabei die allgemeinen Regelungen des Strafgesetzbuches (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO) Anwendung. Gemeinsam mit den jeweiligen Normen der Abgabenordnung stellen sie das Steuerstrafrecht dar.
Unser Video:
Grundlagen des Steuerstrafverfahrens
In diesem Video gehen wir auf die wichtigsten Grundsätze des Steuerstrafrechts ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Steuer- versus Steuerstrafrecht: Konkurrenzen und Zusammenhänge
Mit den Regelungen zum Steuerstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren (§§ 369 bis 412 AO) gelten für originär steuerrechtliche Sachverhalte die Regelungen der Strafprozessordnung (StPO), des Strafgesetzbuches (StGB) und des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) entsprechend. Die Abgabenordnung regelt dabei insbesondere,
- welche tatbestandlichen Merkmale für das Vorliegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit gegeben sein müssen,
- welche Kompetenzen die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamtes hat,
- inwieweit laufendes Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren nebeneinanderlaufen und
- wo Staatsanwaltschaft und Gerichte das Verfahren übernehmen respektive über die zu verhängende Strafe entscheiden.
Das Steuerstrafrecht ist dabei „mehr Straf- als Steuerrecht“, da das laufende Besteuerungsverfahren auch bei einem gleichzeitig anhängigen Strafverfahren weiterläuft. Steuerpflichtige haben also weiterhin alle Rechte und Pflichten, die sich aus den Einzelsteuergesetzen und der Abgabenordnung ergeben. Aus diesem Grund unterhalten alle deutschen Finanzämter eigene Abteilungen oder Stellen für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten einerseits sowie das laufende Besteuerungsverfahren andererseits.
2. Die wichtigsten Regelungen des Steuerstrafrechts kurz zusammengefasst
Schauen wir uns nun einmal die wichtigsten Vorschriften des Steuerstrafrechts, zu finden in mehreren Gesetzen und Verordnungen, etwas genauer an. Soweit die Abgabenordnung abweichende Normen enthält, gehen diese als leges specialis den strafprozessualen Regelungen vor. Im Übrigen gelten dieselben Gesetze, die beispielsweise auf Straftaten wie Körperverletzung und Ordnungswidrigkeiten wie eine Geschwindigkeitsübertretung gelten, auch im Steuerstrafverfahren.
Relevante Vorschriften sind dabei insbesondere:
- Straf- und Bußgeldtatbestände in den §§ 369 bis 384a AO
- Allgemeine Vorschriften für das Steuerstrafverfahren in den §§ 385 bis 396 AO
- Einleitung und Einstellung des Verfahrens nach §§ 397 bis 398a AO
- Rechte und Pflichten der Finanzbehörden (§§ 399 bis 401 AO)
- Stellung des Finanzamtes im staatsanwaltlichen Verfahren (§§ 402 bis 404 AO)
Außerdem beziehen sich verschiedene Normen der Abgabenordnung auf die im letzten Abschnitt genannten Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände. Es gilt beispielsweise
- dass Bescheide, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung und leichtfertigen Steuerverkürzung geändert werden können (§ 173 Absatz 2 AO).
- eine verlängerte Festsetzungsfrist von fünf respektive zehn Jahren bei leichtfertiger Verkürzung und Hinterziehung von Steuern (§ 169 Absatz 2 Satz 2 AO).
- eine Ablaufhemmung bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund einer Fahndungsprüfung ergangenen oder geänderten Steuerbescheide (§ 171 Absatz 5 AO).
Die abgabenrechtlichen Normen des Steuerstrafrechts stellen dabei an vielen Stellen eine sogenannte „Blankettverweisung“ in die materiellen Steuergesetze dar. So bezieht sich § 369 Absatz 1 Nummer 1 AO beispielsweise auf „ (alle) Taten, die nach den Steuergesetzen strafbar sind“. Damit verweist der Gesetzgeber etwa auf § 26c UStG, aber auch auf Vorschriften mit Strafandrohung, die erst in Zukunft erlassen werden.
Der Gesetzgeber hat so jederzeit die Möglichkeit, einzelsteuerliche Normen um eine Strafandrohung zu ergänzen und damit automatisch § 369 Absatz 1 Nummer 1 AO mit zusätzlichem „Leben“ auszufüllen.

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2.1. Straf- und Bußgeldtatbestände der §§ 369 bis 384a AO
Zu den wichtigsten Tatbestandsnormen des Steuerstrafrechts gehören:
- Steuerhinterziehung nach § 370 AO: Sie ist nur bei Vollendung strafbar, wobei der Gesetzgeber eine vollendete Steuerhinterziehung annimmt, wenn die Steuern nicht, nicht in voller Höhe oder zu spät festgesetzt werden (§ 370 Absatz 4 Satz 1 AO). Dabei gilt eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende oder vorläufige Festsetzung ebenfalls als abschließend ergangen. Als Steuervorteil gilt auch die Steuervergütung, etwa in Fällen eines zu hohen Vorsteuerabzugs oder des unberechtigten Bezugs von Kindergeld (§ 370 Absatz 4 Satz 2 Halbsatz 1 AO)
- Bannbruch nach § 372 AO: Ein Bannbruch liegt vor, wenn Gegenstände gegen ein gesetzliches Verbot ein-, aus- oder durchgeführt werden. Relevant ist die Norm insbesondere bei Tabakwaren und Alkoholerzeugnissen; der Bannbruch wird entsprechend der Steuerhinterziehung geahndet (§ 372 Absatz 2 AO)
- Bandenmäßiger Schmuggel nach § 373 AO: Hierunter fällt die gewerbsmäßige Hinterziehung von Ein- oder Ausfuhrabgaben; dabei gilt das Handeln als Bande mit entsprechenden Strukturen regelmäßig als gewerblich
Steuerhinterziehung, Bannbruch und bandenmäßiger Schmuggel werden mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Das Gericht kann als Nebenfolge die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, aberkennen, wenn die Freiheitsstrafe mindestens ein Jahr beträgt (§ 375 Absatz 1 AO). Außerdem ist die Einziehung der aus der Straftat gewonnenen Erzeugnisse möglich (Absatz 2 in Verbindung mit § 74a StGB).
Zu den Steuerordnungswidrigkeiten gehören nach § 377 AO alle Taten, die nach der AO mit einem Bußgeld belegt sind. Dies sind insbesondere folgende Handlungen:
- Leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO: Sie liegt vor, wenn eine Steuerhinterziehung leichtfertig (fahrlässig) begangen wird
- Steuergefährdung nach den §§ 379 bis 382 AO: Ein solcher Fall ist insbesondere gegeben, wenn Steuerpflichtige Belege bewusst falsch ausstellen oder gegen abgabenrechtliche Aufzeichnungspflichten verstoßen
Je nach anzuwendender Norm und Schwere der Schuld ist eine Ahndung dieser Verstöße mit einem Bußgeld von bis zu EUR 50.000 möglich.
2.2. Allgemeine Verfahrensvorschriften des Steuerstrafrechts
Nach § 385 Absatz 1 AO sind die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren auch für Sachverhalte im Steuerstrafrecht anzuwenden. Namentlich meint der Gesetzgeber damit insbesondere
- die Vorschriften des Strafgesetzbuches, soweit sie die allgemeine Täterschaft, Grundsätze der Strafzumessung und Strafbarkeit betreffen,
- die Normen der Strafprozessordnung, die vor allem Ermittlung und Beweiserhebung sowie den Ablauf des Gerichtsverfahrens regeln,
- das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), das Aufbau und Zuständigkeit der jeweiligen Gerichte regelt, und
- das Jugendgerichtsgesetz (JGG), das Regelungen zur Anwendung des StGB und der allgemeinen Strafvorschriften auf Personen, die älter als 14 und jünger als 21 Jahre alt sind, enthält.
Zuständig für Einleitung und Durchführung des Steuerstrafverfahrens ist dabei die Finanzbehörde, die die betroffene Steuer verwaltet (§ 387 Absatz 1 AO). Erkenntnisse, die Staatsanwaltschaft oder Finanzamt im Steuerstrafverfahren erlangen, dürfen auch im „normalen“ Besteuerungsverfahren verwertet werden (§ 393 Absatz 3 AO). Die Beamten des Finanzamtes gelten, soweit sie im Ermittlungsverfahren tätig werden, als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Sie haben dieselben Rechte wie die Beamten des Polizeidienstes (§ 402 AO).
Grundsätzlich zuständig für die Anwendung des Steuerstrafrechts ist das jeweilige Finanzamt. „Herrin“ des Verfahrens ist allerdings stets die Staatsanwaltschaft, die das Verfahren entsprechend jederzeit an sich ziehen kann. Eine Abgabe des Falles kann aber auch durch das Finanzamt an die Staatsanwaltschaft erfolgen (§ 386 Absatz 4 AO).

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2.2.1. Für das Steuerstrafverfahren wichtige Vorschriften des StGB
Da die Normen des StGB auch im Steuerstrafrecht eine wichtige Rolle spielen, geben wir einen kurzen Überblick über die praktisch relevantesten Vorschriften. Sie betreffen insbesondere die Einordnung der Täterschaft, die Unterscheidung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz sowie die Grundsätze der sogenannten Strafzumessung.
Täter im Sinne des § 25 Absatz 1 StGB ist, wer die Tathandlung selbst durchführt oder eine andere Person mit der Durchführung beauftragt. Personen, die eine Steuerstraftat gemeinsam begehen, werden als Mittäter bestraft (§ 25 Absatz 2 StGB). Anstifter sind Personen, die eine andere Person zur Durchführung einer Tat auffordern oder motivieren. Sie sind entsprechend des Täters zu bestrafen (§ 26 StGB). Entsprechendes gilt für die Beihilfe zu einer Tat.
Steuerstraftaten können auch durch Unterlassen begangen werden, etwa, indem der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgibt und dadurch eine zu niedrige Schätzung der Einkünfte bewirkt (§§ 370 Absatz 4 Satz 1, 162 AO und 12 Absatz 1 StGB).
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Grob fahrlässiges Handeln liegt vor, wenn dem Täter alle möglichen Folgen seines Handelns von vorne herein bekannt waren oder er sie zumindest abschätzen konnte. Demgegenüber steht der Vorsatz, unter den alle absichtlichen Handlungen fallen. Wer vorsätzlich handelt, möchte mit seiner Handlung bewusst ein bestimmtes Ziel erreichen und ist sich der Strafbarkeit des Vorgehens bewusst (§ 15 StGB).
Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Strafzumessung. Strafmildernde und strafschärfende Umstände sind nach § 46 Absatz 1 und 2 StGB unter anderem:
- Beweggründe und Ziele des Täters
- Gesinnung und Hartnäckigkeit bei der Durchführung der Tat
- Maß der Pflichtwidrigkeit
- Art der Ausführung und Folgen der Handlung
Besondere gesetzliche Milderungsgründe liegen beispielsweise bei einem Irrtum über die Gesetzeswidrigkeit der Handlung vor. Das Gericht kann die Strafe daher zum Beispiel von zehn auf zwei Jahre mildern (§ 49 Absatz 1 Nummer 3 StGB).
2.2.2. Für das Ermittlungsverfahren relevante Normen der StPO
Da den Beamten der Finanzbehörde dieselben Befugnisse wie den Polizeibeamten im Ermittlungsverfahren zustehen, findet insbesondere die StPO Anwendung. Im Steuerstrafrecht steht dabei die Sammlung von Beweisen im Vordergrund; das Gerichtsverfahren unterscheidet sich hingegen nicht nennenswert von „normalen“ Strafverhandlungen. Ermittlungsmaßnahmen sind im achten Abschnitt der StPO, konkret in den §§ 94 bis 111g des Gesetzes, geregelt.
Die Steuerfahndung als Ermittlungsbehörde der Staatsanwaltschaft hat also weitreichende Befugnisse und kann nach § 404 Satz 1 AO in Verbindung mit
- § 94 StPO Beweismittel sicherstellen und beschlagnahmen, insbesondere auch gegen den Willen des Beschuldigten.
- § 98a StPO Fahndungen, auch Rasterfahndungen, durchführen lassen.
- §§ 100 bis 100c StPO das Briefgeheimnis verletzten, den Beschuldigten abhören, Wohnräume überwachen und EDV-Systeme hacken.
- § 110a StPO Verdeckte Ermittler einsetzen, um beispielsweise Banden von innen heraus auszuforschen.
Auch im Steuerstrafrecht ist Abschnitt neun der StPO, der vorläufige Festnahme und Verhaftung regelt, anzuwenden. Über allen Maßnahmen der Finanzbehörde steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sodass das jeweilige Mittel stets zweckmäßig, notwendig und in seiner Intensität angemessen sein muss.
Das Finanzamt kann außerdem Zeugen vorladen und vernehmen, gegebenenfalls auch unter Eid (§§ 48 bis 71 StPO). Für bestimmte Berufsgruppen, im Steuerstrafverfahren insbesondere Steuerberater, gelten dabei Auskunftsverweigerungsrechte und Beschlagnahmeverbote. So ist es der Behörde nach § 97 Absatz 1 StPO beispielsweise untersagt, Unterlagen, die der Steuerberater transportiert, zu beschlagnahmen und entsprechende Erkenntnisse im Strafverfahren zu verwerten.
Der Beschuldigte selbst hat ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 136 Absatz 1 Satz 2 StPO. Er muss zum Sachverhalt keinerlei Angaben machen. Im laufenden Besteuerungsverfahren darf das Finanzamt kein Zwangsgeld festsetzen, wenn es dadurch eine Handlung erzwingen würde, durch die sich der Beschuldigte selbst belasten könnte (§ 393 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 328 AO).
2.2.3. Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes
Sinn und Zweck des Jugendstrafrechts ist es, junge Menschen von der zukünftigen Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Dem Rehabilitationszweck kommt daher eine besonders maßgebende Bedeutung, die von den für „normale“ Erwachsene anzuwendenden Vorschriften teils gravierend abweicht, zu. Die Regelungen des StGB gelten daher nur, soweit sich im Jugendgerichtsgesetz keine abweichenden Normen finden (§ 2 Absatz 2 JGG).
An die Stelle der Freiheitsstrafe tritt die Jugendstrafe als „schärfstes Schwert“ des Gerichtes. Sie bedeutet einen vollständigen Freiheitsentzug für den entsprechenden Zeitraum (§ 17 Absatz 1 JGG). Das Höchstmaß der Jugendstrafe beträgt fünf Jahre für Vergehen und zehn Jahre für Verbrechen (§ 18 Absatz 1 JGG). Was als Vergehen und welche Handlungen als Verbrechen gelten, richtet sich nach § 12 StGB:
- Verbrechen sind Taten, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind
- Vergehen sind Straftaten, für die die Strafandrohung bei weniger als einem Jahr liegt
Maßgebend ist die grundlegende Strafandrohung des Gesetzes; auf bestimmte Milderungsgründe (etwa eingeschränkte Schuldfähigkeit, Geständigkeit oder Beihilfe) kommt es nicht an. Die Steuerhinterziehung ist stets ein Vergehen, da selbst der besonders schwere Fall nur mit einem Mindeststrafmaß von sechs Monaten belegt ist (§ 370 Absatz 3 Satz 1 AO).
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2.3. Rechte und Pflichten des Finanzamtes im Steuerstrafrecht
Dem Grunde nach hat das Finanzamt die Befugnisse der Staatsanwaltschaft, soweit sie das Ermittlungsverfahren selbst durchführt (§ 399 Absatz 1 AO). Nach den Grundsätzen des § 111 AO sind andere Behörden, insbesondere die Polizei, zur Amtshilfe verpflichtet. Relevant ist die Norm etwa bei der Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen, wenn für die Steuerfahnder selbst ein zu hohes Risiko bestünde.
Das Finanzamt, regelmäßig nach außen hin tätig durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle, kann einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls beim zuständigen Gericht stellen. Diese Möglichkeit besteht immer dann, wenn die bislang gesammelten Erkenntnisse einen ausreichenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten. In allen anderen Fällen legt das Finanzamt die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft vor (§ 400 AO).
Soweit die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren durchführt, ist die für das Besteuerungsverfahren zuständige Finanzbehörde zur Teilnahme befugt. Die jeweiligen Bediensteten können beispielsweise Durchsuchungen beiwohnen (§ 403 Absatz 1 Satz 1 AO). Sie wirken außerdem an Zeugenbefragungen mit, soweit sie es wünschen (Sätze 2 und 3).
3. Einleitung, Einstellung und Absehen von der Verfolgung im Steuerstrafverfahren
Ein Steuerstrafverfahren gilt als eingeleitet, sobald eine Ermittlungsbehörde (Finanzamt, Staatsanwaltschaft, Polizei) die erste Maßnahme trifft, die darauf abzielt, gegen eine Person wegen einer Steuerstraftat vorzugehen (§ 397 Absatz 1 AO). Über die Einleitung ist ein Aktenvermerk anzufertigen, außerdem muss der Beschuldigte spätestens dann über sie informiert werden, wenn er Unterlagen vor- oder Tatsachen darlegen soll (§ 397 Absatz 2 und 3 AO).
Die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren sodann entweder weiterbetreiben oder wegen Geringfügigkeit einstellen; insbesondere dann, wenn die erlangten Steuervorteile nur geringfügig sind (§ 398 Satz 1 AO). In besonderen Fällen kann sie außerdem von der Verfolgung absehen, wenn der Steuerpflichtige eine wirksame Selbstanzeige nach § 371 AO abgegeben hat und nur wegen des Überschreitens der EUR-25.000-Grenze (§ 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 AO) eine Strafverfolgung möglich ist. Voraussetzungen hierfür ist allerdings nach § 398a Absatz 1 Nummer 1 und 2 AO, dass
- der gesamte hinterzogene Steuerbetrag zuzüglich der nach § 235 AO anfallenden Zinsen an den Fiskus gezahlt wird, und
- der Steuerpflichtige 10 % bis 20 % der hinterzogenen Steuer zugunsten der Staatskasse entrichtet, wenn der Hinterziehungsbetrag bei weniger als EUR 100.000, über EUR 150.000 und unter EUR 1.000.000 oder über EUR 1.000.000 liegt.
Beispiel: U hat Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 200.000 hinterzogen. Er hat alle Taten durch eine wirksame Selbstanzeige im Sinne des § 371 AO eingeräumt und den hinterzogenen Betrag inklusive Zinsen nachgezahlt. Die Selbstanzeige ist zwar wirksam, sie führt aber nur dann zu einer Strafbefreiung, wenn der hinterzogene Betrag bei maximal EUR 25.000 liegt. Dies ist hier nicht der Fall, die Grenze ist um mehr als das Siebenfache überschritten.
Aber: Der Staatsanwalt kann das Verfahren nach § 398a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b AO einstellen, wenn U 15 % der hinterzogenen Steuer (EUR 30.000) zusätzlich an die Staatskasse zahlt.
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