Unternehmen erben: Haftung für Altverbindlichkeiten geschickt beschränken
Wenn Sie ein Unternehmen erben, dann haften Sie für dessen Altverbindlichkeiten. Für das Einzelunternehmen ist die Haftung in § 27 HGB geregelt. Wir erklären, wann und in welchem Umfang Sie haften, wie Sie dies beschränken können und welche Methode am geschicktesten ist.
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In diesem Video erklären wir, wie Sie ein Unternehmen steuerneutral erben können.
Inhaltsverzeichnis
1. Unternehmen erben: Haftung des Erben
1.1. Unternehmen erben & erbrechtliche Haftung
Wenn Sie Erbe sind, so treten Sie im Wege der Universalsukzession in die Rechtsposition des Erblassers ein (§ 1922 BGB). Der Erbe haftet dabei schon erbrechtlich gemäß § 1967 BGB für alle Schulden des Erblassers mit seinem ganzen Vermögen. Daher haftet er auch für die Geschäftsverbindlichkeiten. Zu der Haftungsmasse gehört dabei sowohl das geerbte Vermögen, als auch sein Privatvermögen. Jedoch kann der Erbe seine Haftung auf den den Nachlass beschränken, in dem er Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragt (§§ 1975 ff. BGB). Zudem kann der Erbe die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB erheben.
1.2. Daneben: Handelsrechtliche Haftung
§ 27 HGB begründet eine strengere Haftung des Erben im Fall der Fortführung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma. Gemäß § 27 Absatz 1 HGB findet der § 25 HGB entsprechende Anwendung, wenn ein Handelsgeschäft zum Nachlass gehört und der Erbe es fortführt. In § 25 HGB ist die Haftung desjenigen geregelt, der ein Handelsgewerbe im Wege eines rechtsgeschäftlichen Erwerb übernimmt.

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2. Voraussetzungen der handelsrechtlichen Haftung
2.1. Handelsgeschäft im Nachlass
Der Erbe haftet für Altverbindlichkeiten vorerst nur dann, wenn das Handelsgeschäft auch tatsächlich zu dem Nachlass gehört.
Das Handelsgeschäft gehört dabei dann nicht zum Nachlass, wenn der Erbe die Erbschaft ausschlägt beziehungsweise die Annahme wirksam angefochten hat. In diesem Fall greift daher die Haftung nach §§ 27 Absatz 1, 25 HGB nicht ein. Hat der Erbe seine Haftung hingegen nur erbschaftsteuerlich beschränkt, so befindet sich der Betrieb dennoch weiterhin im Nachlass. Daher schließt die bloße erbschaftsteuerliche Beschränkung die handelsrechtliche Haftung nicht aus, weil Sie das Unternehmen weiterhin erben.
2.2. Fortführung des Betriebs und der Firma
Damit der Erbe nach § 27 Absatz 1, § 25 HGB haftet, muss er auch das Handelsgeschäft und die Firma fortführen. Ändert er hingegen die Firma, so trifft ihn die Haftung nicht. Dabei ist die Firma aber noch nicht dann geändert, wenn allein ein Nachfolgezusatz hinzugefügt worden ist. Vielmehr muss er prägende Merkmale der Firma, also des Namens des Unternehmens ändern.
3. Unternehmen erben und Haftung ausschließen
3.1. Einstellung des Betriebs, § 27 Absatz 2 HGB
Der Erbe kann die Haftung nach § 27 Absatz 1 HGB ausschließen. Dies kann er jedoch nicht durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz. Er wird nur dann frei, wenn er von den in § 27 Absatz 2, § 25 Absatz 2 HGB geregelten Haftungsbeschränkungen Gebrauch macht.
Nach § 27 Absatz 2 HGB tritt die unbeschränkte Haftung dann nicht ein, wenn der Erbe das Geschäft innerhalb von drei Monaten nach Kenntniserlangung von der Erbschaft einstellt. Eingestellt ist der Betrieb dann, wenn das Geschäft vollständig beendet ist oder der Betrieb an einen Dritten ohne Firma veräußert wird. Wird der Betrieb hingegen inklusive der Firma an einen Dritten weiterveräußert, so liegt keine Einstellung im Sinne des § 27 Absatz 2 HGB vor, da sich der Erbe dann gerade die Firma wirtschaftlich zunutze macht.
3.2. Problem: Nachträgliche Firmenänderung
Der Erbe kann den Betrieb aber auch zunächst unter der ursprünglichen Firma fortführen und erst nachträglich die Firma ändern. Es stellt sich dann die Frage, ob diese nachträgliche Firmenänderung auch eine Einstellung im Sinne des § 27 Absatz 2 HGB darstellt. Nach der herrschenden Auffassung stellt die nachträgliche Firmenänderung keine freiwillige Einstellung dar. Daher schließt die nachträgliche Firmenänderung die Haftung nicht aus. Deswegen gibt der § 27 Absatz 2 HGB dem Erben nicht die Möglichkeit, bei Betrieb des Unternehmens zu überdenken, ob der Vorteil der Firma den Nachteil der Haftung überwiegt. Er muss vielmehr vor der Fortführung des Betriebs beurteilen, ob er die Firma beibehält.
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3.3. Eintragung des Haftungsausschlusses ins Handelsregister
Eine weitere Möglichkeit, die Haftung bei Fortführung des Handelsgewerbes unter der ursprünglichen Firma auszuschließen, könnte es sein, einen entsprechenden Haftungsausschluss in das Handelsregister einzutragen. Diese Möglichkeit gibt es bei dem rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Handelsgewerbes gemäß § 25 Absatz 2 HGB.
Da § 27 Absatz 1 HGB auf den gesamten § 25 HGB verweist, könnte die Möglichkeit auch für die Haftung bei Erwerb durch Erbschaft gelten. Dagegen spricht zwar, dass es bei der Haftung des Erben nach § 27 HGB anders als bei der Haftung nach § 25 HGB keine Weiterhaftung des Vorinhabers (Erblassers) gibt. Zudem sind in dem § 27 Absatz 2 HGB strengere Anforderungen an den Haftungsausschluss aufgeführt.
Jedoch gibt es keinen Grund dafür, den Erben schlechter zu stellen als den rechtsgeschäftlichen Erwerber. Insbesondere könnte er kurz vor dem Tod des Erblassers den Betrieb noch rechtsgeschäftlich erwerben und würde dann leichter beschränkt haften können. Zudem dient die Eintragung des Haftungsausschlusses in das Handelsregister auch der Rechtssicherheit der Gläubiger. Diese können sich durch einen einfachen Blick in das Register versichern, ob der neue Betriebsinhaber haftet oder nicht. Zudem gibt es trotz Wegfall des ursprünglichen Schuldners anstelle des Erblassers die Haftung des Erben nach dem bürgerlichen Recht. Der Erbe haftet dabei jedenfalls immer mit dem Nachlass, da die Haftung sich insoweit nicht beschränken lässt.
Daher lässt sich auch, wenn Sie ein Unternehmen erben, die Haftung nach § 27 Absatz 1 HGB durch Eintragung in das Handelsregister beschränken. Die dafür erforderliche abweichende Vereinbarung zwischen dem Erben und dem bisherigen Inhaber (also dem Erblasser) ist zwar, wegen des Todes des Inhabers nicht mehr möglich. Jedoch ist eine einseitige Erklärung des Erblassers ausreichend.
4. Zusammenfassung: Unternehmen erben und Haftung beschränken
Der Erbe eines Betriebs haftet für die Altverbindlichkeiten des Betriebes sowohl erbschaftsrechtlich als auch handelsrechtlich. Jedoch kann der Erbe seine Haftung zivilrechtlich auf den Nachlass beschränken. Das betrifft dann aber noch nicht die handelsrechtliche Haftung. Um auch handelsrechtlich nicht mehr für die Betriebsverbindlichkeiten haften zu müssen, muss der Erbe gleichzeitig die handelsrechtliche Haftung beschränken. Dazu kann er die Fortführung des Geschäfts innerhalb von drei Monaten einstellen oder einen Haftungsausschluss in das Handelsregister eintragen lassen.
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