Stille Gesellschaft

Vertragsgestaltung

Stille Gesellschaft: Die Vertragsgestaltung und der Gesellschaftsvertrag

Die stille Gesellschaft ist – in unterschiedlichen Ausprägungen – Bestandteil vieler steuerlicher und ökonomischer Gestaltungsmodelle. Um die Zielvorstellungen zu erreichen, ist bei der Umsetzung derartiger Gestaltungsmodelle vor allem auf die Erstellung des Gesellschaftsvertrages zu achten. Insbesondere richten sich die grundlegenden Unterschiede der beiden Arten von stillen Beteiligungen (typisch/atypisch) nach dem Gesellschaftsvertrag und müssen durch eine entsprechende Gestaltung desselben individuell in die eine oder andere Richtung beeinflusst werden.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Nutzung der stillen Gesellschaft spezialisiert. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
26. September 2018 Typische und Atypische Stille Gesellschaft
11. November 2018 Atypisch stille Gesellschaft an GmbH: Gewerbesteuer-Freibetrag
10. Mai 2019 Vorteile der Stillen Gesellschaft: Gewerbesteuer – Erbschaftsteuer – Verluste – Verkauf
27. Mai 2019 Stille Gesellschaft: bilanziell/ rechtlich/ wirtschaftlich betrachtet
05. Mai 2020 Stille Gesellschaft: Die Vertragsgestaltung und der Gesellschaftsvertrag (dieser Beitrag)

Unser Video:
Stille Gesellschaft

Im Video erklären wir Ihnen die Unterschiede einer typisch und einer atypisch stillen Beteiligung und wann welche Form für Sie geeignet ist.

1. Zivilrechtliche Grundlagen der stillen Gesellschaft

In einer stillen Gesellschaft im Sinne der § 230 ff. HGB beteiligt sich ein stiller Gesellschafter durch die Einlage eines Vermögenswertes wirtschaftlich an dem Handelsgewerbe eines Anderen. Außerdem stellt diese zivilrechtlich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dar. Dementsprechend gelten neben den §§ 230 ff. HGB zusätzlich die §§ 705 ff. BGB. Der Großteil dieser Rechtsnormen ist jedoch nicht zwingend anzuwenden, so dass die Vertragsparteien in einem Gesellschaftsvertrag individuell hiervon abweichende Regelungen treffen können.

Der Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft ist in der Regel nicht formbedürftig. Grundsätzlich ist daher ein einfach schriftlicher oder sogar mündlicher Vertragsschluss möglich. Besteht die Einlage des stillen Gesellschafters in das Unternehmen des Inhabers aus einem Grundstück oder einem GmbH-Geschäftsanteil ist der Gesellschaftsvertrag jedoch aus diesem Grund notariell beurkundungspflichtig (vgl. § 311 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 15 Abs. 4 GmbHG). In jedem Fall ist in der Praxis aus Gründen der Rechtssicherheit zu einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag zu raten.


2. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters

2.1. Wirtschaftliche Beteiligung

Nach der gesetzlichen Konzeption der stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter – als Gegenleistung für die Einlage in dessen Unternehmen – von dem Inhaber des Unternehmens an den Gewinnen und Verlusten beteiligt. Der Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters sollte dabei ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. In der Praxis wird der Anteil des stillen Gesellschafters sehr häufig von dem Wertverhältnis der Einlage zum Wert des Unternehmens abhängig gemacht. Allerdings sind die Vertragspartner in der Bestimmung des Anteils weitestgehend frei. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn des Unternehmens ist zwingendes Merkmal der stillen Gesellschaft. Die Gewinnbeteiligung kann zwar individuell bestimmt und eingeschränkt werden, jedoch nicht vollständig ausgeschlossen. Zu achten ist in diesem Zusammenhang darauf, dass eine feste Verzinsung der Einlage alleine keine Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn des Unternehmens darstellt. Im Gegensatz zum Gewinn, kann die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust allerdings vollständig vertraglich ausgeschlossen werden.

Bei der Beteiligung des stillen Gesellschafters am Vermögen des Unternehmens im Falle der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft befindet sich eine der gestalterischen Stellschrauben zur sogenannten atypisch stillen Gesellschaft. Wird der stille Gesellschafter, entgegen der gesetzlichen Konzeption, über den Gewinn hinaus auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert des Unternehmens beteiligt führt dies zu einer gesellschaftsrechtlichen Qualifikation als atypisch stille Gesellschaft. In diesem Zusammenhang kann auch eine über die Einlageverpflichtung hinausgehende Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust des Unternehmens vereinbart werden. Dabei gilt grundsätzlich, je höher die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust und vor allem an den stillen Reserven/dem Firmenwert des Handelsgewerbes desto mehr Mitunternehmerrisiko trägt der stille Gesellschafter im steuerrechtlichen Sinne.

2.2. Gesellschaftliche Beteiligung

Im Rahmen des gesetzlichen Ausgangsmodells der (typisch) stillen Gesellschaft führt der Inhaber sein Handelsgewerbe eigenständig weiter. Im Innenverhältnis ist der dabei an die Vereinbarungen mit dem stillen Gesellschafter gebunden. Dem stillen Gesellschafter stehen um die Einhaltung der Vereinbarungen überprüfen zu können die Kontrollrechte des § 233 HGB zu. Nach § 233 Abs. 1 HGB ist der stille Gesellschafter insbesondere dazu berechtigt, die Richtigkeit des Jahresabschlusses durch Einsichtnahme in die Bücher und Papiere des Unternehmens zu überprüfen.

Da die auf Gesetz beruhenden Kontrollmöglichkeiten jedoch sehr eingeschränkt sind, ist es durchaus möglich und in der Praxis verbreitet, dem stillen Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag weitergehende Rechte zu gewähren. Diese zusätzlichen Rechte können von Zustimmungserfordernissen für bestimmte Geschäfte, über die Erweiterung der Kontrollrechte, bis hin zu einer Geschäftsführungsbefugnis des stillen Gesellschafters für das Handelsunternehmen reichen. Falls die Rechtsform des Unternehmens eine Fremdgeschäftsführung nicht zulässt, kann auf eine hiervon unabhängige Vertretungsbefugnis des stillen Gesellschafters (z.B. Prokura) zurückgegriffen werden. Parallel zu den gesellschaftsvertraglichen Anpassungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Beteiligung des stillen Gesellschafters gilt auch in diesem Fall, dass größere Mitbestimmungs- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters zu einer größeren Mitunternehmerinitiative im steuerrechtlichen Sinne führen. Die gesellschaftsvertraglichen Anpassungen führen somit abermals zu einer Beurteilung als atypisch stille Gesellschaft.

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3. Regelungen für den Todesfall

Auch bezüglich des Ablebens der Gesellschafter sieht das HGB bestimmte Rechtsfolgen vor. Während der Tod des Unternehmers die Auflösung der stillen Gesellschaft zur Folge haben soll, gilt dies nicht für das Ableben des stillen Gesellschafters (vgl. § 234 Abs. 2 HGB). Wird der stille Gesellschafter durch mehrere Personen beerbt, tritt im Gegensatz zu anderen Personengesellschaften die Erbengemeinschaft direkt in die stille Gesellschaft ein. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist in diesen Fällen im Hinblick auf die stille Gesellschaft mit dem Unternehmen zu koordinieren. Wie die meisten anderen die stille Gesellschaft betreffenden gesetzlichen Vorschriften können jedoch auch die Rechtsfolgen des Todesfalles abweichend vereinbart werden. So ist sowohl die Fortsetzung der stillen Gesellschaft bei Ableben des Unternehmers als auch die Beendigung der stillen Gesellschaft aufgrund des Todes des stillen Gesellschafters denkbar.


4. Übertragbarkeit der Gesellschafterstellung

Mit Zustimmung des Geschäftsinhabers ist es dem stillen Gesellschafter möglich über seine Gesellschafterposition (in der stillen Gesellschaft) als Ganzes zu Verfügen. Hierdurch wird es ermöglicht die Beteiligung an der stillen Gesellschaft an Dritte zu Veräußern. Die Zustimmung zu der Übertragung kann der Inhaber auch bereits vorsorglich im Gesellschaftsvertrag erklären. Die Zustimmung kann dabei auf bestimmte individuell vereinbarte Personen/Personengruppen beschränkt werden.


5. Sonstige Vertragsregelungen bei der stillen Gesellschaft

Im Übrigen können (- und in der Regel – sollten) diverse andere Konstellationen vertraglich geregelt werden. Hierzu zählen z.B. besondere Entnahmerechte der Gesellschafter, Vergütungen von Arbeitsleistungen, mögliche Wettbewerbsverbote und vor allem auch die Kündigungsregelungen. Wie bei allen Gesellschaftsverträgen gilt auch für die stille Gesellschaft, dass die Gesellschaftsverträge die größtmögliche Rechtssicherheit nur bieten können, soweit sie auf die besonderen Umstände des Einzelfalls abgestimmt werden. Unsere Experten im Gesellschaftsrecht stehen Ihnen zu diesem Zweck gerne beratend zur Verfügung.


Steuerberater für Gestaltungsberatung

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung von Unternehmen spezialisiert. Bei der Gründung einer stillen Gesellschaft schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise auch in folgenden Bereichen:

  1. Beratung zur Abgrenzung von typisch und atypisch stillen Gesellschaften
  2. Nutzung von Gewerbesteuervorteilen bei der atypisch stillen Gesellschaft
  3. Umfassende Beratung zu allen Arten der stillen Gesellschaft

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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Wissenschaftliche Ausarbeitung zu den Unterschieden zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft

Als Lehrbeauftragte für Steuerrecht haben wir aufgrund der Praxisrelevanz dieses Themas zusammen mit Studierenden der FOM Hochschule eine wissenschaftliche Ausarbeitung erstellt. Wegen der hohen Nachfrage stehen Ihnen diese Forschungsergebnisse nachfolgend kostenlos zum Download zur Verfügung:

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