Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz

Wie bedeutend ist der Grundsatz in der Praxis?

Maßgeblichkeitsgrundsatz bei Handels- und Steuerbilanz

Für die Aufstellung der Steuerbilanz ist grundsätzlich die nach handelsrechtlichen Vorschriften erstellte Bilanz (Handelsbilanz) maßgeblich. Dieser sogenannte Maßgeblichkeitsgrundsatz kann aber in unterschiedlichen Fällen durchbrochen werden, wodurch Handels- und Steuerbilanz insoweit voneinander abweichen. Wir zeigen die in diesem Zusammenhang wichtigsten Grundsätze der Bilanzierung auf.

Unser Video:
Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 EStG

In diesem Video gehen wir auf den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz ein.

Inhaltsverzeichnis

1. Die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz

Gewerbetreibende können nach unterschiedlichen Vorschriften zur Führung von Büchern und der Erstellung einer Bilanz verpflichtet sein. Regelmäßig ergibt sich diese Verpflichtung dabei bereits aus dem Handelsrecht, etwa aus § 238 Absatz 1 HGB für Kaufleute aller Branchen. Freiberufler – etwa Anwälte, Steuerberater und Gutachter – sind hingegen in keinem Fall zur Führung von Büchern verpflichtet. Für sie enthält das Handelsrecht keine besonderen Regelungen.

Außerdem gilt § 241a HGB: Einzelkaufleute, die zwar nach § 238 HGB zur Buchführung verpflichtet sind, aber weniger als EUR 600.000 Umsatz oder EUR 60.000 Gewinn erzielen, müssen nicht zwingend bilanzieren. Um die Vereinfachungsregelung anzuwenden, ist kein Antrag erforderlich.

Über § 140 AO schlägt die handelsrechtliche Bilanzierungspflicht ins Steuerrecht durch. Wer also nach Handelsrecht zur Buchführung verpflichtet ist, den trifft diese Verpflichtung auch für die steuerliche Gewinnermittlung.

Auch wenn sich aus dem HGB keine Buchführungspflicht ergibt, so kann eine solche nach § 141 AO bestehen. Die Norm gilt nur für das Steuerrecht und betrifft Gewerbetreibende, deren Gewinn die Grenze von EUR 60.000 oder deren Umsatz die Grenze von EUR 600.000 überschritten hat (analog zu § 241a HGB). Das Finanzamt fordert diese Steuerpflichtigen dann auf Grundlage des § 141 AO zur Bilanzierung auf, wenn sie ihren Gewinn bislang per Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt haben.

Der für uns wichtige Maßgeblichkeitsgrundsatz findet sich nun in § 5 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG. Auch diese Norm gilt nur für Gewerbetreibende, und zwar für solche, die

  • auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen, oder
  • die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Handelsbilanz für die Steuerbilanz maßgeblich. Beide Bilanzen entsprechen sich also grundsätzlich.

Der Maßgeblichkeitsgrundsatz kann allerdings durchbrochen werden, wenn der Steuerpflichtige ein steuerliches Wahlrecht abweichend vom Handelsrecht ausübt (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Insoweit weichen Handels- und Steuerbilanz also voneinander ab. Entsprechendes gilt für steuerrechtliche Einschränkungen der handelsrechtlichen Möglichkeiten, zum Beispiel bei der Bildung von Rückstellungen.

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2. Beispiele zum Maßgeblichkeitsgrundsatz im Steuerrecht

Der Maßgeblichkeitsgrundsatz kann nur durch steuerliche Wahlreche und Verbotsvorschriften durchbrochen werden. Einige Beispiele hierzu:

  • Nach § 253 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 2 HGB sind Wirtschaftsgüter linear abzuschreiben. Beträgt die gewöhnliche Nutzungsdauer eines Fahrzeugs beispielsweise 10 Jahre, kann der Steuerpflichtige Jahr für Jahr 10 % der Anschaffungskosten abschreiben. Diese AfA mindern den Gewinn. Entsprechendes gilt nach § 7 Absatz 1 Satz 1 EStG auch im Steuerrecht
  • Wie Beispiel 1, das Fahrzeug erleidet aber bereits nach 2 Jahren einen wirtschaftlichen Totalschaden und wird vom Steuerpflichtigen verschrottet. Nach § 7 Absatz 1 Satz 6 EStG ist nun eine Sonderabschreibung auf den Restwert (in diesem Fall den Schrottwert) zulässig. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz (handelsrechtlich muss die Abschreibung vorgenommen werden, steuerlich besteht ein Wahlrecht) wird durchbrochen (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG)
  • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind handelsrechtlich immer in der voraussichtlichen Erfüllungshöhe zu passivieren. Steuerlich gelten die Einschränkungen des § 6 Absatz 1 Nummer 3a EStG. Eine Verbindlichkeit, deren Erfüllung von zukünftigen Gewinnen abhängt, darf beispielsweise nur als Rückstellung passiviert werden, wenn die Gewinne tatsächlich angefallen sind
  • Steuerfreie Rücklagen unterliegen einem handelsrechtlichen Bilanzierungsverbot, können steuerlich aber beispielsweise eine Rücklage für Ersatzbeschaffung (RfE) oder Reinvestitionsrücklage passiviert werden. Entsprechendes gilt für die Rücklage nach § 6b EStG bei Veräußerung von Grundstücken und Anteilen an Kapitalgesellschaften

Unrichtige Ansätze in der Steuerbilanz können entweder

  • im Wege der Bilanzberichtigung (R 4.4 Absatz 1 EStR) oder
  • durch Bilanzänderung (R 4.4 Absatz 2 EStG)

korrigiert werden. Die Berichtigung trifft dabei einen nach objektiver Betrachtung unrichtigen Ansatz, etwa durch Verstoß gegen den Maßgeblichkeitsgrundsatz. Eine Bilanzänderung ist hingegen möglich, wenn der Steuerpflichtige ein Wahlrecht ausgeübt hat, dieses aber nachträglich anders ausüben möchte.

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