Aufbau und Grundlagen der Abgabenordnung

Was regelt das Verfahrensrecht?

Aufbau der Abgabenordnung: Grundzüge des Verfahrensrechts

Die Abgabenordnung (AO) regelt das gesamte Besteuerungsverfahren und stellt damit ein „Steuergrundgesetz“ dar. Denn ohne die wichtigsten Inhalte und den Aufbau der Abgabenordnung zu kennen, wissen Sie zwar, welche Einkünfte (etwa nach dem EStG) vorliegen, Ihnen fehlt aber das Knowhow zur Geltendmachung der Steueransprüche durch das Finanzamt. Schauen wir uns daher einmal an, wie die AO in ihren Grundzügen strukturiert ist!

Unser Video:
Aufbau der Abgabenordnung

In diesem Video erklären wir, welche Tatbestände und Regelungsinhalte der Abgabenordnung (AO) besonders relevant sind!

Inhaltsverzeichnis

1. Überblick: Aufbau der Abgabenordnung in neun Kapiteln

Mit der Abgabenordnung hat der Gesetzgeber ein dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) an vielen Stellen ähnelndes „Steuergrundgesetz“ geschaffen. Es gilt ausschließlich für Steuern, Steuervergütungen und steuerliche Nebenleistungen (§ 1 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 AO). Keine Anwendung findet die AO hingegen auf sonstige Verwaltungsverfahren, etwa im Bußgeld-, Bau- und Familienrecht.

Im Umkehrschluss sind auch die Normen des VwVfG für das Besteuerungsverfahren ohne Bedeutung, soweit die AO nicht ausdrücklich auf diese Vorschriften verweist (§ 2 Absatz 2 Nummer 1 VwVfG). Der Aufbau der Abgabenordnung lässt sich dabei im Wesentlichen in neun Kapiteln darstellen:

  • Grundlegender Aufbau, Anwendbarkeit und Zweck der AO (§§ 1 bis 15 AO)
  • Allgemeine Grundsätze der Besteuerung (§§ 16 bis 68 AO)
  • Verwaltungsakte (§§ 118 bis 133 AO)
  • Festsetzung und Festsetzungsverjährung (§§ 155 bis 171 AO)
  • Korrekturvorschriften (§§ 172 bis 177 AO)
  • Einspruchsverfahren (§§ 347 bis 367 AO)
  • Haftungsrecht (§§ 69 bis 77 und §§ 191 bis 192 AO)
  • Steuererhebungsverfahren (§§ 218 bis 248 AO)
  • Vollstreckungsverfahren (§§ 249 bis 346 AO)

Beim Aufbau der Abgabenordnung von einem „einfachen“ Gesetz zu sprechen, wäre bereits aufgrund der schieren Menge an Vorschriften falsch. Daher widmen wir jedem der genannten Kapitel einen eigenen Beitrag mit tiefergehenden Informationen. Heute werfen wir lediglich einen groben Blick auf die einzelnen Inhalte.

2. Aufbau der AO, Besteuerungsgrundsätze und Verwaltungsakte

Vor allem im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen kommt dem Aufbau der Abgabenordnung eine große Bedeutung zu. Selbiges gilt für kleine, aber bedeutende Details innerhalb der Besteuerungsgrundsätze, wobei auch der Begriff des Verwaltungsakts häufig der sprichwörtliche Knackpunkt sein kann.

2.1. Allgemeines zur Abgabenordnung

Die Abgabenordnung gehört als allgemeines Verfahrensgesetz zum formellen Recht und steht damit neben den materiell-rechtlichen Vorschriften der Einzelsteuergesetze. Die wesentlichen Unterschiede stellen sich wie folgt dar:

  • Formelles Recht (AO, VwVfG, StPO): Sie regeln die Durchsetzung der Ansprüche, die sich aus Einzelsteuergesetzen (EStG, UStG, GrEStG) ergeben. Ohne die AO wäre das materielle Recht nutzlos, da dem Fiskus zwar die jeweiligen Steuerbeträge (etwa nach § 32a EStG) zustehen, es aber an einem einheitlichen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren fehlt
  • Materielles Recht: Einzelsteuergesetze gehören zum materiellen Recht. Sie normieren, nach welchen Tatbeständen, wann und in welcher Höhe ein Steueranspruch entsteht. Wie dieser Anspruch dann am Ende durchgesetzt wird, schreibt die Abgabenordnung vor

Ohne ein steuerartenübergreifendes Verfahrensrecht müsste der Gesetzgeber die Einzelsteuergesetze selbst mit entsprechenden Normen ausstatten. Daher regelt die AO beispielsweise, dass ein Steueranspruch stets mittels Steuerbescheid festgesetzt wird. Sie normiert außerdem, wer die Steuer schuldet und wann deren Fälligkeit eintritt. Zusätzlich sieht sie ein einheitliches Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren vor.

Beispiel: Unternehmer U erzielt EUR 100.000 an Umsätzen (§ 10 Absatz 1 Satz 1 UStG). Hierauf fallen EUR 19.000 Umsatzsteuer an (§ 12 Absatz 1 UStG). Das Finanzamt setzt den Anspruch mittels Steuerbescheid fest (§ 218 Absatz 1 AO). Da der Unternehmer seine offene Steuerschuld einen Monat zu spät entrichtet, fallen Säumniszuschläge von EUR 190 an (§ 240 Absatz 1 Satz 1 AO).

Denken wir uns in diesem Beispiel alle Normen des UStG weg, gäbe es für die Abgabenordnung keinen Anknüpfungspunkt im materiellen Steuerrecht mehr.

2.2. Besteuerungsgrundsätze nach der AO

Zum Aufbau der Abgabenordnung gehören auch die in den §§ 16 bis 68 AO enthaltenen Besteuerungsgrundsätze, die unter anderem folgende Regelungen umfassen:

  • Sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden nach § 16 AO in Verbindung mit dem Finanzverwaltungsgesetz (FVG). Es regelt beispielsweise, dass für die Einkommensteuer die Landes- und für die Tabaksteuer die Bundesfinanzverwaltung zuständig ist
  • Örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes nach den §§ 17 bis 22 AO (relevant etwa bei der Unterscheidung zwischen Wohnsitzfinanzamt für die Einkommensteuer und Betriebsstättenfinanzamt für die gesonderte Feststellung oder Umsatzbesteuerung)
  • Vorgehensweise bei Gefahr im Verzug, mehrfacher örtlicher Zuständigkeit und Zuständigkeitswechsel durch Umzug
  • Wahrung des Steuergeheimnisses durch Amtsträger und entsprechende Ausnahmen (§§ 30 fort folgende AO)

Zusätzlich regelt § 37 Absatz 1 AO, welche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen können. In § 37 Absatz 2 AO ist das Verfahren bei ohne rechtlichen Grund gezahlten Steuern und Steuervergütungen normiert. Beispiel: Rückforderung von Kindergeld, da die Anspruchsvoraussetzungen nur in 10 von 12 Monaten vorlagen.

Die §§ 43 bis 45 AO regeln die Steuerschuldnerschaft, und zwar zum einen

  • bei der Einzelveranlagung und
  • bei der Zusammenveranlagung

sowie zum anderen in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge. Insoweit verweist die AO auf § 1922 BGB und die dort zu findenden Grundsätze der Erbfolge.

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2.3. Verwaltungsakte im Aufbau der Abgabenordnung

Der Begriff des Verwaltungsaktes spielt beim Aufbau der Abgabenordnung eine Kernrolle. Nach § 118 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt

  • jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme,
  • die eine Behörde (§ 6 AO)
  • zur Regelung eines Einzelfalles
  • auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes trifft und
  • die unmittelbare Rechtswirkung nach außen,

etwa gegenüber der steuerpflichtigen Person, entfaltet. Steuerbescheide sind stets Verwaltungsakte (§ 155 Absatz 1 Satz 2 AO). Ein Verwaltungsakt kann mit verschiedenen Nebenbestimmungen (zum Beispiel einem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO) verbunden werden. Eine solche Nebenbestimmung wird unmittelbarer Teil des Bescheides selbst und entfaltet damit ebenfalls eine rechtliche Bindungswirkung für beide Seiten (§ 120 Absatz 2 AO).

Fehlt es an einer der Tatbestandsvoraussetzungen des § 118 AO, ist ein Verwaltungsakt kein solcher mehr. Damit fallen zum Beispiel Miet- oder Lieferverträge, die Finanzämter mit Unternehmen schließen, in den Bereich des privaten Vertragsrechts. Derartige Vereinbarungen sind keine Verwaltungsakte.

Nur gegen Verwaltungsakte ist der Einspruch statthaft, außerdem ist ein solcher Voraussetzung für den Beginn der Vollstreckung. Ein Verwaltungsakt wird nach § 122 Absatz 1 Satz 1 AO an den Beteiligten (§ 78 AO) bekannt gegeben. Dies ist in der Regel der Steuerpflichtige selbst, die Bekanntgabe kann aber auch an die Steuerkanzlei oder einen anderen Bevollmächtigten erfolgen.

3. Festsetzung, Korrekturnormen und Einspruch im Aufbau der Abgabenordnung

Nach dem weitgehend allgemeinen Teil im Aufbau der Abgabenordnung geht es nun ans „Eingemachte“. Denn im Rahmen von Festsetzung, Korrektur und Einspruch finden

  • die erstmalige Festsetzung einer Steuer,
  • die Korrektur bereits erlassener Bescheide,
  • die Verjährung und damit der Wegfall von Änderungsmöglichkeiten, und
  • das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren

statt. Schauen wir uns auch hier wieder die wichtigsten Eckdaten und Grundlagen an, bevor wir in separaten Beiträgen näher auf die Thematik eingehen!

3.1. Festsetzung mit und ohne Nebenbestimmungen  

Steuern im Sinne des § 3 AO, zu denen auch Steuervergütungen und Nebenleistungen gehören, setzt das Finanzamt mittels Steuerbescheid fest (§ 155 Absatz 1 Satz 1 AO). Auf diese Weise kann es die Festsetzung einer Steuer auch ablehnen. Sofern für einen Steuerbescheid ein Grundlagenbescheid bindend ist (§ 182 Absatz 1 AO), darf das Finanzamt den Steuerbescheid bereits erlassen, auch wenn der Grundlagenbescheid noch aussteht.

Beispiel: Unternehmer U hat seine Einkommensteuererklärung bereits abgegeben. Das Finanzamt könnte den Einkommensteuerbescheid erlassen, der Feststellungsbescheid eines anderen Finanzamtes steht aber noch aus. Nach § 155 Absatz 2 AO erfolgt der Erlass des Einkommensteuerbescheides, die Änderungen aufgrund der gesonderten Feststellung erfolgen später nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO.

Steuerbescheide sind stets schriftlich oder elektronisch zu erteilen. Sie müssen angeben, wer die Steuer schuldet und in welcher Höhe sie anfällt. Darüber hinaus ist eine Rechtsbehelfsbelehrung notwendig (§ 356 Absatz 1 AO). Gegebenenfalls ist eine Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung möglich.

Mit den §§ 164 und 165 AO finden Sie im Aufbau der Abgabenordnung zwei gängige Nebenbestimmungen, die häufig in Steuerbescheiden auftauchen:

  • Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO): Durch einen VdN bleibt der Bescheid insgesamt „offen“. Änderungen sind jederzeit möglich, wobei die Nebenbestimmung mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist wegfällt (§ 164 Absatz 4 Satz 1 AO). Hebt das Finanzamt den Vorbehalt auf, etwa nach einer Außenprüfung, scheidet eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 AO aus
  • Vorläufige Festsetzung (§ 165 AO): Eine Vorläufigkeit wird – anders als der Vorbehalt der Nachprüfung – nur punktuell gesetzt (§ 165 Absatz 1 Satz 1 AO, Begriff „soweit“). Die vorläufige Festsetzung betrifft dann beispielsweise die Anerkennung einer bestimmten Gestaltung oder noch laufende Verfahren vor dem BVerfG

3.2. Korrekturvorschriften in der AO

Die Korrekturvorschriften der §§ 129 und 172 bis 177 AO greifen, soweit eine Änderung nicht bereits durch eine Nebenbestimmung (§§ 164 und 165 AO) möglich ist. Dabei sind im Aufbau der Abgabenordnung vor allem die folgenden Normen, die eine Änderung des Bescheides zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen zulassen, von Bedeutung:

  • Offenbare Unrichtigkeiten nach § 129 AO: Hierunter fallen insbesondere „mechanische Versehen“ wie Tipp- und Rechenfehler, die dem Finanzamt unterlaufen. Auch die versehentlich unterbliebene Auswertung von Unterlagen fällt unter § 129 AO. Explizit ausgenommen sind Fehler bei der Auslegung von Rechtsnormen (AEAO zu § 129, Randziffer 2)
  • Schlichte Änderung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstaben a, c und d AO: Eine solche Änderung ist zugunsten des Steuerpflichtigen nur innerhalb der Einspruchsfrist möglich. Sie ist etwa dann relevant, wenn lediglich Unterlagen nachgereicht oder Begründungen vorgebracht werden (Buchstabe a). Buchstabe c der genannten Norm betrifft Verwaltungsakte, die durch anglistische Täuschung des Finanzamtes erwirkt wurden
  • Neue Tatsache nach § 173 AO: Neue Tatsachen sind solche, die dem Finanzamt bei der erstmaligen Veranlagung unbekannt waren. Ermittlungsfehler (etwa durch unsauberes Auswerten von Unterlagen durch den Veranlagungsbeamten) ermöglichen keine Änderung nach § 173 AO (AEAO zu § 173, Randziffer 4). Typischerweise kommt § 173 Absatz 1 AO bei Außenprüfungen zur Anwendung
  • Widerstreitende Steuerfestsetzung nach § 174 AO: Diese Norm betrifft Sachverhalte, die zu Unrecht in mehreren Bescheiden erfasst wurden. Außerdem findet sie Anwendung auf Fälle, in denen mehrere Finanzämter davon ausgingen, der entsprechende Sachverhalt sei bereits in einem anderen Bescheid berücksichtigt worden
  • Grundlagenbescheide und rückwirkende Ereignisse nach § 175 AO: Der Erlass oder die Änderung eines Grundlagenbescheides bewirkt, wie auch der Eintritt eines Ereignisses mit Rückwirkung in die Vergangenheit, eine Änderung nach § 175 Absatz 1 Satz 1 AO

Abschließend normiert § 177 AO betragsmäßige Ober- und Untergrenzen für die Änderung von Steuerbescheiden.

3.3. Aufbau der Abgabenordnung: Festsetzungsfristen und Verjährung

Die §§ 169 bis 171 AO regeln alles, was Sie zur Verjährung von Änderungsmöglichkeiten wissen sollten. Dabei gilt dem Grunde nach eine Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 AO), die sich im Falle von Steuerordnungswidrigkeiten und -straftaten auf fünf respektive zehn Jahre verlängert (Satz 2). Nach Ablauf dieser jeweils geltenden Festsetzungsfristen ist eine Änderung oder Aufhebung der Festsetzung (§§ 129 bis 131 und §§ 164, 165 und 172 bis 177 AO) ausgeschlossen.

Die Festsetzungsfrist von regelmäßig vier Jahren beginnt nach § 170 Absatz 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer (etwa nach § 36 EStG und § 13 UStG) entstanden ist. Im Falle einer Abgabeverpflichtung (etwa durch Tätigkeiten im Sinne der §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG) beginnt die Frist erst mit Ende des Kalenderjahres, in dem die Erklärung abgegeben wurde (§ 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 AO).

Der reguläre Ablauf der Festsetzungsfrist ist nach § 171 AO gehemmt, wenn bestimmte Ereignisse eintreten. Im Aufbau der Abgabenordnung besonders relevant sind hier vor allem:

  • Entscheidung über einen Einspruch oder eine Klage (§ 171 Absatz 3a AO). Während das Einspruchs- oder Klageverfahren läuft, gilt eine vollumfängliche Ablaufhemmung
  • Beginn einer Außenprüfung (§ 171 Absatz 4 AO), wenn das Finanzamt vor dem originären Ende der Festsetzungsfrist mit Prüfungshandlungen beginnt
  • Stellung einer Selbstanzeige im Sinne des § 371 AO (§ 171 Absatz 9 AO)
  • Erlass eines Grundlagenbescheides, auch wenn dieser nach dem Ende der Festsetzungsfrist erfolgt (§ 171 Absatz 10 Satz 1 AO)
  • Eintritt eines Erbfalles; die Festsetzungsfrist endet frühestens sechs Monate nach Annahme des Nachlasses durch die Erben (§ 171 Absatz 12 Alternative 1 AO)

3.4. Das Einspruchsverfahren nach §§ 347 fort folgende AO

Im Aufbau der Abgabenordnung – genauer gesagt in deren siebenten Teil – ist das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren (Einspruch) geregelt. Bei ihm handelt es sich um die letzte Instanz innerhalb des Finanzamtes, bevor Steuerpflichtige Einwände nur noch im Wege der Klage vor dem Finanzgericht geltend machen können (§ 47 Absatz 1 FGO). Der Einspruch hindert den Eintritt der formellen und materiellen Bestandskraft des jeweiligen Verwaltungsaktes (AEAO vor § 347, Randziffer 1).

Es gilt der Grundsatz der Auslegung (§ 133 BGB). Das Finanzamt geht im Zweifel stets von einem Einspruch aus, auch wenn dieser zum Beispiel als „Antrag“, „Schreiben“ oder „Widerspruch“ bezeichnet ist.

Der Einspruch ist dabei statthaft gegen Verwaltungsakte in Abgabenangelegenheiten, auf die die AO Anwendung findet (§ 347 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 2 AO). Er muss innerhalb einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe (§ 122 AO) beim Finanzamt eingehen (§ 355 Satz 1 AO). Für die Berechnung der Frist gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 187 und 188 BGB. Steuerpflichtige haben den Einspruch schriftlich oder elektronisch einzulegen (§ 357 Absatz 2 Satz 1 AO).

Das Einspruchsverfahren

  • wird von der Behörde geführt, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat (§ 367 Absatz 1 Satz 1 AO),
  • führt zu einer vollständigen Neuüberprüfung des Bescheides, was auch eine nachteilige Änderung bedingen kann (§ 367 Absatz 2 Satz 1 und 2 AO), und
  • endet mit einer Einspruchsentscheidung, soweit das Finanzamt dem Anliegen des Steuerpflichtigen nicht abhilft (§ 367 Absatz 2 Satz 3 AO).

Gegen Einspruchsentscheidungen sind keine Einsprüche mehr möglich (§ 348 Nummer 1 AO).

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4. Aufbau der AO: Erhebung, Haftung und Vollstreckung

Werfen wir abschließend eine Blick auf die Normen der AO, die im Steuerverwaltungsverfahren regelmäßig ebenfalls „am Ende“ stehen. Während die Erhebung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis alle Steuerpflichtigen betrifft, sind Haftung und insbesondere Vollstreckung nur in Ausnahmefällen relevant. Dies wird bereits aus dem Aufbau der Abgabenordnung, in dem die genannten Vorgänge an die uns bereits bekannten Grundnormen anknüpfen, deutlich.

4.1. Erhebung von Steueransprüchen durch das Finanzamt

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis macht das Finanzamt durch Steuerbescheid geltend (§ 218 Absatz 1 Satz 1 AO). Bereits geleistete Zahlungen sind anzurechnen; der sogenannte Anrechnungsbescheid kann mit dem Steuerbescheid verbunden werden (§ 218 Absatz 2 AO). Dies gilt auch für die Zahlungsaufforderung, wobei sich die Fälligkeit der Steuerschuld nach dem Einzelsteuerrecht richtet (§ 220 Absatz 1 AO).

Der Anspruch der Finanzbehörde verjährt fünf Jahre nach seiner Entstehung (Zahlungsverjährung; § 228 Satz 1 und 2 AO). Bei Steuerstraftaten verlängert sich diese Frist auf zehn Jahre.

Die zu zahlende Steuer erhöht respektive vermindert sich gegebenenfalls um

  • Verspätungszuschläge bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung,
  • Säumniszuschläge nach § 240 AO bei verspäteter Zahlung der Steuerschuld und
  • Zinsen, soweit gesetzlich vorgeschrieben, nach § 233a AO.

„Klassische“ Verzinsungstatbestände sind etwa bei Stundungen und Hinterziehungen erfüllt. Eine Verzinsung zugunsten des Steuerpflichtigen kann sich ergeben, wenn dieser seine Steuererklärung – mangels Verpflichtung zur Abgabe berechtigterweise – erst 15 Monate nach dem Ende des Veranlagungszeitraums oder später abgibt.

4.2. Haftungstatbestände in der Abgabenordnung

Soweit nach § 128 BGB, einem Einzelsteuergesetz oder einer AO-Norm eine Person für die Steuerschuld eines Anderen haftet, greift § 191 AO. Nach § 191 Absatz 1 Satz 1 AO nimmt das Finanzamt die jeweilige Person durch schriftlichen Haftungsbescheid in Anspruch.

Mögliche Haftungstatbestände im Aufbau der Abgabenordnung sind dabei:

  • Haftung eines Vertreters (§ 69 Satz 1 AO): Ein Vertreter im Sinne der §§ 34 und 35 AO (insbesondere Erziehungsberechtigte) haftet bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Handlung. Voraussetzung ist, dass eine geschuldete Steuer (§ 37 AO) nicht, nicht rechtzeitig oder nicht in voller Höhe festgesetzt wurde
  • Haftung des Steuerhinterziehers (§ 71 AO): Wer Steuern hinterzieht (§ 370 AO), haftet für die hinterzogene Steuer und sämtliche Nebenleistungen, vor allem Zinsen, die zu Unrecht gewährt wurden
  • Haftung des Betriebsübernehmers (§ 75 AO): Die Übernehmerin oder der Übernehmer eines Unternehmens haftet für bestehende Steuerschulden. Diese Haftung ist auf den Wert des übernommenen Vermögens beschränkt (§ 75 Absatz 1 Satz 2 AO)

4.3. (Zwangs-) Vollstreckung im Aufbau der Abgabenordnung

Im Aufbau der Abgabenordnung haben wir uns nun viele relevante Aspekte rund um Entstehung und Zahlung von Steuerschulden angesehen. Praktisch geht eine reine Verpflichtung zur Zahlung aber ins Leere, wenn die Finanzbehörde keine Möglichkeit hat, auch gegen den Willen des Zahlungspflichtigen auf dessen Vermögen zuzugreifen.

Entsprechend gibt es auch im Steuer(-verfahrens-)recht den Weg der Zwangsvollstreckung. Nach § 251 Absatz 1 Satz 1 AO ist sie möglich, wenn aktuell keine Aussetzung der Vollziehung – § 361 Absatz 1 AO – besteht. Gegenstand der Vollstreckung ist ein Verwaltungsakt, der eine Geldforderung, Handlung, Duldung oder Unterlassung bewirken soll (§ 249 Absatz 1 Satz 1 AO).
Das Finanzamt darf mit der Vollstreckung beginnen, wenn

  • die Leistung fällig ist,
  • der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert wurde und
  • seit dieser Aufforderung mindestens eine Woche vergangen ist (§ 254 Absatz 1 AO).

Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (Bar- und Buchgeld, Forderungen, Fahrzeuge, et cetera) erfolgt im Wege der Pfändung (§ 281 Absatz 1 AO). Für alles Weitere sind die folgenden Normen der AO und die Vollstreckungsanweisung (VollStrA; Anhang 36 zum AO-Handbuch) maßgeblich. Insbesondere muss auch das Finanzamt alle Pfändungsbeschränkungen der Zivilprozessordnung (Pfändungsfreibetrag, Unpfändbarkeit bestimmter Gegenstände) beachten.

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