10-Jahres-Frist bei Erbschaften und Schenkungen

Welche praktischen Auswirkungen hat § 14 ErbStG?

Die 10-Jahres-Frist bei Erbschaften und Schenkungen

Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) kennt diverse Freibeträge für Erbschaften und Schenkungen. Gewissermaßen allgemein bekannt ist dabei, dass eine 10-Jahres-Frist für die Nutzung dieser Vergünstigungen gilt. Der Hintergrund liegt auf der Hand, denn der Gesetzgeber möchte vermeiden, dass einheitliche Vermögensübertragungen in mehrere Teilgeschäfte aufgeteilt werden, was zu einer Umgehung der Erbschaft- und Schenkungsteuer führen könnte. Doch was genau steckt eigentlich hinter der 10-Jahres-Frist des § 14 ErbStG, für welche Fälle gilt die Vorschrift und wo gibt es Ausnahmen?

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Inhaltsverzeichnis


1. Grundsatz: 10-Jahres-Frist für Erbschaften und Schenkungen

Dreh- und Angelpunkt der 10-Jahres-Frist ist § 14 ErbStG. Er schreibt vor, dass mehrere Erwerbe, die innerhalb von 10 Jahren stattfinden, zusammenzurechnen sind. Freibeträge und andere Vergünstigungen können innerhalb dieser 10-Jahres-Periode dann pro Person nur einmal in Anspruch genommen werden. Die Vorschrift ist damit personengebunden, denn jede Erwerberin oder jeder Erwerber wird stets isoliert betrachtet.

Die 10-Jahres-Frist gilt damit nur für Erwerbe, die innerhalb dieses Zeitraums von derselben Person anfallen und demselben Erwerber zugutekommen.

Um den Normzweck etwas zu verdeutlichen, werfen wir im ersten Schritt einen Blick auf die Besteuerungsgrundsätze des ErbStG. Denn jeder Besteuerungsvorgang vollzieht sich in mehreren, stets identischen Schritten:

  • Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbes nach § 10 ErbStG
  • Abzug möglicher Freibeträge nach den §§ 16 und 17 ErbStG
  • Festsetzung der Steuer nach den Sätzen in § 19 ErbStG

Eventuelle Steuerbefreiungen, für die einer der §§ 13 bis 13d ErbStG gilt, bleiben hier außer Betracht. Denn sie können grundsätzlich mehrfach – unabhängig von zeitlichen Zusammenhängen – genutzt werden und mindern damit stets den aus dem Gesamtvermögen ermittelten, steuerpflichtigen Erwerb. Ausnahmen gelten lediglich bei einzelnen Vorschriften und in den Fällen des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO, den es zu vermeiden gilt.

1.1. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs

Bei Erbschaften und Schenkungen unterliegen übertragene Vermögenswerte nur der Besteuerung, soweit sie steuerbar und nicht steuerfrei sind. Positive und negative Bestandteile des Vermögens sind dabei zu saldieren, sodass übergehende Schulden die Bereicherung des Empfängers vermindern. Anzuwenden ist hier § 10 ErbStG, denn er regelt – in engem Zusammenspiel mit § 12 ErbStG, den Bewertungsgrundsätzen – die Wertermittlung jedes einzelnen Vermögensgegenstandes.

Alle weiteren Berechnungsschritte basieren nun auf dem steuerpflichtigen Erwerb im Sinne des § 10 ErbStG.

1.2. Abzug von Freibeträgen nach den §§ 16 und 17 ErbStG

Je nach Steuerklasse, in die die Erwerberin oder der Erwerber nach § 15 ErbStG fällt, kommen unterschiedliche freibeträge zum Ansatz. Der nach § 10 ErbStG steuerpflichtige Erwerb wird beispielsweise gemindert um

  • EUR 500.000 bei Ehegatten und Lebenspartnern,
  • EUR 400.000 bei Kindern und Enkeln, die in die Steuerklasse 1 fallen,
  • EUR 20.000 bei allen übrigen Personen.

Beispiel: Vater V überträgt zahlreiche Vermögenswerte an seinen Sohn S. Zum übertragenen Vermögen gehören unter anderem ein Betrieb, eine vermietete Immobilie und EUR 1.000.000 in Bargeld. Das Betriebsvermögen bleibt nach den §§ 13a bis 13c ErbStG steuerfrei, die Immobilie unterliegt nach § 13d ErbStG zu 10 % einer Steuerbefreiung. Im Ergebnis liegt der steuerpflichtige Erwerb somit bei EUR 1.800.000. Fällt S als leibliches Kind nun in die Steuerklasse 1, muss er hiervon EUR 1.400.000 versteuern – denn der Freibetrag des § 16 ErbStG wurde bereits abgezogen.

Besondere Freibeträge nach § 17 ErbStG, die je nach Verwandtschaftsgrad bei bis zu EUR 256.000 liegen, gelten nur für Erwerbe von Todes wegen.

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1.3. Festsetzung der Steuer nach § 19 ErbStG

Verbleibt nach Abzug aller Steuerbefreiungen und Freibeträge nach den §§ 16 und 17 ErbStG noch ein steuerpflichtiger Erwerb, richtet sich die Höhe der Steuer nach § 19 ErbStG. Sie wird in festen Prozentsätzen bemessen; eine Progression (wie beispielsweise im Einkommensteuerrecht) kennt die Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht. Die Steuersätze betragen:

Wert des steuerpflichtigen
Erwerbs (§ 10)
bis einschließlich
… Euro
Prozentsatz in der Steuerklasse
IIIIII
75 00071530
300 000112030
600 000152530
6 000 000193030
13 000 000233550
26 000 000274050
über 26 000 000304350

Durch die einheitlichen Prozentsätze kann es passieren, dass eine Wertgrenze nur um wenige Euro überschritten, dennoch aber der höhere Steuersatz angewendet wird.

Beispiel: A hat von seinem Vater Vermögenswerte im Umfang von EUR 6.100.000 erhalten. Hätte er nur EUR 6.000.000 bekommen, würden statt 23 % lediglich 19 % Steuer anfallen.

Für diese Fälle sieht § 19 Absatz 3 ErbStG den sogenannten Härteausgleich vor. Bei ihm vergleicht man zunächst beide – also den letztmöglichen und den tatsächlichen – Steuersätze und berechnet anhand derer die anfallende Erbschaft- und Schenkungsteuer. Auf den Betrag, der die letzte Wertgrenze übersteigt (im obigen Beispiel EUR 100.000) darf dann maximal 50 % Steuer anfallen.

Erweiterung des Beispiels: Auf den Erwerb von EUR 6.100.000 fallen 23 %, also EUR 1.403.000 Schenkungsteuer an. Hätte A nur EUR 6.000.000 erhalten, würden hierauf lediglich 19 %, also EUR 1.140.000 anfallen. Die Steuer, die sich durch den „Mehrerwerb“ zusätzlich ergibt, liegt damit bei EUR 263.000. Durch § 19 Absatz 3 ErbStG wird dieser Betrag nun auf maximal 50 % des die Wertgrenze übersteigenden Betrages, also auf EUR 50.000 gedeckelt. Insgesamt fallen damit EUR 1.453.000 Steuer an (EUR 1.403.000 plus EUR 50.000).

2. Praktische Bedeutung der 10-Jahres-Frist bei Erbschaften und Schenkungen

Die im vorigen Abschnitt genannten Grundsätze gelten je Erwerb. Ohne 10-Jahres-Frist könnte eine Person ihr Vermögen, aufgeteilt in mehrere Teilübertragungen, vollständig steuerfrei an andere Personen übergeben.

Beispiel: Vater V besitzt insgesamt EUR 5.000.000 in Aktienwerten. Um den Freibetrag von EUR 400.000 bei jeder Übertragung ausnutzen zu können, schenkt er seinem Sohn im Abstand von einer Woche jeweils EUR 400.000 seines Vermögens. Hätte er alle Vermögenswerte „in einem Rutsch“ übertragen, wären mehrere hunderttausend Euro Schenkungsteuer angefallen. So ist die Übertragung nun steuerfrei.

Mit § 14 ErbStG verhindert der Gesetzgeber entsprechende Gestaltungen in der Form, dass alle Erwerbe, die innerhalb von zehn Jahren anfallen, zusammenzurechnen sind. Hierdurch wird sichergestellt, dass die jeweiligen Freibeträge und anderen Besteuerungsmerkmale innerhalb dieses Zeitraums ebenfalls nur einmal zum Abzug gebracht werden können. Die Prüfung nach § 14 Absatz 1 ErbStG vollzieht sich dabei in mehreren Schritten:

  • Zusammenrechnung aller Erwerbe innerhalb einer 10-Jahres-Frist  
  • Abzug der (fiktiven) Steuer auf frühere Erwerbe
  • Keine Berücksichtigung von Erwerben negativer Vermögenswerte
  • Änderung von Steuerbescheiden nach § 175 AO
  • Prüfung der Steuerobergrenze nach § 14 Absatz 3 ErbStG

Wenngleich der Gesetzgeber mit der 10-Jahres-Frist einen Missbrauch der Freibetrags- und Verschonungsregelungen verhindern möchte, enthält die Norm bestimmte Härtefallregelungen. Da sich im Einzelfall eine höhere als die nach § 19 ErbStG anfallende Steuer ergeben kann, muss gegebenenfalls eine Reduktion selbiger erfolgen.

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2.1. Zusammenrechnung aller Erwerbe innerhalb der 10-Jahres-Frist

Die 10-Jahres-Frist des § 14 Absatz 1 Satz 1 ErbStG beginnt mit dem ersten Erwerb. Wichtig dabei: Die Norm ist in zweierlei Hinsicht personenbezogenen, sie erfasst also nur Vermögensübertragungen innerhalb von zehn Jahren, die

  • ein Erwerber von
  • einem Übergeber

erhalten hat. Ein Beispiel könnte die klassische Vater-Sohn-Konstellation sein. Kommt es hier innerhalb von zehn Jahren zu mehreren Vermögensübertragungen, die unter das ErbStG fallen, sind sie für die 10-Jahres-Frist maßgeblich. Die Tochter, die bisher noch keine Vermögenswerte erhalten hat, fällt allerdings nicht unter die Norm. Für sie beginnt die Frist erst mit dem ersten Erwerb, es erfolgt also eine Betrachtung unabhängig von der Vater-Sohn-Beziehung. 

Alle Erwerbe, die innerhalb der 10-Jahres-Frist anfallen, werden zusammengerechnet. Maßgebend ist dabei der jeweilige Wert, der sich nach § 12 ErbStG in Verbindung mit den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ergibt. Für zurückliegende Erwerbe ist ihr damaliger Wert maßgeblich.

Beispiel: Vater V hat seiner Tochter T im Jahr 2015 ein Aktiendepot übertragen. Es hatte einen Wert von EUR 200.000, sodass keine Schenkungsteuer anfiel. Im Jahr 2018 überträgt er ihr zwei Vermietungsobjekte, die – nach Abzug der Steuerbefreiung nach § 13d ErbStG – mit einem Wert von EUR 1.800.000 der Besteuerung unterliegen. Das vor drei Jahren übertragene Aktiendepot ist mittlerweile EUR 350.000 wert.

Die 10-Jahres-Frist beginnt mit dem Erwerb im Jahr 2015. Die damals übertragenen EUR 200.000 und der im Jahr 2018 übergegangene Wert von EUR 1.800.000 sind zusammenzurechnen. Die Wertentwicklung des Depots ist unbeachtlich. Im Rahmen des § 14 ErbStG sind insgesamt EUR 2.000.000 der Besteuerung zu unterwerfen, wobei bereits abgezogene Freibeträge, gezahlte Steuern und andere Vergünstigungen im weiteren Verlauf noch berücksichtigt werden.

2.2. Abzug der (fiktiven) Steuer auf frühere Erwerbe

Mit der 10-Jahres-Frist nach § 14 ErbStG stellt der Gesetzgeber sicher, dass alle Besteuerungsmerkmale innerhalb von zehn Jahren nur einmal berücksichtigt werden. Dies gilt auch für bereits gezahlte Erbschaft- und Schenkungsteuern.

Beispiel: Der Vater V hat seiner Tochter T im Jahr 2015 ein Aktiendepot im Wert von EUR 600.000 übertragen. Freibeträge wurden in voller Höhe abgezogen, sodass EUR 200.000 zu versteuern waren. Die gezahlte Steuer lag bei EUR 22.000. Im Jahr 2020 werden EUR 1.800.000, zwei vermietete Mehrfamilienhäuser, übertragen.

Innerhalb von zehn Jahren liegt ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von EUR 2.400.000 vor. Die nun zu zahlende Steuer berechnet sich – unter Anrechnung der bereits gezahlten – wie folgt:

Wert des gesamten ErwerbesEUR 2.400.000
Abzüglich Freibetrag nach § 16 ErbStGEUR 400.000
Verbleibende Bereicherung innerhalb der 10-Jahres-Frist nach § 10 ErbStGEUR 2.000.000
Nach § 19 Absatz 1 ErbStG anfallende Steuer (Erwerb bis EUR 6.000.000, Steuerklasse I) in Prozent19 %
Steuerbetrag absolutEUR 380.000
Bereits gezahlte SteuerEUR 22.000
Verbleibender SteuerbetragEUR 358.000
Härteausgleich nach § 19 Absatz 3 ErbStGEUR 0,00

Abschließend ist § 14 Absatz 1 Satz 4 ErbStG zu berücksichtigen. Denn die Steuer auf den letzten Erwerb (hier EUR 1.800.000) darf nicht dadurch unterschritten werden, dass frühere Erwerbe innerhalb der 10-Jahres-Frist die Berechnung beeinflussen. Da sowohl auf einen Erwerb von EUR 2.400.000 als auch auf einen solchen von EUR 1.800.000 ein Steuersatz von 19 % fällig wird, ist eine solche Beeinflussung hier auszuschließen.

Beachte: Galten damals andere Besteuerungsmerkmale (Steuerklasse, Steuerpflicht, Freibeträge), so sind stets die damaligen Verhältnisse maßgeblich. Dies geht aus dem Wortlaut des § 14 ErbStG eindeutig hervor und ist auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs so anerkannt.

2.3. Keine Berücksichtigung negativer Erwerbe innerhalb der 10-Jahres-Frist

Nach § 14 Absatz 1 Satz 5 ErbStG bleiben Erwerbe, für die sich nach den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen kein positiver Wert ergeben hat, unberücksichtigt. Von dieser Norm erfasst werden insbesondere Schulden, die der Erblasse oder Schenker innerhalb der 10-Jahres-Frist an die entsprechende Person übertragen hat. 

Die Beschränkung auf negative Erwerbe gilt allerdings nur, wenn der Gesamterwerb zu einer negativen Bereicherung des Erwerbers im Sinne des § 10 ErbStG ergeben hat. Wurden bei der Berechnung eines Erwerbes lediglich Schulden mitberücksichtigt, ist dies unschädlich.

Beispiele:

  • Vater V hat 2015 ein Darlehen im Wert von EUR 100.000 auf seinen Sohn übertragen. Im Jahr 2020 überträgt er ein Mehrfamilienhaus. Der frühere Erwerb der Schulden bleibt unberücksichtigt, da der Wert insgesamt negativ war
  • V hat seiner Tochter T im Jahr 2015 ein Einfamilienhaus im Wert von EUR 500.000 geschenkt. Ebenfalls übertragen wurde die noch offene Darlehensforderung der Bank, die einen Nennwert von EUR 80.000 hatte. Der steuerpflichtige Erwerb betrug damit EUR 420.000. Im Jahr 2020 kommt es zu weiteren Schenkungen. Hier wird der Vorerwerb innerhalb der 10-Jahres-Frist berücksichtigt, da er insgesamt positiv war

Um den Ausschluss negativer Vorerwerbe durch § 14 ErbStG zu verhindern, müssen Vermögenswerte stets in der Form übertragen werden, dass sich durch Saldierung mit der Schuld weiterhin ein positiver Erwerb ergibt. Auch wenn dieser nur bei wenigen Euro liegt, ist dies bereits ausreichend.

2.4. Änderung von Steuerbescheiden nach § 175 AO

In § 14 Absatz 2 ErbStG enthält das Gesetz eine eigenständige Grundlage für die Änderung von Steuerbescheiden, die aber auf § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO verweist. Ein rückwirkendes Ereignis, das zu einer entsprechenden Änderung des Bescheides über den Vorerwerb führt, wirkt sich durch § 14 ErbStG gegebenenfalls auch auf den Folgeerwerb aus. Daher ist eine entsprechende Änderung des Folgebescheides im Einzelfall ebenfalls möglich.

Beispiel: Der Vorerwerb, der innerhalb der 10-Jahres-Frist erfolgte, bestand in der Übertragung eines Einzelunternehmens. Rückwirkend fällt die Steuerbefreiung nach §§ 13a und 13b ErbStG weg, weil der Rechtsnachfolger die Lohnsummenregelungen nicht beachtet hat. Dadurch ändert sich die Erstfestsetzung; der eigentlich steuerfreie Erwerb ist nun steuerpflichtig.

Wurde nun bereits ein Bescheid über den Folgeerwerb nach § 14 Absatz 1 ErbStG erlassen, gilt der Wegfall dieser Steuerbefreiung, der eine Änderung des früheren Bescheids bewirkt, auch für den Folgeerwerb als rückwirkendes Ereignis. Die Festsetzung, die auf § 14 ErbStG gestützt wurde, kann durch § 14 Absatz 2 ErbStG ebenfalls nach § 175 AO geändert werden.

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2.5. Steuerobergrenze innerhalb der 10-Jahres-Frist

Mit § 14 Absatz 3 ErbStG schließt die Vorschrift ab. Die durch jeden weiteren Erwerb veranlasste Steuer ist auf 50 % des jeweiligen Erwerbes beschränkt. Die Norm resultiert aus § 19 ErbStG, da für Erbschaften und Schenkungen grundsätzlich ein Maximalsteuersatz von 50 % gilt. Es wäre den Steuerpflichtigen gegenüber unverhältnismäßig, wenn sich alleine deshalb, weil mehrere Vermögensübertragungen stattfinden, über § 14 ErbStG eine höhere Steuerbelastung ergäbe.

Damit stellt § 14 Absatz 3 ErbStG ebenfalls eine Art Härteausgleich dar. Schauen wir uns auch dazu wieder ein Beispiel an:

Vater V hat seinem Sohn S vor sieben Jahren EUR 6.000.000 geschenkt. Nun verschenkt er weitere EUR 500.000. Die Erwerbe werden nach § 14 Absatz 1 ErbStG zusammengerechnet und folgendermaßen versteuert:

Wert des GesamterwerbesEUR 6.500.000
Bereits abgezogener FreibetragEUR 400.000
Steuerpflichtiger Erwerb nach § 10 ErbStGEUR 6.100.000
Darauf anfallende Steuer (§ 19 ErbStG, 23 %)EUR 1.403.000
Steuer auf EUR 5.600.000 (Erwerb EUR 6.000.000 abzgl. Freibetrag EUR 400.000), Steuersatz 19 %EUR 1.064.000
Differenz der SteuerbeträgeEUR 339.000
Deckelung nach § 14 Absatz 3 ErbStG (50 % des Wertes des Folgeerwerbes)EUR 250.000
Festzusetzende Erbschaft- und Schenkungsteuer (EUR 1.064.000 zzgl. EUR 250.000)EUR 1.314.000

Der Folgeerwerb in Höhe von EUR 500.000 hat in diesem Beispiel zu einer steuerlichen Mehrbelastung von EUR 339.000 geführt. Da die Mehrbelastung innerhalb der 10-Jahres-Frist durch § 14 Absatz 3 ErbStG aber auf 50 % des Erwerbes gedeckelt ist, hat eine entsprechende Korrektur zu erfolgen. Hieran wird auch deutlich, dass trotz Anwendung des § 14 ErbStG beide Erwerbe weiterhin selbständig zu betrachten sind.

3. Sonderfälle der 10-Jahres-Frist für Erbschaften und Schenkungen

Zehn Jahre sind mitunter ein langer Zeitraum, in dem sich verschiedenste Lebenssachverhalte auch mehrfach verändern können. Hinzu kommen Änderungen der persönlichen Besteuerungsmerkmale, etwa durch Heirat, Scheidung, Wegzug oder zwischenmenschliche Meinungsverschiedenheiten. Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz nimmt auch bei der Betrachtung des 10-Jahres-Zeitraums nach § 14 ErbStG auf entsprechende Entwicklungen Rücksicht. Einige Beispiele:

  • Zugewinnausgleiche, die beispielsweise bei einer Scheidung nach § 1371 Absatz 1 BGB entstehen, sind kein Teil des steuerpflichtigen Erwerbs (§§ 3 und 7 ErbStG). Vorausempfänge nach § 1380 Absatz 1 BGB gelten – wenn sie neben dem kleinen Pflichtteil eingefordert werden – nach § 29 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG rückwirkend ebenfalls nicht mehr als Zuwendung. Sie bleiben daher bei der Prüfung von § 14 ErbStG außen vor
  • Bei Vor- und Nacherbschaften findet eine Zusammenrechnung im Rahmen der 10-Jahres-Frist nur mit Zuwendungen des Vorerben statt, wenn der Nacherbe einen Antrag auf Besteuerung im Verhältnis zum Erblasser stellt (§ 6 Absatz 2 Satz 2 ErbStG; BFH vom 30.11.2009, II R 6/07)
  • Vollbefreiungen sind von der Zusammenrechnung ausgenommen, wirken sich also auch bei späteren Erwerben nicht mehr aus. Der „Klassiker“ hier ist das Familienheim, das nach § 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstaben a bis c ErbStG
  • Versorgungsfreibeträge nach § 17 ErbStG, die nur bei Erwerben von Todes wegen eine Rolle spielen, bleiben auch bei einer Vorschenkung erhalten. Im Rahmen der Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG kommt es also weiterhin zu einem Abzug des Freibetrags

Weitere Sonderfälle der 10-Jahres-Frist für Erbschaften und Schenkungen gelten unter anderem im internationalen Erbschaftsteuerrecht, bei Wechseln der Steuerpflicht und in Fällen der Besteuerung von Nutzungs- und Rentenlasten.


Steuerberater für Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf steuerrechtliche Optimierungen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer spezialisiert. Hier schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Erbschaft/Schenkung

  1. Beratung zum Erbschaftsteuerrecht (Freibeträge, Anzeigepflichten)
  2. Beratung zum Nießbrauchrecht, Ausarbeitung von Vermeidungsstrategien für den Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO
  3. Strategische Beratung bei Kapitalgesellschaften (Erwerb eigener Anteile, disquotale Gewinnausschüttung, Organschaft, Holdingstrukturen)
  4. Erstellung von Erbschaftsteuererklärungen
  5. Entwicklung individueller Gestaltungsmodelle im internationalen Steuerrecht, beim Unternehmenskauf/-verkauf und bei Umstrukturierungen)
  6. Empfehlungen vor Schenkungen zu Lebzeiten
  7. Beratung zum internationalen Erbschaftsteuerrecht

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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Telefon-/Videokonferenz

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