Gemeiner Wert versus Teilwert

Wie unterscheiden sie sich?

Gemeiner Wert und Teilwert: Hier liegen die Unterschiede

Das Bewertungsgesetz (BewG) unterscheidet explizit zwischen gemeinem Wert und Teilwert. Beide Vorschriften sind Generalnormen, die greifen, wenn ein Einzelsteuergesetz wie das EStG keine konkrete Aussage zur Auslegung des Begriffes macht. Relevant sind die §§ 9 und 10 BewG außerdem in Erbschaftsfällen, da das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) für nahezu alle Wirtschaftsgüter auf das BewG verweist.

Unser Video:
Gemeiner Wert und Teilwert

In diesem Video erklären wir, welche Grundsätze nach dem BewG für den gemeinen Wert und den Teilwert gelten.

Inhaltsverzeichnis

1. Rechtliche Grundlagen: Wertansätze nach dem BewG

Im BewG hat der Gesetzgeber für alle denkbaren Wirtschaftsgüter sogenannte Bewertungsgrundsätze festgelegt. Sie greifen immer dann, wenn ein Einzelsteuergesetz entweder keine Anwendung findet oder zur konkreten Bewertung keine Aussagen trifft. In den §§ 9 und 10 BewG sind dabei die allgemeinen Grundlagen, die im gemeinen Wert und im Teilwert zum Ausdruck kommen, konkret normiert.

Wann Sie bewerten, regeln die jeweiligen Einzelsteuergesetze. Bei Erwerben von Todes wegen setzen Sie beispielsweise den gemeinen Wert des Vermögens am Todestag an (§ 11 in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG).

1.1. Der gemeine Wert nach § 9 BewG

Die Vorschrift des § 9 Absatz 1 BewG regelt, dass einer Bewertung grundsätzlich der gemeine Wert zugrunde gelegt wird, wenn keine andere Norm greift. Hier spricht der Gesetzgeber den „lex specialis“ zum Bewertungsgesetz an. Liegt der Bewertung etwa ein einkommensteuerlicher Sachverhalt zugrunde, schauen wir uns zuerst das Einkommensteuergesetz mit Nebengesetzen und Richtlinien an. Finden wir hier keine Regelung, greift das BewG.

Nach § 9 Absatz 2 BewG ist der gemeine Wert eines Wirtschaftsguts anhand des Preises, der im allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielbar wäre, zu bestimmen. „Allgemeiner Wirtschaftsverkehr“ bezeichnet dabei schlicht den öffentlichen Markt, an dem Verbraucher über Einzelhandel und Online-Shops teilnehmen können. Der gemeine Wert ist gleichzusetzen mit dem Verkehrswert, er schließt die Umsatzsteuer also mit ein (Bruttopreis).

Stellen Sie bei der Bewertung fest, dass es mehrere Marktpreise gibt, ermitteln Sie den gemeinen Wert anhand des Durchschnitts. Äußere Umstände, die den Wert beeinflussen, sind werterhöhend oder wertmindernd zu berücksichtigen (§ 9 Absatz 2 Satz 2 BewG). Dazu gehören beispielsweise:

  • Bodenverschmutzung bei einem bebauten oder unbebauten Grundstück
  • Beschädigungen, wenn sie Reparaturkosten verursachen (würden)
  • Preisdifferenzen, die nur durch eine feste Kaufpreiszusage entstanden sind

Beispiel zu Punkt drei: Ein Steuerpflichtiger hat sich die Garantie gesichert, Holz als Rohstoff für die nächsten zwei Jahre zum festen Preis von EUR 160,00 je Festmeter zu erwerben. Zwischenzeitlich steigt der Preis auf EUR 200,00 je Festmeter. Für die Bewertung nach § 9 Absatz 1 und 2 BewG ist dann nicht der zugesagte, sondern der tatsächliche Marktpreis relevant.

Nach § 9 Absatz 3 BewG darf eine persönliche Verfügungsbeschränkung (etwa durch Testament des Rechtsvorgängers) keinen Einfluss auf den gemeinen Wert haben.

Haben Sie Fragen zum
gemeinen Wert von Wirtschaftsgütern?

Unsere Kanzlei hat sich hierauf besonders spezialisiert. Vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Beratungstermin mit unseren Steuerberatern und Rechtsanwälten:

1.2. Der Teilwert nach § 10 BewG

Während § 9 BewG und die Grundsätze des gemeinen Wertes allgemein für sämtliche Vermögensgegenstände gelten, ist § 10 BewG deutlich spezifischer (lex specialis). Denn die Norm regelt den Teilwert – einen Begriff, der nur in Zusammenhang mit Unternehmen und deren Betriebsvermögen relevant ist.

Der Teilwert ist der Preis, den

zahlen würde, wenn er den Betrieb fortführt. Oft entspricht der Teilwert dem gemeinen Wert, da sich der Unternehmenskaufpreis üblicherweise an der Summe der Marktpreise der einzelnen Wirtschaftsgüter orientiert. Ein Fahrzeug ist beispielsweise nicht deshalb mehr oder weniger wert, weil es betrieblich genutzt wird.

Daher existiert § 10 BewG für Fälle, in denen ein Betriebserwerber einen anderen als den üblichen Marktpreis des Wirtschaftsgutes zahlen würde. Das ist zum Beispiel bei Einzelhandelsgeschäften der Fall.

Schauen wir uns dazu einen Gebrauchtwagenhändler an, der Fahrzeuge der gehobenen Mittelklasse kauft und verkauft. Der zu bewertende Wagen wurde für EUR 50.000 erworben, ein Weiterverkauf ist für EUR 65.000 (einschließlich der Umsatzsteuer) beabsichtigt:

  • Der gemeine Wert nach § 9 BewG liegt bei EUR 65.000, dem allgemeinen Marktpreis
  • Der Teilwert nach § 10 BewG beträgt hingegen EUR 50.000 bis EUR 64.999, da ein gedachter Betriebserwerber das Fahrzeug – um es mit Gewinn weiterverkaufen zu können – unterhalb des marktüblichen Preises erwerben würde

Die Definition des Teilwerts im BewG entspricht der in § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG).

Für Sie ebenfalls interessant:
Das Ertragswertverfahren

In diesem Video gehen wir auf das Ertragswertverfahren bei der Bewertung von Grundbesitz ein und zeigen, was es zu beachten gibt.

2. Der gemeine Wert in besonderen Fällen (§§ 11 bis 16 BewG)

Die §§ 11 bis 16 BewG regeln, wie der gemeine Wert in definierten Sonderfällen zu ermitteln ist:

  • Nach § 11 BewG setzen Sie Anteile an Kapitalgesellschaften, die an der Börse gelistet sind, mit dem jeweiligen Kurs am Stichtag an. Der gemeine Wert von nicht börsengelisteten Anteilen ist, sofern keine Vergleichswerte vorliegen, nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren zu berechnen (§ 11 Absatz 2 und § in Verbindung mit den §§ 199 fort folgende BewG)
  • § 12 BewG schreibt vor, dass Forderungen und Verbindlichkeiten mit dem jeweiligen Nennwert (gegebenenfalls umgerechnet in Euro) angesetzt werden. Unverzinsliche Forderungen und Schulden mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr werden nach § 12 Absatz 3 BewG abgezinst; dabei legen Sie einen Zinssatz von 5,5 % pro Jahr zugrunde
  • Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen sind nach § 13 BewG ebenfalls abzuzinsen, maßgeblich sind die jeweils geltenden Vervielfältiger, die das Bundesministerium der Finanzen (BMF) herausgibt (Anlage 9a zum BewG)
  • Für den Kapitalwert lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen (zum Beispiel Leibrenten) gilt ebenfalls die Maßgabe der Abzinsung; die Restlaufzeit ermitteln Sie hier allerdings anhand der vom BMF veröffentlichten, jeweils aktuellen Sterbetafel (§ 14 BewG)

Die genannten Vorschriften stellen einmal mehr leges specialis zu den Grundfällen des §§ 9 und 10 BewG dar. In der Praxis prüfen Sie, sollte eine der Normen infrage kommen, immer erst den lex specialis, bevor Sie zu den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen übergehen. Selbiges gilt bei der Bewertung von ganzen Betrieben, Mitunternehmer- und Kapitalgesellschaften, da Sie den gemeinen Wert hier in der Regel nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 bis 203 BewG) ermitteln.

Steuerberater für Unternehmensbewertung

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung im Unternehmensteuerrecht spezialisiert. Hierbei schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Erbschaft/Schenkung

  1. Beratung zum Erbschaftsteuerrecht (Freibeträge, Anzeigepflichten)
  2. Erstellung von Erbschaftsteuererklärungen
  3. Empfehlungen vor Schenkungen zu Lebzeiten
  4. Beratung zum internationalen Erbschaftsteuerrecht

Personengesellschaften

  1. Besteuerung von Personengesellschaften nach dem Transparenzprinzip
  2. Abgrenzung der GbR zur Bruchteilsgemeinschaft
  3. Haftung der Personengesellschafter

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

Standort
Köln

image Telefon: 0221 999 832-10 E-Mail: office@juhn.com Mo.-Fr.: 8:30 bis 18:00 Uhr

Standort
Düsseldorf

image Telefon: 0221 999 832-10 E-Mail: office@juhn.com Mo.-Fr.: 8:30 bis 18:00 Uhr

Standort
Frankfurt

image Telefon: 0221 999 832-10 E-Mail: office@juhn.com Mo.-Fr.: 8:30 bis 18:00 Uhr

Standort
Bonn

image Telefon: 0221 999 832-10 E-Mail: office@juhn.com Mo.-Fr.: 8:30 bis 18:00 Uhr

Standort
Dubai

image Telefon: 0221 999 832-10 E-Mail: office@juhn.com Mo.-Fr.: 8:30 bis 18:00 Uhr

Telefon-/ Videokonferenz

image Telefon: 0221 999 832-10 E-Mail: office@juhn.com Mo.-Fr.: 8:30 bis 18:00 Uhr