Schenkung und Erbschaft – sachliche Steuerpflicht im ErbStG
Erbschaften und Schenkungen unter Lebenden unterliegen nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) der Erbschaftsteuer. Sie beträgt zwischen 7 % und 50 %, wobei sich die konkrete Höhe des Steuersatzes nach dem Gesamtwert des Erwerbs richtet. Außerdem spielt die Steuerklasse des Erwerbers eine Rolle. Wir werfen einen Blick auf die Grundlagen des ErbStG und zeigen, was Erbschaft und Schenkung im steuerlichen Sinne sind.
Unser Video:
Einführung in die Erbschaftsteuer
In diesem Video erklären wir die Grundzüge der Erbschaftsteuer und schauen uns Erbschaft und Schenkung etwas genauer an.
Inhaltsverzeichnis
1. Gesetzliche Grundlagen – Erbschaft und Schenkung im Zivilrecht
Das ErbStG knüpft an vielen Stellen an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an. Dies betrifft insbesondere die sachliche Steuerpflicht nach § 1 ErbStG. Die Vorschrift regelt, welche Rechtsvorgänge der Besteuerung unterliegen. Dabei sind vor allem Erbschaft und Schenkung (§ 1 Absatz 1 Nummer 1 und 2 ErbStG) relevant.
Beide Vorgänge behandelt der Gesetzgeber in fast allen Punkten identisch. Hintergrund ist die Vermeidung von Steuerumgehungen durch Vorabschenkungen. Als Vater oder Mutter könnten Sie Ihr Vermögen vor Ihrem Ableben ohne steuerliche Belastung an die eigenen Kinder verschenken. Im Erbfall selbst wäre dann kein oder nur noch niedriges Vermögen vorhanden, das gegebenenfalls sogar die Freibeträge unterschreitet.
In §§ 3 und 7 ErbStG sind die Begriffe „Erbschaft” sowie “Schenkung“ näher definiert. In der Regel verweist das ErbStG dabei auf das BGB, wodurch auch Vorgänge der Erbschaftsteuer unterliegen, die man nicht sofort mit ihr in Verbindung bringen würde.
2. Überblick: Erbschaft, Schenkung und vergleichbare Tatbestände
Die sachliche Steuerpflicht ist in den §§ 3 bis 8 ErbStG abschließend geregelt. Sie umfasst insbesondere Erbschaft und Schenkung, aber auch Ansprüche aufgrund von Zugewinnausgleichen sowie Vor- und Nacherbschaften. Schauen wir uns also
- klassische Erbschaften,
- Vor- und Nacherbschaften,
- Schenkungen,
- fortgesetzte Gütergemeinschaften und
- Zugewinngemeinschaften
einmal aus erbschaftsteuerlicher Sicht an!
2.1. Die „klassische Erbschaft“
Die reguläre Erbschaft wird im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht als „Erwerb von Todes wegen“ bezeichnet. Sie ist in § 3 Absatz 1 und 2 ErbStG normiert. Unter diese Form des Erwerbs fallen insbesondere die folgenden Handlungen und Rechtsvorgänge:
- Erwerb durch Erbanfall nach § 1922 BGB, der auch geltend gemachte Pflichtteile und Vermächtnisse (§§ 2303 und 2147 BGB) umfasst
- Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall nach § 2301 BGB. Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Erwerber und Übergeber des Vermögens, die eine Schenkung im Zeitpunkt des Todes auslöst (Schenkungsvertrag unter aufschiebender Bedingung nach § 158 Absatz 1 BGB)
- Vermögensvorteile jeglicher Art, die ein Dritter aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages erwirbt
Jegliche Vermögenswerte, die aus Anlass des Todes einer natürlichen Person auf einen anderen Menschen oder eine Gesellschaft übergehen, fallen unter die Erbschaft- sowie Schenkungsteuer. Steuerschuldner ist nach § 20 Absatz 1 ErbStG die erwerbende Person. Erwerben mehrere Personen das Vermögen, teilen sie sich die Steuerschuld entsprechend der geerbten Anteile, § 20 Absatz 2 ErbStG.
2.2. Vor- und Nacherbschaft
Vor- und Nacherbschaft sind in den §§ 2100 fort folgende BGB geregelt, auf die sich das Steuerrecht mit § 6 ErbStG unmittelbar bezieht. Nach § 2100 BGB kann der Erblasser die Erbfolge durch Testament in der Weise bestimmen, dass zunächst eine „Person A“ Erbe wird die das Vermögen erst bei ihrem Tod an “Person B” weitervererbt. A wäre hier Vor-, B Nacherbe. Für Zwecke der Erbschaftsteuer wird zunächst der Vorerbe betrachtet; die Behandlung dieser Erbschaft ist typisch.
Erst beim Übergang des Vermögens vom Vor- auf den Nacherben gelten einige Besonderheiten. Denn grundsätzlich ist hier das Verhältnis zwischen Vorerbe und Nacherbe maßgeblich (insbesondere für Steuerklassen und Freibeträge). Der Nacherbe kann nach § 6 Absatz 2 Satz 2 ErbStG allerdings beantragen, dass für Zwecke der Erbschaftsteuer sein Verhältnis zum früheren Erblasser zugrunde gelegt wird.
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2.3. Schenkungen
Neben den Erbschaften spielen auch die Schenkungen, entsprechend geregelt in § 7 ErbStG, eine entscheidende Rolle. Die Vorschrift ist sehr umfangreich, da der Gesetzgeber hier viele Lücken, die eine steuerfreie Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ermöglichen könnten, mitunter erst nach vielen Jahren geschlossen hat. Konkret fallen folgende Handlungen unter den Begriff der Schenkung (§ 7 Absatz 1 Nummer 1 bis 10 und Absatz 5 bis 7 ErbStG):
- Freigebige Zuwendungen unter lebenden Personen, soweit beim Übernehmer des Vermögens eine Be- und beim Übergeber eine Entreicherung stattfindet (Wortlaut „auf Kosten des Zuwendenden“), anknüpfend an § 516 BGB
- Erfüllung von Auflagen und Bedingungen des Schenkers, sofern keine entsprechende Gegenleistung gewährt wird
- Abfindungen für einen Erbverzicht nach §§ 2346 und 2352 BGB
- Abfindungen für aufschiebend bedingt erworbene Ansprüche, soweit nicht bereits eine Besteuerung im Rahmen des Erwerbs von Todes wegen nach § 3 Absatz 2 Nummer 5 ErbStG stattfindet
Sie erkennen am immer wieder genutzten Wort “soweit”, dass eine Schenkung nur in der Höhe, in der der Wert der Gegenleistung den Wert des übertragenen Vermögens unterschreitet, vorliegt.
Beispiel: Sie verschenken einen Oldtimer im Wert von EUR 120.000 an eine dritte Person. Als Gegenleistung erhalten Sie ein anderes Fahrzeug, das einen gemeinen Wert von EUR 30.000 hat. Der Wert der Schenkung beträgt EUR 90.000, da die Vermögensübertragung insoweit unentgeltlich erfolgt. Abzüglich des Freibetrags nach § 16 Absatz 1 Nummer 7 ErbStG von EUR 20.000 sind EUR 70.000 der Schenkungsteuer zu unterwerfen.
2.4. Erbschaft und Schenkung bei Güter- und Zugewinngemeinschaft
Wird eine Gütergemeinschaft nach §§ 1483 fort folgende BGB nach dem Tod eines Ehegatten fortgesetzt, wird dessen Anteil für Zwecke der Erbschaftsteuer so behandelt, als wäre er ausschließlich den Abkömmlingen (Kindern) zugefallen, § 4 Absatz 1 ErbStG. Der dem Kind zugefallene Anteil, der bei dessen Tod im Wege der Erbschaft einer anderen Person zufällt, unterliegt dann als Nachlass der regulären Erbschaftsteuer (§ 4 Absatz 2 ErbStG).
Waren die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, fällt der Zugewinnausgleich im Todesfall dem überlebenden Partner zu. Dieser gilt insoweit nicht als Erwerb von Todes wegen, als er auch zu Lebzeiten (insbesondere bei Scheidung der Ehe) geltend gemacht werden könnte. Nach § 5 Absatz 2 ErbStG ist ein Ausgleich nach § 1371 BGB stets steuerfrei.
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3. Steuerklassen bei Erbschaft und Schenkung – § 15 ErbStG
Die Steuerklasse des Erwerbers ist neben Freibeträgen auch für die prozentuale Höhe der Erbschaft- sowie Schenkungsteuer von Bedeutung. Je nachdem, ob eine Erbschaft oder eine Schenkung vorliegt, gelten nach § 15 Absatz 1 ErbStG folgende Steuerklassen:
- Steuerklasse I: Ehegatte und Lebenspartner, Kinder und Stiefkinder, Enkel sowie Eltern und Voreltern, letztere aber nur bei Erwerben von Todes wegen
- Steuerklasse II: Eltern und Großeltern, soweit nicht in Steuerklasse I, Geschwister und deren Geschwister, Stief- und Schwiegereltern sowie Stief- und Schwiegerkinder
- Steuerklasse III: alle übrigen Erwerber und Zweckzuwendungen
Nach § 15 Absatz 1a ErbStG ist ein Erlöschen der Verwandtschaft durch Adoption unschädlich, leibliche Eltern bleiben also stets begünstigt.
4. Höhe der Steuer nach § 19 ErbStG
Die Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer (Prozentsatz vom gesamten Erwerb, keine Progressionszonen) richtet sich gemäß § 19 Absatz 1 ErbStG nach der aktuell gültigen Tabelle. Die Steuer beträgt dabei zwischen 7 % und 50 % des Erwerbs, wobei Sie nach § 14 Absatz 1 ErbStG alle Erwerbe innerhalb der letzten 10 Jahre zusammenrechnen.
Beachten Sie den Härteausgleich nach § 19 Absatz 3 ErbStG. Auch hier gibt es eine Tabelle, diese finden Sie in den Erbschaftsteuer-Richtlinien (H E 19 ErbStR).
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