Halber Steuersatz für Freiberufler (und für Gewerbetreibende)
Als halber Steuersatz bezeichnet man umgangssprachlich eine einmalige Steuervergünstigung, die Unternehmerinnen und Unternehmer ab dem 55. Lebensjahr erhalten können, wenn sie ihr Unternehmen veräußern oder aufgeben. Auf diese Weise soll die finanzielle Absicherung des Lebensabends steuerlich erleichtert werden. Mit dieser Intention des Gesetzgebers im Hinterkopf, entwickeln wir hier ein Gestaltungsmodell für Freiberufler, mit dem man einerseits trotz Nutzung des halben Steuersatzes weiterarbeiten kann, gleichzeitig aber auch hohe Abschreibungen ansetzt, um die Einkommensteuer über mehrere Jahre hinweg zu minimieren. So versüßt man sich den Einstieg in den Ausstieg.
Unser Video:
Halber Steuersatz für Freiberufler
In diesem Video erklären wir, wie insbesondere Freiberufler ab 55 ihre Steuern einmalig optieren können.
Inhaltsverzeichnis
1. Halber Steuersatz – Einleitung
Wer ein Leben lang als Unternehmer gearbeitet hat, steht am Ende dieser Laufbahn vor der Frage, was aus dem Unternehmen werden soll, wenn man in den Ruhestand wechselt. Meistens kommt es zur einen oder anderen Form der Unternehmensnachfolge. Allerdings ist das nur durch eine Beendigung oder Übertragung des Unternehmens möglich. Und darauf fällt bekanntlich Steuer an. Da aber insbesondere der Verkaufserlös gleichzeitig einen Teil zur finanziellen Altersvorsorge beisteuern soll, hat sich der Gesetzgeber etwas Besonderes einfallen lassen. Im Allgemeinen nennt man es halber Steuersatz. Mit anderen Worten: wer vor dem altersbedingt eintretenden Ruhestand das eigene Unternehmen veräußert, braucht nur die halbe Steuer zu zahlen.
2. Halber Steuersatz – gesetzliche Grundlagen
Bevor wir nun genauer betrachten, wie ein halber Steuersatz in der Praxis konkret zur Anwendung kommt, wollen wir uns auf die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen berufen. Dazu lesen wir in § 34 Absatz 3 EStG alle Details, die hierfür erforderlich sind. So ist einerseits ein Lebensalter der Steuerpflichtigen, die den halben Steuersatz nutzen wollen, von 55 Jahren vorgeschrieben. Alternativ kommt der halbe Steuersatz auch bei Steuerpflichtigen zur Anwendung, die im Sinne des Sozialversicherungsrechts dauerhaft berufsunfähig sind.
Als weitere Voraussetzung gilt, dass der halbe Steuersatz nur auf einen einzigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn anwendbar ist. Sollten also mehrere derartige Unternehmensveräußerungen einer Besteuerung unterliegen, dann muss sich die steuerpflichtige Person aktiv entscheiden, für welchen der Gewinne der halbe Steuersatz gelten soll. Also ist der halbe Steuersatz ein Steuerprivileg, das man nur einmal im Leben nutzen darf.
Weiterhin sei erwähnt, dass die Bezeichnung halber Steuersatz ein wenig ungenau, weil veraltet, ist. Tatsächlich beträgt der halbe Steuersatz derzeit 56 % des durchschnittlich anwendbaren Steuersatzes, mindestens jedoch 14 %. Und es gibt inzwischen eine Obergrenze zur Gewinnhöhe, die man mit dem halben Steuersatz senken darf. Sie beträgt EUR 5.000.000. Last, not least, ein halber Steuersatz ist beim Finanzamt nur auf Antrag erhältlich.
Um die Rechtsgrundlagen ganz genau zu zitieren, muss man auch auf § 16 EStG verweisen. Denn hier ist die Besteuerung des Gewinns aus dem Verkauf eines Betriebs geregelt. Somit bezieht sich die korrekte Vorschrift in Hinsicht auf den halben Steuersatz auf § 16 in Verbindung mit § 34 Absatz 3 EStG.
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3. Halber Steuersatz – unser Gestaltungsmodell
Mit diesem Hintergrundwissen sind wir gut gerüstet, um nun ein Gestaltungsmodell zu wagen, bei dem der halbe Steuersatz die Schlüsselrolle spielt. Dazu nehmen wir am besten einen Freiberufler, denn für diese Unternehmer lohnt sich der halbe Steuersatz in unserem Modell ganz besonders. Später führen wir aber auch noch aus, wie auch Gewerbetreibende dieses Modell für sich nutzen können, wenn auch mit einem geringeren Vorteilspotential.
3.1. Halber Steuersatz bei Freiberuflern
Nehmen wir also an, Frau Bau ist Architektin und gerade 55 Jahre jung geworden. Als Freiberuflerin führt sie ihr eigenes Architekturbüro, das sie vor ihrem Ruhestand veräußern möchte. Allerdings plant sie noch einige Jahre weiter zu arbeiten. Dazu empfehlen wir Frau Bau bereits jetzt ihr Architekturbüro zu veräußern und zwar an eine von ihr zuvor zu diesem Zweck gegründete GmbH. Tatsächlich sollte der Verkaufspreis angemessen sein, was bedeutet, dass auch fremde Dritte den gleichen Preis beim Erwerb ihres Architekturbüros ansetzen würden.
Da Frau Bau alle Voraussetzungen zum Erhalt des halben Steuersatzes erfüllt, kann sie nun den Antrag nach § 34 Absatz 3 Satz 1 EStG beim Finanzamt stellen. Gehen wir einfach davon aus, dass es Frau Bau glückt, den maximalen Gewinn von EUR 5.000.000, den man mit dem halben Steuersatz optimieren kann, anzusetzen. Regulär würde das Finanzamt hierauf einen persönlichen Steuersatz von 45 % ansetzen. Die Steuer würde dann EUR 2.250.000 betragen. Doch aufgrund von Frau Baus Antrag korrigieren wir nun den Betrag auf EUR 1.260.000.
Zwar mag diese Steuer auf den ersten Blick unsinnig erscheinen, denn wir versteuern an dieser Stelle gewissermaßen einen Gewinn, den man noch hätte hinauszögern können. Aber sehen wir nun, warum es dennoch steuerlich vorteilhaft ist, den halben Steuersatz bereits jetzt zu nutzen.
Denn nun kann die neu gegründete GmbH die Anschaffungskosten Jahr für Jahr steuerlich abschreiben. Da es sich um den Erwerb eines freiberuflichen Büros handelt, kann die GmbH den Kaufpreis bereits im Laufe von nur drei bis fünf Jahren abschreiben. Und das ist ein enormer steuerlicher Vorteil, denn die Abschreibung senkt die laufenden Gewinne derart stark, dass in diesem Zeitraum praktisch keine Steuern anfallen.
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3.2. Halber Steuersatz bei Gewerbetreibenden
Das gleiche Gestaltungsmodell kann man auch bei Gewerbetreibenden anwenden, die die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 34 Absatz 3 EStG erfüllen. Allerdings schreibt man den erworbenen Unternehmenswert in diesem Fall über einen Zeitraum von 15 Jahren ab. Wenn man also bedenkt, dass die steuerpflichtige Person dieses Modell im Alter von 55 Jahren anwendet, dann hat sich die Abschreibung erst dann vollständig ausgezahlt, wenn die Person 70 Jahre alt wird. Darum ist es eher unwahrscheinlich, dass gewerbliche Unternehmer dieses Gestaltungsmodell nutzen.
Ungeachtet dessen ist auch für sie der halbe Steuersatz als Steuerprivileg sehr attraktiv, wenn auch nur in der vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehenen Weise.
4. Halber Steuersatz – weitere Gestaltungsmöglichkeiten
An das Gestaltungsmodel, das auf dem Ansatz halber Steuersatz basiert, kann man idealerweise eine weitere Gestaltungsoption anknüpfen. So kann man den Kaufpreis für das Unternehmen als Darlehen gegenüber der eigenen GmbH ansetzen, sodass die GmbH eine Kaufpreisverbindlichkeit trifft. Statt nun jährlich ihre Gewinne an die steuerpflichtige Person auszuschütten, können nun die Gewinne zur Tilgung dieser Verbindlichkeit dienen. Der steuerliche Vorteil dabei ist, dass Tilgungsleistungen keine steuerlichen Konsequenzen haben; sie sind steuerfrei. Auf diese Weise erhalten Anteilseigner über Jahre hinweg steuerfreie Zahlungen von ihrer Gesellschaft. Hätten sie hingegen ihr freiberufliches oder auf andere Weise selbständiges Unternehmen weitergeführt, wäre weiterhin jährlich Einkommensteuer angefallen. Doch nun haben wir die Gewinne in steuerfreie Tilgungsleistungen umgewidmet.
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5. Halber Steuersatz – Schlussanmerkungen
Eine fundierte Gestaltungsberatung kann mitunter zu enormen steuerlichen Vorteilen führen. In diesem Beispiel konnten wir eindrücklich demonstrieren, dass wir als Steuerberatungskanzlei auf vielfältige Weise Steuergesetze zum Vorteil unserer Mandanten anzuwenden verstehen. Dabei sind wir uns stets des Risikos bewusst, das durch Gestaltungsmissbrauch droht. Folglich stellen wir unsere Gestaltungen stets mit einem soliden Fundament auf, mit dem wir Gestaltungsmissbrauch bereits im Ansatz ausschließen. Schließlich ist es ja im Interesse unserer Mandanten, dass sich ihre Investitionen in eine gleichermaßen fachkundige wie praxistaugliche Gestaltungsberatung tatsächlich finanziell lohnen.
Wenn also auch Sie sich für eine solche oder eine andere Steuergestaltung interessieren, dann wählen Sie jetzt eine der verschiedenen Möglichkeiten, um mit uns in Kontakt zu treten. Gerne vereinbaren wir einen Erstberatungstermin, um mit Ihnen die Möglichkeiten weiterer Steueroptimierungen auszuloten.
Steuerberater für Freiberufler und gewerbliche Unternehmer
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zum Unternehmensteuerrecht spezialisiert. Bei der Nutzung des halben Steuersatzes schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:
Unternehmensverkauf
- Beratung beim Unternehmensverkauf durch Nutzung der Vorteile beim Share Deal
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Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:
Lehrauftrag für Unternehmensteuerrecht
Unsere besonderen Expertisen für Steuergestaltung werden auch durch die FOM Hochschule bestätigt. Steuerberater Christoph Juhn wurde dort zum Lehrbeauftragten für Steuerrecht berufen und lehrt seit dem Wintersemester 2013 die Veranstaltung „Steuergestaltung (3) Unternehmenskauf und -verkauf“. Das vorlesungsbegleitende Skript stellen wir Ihnen hier gerne vorab als Information zum kostenlosen Download zur Verfügung (Hinweis zur Anwendung des halben Steuersatzes auf Folie 9):
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