Die Steuerpflicht ist die wichtigste Grundlage für die Anwendung des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ohne das Vorliegen der unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht würden sich Studium und praktische Arbeit eines Steuerberaters wahrscheinlich auf maximal ein Drittel der Inhalte reduzieren. Bevor wir uns also mit einzelnen Einkunftsarten und dem Einkommen beschäftigen, sollten uns die Grundsätze der Steuerpflicht bekannt sein.

Unser Video:
Die unbeschränkte Steuerpflicht nach dem EStG

In diesem Video erklären wir, wie Sie die unbeschränkte Steruerpflicht prüfen.

Inhaltsverzeichnis

1. Die unbeschränkte Steuerpflicht

Auch der Gesetzgeber hat die Wichtigkeit der unbeschränkten Steuerpflicht erkannt und sie daher unübersehbar in § 1 Absatz 1 EStG geregelt. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind demzufolge natürliche Personen, die im Inland

haben. Bei beiden Formulierungen handelt es sich um „unbestimmte Rechtsbegriffe“, mit denen sich neben dem Finanzministerium auch schon zahlreiche Gerichte beschäftigen mussten.

1.1 Der Wohnsitz

Der steuerliche Wohnsitz ist nach § 8 Abgabenordnung (AO) als sogenannte „Schlüsselgewalt“ definiert. Ein Wohnsitz, und damit die unbeschränkte Steuerpflicht, liegen also dann vor, wenn Sie dauerhaft Zugang zu einem Haus oder einer Wohnung haben. Es kommt nicht darauf an, dass Sie Ihre Schlüsselgewalt tatsächlich ausüben. Außerdem spielt keine Rolle, ob Sie sich tatsächlich in Deutschland aufhalten.

Beispiel: Sie haben Ihr Elternhaus verlassen und sind nach Österreich verzogen. Ihren Hausschlüssel haben Sie behalten und dadurch dauerhaft Zugang zum Haus Ihrer Eltern. Die unbeschränkte Steuerpflicht ist nach dem EStG gegeben.

1.2 Der gewöhnliche Aufenthalt

Für gewöhnlich prüfen Sie den gewöhnlichen Aufenthalt erst, nachdem Sie einen Wohnsitz verneint haben. Die dazugehörige Vorschrift ist § 9 AO und gewissermaßen als Auffangtatbestand ausgestaltet.

Beim gewöhnlichen Aufenthalt handelt es sich um den „Mittelpunkt der Lebensinteressen“. Anhaltspunkte sind dabei das soziale Umfeld, mögliche Mitgliedschaften in Vereinen, zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilien und natürlich Partnerschaften.

Beispiel: Sie haben Ihren ausschließlichen Wohnsitz in Wien, da Sie dort studieren. Gleichzeitig führen Sie eine Fernbeziehung nach Deutschland, fahren wöchentlich zurück und besuchen auch Ihre Familie vor Ort. Die Mehrheit Ihrer Freundschaften besteht ebenfalls in Deutschland. Hier lassen sich gute Argumente für einen gewöhnlichen Aufenthalt und damit eine unbeschränkte Steuerpflicht finden.

Halten Sie sich für mehr als sechs Monate an einem bestimmten Ort auf, vermutet der Gesetzgeber in § 9 Satz 2 AO dort den gewöhnlichen Aufenthalt. Kurzfristige Unterbrechungen (zum Beispiel durch Urlaube) bleiben unberücksichtigt, der Aufenthalt gilt dann also weiterhin als zusammenhängend. Diese gesetzliche Fiktion ist unwiderlegbar, wohl aber, welche Unterbrechungen als „kurzfristig“ anzusehen sind.

Haben Sie Fragen zur
Steuerpflicht?

Unsere Kanzlei hat sich hierauf besonders spezialisiert. Vereinbaren Sie jetzt Ihren Beratungstermin mit unseren Steuerberatern und Rechtsanwälten:

2. Sonderformen der Steuerpflicht nach dem EStG

In den meisten Fällen ist die Abgrenzung zwischen „Steuerpflicht“ und „fehlender Steuerpflicht“ nach den Kriterien für Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt klar. Allerdings wären wir nicht im deutschen Steuerrecht, wenn es keine Ausnahmen und Sonderfälle gäbe. Namentlich sind das an dieser Stelle die erweiterte unbeschränkte und die beschränkte Steuerpflicht.

2.1 Die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht

Den etwas sperrigen Begriff der „erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht“ hat der Gesetzgeber in § 1 Absatz 2 EStG normiert. Diese Sonderform der unbeschränkten Steuerpflicht liegt vor, wenn Sie

Die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht umfasst allerdings neben dem genannten Arbeitslohn das gesamte Welteinkommen. Ein deutscher Diplomat (Beamter des Auswärtigen Amtes und damit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts), der ausschließlich in den USA lebt und dort auch eine Immobilie vermietet, muss diese Einkünfte ebenfalls in Deutschland versteuern.

2.2 Die beschränkte Steuerpflicht

Mit der beschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 4 EStG erfasst der Gesetzgeber all diejenigen Fälle, in denen weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt. Um den „steuerlichen Bezug“ zu Deutschland herzustellen, unterliegen nur inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG der Besteuerung. Dazu gehören zum Beispiel:

Im Umkehrschluss erfasst das EStG ausländische Einkünfte nur im Rahmen der unbeschränkten, nicht aber bei der beschränkten Steuerpflicht.

3. Option zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 3 EStG

Eine Rückausnahme zu § 1 Absatz 4 EStG finden Sie in Absatz 3. Dort ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen sich eine beschränkt steuerpflichtige Person als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln lassen kann (Wahlrecht zur fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht). Steuerpflichtige, die natürliche Personen sind und mindestens 90 Prozent ihrer Einkünfte im Inland erzielen, können hiervon Gebrauch machen.

Das Wahlrecht besteht für jedes Kalenderjahr erneut, eine Ausübung bindet also nicht für zukünftige Veranlagungen.

Der praktische Nutzen des § 1 Absatz 3 EStG ist durchaus beachtlich. Denn beschränkt Steuerpflichtige unterliegen mit ihren inländischen Einkünften zwar der deutschen Einkommensteuer, können auf der anderen Seite aber keine Sonderausgaben abziehen. Im Wohnsitzstaat wäre dieser Abzug zwar möglich, er geht aber ins Leere, da es am Einkommen scheitert (dieses wurde ja schon in Deutschland versteuert).

3. Welche Einkünfte unterliegen der Steuerpflicht?

Im EStG gilt – wie in allen anderen Steuergesetzen – dass nur solche Einkünfte unter die Steuerpflicht fallen, die das Gesetz explizit regelt. Dieser Grundsatz betrifft sowohl die unbeschränkte als auch die beschränkte Steuerpflicht.

Zu den sogenannten Gewinneinkünften gehören dabei:

Maßgeblich ist hier der Gewinn, den Sie nach den Grundsätzen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder des Betriebsvermögensvergleichs (Bilanzierung) ermitteln.

Zusätzlich gibt es die Überschusseinkünfte, bei denen am Ende der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu versteuern ist:

Wichtige Vorschriften: Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt (§§ 8,9 AO), Steuerpflicht (§§ 1,1a EStG), Einkommen (§ 2 EStG)

Steuerberater für Einkommen- und Körperschaftsteuer

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung auch im Bereich der unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht spezialisiert. Hierbei schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Internationales Steuerrecht – Privat

  1. Erläuterungen zur unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht in Deutschland und weltweit
  2. Informationen zum Steuerrecht in ausländischen Steuerregimen (zum Beispiel Malta, Österreich, USA

GmbH

  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
  3. Steueroptimierung bei Gewinnausschüttungen (Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren)