Perpetual Traveler

Gewöhnlicher Aufenthalt als Kriterium bei der Besteuerung

Perpetual Traveler: Lebensmittelpunkt und gewöhnlicher Aufenthalt als Kriterium bei der Besteuerung

Perpetual Traveler sind Personen, die durch einen besonderen Lebensstil auffallen: permanentes Reisen. Ein Nebeneffekt, den viele Perpetual Traveler dabei zumindest sekundär anstreben, ist die Vermeidung einer Besteuerung, sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Ausschlaggebend dabei ist, dass man nur für eine bestimmte Zeit an einem Ort verweilt. Denn wenn man zwar viel ins Ausland reist, sich aber aus steuerrechtlicher Sicht dennoch mehr als 183 Tagen an einem Ort im Inland aufhält, gilt dies als der gewöhnliche Aufenthalt. Also entscheidet dieses Kriterium über die grundlegende Frage nach der Steuerpflicht. Andererseits kann auch jemand, der weniger als 183 Tage im Jahr im Inland verweilt, in Deutschland steuerpflichtig sein. In diesem Fall entscheidet die Existenz eines Lebensmittelpunkts über die Steuerpflicht. So ist dies beispielsweise der Fall, wenn man zur eigenen Familie zurückkehrt oder die Schlüsselgewalt über einen Wohnraum hat. Sogar wenn keine Meldepflicht im Inland besteht, kann diese Bedingung dennoch erfüllt sein.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf das Thema Internationales Steuerrecht spezialisiert. Dabei interessieren uns auch Konzepte, bei denen die Verlagerung des Geschäftsbetriebs oder des privaten Lebensmittelpunkts ins Ausland im Vordergrund stehen. Auf Grund der aktuellen Relevanz durch eine zunehmende mediale Berichterstattung zu diesem Thema haben wir mehrere Beiträge hierzu publiziert:

Datum

Thema

10.07.2020

Perpetual Traveler: Lebensmittelpunkt und gewöhnlicher Aufenthalt als Kriterium bei der Besteuerung (dieser Beitrag)

13.07.2020

Beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland 

22.07.2020

Funktionsverlagerung und Funktionsverdoppelung im Internationalen Steuerrecht

Unser Video:
React – Das geht? Dieser Mann zahlt keine Steuern

Im Video erklären wir Ihnen die Vorteile & Nachteile der gewerblichen Prägung einer klassischen GmbH & Co. KG und die Möglichkeiten der Vermeidung.

1. Definition der Perpetual Traveler

1.1. Was ist ein Perpetual Traveler?

Für viele Menschen ist die Vorstellung einer fortwährenden Weltreise sehr verlockend. Einige Idealisten betrachten sich als Weltenbummler, weil sie sich als Einwohner dieser globalisierten Welt verstehen. Nationalitäten und Landesgrenzen sind für diese Kosmopoliten Konzepte aus vergangenen Zeiten, denen sie dennoch nach wie vor bei ihren Reisen ständig begegnen. Andere wiederum reisen aus steuerlichen Motiven unentwegt von Land zu Land. Für permanent Reisende mit solchen oder ähnlichen Motiven, ist im Englischen der Begriff Perpetual Traveler gemünzt worden.

1.2. Steuerpflicht – eine Frage des Wohnsitzes?

All diese außergewöhnlichen Personen haben eine Gemeinsamkeit: sie verfügen über keinen festen Wohnsitz – weder im Inland noch im Ausland. Doch in manchen Fällen ist dies nur durch eine genauere Analyse verifizierbar. Weil jedoch der Wohnsitz sowie vergleichbare Sachverhalte über die Steuerpflicht einer Person entscheiden, ist diese Frage für Perpetual Traveler oftmals von hoher Relevanz. Wiederum sehr oft ist ihnen der steuerrechtliche Rahmen, in dem sie sich in ihrer Situation befinden, eher unklar. Darüber hinaus gilt dies auch für viele Auswanderer. Daher widmen wir unseren Beitrag dem Thema Rund um Ansässigkeit, Aufenthalt und Lebensmittelpunkt aus steuerrechtlichem Blickwinkel.

Allerdings können auch andere Personen, die aufgrund ihres Berufs ständig um die Welt reisen, unter Umständen Gegenstand einer eingehenden Analyse hinsichtlich ihrer Steuerpflicht im Inland sein. So sind zum Beispiel Angehörige der Handelsmarine oder international tätige Handelsvertreter davon betroffen. Deshalb schließen wir auch ihre Situation bei unseren Betrachtungen mit ein.


2. Gesetzlicher Rahmen zur Steuerpflicht in Deutschland

Selbstverständlich umfasst unser Artikel lediglich die Auswirkungen der Kriterien Ansässigkeit, gewöhnlicher Aufenthalt und Lebensmittelpunkt auf die Steuerpflicht bei einem Perpetual Traveler aus Sicht deutscher Steuergesetze. Allerdings gelingt dies nur dann, wenn auch Faktoren einfließen, die im Ausland relevant sind. Schon gleich die erste wichtige Bedingung, die wir beleuchten wollen, ist auch in den meisten anderen Ländern der Welt von gleicher Bedeutung.

2.1. Wohnsitz und Ansässigkeit

2.1.1. Steuerrecht und Melderecht sind in Deutschland unabhängig voneinander

Hierbei spielt der Wohnsitz eine zentrale Rolle. Denn wer einen Wohnsitz in einem Land hat, der kann dort auch als ansässig gelten. Wem hierzu der Einwand kommt, dass dies ja auch für Ferienwohnungen zutrifft, liegt dabei sogar richtig. Doch ist zumindest im deutschen Steuerrecht der Wohnsitz als der Ort zu verstehen, an dem man hauptsächlich zu wohnen gedenkt. Daher unterscheidet man auch im Melderecht zwischen einem Hauptwohnsitz und einem Zweitwohnsitz.

In diesem Zusammenhang ist noch ein weiterer Hinweis zum rechtlichen Begriff Wohnsitz erforderlich. Denn der Wohnsitz ist in Deutschland Gegenstand gleich mehrerer wichtiger Gesetze. So trifft man in § 8 AO in steuerrechtlicher Hinsicht auf ihn, während er in einer ähnlichen Definition auch in das Sozialversicherungsgesetz Eingang gefunden hat. Und natürlich ist er, wie gesagt, auch Gegenstand des Melderechts, wenn auch mit einer eigenen Definition, die im Steuerrecht irrelevant ist.

2.1.2. Und das Melderegister kann doch von steuerlicher Bedeutung sein

2.1.2.1. Verifizierung der Ansässigkeit eines Auswanderers im Ausland

Davon ausgehend versteht man, dass ein Perpetual Traveler keinen Wohnsitz hat. Im Gegensatz dazu tauscht ein klassischer Auswanderer einfach seinen inländischen gegen einen ausländischen Wohnsitz. Versäumt man jedoch vor dem Umzug beim Meldeamt die Aufgabe des alten, inländischen Wohnsitzes anzugeben, dann kann dies dazu führen, dass man in Deutschland weiterhin als steuerpflichtig angesehen werden kann. Hier hilft meist der Nachweis der Meldebehörde im Ausland, um diesen Sachverhalt zu klären.

2.1.2.2. Perpetual Traveler sind ohne Ansässigkeit

Wenn jedoch ein Perpetual Traveler vor seiner endgültigen Abreise aus Deutschland vergessen sollte, sich beim Meldeamt abzumelden, dann fehlt ihm später die Möglichkeit, nachzuweisen, dass er stattdessen im Ausland ansässig und somit dort steuerpflichtig war. Schließlich ist der Perpetual Traveler ja zumeist ohne festen Wohnsitz. Somit sind sie auch in keinem Land tatsächlich ansässig. In dieser Situation dürfte die Finanzverwaltung darauf beharren, ihn auch weiterhin als steuerpflichtig anzusehen. Denn auch wenn kein direkter Zusammenhang zwischen dem Melderecht und dem Steuerrecht besteht, kann die Finanzbehörde eine offiziell im Melderegister bestehende inländische Adresse eines Perpetual Traveler als hinreichenden Hinweis für einen Wohnsitz in Deutschland und somit für eine Steuerpflicht im Inland erachten.

2.2. Was ist der gewöhnliche Aufenthalt eines Perpetual Traveler?

Eine weitere Bedingung, die darüber entscheiden kann, ob jemand in einem bestimmten Land steuerpflichtig ist, wird durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt. In der deutschen Abgabenordnung ist er als ein prinzipiell zeitlich zusammenhängender Aufenthalt über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr definiert (§ 9 AO). Dabei gilt dies auch, selbst wenn kurzzeitige Auslandsaufenthalte in diesen Zeitraum fallen. Selbst wenn man also von einem Schaltjahr ausgeht und halbiert die Anzahl seiner Tage, dann kommt man auf einen Zeitraum von 183 Tagen. Also sollte ein Perpetual Traveler, der vermeiden möchte in Deutschland als steuerpflichtig zu gelten, darauf achten, dass er keinesfalls diese Kriterien erfüllt.

Darüber hinaus ist die rechtliche Bestimmung zum gewöhnlichen Aufenthalt in sehr allgemeiner Form gehalten. Dies erlaubt auch die Verwendung einer alternativen Bedingung, um die Steuerpflicht einer Person im Inland zu bestimmen. Damit ist der Begriff Lebensmittelpunkt gemeint, den wir im folgenden Abschnitt in den Fokus rücken.

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2.3. Welche steuerlich Rolle der Lebensmittelpunkt bei einem Perpetual Traveler spielt

2.3.1. Steuerliche Relevanz des Lebensmittelpunkts

2.3.1.1. Lebensmittelpunkt – mehr als Heimweh

Im Grunde definiert der Gesetzgeber den gewöhnlichen Aufenthalt als den Ort, für den man aufgrund unterschiedlicher, unbestimmter Hinweise ganz allgemein vermuten kann, dass eine Person mit ihm mehr als nur ein kurzzeitiges Interesse an einem Aufenthalt verbindet. Mit einem Wort ist dies der Lebensmittelpunkt. Dazu gehört neben der Familie oder einer festen Freundschaft oder Partnerschaft auch die Möglichkeit, sich zu diesem Wohnort jederzeit Zutritt zu verschaffen. Demnach spielt es in dieser Hinsicht keine Rolle, ob jemand weder in Deutschland noch im Ausland einen regulären Wohnsitz hat oder ob er stets kürzer als 183 Tage am Stück im Jahr vor Ort verweilt. Selbst der Umstand, dass im Ausland ein regulärer Wohnsitz vorliegt, kann hierbei in manchen Fällen nur eingeschränkt als Gegenargument fungieren. Somit reicht schon dieses besondere Interesse an einem Ort in Deutschland, an den man gelegentlich zurückkehrt, um eine Steuerpflicht im Inland zu begründen.

2.3.1.2. Wenn ein Wohnraum zum Lebensmittelpunkt wird

Dabei ist dieser Ort als ein in Deutschland gelegener Wohnraum zu verstehen. Dazu reichen im Grunde schon vier Wände und alles, was man zum Übernachten braucht, aus, um daraus einen steuerpflichtigen Sachverhalt entstehen zu lassen. Denn wenn man sich jederzeit und unabhängig von anderen Personen Zutritt zu diesem Wohnraum verschaffen kann, dann ist auch dies steuerlich relevant. Schließlich ist damit, trotz des sonst üblichen Lebens auf Reise, ein Ort sichergestellt, zu dem man jederzeit zurückkehren kann. Wer also tatsächlich als Perpetual Traveler sein Leben der ganzen Welt zugewandt verbringen möchte, der sollte es aus steuerlicher Sicht vermeiden, einen solchen Ort zum gelegentlichen oder späteren Rückzug bereitzuhalten.

Und was für Perpetual Traveler gilt, ist auch in anderen, vergleichbaren Situationen steuerlich von Bedeutung. So ist das Vorhandensein eines Lebensmittelpunkts in Deutschland auch bei der Planung einer mehrjährigen Weltreise (zum Beispiel per Segelboot) oder eines längeren Studienaufenthalts im Ausland steuerlich relevant. Es kann aber selbst Auswanderer treffen, die meinen, dass mit einem Wohnsitz im Ausland die Steuerpflicht in Deutschland automatisch erlischt.

2.3.2. Beispiel zur steuerlichen Bedeutung des Lebensmittelpunkts

Tatsächlich führte genau dieser Umstand dazu, dass ein legendärer deutscher Tennisspieler, trotz gegenteiliger Motive, aus Sicht der Finanzverwaltung über viele Jahre hinweg als im Inland steuerpflichtig galt. Denn er verfügte über einen Schlüssel, mit dem er sich jederzeit und unabhängig von anderen Zutritt zu einem einzelnen Wohnraum in Deutschland verschaffen konnte. Zwar gehörte dieser Wohnraum der Schwester des Tennisprofis, doch war das für die Finanzverwaltung, die erst einige Zeit später von diesem geheim gehaltenen Ort erfuhr, eher noch eine Bestätigung ihrer Auffassung, dass hierbei Steuerhinterziehung vorlag. Denn obwohl der Beschuldigte offiziell angab, seinen Wohnsitz in Monaco zu haben, lag sein Lebensmittelpunkt weiterhin in München. So ist die allgemeine Bedingung der rechtlichen Definition des gewöhnlichen Aufenthalts über das Kriterium Lebensmittelpunkt in diesem Fall erfüllt gewesen. Folgerichtig ist dann auch die Missachtung der Pflicht zur Besteuerung der Einkünfte des Tennisstars als Steuerhinterziehung geahndet worden.


3. Zwei Arten der Steuerpflicht in Deutschland

An dieser Stelle ist ein kleiner Exkurs in ein nahe verwandtes Thema angebracht. Denn was wir in diesem Artikel bisher allgemein als Steuerpflicht benannten, unterliegt tatsächlich einer differenzierten Betrachtung. So sind im Grunde zwei Arten der Steuerpflicht in Deutschland zu unterscheiden, die beschränkte und die unbeschränkte Steuerpflicht. Dies gilt ebenso auch für die meisten anderen Länder der Welt. Weil dies jedoch ein eigenständiges Thema darstellt, wollen wir ihm auch einen gesonderten, detaillierten Beitrag widmen.


4. Steuerberatung vor dem Wegzug aus Deutschland spart Steuern

Dabei zeigt sich mal wieder, wie wichtig eine fachlich kompetente steuerliche Beratung ist, für Tennisspieler und andere potentielle Steuerhinterzieher, vor allem aber auch für Perpetual Traveler. Denn ohne diese wichtigen steuerlichen Aspekte vor der Abreise aus Deutschland zu klären, kann man, falls man doch einmal wieder deutschen Boden betritt, Überraschungen erleben. Deshalb ist allen, die mit einem Wegzug aus Deutschland liebäugeln – ganz gleich, ob aufgrund des Abenteuers oder aus anderen privaten Gründen – die vorausschauende Klärung ihrer zukünftigen Steuerpflicht in Deutschland aber auch in allen anderen für sie relevanten Reisezielen zu empfehlen. Selbstverständlich gilt dies insbesondere dann, wenn der Wegzug in einem steuerlichen Kontext steht.

Als ausgewiesene Experten im Internationalen Steuerrecht ist es uns eine Freude an der Verwirklichung und Absicherung Ihres Traums mitzuwirken. Profitieren Sie von einem international vernetzten Partner. Rufen Sie uns an oder senden Sie uns eine Nachricht per E-Mail. So sparen Sie sowohl Steuern als auch unvorhergesehene Erfahrungen, die vermeidbar sind.


Steuerberater für Internationales Steuerrecht

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung von Unternehmen spezialisiert. Bei Fragen nach der Steuerpflicht im In- und Ausland schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

  1. Entwicklung individueller Gestaltungsmodelle im internationalen Steuerrecht, beim Unternehmenskauf/-verkauf und bei Umstrukturierungen

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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Lehrauftrag für Internationales Steuerrecht

Unsere besonderen Expertisen für Internationales Steuerrecht werden auch durch die FOM Hochschule bestätigt. Steuerberater Christoph Juhn wurde dort zum Lehrbeauftragten für Steuerrecht berufen und lehrt seit dem Wintersemester 2013 die Veranstaltung „Spezialgebiete des Steuerrechts – Internationales Steuerrecht“. Das vorlesungsbegleitende Skript stellen wir Ihnen hier gerne vorab als Information zum kostenlosen Download zur Verfügung:

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