Die Aufgaben der Steuerfahndung

Was prüft die "Kriminalpolizei" des Finanzamts?

Aufgaben der Steuerfahndung: Ihre Stellung im Strafverfahren

Die Steuerfahndung (Steufa) ist die „Kriminalpolizei der Finanzbehörden“ und arbeitet eng mit den Bußgeld- und Strafsachenstellen zusammen. Nach der Abgabenordnung (AO) und den gemeinsamen Dienstanweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren Steuer (AStBV) sind die Aufgaben der Steuerfahndung dabei zwar überschaubar, ihre Befugnisse jedoch weitreichend. Im Fokus steht stets die Aufklärung von Steuerstraftaten, insbesondere der Steuerhinterziehung.

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Richtiges Verhalten bei der Fahndungsprüfung

In diesem Video zeigen wir, wie Sie sich richtig verhalten, wenn die Steuerfahndung vor der Tür steht.

Inhaltsverzeichnis

1. Grundsätzliche Aufgaben der Steuerfahndung nach § 208 AO

Nach § 208 Absatz 1 Satz 1 AO obliegen der Steuerfahndung (respektive Zollfahndung der Bundesfinanzverwaltung) im Kern folgende Aufgaben:

  • Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten nach den §§ 369 fort folgende AO
  • Ermittlung der (korrekten) Besteuerungsgrundlagen in Fällen einer Steuerstraftat
  • Aufdeckung von und Ermittlung in bislang unbekannten Steuerfällen

Zu den Aufgaben der Steuerfahndung gehört außerdem die Ermittlung im Auftrag oder auf Ersuchen der originär zuständigen Finanzbehörde, etwa, wenn diese keine eigene Fahndungsstelle unterhält oder strafrechtliche Ermittlungen im Einzelfall für geboten hält. Entsprechendes gilt, wenn der Steuerfahndungsstelle bestimmte Tätigkeiten durch behördeninterne oder landesweite Regelungen übertragen wurden (etwa durch Zuständigkeitsverordnungen; ZustV).

Im Steuerstrafverfahren kommt der Steuerfahndung daher eine gewisse „Doppelfunktion“ zu. Denn sie übernehmen einerseits die strafrechtliche Ermittlung, sammeln also Beweise sowie Indizien und werten diese aus. Andererseits sind sie für die Feststellung der zutreffenden Besteuerungsgrundlagen zuständig und nehmen damit der originär zuständigen Veranlagungsstelle des Finanzamtes eine Tätigkeit weg. Letzteres gilt allerdings nur, soweit eine Steuerstraftat im Raum steht.

Praktisch ist daher eine enge Abstimmung zwischen Fahndungs- und Veranlagungsstelle notwendig. Denn auch wenn Besteuerungs- und Strafverfahren grundsätzlich nebeneinander her laufen, gibt es bei umfangreicheren Ermittlungen der Steufa an vielen Stellen Überschneidungen (§ 393 Absatz 1 AO).

Die Steuerfahndung ist eine unselbstständige Dienststelle des jeweiligen Finanzamts. Möglich ist aber auch eine Auslagerung in ein eigenständiges Finanzamt mit eigener Aufbauorganisation, so zu beobachten etwa beim „Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Köln“.

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2. Fahndungsanlass und Beginn der Fahndungsprüfung

Bereits aus dem Kernaufgabenbereich der Steuerfahndung ergibt sich, dass die jeweiligen Stellen nur bei einem konkreten Fahndungsanlass (Anfangsverdacht) Ermittlungen vornehmen. Ein solcher Verdacht geht regelmäßig von der Veranlagungsstelle aus, die bestimmte Verhaltensweisen oder Unstimmigkeiten feststellt – beispielsweise:

  • Erhebliche Abweichungen zwischen Vorauszahlungen und Gesamtsteuer für den entsprechenden Besteuerungszeitraum
  • Offensichtlich unzutreffenderweise gestellte Anträge auf Herabsetzung von Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen
  • Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und sofortige Begleichung der Forderung durch den Steuerpflichtigen

Derartige Umstände und Vorgänge können Aus Sicht der Veranlagungsbeamtin oder des Veranlagungsbeamten Anlass genug für eine Meldung an die zuständige Bußgeld- und Strafsachenstelle sein. Diese führt erste Ermittlungen durch, sammelt Beweise und leitet – insbesondere, wenn Ermittlungen nur innerhalb der Dienststelle wenig erfolgversprechend sind – den Fall zur „Außenprüfung“ an die Steuerfahndung weiter.

Da zu den Aufgaben der Steuerfahndung vorrangig die Ermittlung in Strafsachen gehört, sind die Beamten Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 404 Satz 2 Halbsatz 2 AO). Ihnen stehen alle Befugnisse der Polizei nach der Strafprozessordnung (StPO) zu. Hieraus ergibt sich auch, dass die Fahndungsprüfung keine Außenprüfung im Sinne der §§ 193 bis 203a AO, sondern eine Ermittlungsmaßnahme nach den §§ 94 und 102 StPO (Beschlagnahme von Beweisstücken, Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen) darstellt.

Die Durchsuchung ist dabei regelmäßig der erste Zeitpunkt, zu dem der Beschuldigte von einem gegen ihn laufenden Strafverfahren erfährt. Sie ist zwischen 6 und 21 Uhr zulässig, sofern keine Gefahr in Verzug besteht (§ 104 Absätze 1 und 3 StPO). Ihre Anordnung erfolgt durch richterlichen Beschluss (§ 105 Absatz 1 Satz 1 StPO). Einige Tipps zur richtigen Verhaltensweise bei einer Fahndungsprüfung haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.

3. Einschränkung von Aufgaben der Steuerfahndung durch § 386 AO

Steuerstraftaten sind im Grundsatz „Straftaten wie alle anderen“, beispielsweise eine Körperverletzung oder ein Diebstahl nach dem StGB. Durch die enge Verbindung zwischen laufendem Besteuerungs- und Strafverfahren enthält die AO allerdings bestimmte Zusatzvorschriften, die eintretende Sonderfälle regeln und ausschließlich für Steuerstraftaten wie die Hinterziehung nach § 370 AO gelten.

Dem Grunde nach ist daher auch für die Ermittlung in Steuerstraftaten die Staatsanwaltschaft zuständig. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit wird das Ermittlungsverfahren aber vollständig vom Finanzamt geführt (§ 386 Absatz 2 Nummer 1 AO). Es besteht allerdings jederzeit die Möglichkeit,

  • das Verfahren vonseiten der Finanzbehörde an die Staatsanwaltschaft abzugeben (§ 386 Absatz 4 Satz 1 AO) und
  • das Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft an sich zu ziehen (§ 386 Absatz 4 Satz 2 AO).

Die Einstellungsbefugnis liegt hingegen ausschließlich bei der Staatsanwaltschaft, so etwa in Fällen von Geringfügigkeit (§ 398 AO) und durch Zahlung eines zusätzlichen Geldbetrages bei Steuerhinterziehung (§ 398a AO). Das Finanzamt kann den Erlass eines Strafbefehls unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen (§ 400 AO).

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4. Befugnisse der Steuerfahndung nach der Strafprozessordnung

Die Befugnisse der Finanzbehörde im Steuerstrafverfahren haben wir uns in diesem Artikel bereits genauer angesehen. Daher beschränken wir uns hier auf einen kurzen Abriss zu den Aufgaben und Rechten der Steuerfahndung nach § 404 Satz 1 AO und den entsprechenden Normen der Strafprozessordnung:

  • Entgegennahme von Anzeigen einer Steuerstraftat (§ 158 StPO), insbesondere auch von anonymen Anzeigen außenstehender Dritter
  • Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen, Sachverständigen und deren Vorführung (§ 163a StPO). Die Steuerfahndung hat entsprechend auch auf bestehende Auskunfts- und Aussageverweigerungsrechte hinzuweisen (etwa §§ 55 und 136 Absatz 1 Satz 2 StPO)
  • Vorläufige Festnahme von Beschuldigten, die auf frischer Tat ertappt wurden oder beim Bestehen einer Fluchtgefahr (§ 127 Absatz 1 StPO)
  • Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten (§§ 94, 98 Absatz 1, 102 StPO)

Außerdem besteht die Möglichkeit zur Durchsicht der Papiere des Beschuldigten nach § 404 Satz 2 AO, um zu prüfen, ob eine Sicherstellung zu Beweiszwecken sinnvoll erscheint (§ 110 StPO). „Papiere“ im Sinne der Norm sind dabei nicht nur solche, sondern auch Tonträger, elektronische Speichermedien und Filme.

5. Erlass von Steuerbescheiden aufgrund durchgeführter Ermittlungen

In der Folge einer oder mehrerer Fahndungsprüfungen kommt es regelmäßig zum Erlass

  • geänderter Steuerbescheide,
  • von Zinsfestsetzungen und
  • zur Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe.

Diese Tätigkeiten fallen allerdings nicht unter die Aufgaben der Steuerfahndung, sondern in den Zuständigkeitsbereich der Veranlagungsstelle. Sie erlässt und ändert Bescheide auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen, zu finden im Prüfbericht der Fahndungsstelle. Dieser dient neben den verfahrensrechtlichen Folgen auch als Zusammenfassung für Zwecke der späteren Anklage vor dem Amts- oder Landgericht.

5.1. Änderung bestehender Steuerbescheide

Eine Änderung bereits ergangener Steuerbescheide kommt regelmäßig nach § 172 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c AO (arglistige Täuschung der Behörde) oder § 173 Absatz 1 Nummer 1 AO (neue Tatsachen) in Betracht. Bei Steuerstraftaten gilt eine verlängerte Festsetzungsfrist von zehn Jahren (§ 169 Absatz 2 Satz 2 AO). Außerdem ist der Ablauf der Festsetzungsfrist bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund einer Fahndungsprüfung erlassenen Steuerbescheide gehemmt (§ 171 Absatz 5 AO).

Im geänderten Steuerbescheid stellt das Finanzamt die korrekten Besteuerungsgrundlagen fest. Regelmäßig entsteht dabei eine Nachforderung des Fiskus. Nur in den besonderen Fällen des § 173 Absatz 1 Nummer 2 AO (neben steuererhöhenden stellt das Finanzamt auch steuermindernde Tatsachen fest) kann es zu einer Erstattung kommen.

Beispiel: Die Steuerfahndung stellt fest, dass insgesamt EUR 100.000 an Betriebseinnahmen (Warenverkauf) nicht erfasst wurden. Gleichzeitig hat es der Steuerpflichtige unterlassen, EUR 120.000 an Betriebsausgaben (entsprechender Wareneinkauf) zu erfassen. Nach § 173 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 AO sind nun auch die Betriebsausgaben zu erfassen, sodass sich das zu versteuernde Einkommen des Steuerpflichtigen insgesamt um EUR 20.000 mindert.

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5.2. Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO

Auch die Festsetzung von Hinterziehungszinsen gemäß § 235 AO (0,5 % der hinterzogenen Steuer pro Monat) gehört nicht zu den Aufgaben der Steuerfahndung. Die Veranlagungsstelle erlässt den entsprechenden Bescheid aber aufgrund der jeweiligen Prüfungsfeststellungen.

Der Zinsbescheid ist ein den Steuerbescheiden gleichgestellter Verwaltungsakt über steuerliche Nebenleistungen nach § 1 Absatz 3 und § 3 Absatz 4 Nummer 4 AO.

5.3. Verhängung von Strafen als Aufgabe der Steuerfahndung

Geld- und Freiheitsstrafen werden ausschließlich vom zuständigen Gericht verhängt, Anklagebehörde ist die Staatsanwaltschaft. Zu den Aufgaben der Steuerfahndung gehören aber

  • die Vorbereitung der öffentlichen Klage und das Auftreten als Zeuge,
  • die Beantragung eines Strafbefehls beim zuständigen Gericht und
  • die grundlegende Feststellung über die Strafbarkeit der Handlung, beispielsweise nach § 370 Absatz 1 AO (Steuerhinterziehung im einfachen Fall) oder § 370 Absatz 3 AO (Steuerhinterziehung im schweren Fall).

Nach § 400 AO gilt dabei, dass das Strafbefehlsverfahren Vorrang vor der öffentlichen Klage hat. Das Finanzamt kann den Strafbefehl (§§ 407 fort folgende StPO) daher direkt beim zuständigen Gericht beantragen. Gehen die Ermittler allerdings davon aus, dass es zu einer Hauptverhandlung kommt, legen sie Akten und Ermittlungsergebnisse zunächst der Staatsanwaltschaft vor.

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  1. Einreichung einer strafbefreienden Selbstanzeige beim Finanzamt
  2. Begleitung des gerichtlichen Strafverfahrens im Steuerrecht
  3. Abgrenzung zwischen Steuerstraftat und Steuerordnungswidrigkeit
  4. Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren
  5. Entwicklung individueller Gestaltungsmodelle im internationalen Steuerrecht, beim Unternehmenskauf/-verkauf und bei Umstrukturierungen)
  6. Ausarbeitung von Vermeidungsstrategien für den Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO
  7. Beratung bei komplexen Unternehmensstrukturen (Holdinggesellschaften, Organschaften)

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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