Störung der Geschäftsgrundlage im Schenkungsteuerrecht
Das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage hat auch im Schenkungsteuerrecht Bedeutung. Demnach kann eine Schenkung rückabgewickelt werden. Folge der Rückabwicklung ist auch das Erlöschen der Schenkungsteuer. Denkbar ist dies beispielsweise, weil die Parteien von einer geringeren Steuerlast ausgegangen sind. Die Voraussetzungen, die für die Rückabwicklung erfüllt sein müssen, sind jedoch eng. Diese erklären wir in diesem Beitrag. Zudem erklären wir, wie Sie diese engen Voraussetzungen umgehen können.
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Inhaltsverzeichnis
1. Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
In Folge der Schuldrechtsreform gibt es seit dem 01.01.2002 das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage kodifiziert in § 313 BGB. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind in § 313 BGB und §§ 346 ff. BGB enthalten.
Nach § 313 Absatz 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden. Ist die Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einer Partei nicht zumutbar, so besteht gemäß § 313 Absatz 3 BGB ein Rücktrittrecht. Dies ist aber an gewisse Voraussetzungen geknüpft.
- Die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, müssen sich nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben. Gemäß § 313 Absatz 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch herausstellen.
- Die Parteien dürfen den Vertrag nicht oder nur mit einem anderen Inhalt geschlossen haben, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten.
- Zudem darf einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere bei vertraglicher oder gesetzlicher Risikoverteilung das Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden.
2. Störung der Geschäftsgrundlage im Schenkungsteuerrecht
2.1. Bedeutung der Störung der Geschäftsgrundlage und Rechtsfolge
Die Störung der Geschäftsgrundlage ist auch im Schenkungsteuerrecht von erheblicher Bedeutung. § 313 Absatz 2 BGB ist in Fällen wichtig, in denen unerwartete Steuerlasten aus der Schenkung resultieren, ohne dass dafür ausdrücklich Vorsorge getroffen worden ist.
Ist eine Anpassung des Vertrags dabei nicht möglich oder einem Teil des Schenkungsvertrags nicht zumutbar, so kann nach § 313 Absatz 3 BGB der benachteiligte Teil von dem Vertrag zurücktreten. Es besteht dann ein gesetzliches Rücktrittsrecht. Ist der Rücktritt berechtigt, so erlischt die Schenkungsteuer nach Maßgabe des § 29 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG.
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2.2. Einschränkende Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11.11.2009 nochmal klargestellt, dass die Grundsätze zur Störung der Geschäftsgrundlage im auch im Schenkungsteuerrecht zu berücksichtigen sind. Dabei stellte der BFH auch einschränkende Voraussetzungen auf. Demnach sind Grundlage des Vertrags nur die Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut. Sie dürfen jedoch nicht eigentlicher Vertragsinhalt geworden sein, müssen aber bei Vertragsschluss zu Tage getreten sein. Einseitige Vorstellungen einer Partei sind nur dann Grundlage des Vertrags, wenn sie für die andere Partei erkennbar waren und von ihr nicht beanstandet wurden.
Aus diesen Einschränkungen ergibt sich, dass konkrete Vorstellungen der Vertragsparteien über das Entstehen und die Höhe der Steuer objektiv erkennbar sein müssen. Erkennbar sind Vorstellungen über die Steuerlast dann nicht, wenn den Parteien das Entstehen der Steuer als möglich erscheint, sie die Steuerlast dann aber nicht durch eine steuerliche Beratung konkretisieren. Zudem liegt die Voraussetzung dann nicht vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten überhaupt keine Gedanken über das Entstehen der Steuer machen.
Weitere Voraussetzung ist nach Rechtsprechung des BFH, dass die Vorstellungen der Parteien eine maßgebende Bedeutung haben. Ferner muss es zu einer erheblichen Abweichung der tatsächlich entstandenen Schenkungsteuer von der erwarteten Steuer kommen.
3. Achtung: Darauf müssen Sie unbedingt achten
Wie dargelegt sind die Voraussetzungen dafür, dass Steuerpflichtige wegen unvorhergesehenen Steuerlasten ein Schenkungsvertrag rückabwickeln können, sehr hoch. Es ist daher zwingend geboten, bei der Ausgestaltung eines Schenkungsvertrags darauf zu achten, dass unvorhergesehenen Steuerfolgen mit einem vertraglichen Rückforderungsrecht des Schenkers begegnet werden kann. Das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage ist demgegenüber mit Blick auf die tatsächlich und rechtlichen Unsicherheiten sowie der restriktiven Handhabung durch die Finanzgerichte nur eine Notlösung.
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