Berücksichtigung von Gewerbeverlusten

Welche Möglichkeiten bietet § 10a GewStG?

Gewerbeverlust: Berücksichtigung nach § 10a GewStG

Wenn ertragsteuerlich Verluste entstehen, „wandern“ diese über § 7 GewStG gegebenenfalls bis in die Gewerbesteuer. Allerdings gelten hier andere Spielregeln für die Berücksichtigung von Gewerbeverlusten – unter anderem gibt es nur Vor-, aber keine Rückträge. Wir schauen uns an, was § 10a GewStG regelt, welche Einschränkungen es gibt und inwieweit ein Gewerbeverlust beim Verkauf des Unternehmens übertragbar ist.

Unser Video:
Gewerbeverluste nach § 10a GewStG

In diesem Video gehen wir detailliert auf die Anwendung des § 10a GewStG ein.

Inhaltsverzeichnis

1. Rechtsgrundlage: Gewerbeverluste im Sinne des § 10a GewStG

Nach § 7 Satz 1 GewStG ist für die Bemessung der Gewerbesteuer der ertragsteuerliche Gewinn (§ 15 EStG) oder das Einkommen (§§ 7 und 8 KStG) maßgeblich. Hinzurechnungen nach § 8 GewStG erhöhen, Kürzungen nach § 9 GewStG mindern die Bemessungsgrundlage. In der Folge ist ein Gewerbeverlust im einkommen- sowie körperschaftsteuerlichen Sinne auch für Berechnung der Gewerbesteuer relevant.

Dabei bestimmt § 10a GewStG, ob und inwieweit ein Gewerbeverlust die Gewerbesteuer in folgenden Veranlagungszeiträumen mindern kann. Es gilt, dass

  • Verlustrückträge, bekannt aus § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG, ausscheiden,
  • Gewerbeverluste von über EUR 1.000.000 nur teilweise vortragsfähig sind, und
  • dass ein Wechsel von Unternehmer- oder Unternehmensidentität einen Verlustabzug ausschließt.

Eine Besonderheit beim Gewerbeverlust ist demnach, dass durch Hinzurechnungen und Kürzungen ein solcher entstehen kann, obwohl ertragsteuerlich ein (wenn auch niedriger) Gewinn vorliegt (R 10a.1 Absatz 1 Satz 5 GewStR). Schauen wir uns hierzu die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die wir uns neben der Vorschrift selbst auch aus den Richtlinien zusammensuchen müssen, einmal im Detail an.

1.1. Keine Rücktragsfähigkeit gewerblicher Verluste

Im Einkommensteuerrecht existiert mit § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG eine Verlustverrechnungsmöglichkeit mit den Einkünften der beiden unmittelbar vorangegangenen Jahre. Sie geht einem Vortrag in folgende Veranlagungszeiträume vor, weshalb sich in § 10d Absatz 4 EStG direkt die entsprechende Korrekturvorschrift für die Vorjahresbescheide findet.

Insbesondere kleine Gemeinden mit – im Verhältnis – weniger großen Steuerzahlern sind auf möglichst konstante Gewerbesteuereinnahmen in gewisser Höhe angewiesen. Nach § 10a Satz 1 GewStG existiert daher nur eine Vor- und keine Rücktragsmöglichkeit entstehender Gewerbeverluste. Diese Regelung wurde vom BFH bereits mit Urteil vom 31.07.1990 (I R 62/86) für verfassungskonform erklärt.

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1.2. Beschränkung vollständig vortragsfähiger Gewerbeverluste auf EUR 1.000.000

Wie in § 10d EStG, gilt auch für § 10a GewStG ein Höchstbetrag für den Vortrag angefallener Gewerbeverluste. Sie sind nach § 10a Satz 6 GewStG gesondert festzustellen, was entsprechend zu einer (jährlichen) Verlängerung der Festsetzungsfrist führt (Ablaufhemmung im Sinne des § 171 Absatz 10 Satz 1 AO). Denn der Verlustfeststellungsbescheid ist nach § 182 Absatz 1 Satz 1 AO für den jeweiligen Gewerbesteuer-Messbescheid bindend.

Bis zur Höhe von EUR 1.000.000 sind anfallende Verluste in voller Höhe vortragsfähig. Darüber hinausgehende Gewerbeverluste können nur mit 60 % berücksichtigt werden. Diese Regelung ergibt sich aus § 10a Satz 2 GewStG, der normiert, dass der EUR 1.000.000 übersteigende Gewerbeertrag nur um 60 % der vortragsfähigen Verluste zu kürzen ist.

Beispiel: Unternehmer U hat aus 2021 einen Gewerbeverlust von EUR 600.000 und aus 2022 einen solchen von EUR 500.000. In 2023 erwirtschaftet er einen Gewinn in Höhe von EUR 1.100.000.

Die Berechnung des abzugsfähigen Verlustes nach § 10a Satz 1 und 2 GewStG stellt sich in diesem Fall wie folgt dar:

Aus Vorjahren bestehender Verlust (gesondert festgestellt zum 31.12.2022)EUR 1.100.000
Davon EUR 1.000.000 übersteigendEUR 100.000
Davon abziehbar 60 % (§ 10a Satz 2 GewStG)EUR 60.000
Erzielter Gewinn im Sinne des § 7 Satz 1 GewStGEUR 1.100.000
Abziehbarer Verlust aus VorjahrenEUR 1.060.000
Nach § 10a Satz 1 der Gewerbesteuer unterliegender Gewinn im Jahr 2023EUR 40.000
Zum 31.12.2023 festzustellender VerlustEUR 0,00

Eine gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes zum 31.12.2023 würde unterbleiben, da kein solcher mehr vorhanden ist (§ 10a Satz 6 GewStG). Unsere Darstellung erfolgt daher nur für Zwecke der Verdeutlichung.

Von Amts wegen erfolgt dabei sowohl die erstmalige Feststellung als auch die Fortentwicklung des Gewerbeverlustes, soweit dieser (weiterhin) vortragsfähig ist.

1.3. Wechsel der Identität des Gewerbebetriebes

Bei Einzelunternehmen sowie Personengesellschaften gelten besondere Zusatzbestimmungen für die Übertragung von Gewerbeverlusten. Diese sind einschlägig, wenn und soweit der jeweilige Betrieb oder Mitunternehmeranteil

  • auf eine andere Person übergeht (Unternehmeridentität) oder
  • sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse von demjenigen Unternehmen unterscheidet, das zum Zeitpunkt der Entstehung der Verluste bestand (Unternehmensidentität).

Nach R 10a.3 Absatz 1 Satz 1 GewStR bedeutet „Unternehmeridentität“, dass einen Gewerbeverlust nur die Person geltend machen kann, die ihn davor selbst erlitten hat. Ein Unternehmerwechsel (etwa durch Verkauf des gesamten Unternehmens oder Mitunternehmeranteils) bewirkt damit einen Wegfall der (insoweit) bestehenden Verluste (R 10a.3 Absatz 1 Satz 2 GewStR). Dies gilt auch dann, wenn der neue Unternehmer den erworbenen mit einem bestehenden Betrieb vereinigt oder ihn als solches respektive neuer Mitunternehmer schlichtweg fortführt.

Demgegenüber steht die „Unternehmensidentität“. Sie ist in R 10a.2 GewStR umschrieben, wobei hier das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend ist. Nach einer solchen Gesamtbetrachtung muss der im Anrechnungsjahr bestehende Betrieb identisch mit dem Unternehmen sein, dass im Jahr der Entstehung der Gewerbeverluste bestand (R 10a.2 Satz 1 bis 3 GewStR).

Beispiele für Änderungen der Unternehmensidentität:

  • Veräußerung eines Teilbetriebs: Gewerbeverluste sind nicht abziehbar, soweit der Betrieb veräußert wurde
  • Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Mitunternehmerschaft: Verluste bleiben abziehbar, sofern der Betrieb in finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht fortgesetzt wird
  • Realteilung: Gewerbeverluste sind abziehbar, wenn der auf den einzelnen Mitunternehmer übergegangene Betrieb einen Teilbetrieb darstellt und als Einzelunternehmen fortgesetzt wird

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2. Besonderheiten beim Gewerbeverlust im Fall von Körperschaften (schädlicher Beteiligungserwerb)

Nach § 10a Satz 10 GewStG sind bei Körperschaften sowie Mitunternehmerschaften, an denen eine Körperschaft beteiligt ist (etwa GmbH & Co. KG) die Regelungen des § 8c KStG entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet in erster Linie, dass bei der Übertragung von mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren an eine Person ein vollständiger Untergang aller bestehenden Gewerbeverluste erfolgt (§ 8c Absatz 1 Satz 1 KStG).

Beispiel: An der ABC GmbH & Co. KG ist sind die A-GmbH mit 51 % und die natürlichen Personen B und C mit jeweils 24,5 % beteiligt. Nun veräußert die GmbH ihren gesamten Mitunternehmeranteil an einen fremden Dritten. Die Verluste gehen nach Maßgabe des § 10a Satz 10 GewStG in Verbindung mit § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG unter.

Über § 10a Satz 10 GewStG greift allerdings auch die Ausnahme des § 8c Absatz 1a Satz 3 KStG. Hiernach ist ein Erwerb der Anteile zum Zwecke der Sanierung des Geschäftsbetriebes unschädlich. Allerdings sind hier mitunter Betriebsvereinbarungen zu schließen und bestimmte Lohnsummen einzuhalten. Es gelten also Zusatzvoraussetzungen, die eine Beschränkung der Abziehbarkeit von Gewerbeverlusten verhindern.

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  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
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Personengesellschaften

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Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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