Die Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

Welche Gesellschafter können Einspruch einlegen?

Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

Die Einkünfte einer Personengesellschaft (GbR, OHG, KG) sind regelmäßig gesondert und einheitlich festzustellen. Da es hierbei – anders als etwa bei einer regulären Veranlagung zur Einkommensteuer – mehrere Beteiligte gibt, stellt sich die Frage, welche Gesellschafterin oder welcher Gesellschafter gegen den Feststellungsbescheid Einspruch einlegen darf. Bringen wir etwas Licht ins Dunkel und schauen uns einmal die Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung nach § 352 AO an!

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Einspruchsbefugnis in der AO

In diesem Video schauen wir uns die wichtigsten Grundlagen des Einspruchs und seine Rechtswirkungen an!

Inhaltsverzeichnis

1. Rechtsgrundlage: Einspruchsbefugnis nach der Abgabenordnung

Einkünfte, an deren Entstehung mehrere natürliche oder juristische Personen beteiligt sind, werden nach Maßgabe der §§ 179 Absatz 1 und 2 Satz 1 sowie 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a AO gesondert und einheitlich festgestellt. Das Finanzamt erlässt über die Einkünfte einer Personengesellschaft einen sogenannten Feststellungsbescheid. In ihm stellt es die Einkünfte der Gesellschaft insgesamt fest, verteilt sie auf die Gesellschafter und versendet Feststellungsmitteilungen (ESt4B) an die jeweiligen Wohnsitzfinanzämter der Gesellschafter.

Welche Einkunftsart dabei nach dem Einkommensteuerrecht gegeben ist, ist unerheblich. Es kommt lediglich auf die Beteiligung mehrerer Personen an einer steuerlichen Einkunftsquelle an.

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung ist den Steuerbescheiden gleichgestellt (§ 181 Absatz 1 Satz 1 AO). Gegen ihn ist daher der Einspruch statthafter Rechtsbehelf (§ 347 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO). Dem Grunde nach wäre daher jeder Gesellschafter einspruchsbefugt, was aber dazu führen könnte, dass

  • sich gegenseitig widersprechende Einsprüche beim Finanzamt eingingen,
  • zerstrittene Gesellschafter sich durch die Einlegung von Einsprüchen gegenseitig benachteiligen, und
  • es zu generellen Problemen bei der Auslegung des (gemeinsamen) Anliegens der Gesellschafter kommt.

Mit § 352 AO existiert daher eine Norm, die die Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung regelt. Sie ist inhaltsgleich zu § 48 FGO, wobei sich diese Vorschrift auf die Klagebefugnis bezieht. Der Finanzgerichtsweg ist dabei insbesondere bei der Anfechtung einer Einspruchsentscheidung gegeben.

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2. Die besondere Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

Nach § 352 AO steht nur bestimmten Gesellschaftern eine Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung zu. Dabei ist zwischen einer allgemeinen und der partiellen Befugnis, Rechtsmittel einzulegen, zu unterscheiden:

  • Allgemeine Einspruchsbefugnis: Ein Gesellschafter kann den gesamten Feststellungsbescheid anfechten. Eine Änderung kann sich zum Vor-, aber auch zum Nachteil der gesamten Gesellschaft auswirken
  • Partielle Einspruchsbefugnis: Der einzelne Gesellschafter kann den Feststellungsbescheid nur anfechten, soweit er ihn betrifft. Dies ist bei Personengesellschaften insbesondere im Hinblick auf Sonderbetriebsgewinne und -verluste sowie die entsprechenden Betriebsvermögenswerte relevant

2.1. Die allgemeine Einspruchsbefugnis

Grundsätzlich sind ausschließlich die zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Geschäftsführer einspruchsbefugt (§ 352 Absatz 1 Nummer 1 Alternative 1 AO). Dies sind beispielsweise

  • bei der GbR alle Beteiligten, soweit keine abweichende Regelung besteht (§ 709 Absatz 1 BGB),
  • bei der OHG die vertraglich bestimmten Personen oder ebenfalls alle Gesellschafter (§ 116 HGB) und
  • bei der KG die Komplementäre (§ 164 HGB).

Existieren keine zur Vertretung berufenen Geschäftsführer (zum Beispiel bei Erbengemeinschaften), findet § 352 Absatz 2 AO Anwendung (§ 352 Absatz 1 Nummer 1 Alternative 2 AO). Demnach darf der von den Gesellschaftern gemeinsam bestimmte Empfangsbevollmächtigte im Sinne des § 183 Absatz 1 Satz 1 AO Einspruch einlegen. Fehlt es an einer solchen Bestimmung, ist der fingierte oder vom Finanzamt bestimmte Gesellschafter einspruchsbefugt (§ 352 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 182 Absatz 1 Satz 2 bis 5 AO).

§ 352 Absatz 2 Satz 1 und 2 AO sind nur anwendbar, wenn das Finanzamt die Gesellschafter über die Einspruchsbefugnis bei der gesonderten Feststellung belehrt hat. Diese Belehrung erfolgt regelmäßig bereits bei Abgabe der Feststellungserklärung (siehe beispielsweise im amtlichen Vordruck der Erklärung unterhalb der Zeile 20).
Existiert weder ein Geschäftsführer noch ein Empfangsbevollmächtigter, kommt § 352 Absatz 1 Nummer 2 AO zur Anwendung. In diesen Fällen steht die Einspruchsbefugnis allen Gesellschaftern, die vom Feststellungsbescheid betroffen sind, zu.

Ausgeschiedene Gesellschafter erhalten mit § 352 Absatz 1 Nummer 3 AO eine gesonderte, allgemeine Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung. Diese besteht auch dann, wenn gegen sie ein Feststellungsbescheid zu ergehen hätte, dies aber nicht geschehen ist.

2.2. Partielle Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

Ungeachtet der genannten Vorschriften besteht eine partielle Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung, die jede Gesellschafterin und jeder Gesellschafter nutzen kann. Nach § 352 Absatz 1 Nummer 4 und 5 AO gilt dabei:

  • Jeder Gesellschafter kann seine Beteiligungsquote und die Verteilung der gesamten Einkünfte auf die Beteiligten anfechten. Er hat beispielsweise die Möglichkeit, geltend zu machen, dass er anders als vom Finanzamt festgestellt mit 60 % anstelle der angegebenen 50 % beteiligt ist
  • Jeder Gesellschafter kann die individuellen, nur ihn betreffenden, Feststellungen mit dem Einspruch angreifen

Mit § 352 Absatz 1 Nummer 4 und 5 AO stellt der Gesetzgeber sicher, dass – analog zum Einzelunternehmen – individuelle Feststellungen auch jederzeit durch den Betroffenen angreifbar sind. Bei Personengesellschaften sind die Normen regelmäßig mit Blick auf das Sonderbetriebsvermögen und die dazugehörige Gewinnermittlung relevant.

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