Konzernstrukturen sind aus zivil- und steuerrechtlicher Sicht eine feine Sache, denn sie ermöglichen es, Steuervorteile verschiedenster Länder miteinander zu kombinieren. Gleichzeitig gelten in jedem Land der Erde andere Standards für die Aufstellung der Bilanz. Das Zauberwort lautet hier „internationale Rechnungslegung nach IFRS“, wobei die Abkürzung für „International Financial Reporting Standards“ steht. Ziel der Bilanzierung nach IFRS ist es, Unternehmen aus unterschiedlichen Staaten miteinander vergleichbar zu machen.

Unser Video:
Internationale Rechnungslegung nach IFRS

In diesem Video erklären wir, wie die internationale Rechnungslegung in Grundzügen aufgebaut ist.

Inhaltsverzeichnis

1. Was bedeutet „internationale Rechnungslegung“?

Grundlage der internationalen Rechnungslegung sind die sogenannten IFRS, zu Deutsch „internationale Standards der Bilanzierung“. Sie basieren auf Artikel 4 der EU-Verordnung 1606 aus 2002 und geben einen einheitlichen Rahmen für die Rechnungslegung vor. Das dahinterstehende Ziel ist die Vereinheitlichung von Jahresabschlüssen, damit Konzerne mehrerer Staaten miteinander vergleichbar sind.

Ohne gesonderte Standards für die internationale Rechnungslegung müssten Investoren die jeweiligen Bilanzierungsvorschriften der einzelnen Länder kennen. Anschließend wäre eine Umwidmung oder Umrechnung der jeweiligen Positionen in Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung erforderlich.

Auf den ersten Blick etwas verwunderlich: Die Standards selbst werden von einem eingetragenen Verein, dem International Accounting Standards Board (IASB), herausgegeben. Die EU beziehungsweise nationale Gesetzgeber „gießen“ die Vorschläge nach entsprechender Prüfung in ihre jeweiligen Verordnungen sowie Gesetze.

2. Entscheidungsfreiheit: HGB vs. IFRS

Inländische Konzerne können grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie ihre Bilanz nach den Vorschriften des HGB (§§ ab 290) oder entsprechend der Standards internationaler Rechnungslegung aufstellen, wobei hier immer eine Verpflichtung zur Aufstellung nach deutschem Handelsrecht gilt.

Ein Wahlrecht, zusätzlich nach IFRS zu bilanzieren, besteht für Konzerne ohne Listung an der Börse, wenn deren Aktien also nicht auf dem Kapitalmarkt handelbar sind. Sogenannte kapitalmarktorientierte Unternehmen, bei denen der Mutterkonzern in Deutschland sitzt, sind verpflichtet, neben dem HGB auch nach den IFRS-Standards zu bilanzieren. Im Ergebnis sind dadurch zwei (veröffentlichungspflichtige) Bilanzen erforderlich.

Die Regelungen der internationalen Rechnungslegung haben Einfluss auf:

Wahlrechte in Zusammenhang mit der internationalen Rechnungslegung regelt das Handelsgesetzbuch, in dem der Gesetzgeber die EU-Verordnung umgesetzt hat – obgleich EU-Verordnungen auch ohne landesrechtliche Umsetzung unmittelbar wirken.

2.1 Keine großen Überraschungen: Grundsätze der internationalen Rechnungslegung

Die Standards der internationalen Rechnungslegung nach IFRS ähneln in weiten Teilen den – Ihnen vielleicht schon bekannten – Vorschriften des HGB. Unterschiede und der sprichwörtliche Teufel stecken eher in den Details, wobei dies besonders innerhalb der einzelnen Positionen auffällt. Besonderheiten gelten sowohl in der Bilanz selbst als auch für die Gewinn- und Verlustrechnung.

Relevante Standards innerhalb der IFRS-Rechnungslegung sind dabei zum Beispiel:

Eine entscheidende Besonderheit, die Sie gegebenenfalls schon aus dieser Auflistung erkennen können, ist die gewisse Detailverliebtheit der Standards für die internationalen Rechnungslegung. Sie entstammt dem US-amerikanischen „Fallrecht“, das weniger nach Prinzipien (im HGB etwa das Vorsichtsprinzip oder der Grundsatz des gemeinen Werts) und mehr nach Einzelfällen unterscheidet. Während das HGB damit vergleichsweise überschaubar bleibt, regeln die IFRS erheblich mehr Einzelsachverhalte.

Die natürliche Folgewirkung eines auf Einzelsachverhalte ausgelegten Rechts ist dessen ständige Weiterentwicklung. Das IASB entwirft regelmäßig neue Vorschläge, die dann auf EU-Ebene in die Umsetzung kommen.

2.2 Gläubigerschutz versus Informationsgedanke – HGB und IFRS

Im Handelsrecht stehen Gläubigerschutz und Vorsichtsprinzip im Mittelpunkt. Eine Bewertung von Vermögensgegenständen darf daher maximal zu Anschaffungskosten erfolgen. In der internationalen Rechnungslegung besteht hingegen eine reine Informationsfunktion. Der IFRS-Abschluss verfolgt also den Zweck, Vermögensgegenstände gewissermaßen „stur“ mit ihrem tatsächlichen Wert anzusetzen „fair value“).

Beispiel: Sie haben ein Grundstück für EUR 100.000 erworben. Zwei Jahre nach dem Erwerb liegt der Marktpreis bei EUR 120.000. Nach Handelsrecht dürfen Sie in der Bilanz maximal EUR 100.000 erfassen. Die Standards der internationalen Rechnungslegung hingegen geben den Ansatz des Grundstücks mit EUR 120.000 vor.

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3. Gestaltungsmöglichkeiten durch die internationale Rechnungslegung

Die unterschiedlichen Ansätze nationaler und internationaler Rechnungslegung nach HGB beziehungsweise IFRS bieten in der Praxis durchaus einen Mehrwert. Denn das Handelsrecht „deckelt“ den Ansatz nahezu aller Vermögensgegenstände auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Damit ist auch das Eigenkapital niedriger, als es bei Aufdeckung der stillen Reserven wäre.

In den IFRS gibt es einen solchen „Deckel“ nur für bestimmte Wirtschaftsgüter. Wertsteigerungen von Anlage- und Umlaufvermögen bildet die internationale Rechnungslegung daher besser, weil realistischer, ab. Ein Konzern kann den IFRS-Abschluss beispielsweise für die Aufnahme von Darlehen heranziehen, um mehr Fremdkapital zu gegebenenfalls besseren Konditionen aufzunehmen.

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