Wohnungsunternehmen

Wann liegt es vor?

Wohnungsunternehmen steuerfrei vererben und verschenken

Betriebsvermögen können in Deutschland ohne Erbschaft- und Schenkungsteuer auf andere Personen übertragen werden – entweder im Wege der Schenkung oder durch Erbanfall. Die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen greift dabei aber regelmäßig nur, soweit im Betrieb keine an fremde Dritte vermieteten Grundstücke enthalten sind. Ausgenommen von dieser Regelung sind allerdings die sogenannten Wohnungsunternehmen. Definiert in § 13b Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d ErbStG, liegen sie immer dann vor, wenn die Vermietungstätigkeit den Umfang einer reinen Vermögensverwaltung verlassen hat.

Liegt demnach ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, ist der Betrieb ein steuerfrei übertragbares Wohnungsunternehmen.

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Inhaltsverzeichnis


1. Grundsatz: die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen

Erbschaften und Schenkungen unterliegen in Deutschland der Besteuerung mit dem gemeinen Wert des übergehenden Vermögens. Dieser Grundsatz gilt auch für Betriebsvermögen, also beispielsweise den Wert

Dabei ist der Betriebsvermögenswert regelmäßig anhand des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu ermitteln. Der sich so ergebende gemeine Wert unterliegt dann der Besteuerung nach den §§ 12 und 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG. Dies gilt allerdings nur, soweit keine Steuerbefreiung greift.

Hinweis: Beim vereinfachten Ertragswertverfahren wird zunächst der Durchschnitt aus den letzten drei Jahresgewinnen (§§ 4 und 5 EStG) gebildet. Von diesem werden anschließend 30 % abgezogen (Abgeltung des Ertragsteueraufwandes). Auf den verbleibenden Durchschnittswert findet der Kapitalisierungsfaktor von 13,75 (§ 203 Absatz 1 BewG) Anwendung; der so ermittelte Wert ist der Betriebsvermögenswert. Auch Wohnungsunternehmen sind nach diesen Grundsätzen zu bewerten.

Eine solche finden wir für Betriebsvermögen in den §§ 13a und 13b ErbStG. Betriebsvermögen (Einzelunternehmen, gewerblich tätige Personen- und Kapitalgesellschaften) bleibt bei Erbschaft und Schenkung steuerfrei, wenn es zu weniger als 90 % aus sogenanntem Verwaltungsvermögen besteht. Ein anderer Begriff hierfür ist „nicht betriebsnotwendiges Vermögen“, zu dem – mit Ausnahme der genannten Wohnungsunternehmen – unter anderem fremdvermietete Grundstücke, Luxusgegenstände und Anteile an Kapitalgesellschaften gehören.

Der Gesetzgeber trennt also operatives Betriebsvermögen von reinem Verwaltungsvermögen und verhindert damit, dass Privatvermögen im „Mantel“ eines Gewerbebetriebes steuerfrei übertragen werden kann. Eine Rückausnahme gilt allerdings dann, wenn die Vermögensverwaltung einen Umfang annimmt, der über das übliche Maß hinausgeht. Ist die Vermietung also so umfangreich, dass sie selbst bereits eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, liegt ein steuerbegünstigtes Wohnungsunternehmen vor.

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2. Wohnungsunternehmen: Diese Voraussetzungen müssen vorliegen

Befinden sich in einem dem Grunde nach begünstigungsfähigen Betriebsvermögen nach § 13b Absatz 1 ErbStG fremdvermietete Grundstücke, sind diese zwar begünstigungsfähig, faktisch aber nicht begünstigt. Die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen ist für sie ausgeschlossen, weil nach § 13b Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 ErbStG sogenanntes Verwaltungsvermögen vorliegt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Grundstück, das der Unternehmer an fremde Dritte vermietet, nicht dem eigenen Unternehmen dient und damit nicht betriebsnotwendig im Sinne der Norm sein kann. Ausnahmen gelten nur für Wohnungsunternehmen und in bestimmten Konstellationen, etwa bei Vorliegen einer Betriebsaufspaltung.

Neben Grundstücken, die Dritten zur Nutzung überlassen sind, gehören folgende Wirtschaftsgüter zum Verwaltungsvermögen:

  • Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital 25 % oder weniger beträgt
  • Kunstgegenstände, Oldtimer und andere Gegenstände, die typischerweise der privaten Lebensführung dienen
  • Wertpapiere (Aktien), wenn sie nicht dem Hauptzweck eines Gewerbebetriebes (etwa einer Bank nach § 1 Absatz 1 KWG) dienen
  • Bankguthaben und Forderungen (Finanzmittel), soweit ihr Wert mehr als 15 % des Betriebsvermögenswertes beträgt

In § 13b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe d ErbStG ist die Ausnahme für Wohnungsunternehmen normiert. Denn Wohnungen stellen erst dann kein Verwaltungsvermögen mehr dar, wenn sie eine gewisse Bedeutung für den Gewerbebetrieb haben – das heißt insbesondere, dass die Vermietung von Wohneinheiten das Hauptbetätigungsfeld des jeweiligen Betriebes darstellen muss. Gleichzeitig muss ein über die bloße Verwaltung hinausgehender, wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO vorliegen.

2.1. Voraussetzung 1: Überlassung von Wohnungen

Die übertragene Personen- oder Kapitalgesellschaft muss Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 BewG an Dritte überlassen. Eine Wohnung liegt nach dieser Norm immer dann vor, wenn

  • die Wohnfläche mindestens 20 Quadratmeter beträgt,
  • in ihr die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist, weil alle hierfür notwendgien Räumlichkeiten vorhanden sind, und
  • die Wohnung über einen separaten Zugang betreten werden kann, also insbesondere nicht lediglich in einem vollausgestatteten Zimmer („WG-Zimmer“) in einem Haus oder einer Wohnung besteht.

Wie viele Wohnungen die Gesellschaft überlässt, spielt keine Rolle. Die frühere Verwaltungsauffassung, nach der ein Wohnungsunternehmen nur bei Vermietung von mindestens 300 Wohneinheiten vorliegt, wurde infolge des BFH-Urteils vom 24.10.2017 (II R 44/15) aufgegeben.

Achtung: Ein Wohnungsunternehmen liegt nur vor, wenn die Überlassung der Wohnungen durch eine Personen- oder Kapitalgesellschaft erfolgt. Einzelunternehmen erfahren keine Begünstigung nach § 13b Absatz 4 ErbStG, und zwar selbst dann, wenn sie durch eine umfassende gewerbliche Betätigung den Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen haben (Beispiel: Hotelbetriebe).

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2.2. Voraussetzung 2: Hauptzweck der Gesellschaft

Die Vermietung von Wohnungen muss der Hauptzweck der jeweiligen Personen- oder Kapitalgesellschaft sein. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Gesellschaftszweck im Gesellschaftsvertrag entsprechend festgehalten wurde.

Kein Hauptzweck liegt demnach vor, wenn die Vermietung lediglich Nebenzweck des Unternehmens ist. Dies ist beispielsweise bei Bauträgern der Fall, die Immobilien grundsätzlich nur errichten und anschließend veräußern, bei fehlgeschlagener Veräußerung aber gelegentlich auch Vermietungsumsätze erzielen. Hier steht die Vermietung im Hintergrund, sodass kein Wohnungsunternehmen im Sinne des ErbStG vorliegen kann.

2.3. Voraussetzung 3: Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO

Die in der Praxis bedeutendste Voraussetzung für das Vorliegen eines Wohnungsunternehmens ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, da es in der Regel weder an der Wohnungsvermietung noch am Gesellschaftszweck scheitert. § 13b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe d ErbStG setzt voraus, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vorhanden und für die Erfüllung des Gesellschaftszwecks auch erforderlich ist.

Hinweis: „Erforderlich“ bedeutet, dass es ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgeschlossen ist, den Gesellschaftszweck zu verwirklichen. Hiermit möchte der Gesetzgeber verhindern, dass „pro forma“ ein entsprechender Betrieb „installiert“ wird, ohne tatsächlich erforderlich zu sein.

Nach § 14 AO setzt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb voraus, dass die Grenzen der reinen Vermögensverwaltung überschritten werden oder wurden. Dies ist nach der Rechtsprechung des BFH immer dann der Fall, wenn andere Leistungen als die Vermietung der Leistung insgesamt ihr Gepräge geben. Einkommensteuerlich läge in einem solchen Fall ein Gewerbebetrieb (§ 15 Absatz 1 Nummer 1 EStG) vor, der die Vermietungseinkünfte verdrängt (§ 21 Absatz 3 EStG). Denn hier, so der BFH, steht beim Wohnungsunternehmen nicht mehr die Vermögensanlage und -nutzung, sondern die aktive Tätigkeit im Vordergrund (BFH vom 18.04.2000, VIII R 68/98).

Diese Voraussetzung hielt der Bundesfinanzhof in den vergangenen Jahren unter anderem in folgenden Fällen für gegeben:

  • Der Vermieter übernimmt die regelmäßige Reinigung der vermieteten Wohnungen entweder selbst oder beschäftigt hierfür eigenes Personal
  • Die Räumlichkeiten werden entsprechend der persönlichen Wünsche des Mieters ausgestattet, etwa mit bestimmten Möbeln oder Kunstwerken
  • Der Vermieter übernimmt Sonderleistungen wie umfangreichere Reparaturen, für die eigentlich der Mieter aufkommen müsste, er kümmert sich um den Wechsel von Bettwäsche und reinigt die Fenster

Liegt nach diesen Grundsätzen einige originär gewerbliche Tätigkeit vor, ist ein Wohnungsunternehmen im steuerlichen Sinne gegeben. Die fremdvermieteten Immobilien stellen in diesen Fällen kein Verwaltungsvermögen mehr, sondern operatives Betriebsvermögen dar.

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3. Begünstigungen des § 13b ErbStG für Wohnungsunternehmen geschickt nutzen

Das Gesetz fordert für Wohnungsunternehmen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der für die Erfüllung des Gesellschaftszwecks „Vermietung von Wohnungen“ zwingend erforderlich ist. Es ist daher zweckmäßig, bereits bei Gründung einer entsprechenden Gesellschaft auf die Einhaltung des § 14 AO zu achten, um später die Begünstigungen des § 13b ErbStG in Anspruch nehmen zu können. Möglich ist auch eine nachträgliche Anpassung des Gesellschaftsvertrages und die Erweiterung des Leistungsspektrums der Personen- oder Kapitalgesellschaft.

Das Wohnungsunternehmen kann grundsätzlich auch kurz vor Übergabe entstehen, indem erst hier der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb etabliert wird. Denn die Voraussetzungen des § 13b Absatz 4 ErbStG müssen erst am Tag der Steuerentstehung, also bei Eintritt des Erb- oder Schenkungsfalls, vorliegen. Bestimmte Bestehensfristen sieht das Gesetz nicht vor.


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