Der Güterstand im Familien- und Erbrecht: Zugewinngemeinschaft, Gütergemeinschaft, Gütertrennung
Im Rahmen der Eheschließung können sich Ehegatten per Ehevertrag auf einen Güterstand einigen. Unterlassen sie dies, dann gilt grundsätzlich die gesetzliche Zugewinngemeinschaft. Jedoch können die Eheleute eine hiervon abweichende Regelung durch Ehevertrag schließen, sodass man sich auf eine Gütergemeinschaft oder Gütertrennung als gesetzliche Varianten oder eine selbst bestimmte Vereinbarung einigt. Allerdings hat gerade die Zugewinngemeinschaft im Fall der Beendigung der Ehe bedeutende Konsequenzen, da es hierdurch zu einem Zugewinnausgleich zwischen den Ehegatten kommt. Insbesondere bei einer damit zusammenhängenden Erbschaft ist dies von Bedeutung. Doch kann dieser Zugewinnausgleich auch als Gestaltungsmodell im Rahmen einer Güterstandsschaukel zur steuerfreien Übertragung von Vermögen von einem Ehepartner auf den anderen von Nutzen sein.
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Inhaltsverzeichnis
1. Das Güterrecht und der Güterstand
1.1. Der Rechtsrahmen zum Güterstand
Das Güterrecht ist ein Rechtsaspekt, der die Vermögensverhältnisse der Eheleute regelt. Güterstand ist also ein Oberbegriff für die Vermögensverhältnisse in der Ehe. Dabei unterscheidet man zwischen den gesetzlich definierten Formen, in denen ein Güterstand vorliegen kann, und den Wahlgüterständen, die von gesetzlichen Vorgaben abweichen.
Durch Vollziehen der Eheschließung vor dem Standesamt begründen die frisch vermählten Ehegatten einen gemeinsamen Güterstand. Sollten sie dabei keinen gesonderten Ehevertrag mit einer abweichenden Regelung schließen, so gilt automatisch das gesetzlich definierte Güterrecht der Zugewinngemeinschaft. Durch Ehevertrag könnten die Ehegatten einen anderen Güterstand gemeinsam vereinbaren, beispielsweise eine Gütertrennung oder Gütergemeinschaft.
Mit dem Ende einer Ehe durch Trennung oder dem Ableben eines Ehepartners endet auch ihr bis dahin geltender Güterstand. Durch diese Auflösung des Güterstands können weitreichende Folgen auftreten, die unter Umständen auch auf die Erbschaft Auswirkungen entfalten.
1.2. Güterstand bei ausländischen Ehen
Bei der Bestimmung zum Güterstand von Eheleuten spielt auch deren Staatsbürgerschaft eine Rolle. Selbstverständlich gilt unter deutschen Eheleuten prinzipiell das deutsche Güterrecht. Falls jedoch mindestens einer der Ehepartner eine andere als die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, dann gibt es grundsätzlich auch die Möglichkeit den Rechtsrahmen zum Güterstand des jeweiligen Auslands zu wählen. Allerdings können abweichend davon auch Vereinbarungen getroffen, die das deutsche Recht auf ihren Güterstand anwenden.
Außerdem kann auch der gewöhnliche Aufenthaltsort einer der Eheleute bei der Wahl zum Güterstand ausschlaggebend sein. Denn wenn zum Beispiel zwei deutsche Ehepartner ins Ausland auswandern, dann können sie auch die dort geltenden Regeln zum Güterstand für sich in Erwägung ziehen.
1.3. Ehen und Lebenspartnerschaften: Gleichstellung
Auch wenn das Gesetz und wir hier eben so durchgehend von Ehen im klassischen Sinne sprechen, so behandelt man bei Fragen zum Güterstand eingetragene Lebenspartnerschaften wie Ehen. Denn sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich sind Lebenspartnerschaften grundsätzlich den Ehen gleichgestellt. Der Einfachheit halber sprechen wir daher weiterhin nur von Ehen.
1.4. Behandlung von Immobilien im Güterstand
Außerdem gilt bei Immobilien im Vermögen der Eheleute eine weitere Besonderheit. Denn wenn die Immobilie im Ausland liegt, dann können die Eheleute hierzu eine separate Absprache zum Güterstand treffen, wobei das Recht in Bezug auf den Güterstand des Belegenheitsstaates ebenfalls zur Auswahl steht.
2. Güterstand der Zugewinngemeinschaft
Die Zugewinngemeinschaft ist die gesetzliche Grundregelung für Ehegatten, wenn diese keinen abweichenden Güterstand durch Ehevertrag vereinbaren (§ 1408, § 1363 BGB). Die Güter der Ehegatten bleiben grundsätzlich in der Ehe getrennt. Jeder Ehegatte bleibt daher Inhaber und Eigentümer des ihm bei Eintritt in den Güterstand gehörenden Vermögen. Es besteht kein gemeinsames Vermögen, sofern keine Begründung von Miteigentumsverhältnisse erfolgt. Jedoch findet im Zeitpunkt des Todes eines Ehegatten oder im Zeitpunkt der Scheidung der Ehe ein Zugewinnausgleich statt. Durch die Zugewinngemeinschaft wird also kein gemeinsames Vermögen wie beispielsweise in einer Gütergemeinschaft ausgelöst.
2.1. Der Zugewinnausgleich in der Zugewinngemeinschaft
Zugewinnausgleich bedeutet, dass die Vermögensmehrungen bei jedem Ehegatten einzeln festgestellt werden und diese dann miteinander verglichen werden. Die Differenz der beiden Zugewinne wird dann auf die Ehegatten aufgeteilt (§ 1363 II S.2 BGB). Bei Beendigung des Güterstands erhält der Ehegatte mit dem kleineren Zugewinn eine Ausgleichsforderung gegen den anderen Ehegatten in Höhe des hälftigen Unterschiedsbetrags zwischen den jeweiligen Zugewinnen. Die Zugewinne berechnen sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Vermögen am Anfang der Ehe und dem Vermögen am Ende der Ehe. Es ist aber auch möglich durch eine Nebenabrede beziehungsweise Vertrag einzelne Güter von der Zugewinngemeinschaft auszunehmen.
2.2. Beispiel zum Zugewinnausgleich: Berechnung
A und B heiraten im Jahr 2010. Im Jahr 2020 lassen Sie sich wieder scheiden. A hat zum Beginn der Ehe ein Vermögen in Höhe von EUR 100 und am Schluss der Ehe ein Vermögen in Höhe von EUR 330. B hat zum Beginn der Ehe ein Vermögen in Höhe von EUR 60 und am Schluss der Ehe ein Vermögen in Höhe von EUR 80.
Der Zugewinn für A beträgt EUR 230 (EUR 330 – EUR 100) und für B liegt ein Zugewinn in Höhe von EUR 20 (EUR 80 – EUR 60) vor. A hat hier einen deutlich höheren Zugewinn während der Ehe gehabt und ist B somit zum Ausgleich (Zugewinnausgleich) verpflichtet.
Als nächstes muss der Überschuss beziehungsweise die Differenz der Zugewinne festgestellt werden. A hat einen Überschuss des Zugewinns in Höhe von EUR 210 (EUR 230 – EUR 20). Davon muss A die Hälfte als Ausgleich an B übertragen, also beträgt der Zugewinnausgleich EUR 105.
Also haben A und B nach dem Zugewinnausgleich folgende Vermögensverhältnisse: A verfügt über ein Vermögen von EUR 225 und B über ein Vermögen von EUR 185.
Zu beachten ist, dass für das Anfangsvermögen auch ein Inflationsausgleich hinzuzuziehen ist. Erbschaften erhöhen zugleich das Anfangsvermögen des jeweiligen Ehegatten, sodass diese effektiv nicht in den Zugewinnausgleich einbezogen werden.
2.3. Zugewinnausgleich ist von der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer ausgenommen
Der Zugewinnausgleich ist ein entgeltlicher Rechtsanspruch, der entsteht, wenn die Zugewinngemeinschaft endet. Dabei fällt keine Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer an, weil § 5 ErbStG hierin keine Erbschaft oder Schenkung erkennt. Dabei ist es unerheblich auf welche Weise das Ende der Zugewinngemeinschaft eintritt.
Diesen Umstand kann man im Rahmen eines Gestaltungsmodells nutzen. Denn mit der sogenannten Güterstandsschaukel sind Eheleute in der Lage durch das Herbeiführen eines Zugewinnausgleichs Vermögen untereinander steuerfrei zu übertragen.

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3. Güterstand der Gütertrennung
Auch die Gütertrennung (§ 1414 BGB) stellt einen familienrechtlichen Güterstand dar. Aber im Gegensatz zur Zugewinngemeinschaft sind hier die Vermögen der Ehegatten getrennt zu behandeln. Um von der gesetzlichen Grundform, der Zugewinngemeinschaft, zur Gütertrennung zu wechseln, müssen die Ehegatten gemeinsam einen notariell beurkundeten Ehevertrag unterzeichnen. Eine Wirkung des Ehevertrages kommt Dritten gegenüber nur zustande, wenn der Ehevertrag im Güterrechtsregister eingetragen ist.
Aufgrund der Trennung der Vermögen der Ehegatten wird hier bei Beendigung der Ehe kein Zugewinnausgleich oder ähnliches vorgenommen. Man behandelt die Vermögen also schlicht und einfach getrennt. Somit bleibt das Vermögen, über das jeder Ehepartner zu Beginn der Ehe verfügte sowie jenes, das er im Laufe der Ehe hinzugewann, allein ihm zugeordnet.
4. Güterstand der Gütergemeinschaft
In einer Gütergemeinschaft (§ 1415 BGB) behandelt man die Vermögen der Ehegatten grundsätzlich als ein gemeinsames Vermögen. Es ist also ein sogenanntes Gesamtgut. Darüber hinaus kann jeder Ehegatte zusätzlich noch über Vorbehaltsgut und Sondergut verfügen. Insgesamt liegen also 5 verschiedene Vermögensmassen vor. Das von beiden Ehegatten gemeinschaftlich zu verwaltende Vermögen ist also Teil des Gesamtgutes (§ 1416 BGB).
Ähnlich wie auch die Gütertrennung, muss auch hier ein notariell beurkundeter Ehevertrag vereinbart werden. Der Ehevertrag entwickelt Dritten gegenüber nur eine Wirkung, wenn er in das Güterrechtsregister eingetragen ist.
4.1. Vorbehaltsgut in der Gütergemeinschaft
Zum Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB) zählen Güter, welche durch Ehevertrag vom Gesamtgut ausgeschlossen wurden, sowie Erbschaften und Schenkungen, welche nicht dem Gesamtgut zugeordnet werden sollen (Bestimmung erfolgt durch Erblasser/Schenker). Die Güter im Vorbehaltsgut werden vom jeweiligen Ehegatten selbständig und auf eigene Rechnung verwaltet.
4.2. Sondergut in der Gütergemeinschaft
Das Sondergut (§ 1417 BGB) besteht aus Gegenständen und Rechten, welche nicht veräußert oder übertragen werden können. Hierzu zählen zum Beispiel Nießbrauchrechte.

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5. Erbrecht: Ehegatten in der Erbschaft
In der Erbschaftsteuer ist die Erbfolge in einer geraden Linie (Großeltern, Eltern, Kinder) besonders geschützt. Die Freibeträge bei einer Erbschaft auf die Kinder sind am höchsten. Erben können grundsätzlich nur mit dem Erblasser verwandte Personen. Durch die Ehe entsteht zwischen den Ehegatten ein besonderes Verwandtschaftsverhältnis. Es ist daher kaum verwunderlich, dass das Gesetz dem überlebenden Ehegatten bei der Erbschaft eine bevorrechtigte Stellung zugesteht.
5.1. Erbfolge: Grundsatz
Grundsätzlich ist es so, dass die Erbberechtigten das Erbe nach Köpfen teilen. Sollte ein Ehegatte sterben und noch zwei Kinder bestehen, so würde der überlebende Ehegatte sowie jedes der Kinder ein Drittel der Erbschaft erhalten.
5.2. Bevorrechtigung des Ehegatten und Zugewinnausgleich
Die überlebenden Ehegatten sind im Erbrecht gesondert geschützt, weswegen überlebende Ehegatten eine besondere erbrechtliche Rolle erhalten.
Der überlebende Ehegatte erhält einen Erbanteil in Höhe von 25 % vorab. Die restlichen 75 % werden dann unter den übrigen Erbberechtigten aufgeteilt. Bei zwei Kindern würde also der überlebende Ehegatte 50 % (25 % nach § 1931 Absatz 1 BGB + 25 % nach § 1931 Absatz 3, § 1371 BGB) bekommen und jedes Kind 25 % der Erbschaft.
Da durch den Tod des Ehegatten auch gleichzeitig die Ehe als beendet gilt, würde dem überlebenden Ehegatten nun (möglicherweise) ein Zugewinnausgleich zustehen. Der Zugewinnausgleich wird aber regelmäßig dadurch erfüllt, dass ebendiese 25 % vorab des Ehegatten berücksichtigt und gewährt wird (§ 1371 Absatz 1 BGB).
5.3. Eheverträge: Gütergemeinschaft und Gütertrennung im Erbrecht
Da die Güterstände (Gütergemeinschaft und Gütertrennung) jeweils einen notariell beurkundeten Ehevertrag erfordern, werden in diesem meist auch direkt eigene vertragliche Erbfolgen festgelegt. Die vertraglichen Regelungen sind also individuell und meist abweichend vom Gesetz. Jedoch besteht auch bei der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung für den überlebenden Ehegatten grundsätzlich eine besondere erbschaftsrechtliche Rolle (§ 1932 BGB).
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