Vorsteuer bei Immobilien: § 15a UStG geschickt nutzen!
Käufe und Verkäufe von Immobilien sind grundsätzlich von der Umsatzsteuer ausgenommen. Wer ein Vermietungsobjekt erwirbt, hat daher meist keinen Anspruch auf Erstattung der beim Erwerb angefallenen Vorsteuerbeträge – doch es gibt Ausnahmen. Denn auf der einen Seite kann der Erwerber die Immobilie steuerpflichtig vermieten, auf der anderen Seite aber sogar Vorsteuer vom Voreigentümer erstatten lassen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 15a Absatz 10 UStG, der auf Geschäftsveräußerungen im Ganzen Anwendung findet.
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Inhaltsverzeichnis
1. Vorsteuer und Immobilien – wie passt das zusammen?
Erwerb und Vermietung von Immobilien sind nach § 4 Nummer 9 Buchstabe a und Nummer 12 Buchstabe a UStG steuerfrei. Durch die Steuerfreiheit der Vermietung steht dem Erwerber nach § 15 Absatz 2 UStG kein Vorsteuerabzug aus (beispielsweise)
- den Aufwendungen für eine rechtliche Beratung,
- angefallenen Notarkosten,
- Honoraren der beteiligten Makler und
- Sanierungsaufwendungen
zu. Denn die Vorsteuer „hängt“ bei Immobilien – wie bei anderen Umsätzen auch – an der Steuerpflicht der erbrachten Leistungen.
Es gelten allerdings diverse Ausnahmen. Einerseits gilt die Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 12 UStG nur für bestimmte Vermietungsleistungen, andererseits kann der Vermieter zur Umsatzbesteuerung optieren. Übt er die Option zur Steuerpflicht aus, ist die Vermietungsleistung keine steuerfreie im Sinne des § 4 UStG mehr. Dies führt zur Gewährung des Vorsteuerabzugs.
1.1. Ausnahmen von der Steuerbefreiung
Nach § 4 Nummer 12 Satz 2 UStG greift für bestimmte Vermietungsleistungen eine Rückausnahme. Insbesondere die folgenden Umsätze sind, abweichend vom Grundsatz der Steuerfreiheit, stets als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln:
- Überlassung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden. „Kurzfristig“ ist eine Vermietung, wenn sie auf maximal 6 Monate angelegt ist. Dies wiederum ergibt sich aus einem entsprechenden Mietvertrag, der eine entsprechende Maximallaufzeit vorsieht (Abschnitt 4.12.9 Absatz 1 UStAE)
- Vermietung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen, insbesondere Garagen und Parkflächen
- Überlassung von Betriebsvorrichtungen
In der Praxis ist es insbesondere die kurzfristige Überlassung an Fremde, die zu einer Steuerpflicht der Vermietung führt. Wird das Objekt beispielsweise als Ferienwohnung oder Hotel genutzt, kann der Eigentümer die Vorsteuer aus den die Immobilie betreffenden Kosten abziehen. Beherbergungsumsätze unterliegen nach § 12 Absatz 2 Nummer 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
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1.2. Option nach § 9 UStG nutzen – Vorsteuer für Immobilien geltend machen
Ist die Vermietung aufgrund einer Ausnahme nicht bereits originär steuerpflichtig, kann die Vermieterin oder der Vermieter in bestimmten Fällen die sogenannte Option ausüben. Voraussetzung für die Ausübung dieses Rechts ist nach § 9 Absatz 1 UStG, dass
- ein dem Grunde nach steuerfreier Umsatz nach § 4 Nummer 9 Buchstabe a (Verkauf) oder Nummer 12 Buchstabe a UStG (Vermietung) vorliegt,
- die Vermietung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgt und
- der unternehmerische Mieter das Vermietungsobjekt für steuerpflichtige Ausgangsumsätze oder für Umsätze, bei denen er selbst zur Umsatzbesteuerung optiert hat, nutzt.
Eine Zustimmung des Mieters ist nicht erforderlich. Indem der Vermieter zur Umsatzsteuer optimiert, bewirkt er steuerpflichtige Vermietungsumsätze und kann Vorsteuer in Zusammenhang mit der Immobilie nach § 15 Absatz 1 UStG abziehen. Für den Mieter ergibt sich keine Mehrbelastung, da er die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ebenfalls als Vorsteuer geltend machen kann.
2. Die Geschäftsveräußerung im Ganzen: Vorsteuer aus Immobilien nachträglich abziehen
Im Umsatzsteuerecht gilt der Grundsatz, dass nur der Unternehmer, der die Umsatzsteuer gezahlt hat, auch den korrespondierenden Vorsteuerabzug erhält. Von dieser Grundregel gelten allerdings Ausnahmen, die vor allem bei der sogenannten Geschäftsveräußerung zum Tragen kommen. Geregelt ist sie in § 1 Absatz 1a UStG.
2.1. Grundsatz der Geschäftsveräußerung im UStG
Nach § 1 Absatz 1a UStG gehört die Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht zu den steuerbaren Umsätzen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, finden sämtliche Vorschriften des UStG keine Anwendung und der Verkauf findet ohne Umsatzsteuer statt. Die Norm greift grundsätzlich auch bei Einbringung eines Unternehmens in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, wenn der Einbringende im Gegenzug Anteile oder ein anderes Entgelt erhält.
„Im Ganzen“ erfolgt die Geschäftsveräußerung, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf eine Erwerberin oder einen Erwerber übergehen (§ 1 Absatz 1a Satz 2 UStG). Bei Vermietungsunternehmen besteht die wesentliche Betriebsgrundlage in der Regel in einer oder mehreren Immobilien. Jede Immobilie ist dabei für sich selbst „lebensfähig“ und gilt als Teilbetrieb, wenn die Vermietung unabhängig von anderen Objekten möglich ist.
Beispiel: Max vermietet drei Mehrfamilienhäuser, die alle von derselben Hausverwaltung verwaltet werden. Sie sind Unternehmensvermögen seines umsatzsteuerlichen Unternehmens „Wohnungsvermietung“. Betrachtet man jedes Objekt für sich, könnte es jeweils auch alleine, das heißt unabhängig vom Erwerb und der Nutzung der anderen beiden, vermietet und damit für unternehmerische Zwecke genutzt werden. Jedes Haus gilt damit als eigenständig übertragbarer Betrieb, der dem Grunde nach unter § 1 Absatz 1a UStG fällt (Abschnitt 1.5 Absatz 2 Satz 1 UStAE).
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2.1. Vorsteuer: Verkauf der Immobilien fällt unter § 15a Absatz 10 UStG
Liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, führt der Erwerber den sogenannten Berichtigungszeitraum nach § 15a Absatz 10 UStG fort. Er regelt die Berichtigung einer (noch nicht) geltend gemachten Vorsteuer und findet auf den Verkauf von Immobilien ebenfalls Anwendung. Der 10-Jahres-Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Nutzung der Immobilie.
Beispiel: Max hat das veräußerte Objekt am 01.01.2010 erworben und zum 31.12.2015 an Peter veräußert. Während Max das Gebäude steuerfrei vermietet hat, nutzt Peter es ab dem Erwerb für eine kurzfristige Vermietung als Ferienwohnung. Max hat insgesamt EUR 200.000 zuzüglich EUR 38.000 Umsatzsteuer in die Immobilie investiert. Peter investiert EUR 100.000 zuzüglich EUR 19.000 Umsatzsteuer.
Lösung: Innerhalb des 10-jährigen Berichtigungszeitraums wurde das Objekt 5 Jahre für steuerfreie und 5 Jahre für steuerpflichtige Umsätze verwendet. Dadurch ergeben sich bei Peter folgende Auswirkungen:
- Eigene Aufwendungen: Peter hat EUR 19.000 an Umsatzsteuer investiert und nutzt das Objekt ab Entstehung der Kosten ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze. Daher erhält er den vollen Vorsteuerabzug, kann sich also die gezahlten EUR 19.000 vom Finanzamt erstatten lassen
- Aufwendungen des Voreigentümers: Da Peter den Berichtigungszeitraum von Max fortführt, steht ihm bei einer Nutzungsänderung auch hieraus ein Vorsteuerabzug zu. Konkret kann er sich die Hälfte der von Max gezahlten Umsatzsteuer als Vorsteuer erstatten lassen. Denn Max hat für das Objekt keinerlei Vorsteuerabzug geltend gemacht, obwohl die Immobilie – betrachtet über 10 Jahre nach § 15a Absatz 1 UStG – zu 50 % der Zeit auch für steuerpflichtige Leistungen verwendet wurde
Auf diese Weise erhält Peter Vorsteuer für eine Immobilie, die er nie selbst als Umsatzsteuer abgeführt hat. Grund hierfür ist die Rechtsnachfolge, die durch den Erwerb des „Vermietungsunternehmens Mehrfamilienhaus“ eingetreten ist.
Neben ganzen Objekten findet § 15a UStG auch Anwendung, wenn nur Teile der Immobilie steuerpflichtig genutzt werden. Hier ist eine Aufteilung nach Nutzflächen vorzunehmen.
3. Vorsteuer aus Immobilien erstatten lassen und bares Geld sparen!
Durch § 15a Absatz 10 UStG ergeben sich gerade für Immobilienkäufer erhebliche Sparpotenziale. Denn je nachdem, wie lange die letzten Investitionen des Voreigentümers in der Vergangenheit liegen, kann die Erstattung der Vorsteuer aus der Immobilie durchaus als „Rabatt“ auf den Kaufpreis des Objektes betrachtet werden.
Dies zeigt das folgende Beispiel:
Ein privater Bauherr kauf ein unbebautes Grundstück und errichtet ein Vier-Parteien-Mehrfamilienhaus für EUR 2.000.000. Hinzu kommen EUR 380.000 an Umsatzsteuer, die über § 13b UStG vom Bauherrn abgeführt wurden.
Nach einer einjährigen Vermietung veräußert die Privatperson das Objekt an einen anderen Privatinvestor. Dieser führt nach § 15a Absatz 10 UStG das Vermietungsunternehmen fort und profitiert von 9/10 des Berichtigungszeitraums. Der Investor entscheidet sich, die Immobilie ab sofort für die Unterbringung von Monteuren an regionale Baufirmen zu vermieten und zur Umsatzbesteuerung zu optieren.
Der Investor kann nun in Höhe von EUR 342.000 eine Erstattung der Vorsteuer nach § 15a Absatz 1 UStG beantragen. Hinzu kommt der zukünftige Vorsteuerabzug für Bau-, Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen. Im Ergebnis ergibt sich ein „Rabatt“ auf den Kaufpreis, der bei rund 17 % liegt.
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