Entstehung der Umsatzsteuer

Wann entsteht die Steuer?

Entstehung der Umsatzsteuer – Ist- vs. Sollversteuerung

Steht der schlussendliche Steuerbetrag, der sich aus den §§ 10 und 12 UStG ergibt, einmal fest, stellt sich abschließend noch die Frage nach der Entstehung der Umsatzsteuer. Sie ergibt sich aus § 13 UStG, jeweils in Verbindung mit den Vorschriften zur Ist- sowie Sollversteuerung. Darüber hinaus regelt die Norm einige Sonderfälle, wobei hier auch § 13b UStG (Reverse Charge) eine Rolle spielt. Wir geben einen Überblick!

Unser Video:
Ist- und Sollversteuerung von Umsätzen

In diesem Video zeigen wir, in welchem Zeitpunkt die Umsatzsteuer je nach Besteuerungsart entsteht.

Inhaltsverzeichnis

1. Grundsatz: Entstehung der Umsatzsteuer nach § 13 UStG

In § 13 UStG ist die grundlegende Entstehung der Umsatzsteuer geregelt. „Entstehung“ ist dabei gleichzusetzen mit dem Aufleben des fiskalischen Anspruchs auf Entrichtung des offenen Steuerbetrages im Sinne des § 38 AO. Auch die nach § 15 UStG als Vorsteuer abziehbare Umsatzsteuer entsteht im entsprechenden Zeitpunkt, weil diesen Steuerbeträgen ebenfalls eine Lieferung oder sonstige Leistung zugrunde liegt. Der tatsächliche Abzug der Vorsteuer ist allerdings erst mit Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung möglich (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG).

Nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 UStG entsteht die Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen (§ 3 Absatz 1 und 9 UStG)

  • bei Versteuerung nach vereinbarten Entgelten im Sinne des § 16 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt wurde.
  • bei Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten im Sinne des § 20 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt wurde.
  • bei Unternehmern aus dem Drittlandsgebiet, die im Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen erbringen (§ 18 Absatz 4c UStG) mit Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalenderjahres), in dem die jeweilige Leistung erbracht wurde.

Welcher Voranmeldungszeitraum gilt (Monat, Quartal oder Jahr), richtet sich nach § 18 Absatz 2 Satz 1 bis 3 UStG. Beträgt die Steuer für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr

  • weniger als EUR 1.000, ist Voranmeldungszeitraum das Kalenderjahr.
  • mehr als EUR 1.000, aber weniger als EUR 7.500, ist das Quartal Voranmeldungszeitraum.
  • EUR 7.500 oder mehr, ist Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat.

Relevant ist bei der Entstehung der Umsatzsteuer insbesondere die Unterscheidung zwischen Ist- sowie Sollversteuerung.

1.1. Ist-Versteuerung: vereinnahmte Entgelte nach § 20 UStG

Ein Unternehmer kann beim zuständigen Finanzamt beantragen, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten abzuführen. Die sogenannte Ist-Versteuerung ist dabei mit dem Zuflussprinzip des § 11 Absatz 1 Satz 1 EStG vergleichbar. Zu einer Entstehung der Umsatzsteuer kommt es erst, wenn der Unternehmer das Entgelt im Sinne des § 10 UStG tatsächlich vereinnahmt hat (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b UStG).

Das Finanzamt darf dem Antrag nur stattgeben,

  • wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr maximal EUR 600.000 betragen hat,
  • der Unternehmer von der Verpflichtung, Bücher zu führen (§§ 140 und 141 AO) befreit ist, oder
  • soweit die Umsätze aus einer freiberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 1 EStG stammen (§ 20 Absatz 1 Satz 1 UStG).

Beispiel: Unternehmer U, der monatlich Voranmeldungen abgibt, stellt dem Kunden K am 30.05.2023 EUR 5.950 in Rechnung. K überweist den Rechnungsbetrag am 05.06.2023. Die Steuer entsteht entsprechend § 20 UStG im Voranmeldungszeitraum Juni.

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1.2. Soll-Versteuerung: vereinbarte Entgelte nach § 16 UStG

Während die Ist-Versteuerung mit der EÜR vergleichbar ist, entspricht die Soll-Versteuerung nach § 16 UStG der Bilanzierung. Sie stellt den Standardfall dar, wenn der Unternehmer keinen entsprechenden Antrag stellt. Bei der Soll-Versteuerung entsteht die Steuer mit der jeweiligen Ausführung der Leistung (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a UStG). Keine Rolle spielt indes, wann die Zahlung des Kunden beim Unternehmer eingeht. Die Steuer auf Anzahlungen entsteht auch bei der Soll-Versteuerung bereits mit Vereinnahmung der Anzahlung (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4 UStG).

Eine Lieferung oder sonstige Leistung ist ausgeführt, wenn der leistende Unternehmer seine vertraglichen Pflichten im Wesentlichen erfüllt hat. Die Leistung muss als wirtschaftlich „Ganzes“ abgeschlossen sein. Bei Lieferungen ist hiervon regelmäßig dann auszugehen, wenn der Empfänger die Verfügungsmacht über den entsprechenden Gegenstand erlangt hat (Abschnitt 13.1 Absatz 2 Satz 1 und 2 sowie Absatz 3 Satz 1 UStAE).

Beispiel: Wie oben, U wendet allerdings die Soll-Versteuerung an. Die in der Rechnungssumme von EUR 5.950 enthaltene Umsatzsteuer (EUR 950) entsteht im Voranmeldungszeitraum Mai; sie ist mit der entsprechenden Voranmeldung zu erklären und an das Finanzamt abzuführen.

1.3. Entstehung der Umsatzsteuer in besonderen Fällen

Neben den genannten „Klassikern“ gelten für die Entstehung der Umsatzsteuer in folgenden Fällen einige Besonderheiten:

  • § 13 Absatz 1 Nummer 2 UStG: Die Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben (§ 3 Absatz 1b und 9a UStG) entsteht im Voranmeldungszeitraum der Ausführung
  • § 13 Absatz 1 Nummer 3 UStG: Umsatzsteuer im Sinne des § 14c UStG (zu hoch oder zu Unrecht ausgewiesene Steuerbeträge) entsteht mit Ausgabe der Rechnung
  • § 13 Absatz 1 Nummer 5 UStG: Ändert sich die Bemessungsgrundlage und damit der Steuerbetrag im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 6 UStG, entsteht die Steuer im Voranmeldungszeitraum, in dem diese Änderung eintritt
  • § 13 Absatz 1 Nummer 6 UStG: Die Umsatzsteuer auf innergemeinschaftliche Erwerbe entsteht mit Ausstellung der Rechnung, spätestens aber in dem Monat, der auf den Erwerb folgt

Gilt ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch § 3d Satz 2 UStG als im übrigen Gemeinschaftsgebiet bewirkt, liegt kein steuerbarerer Umsatz vor. Weist der Unternehmer aber nach, dass er den Erwerb in Deutschland versteuert hat (§ 3d Satz 1 UStG), besteht hierin die Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 17 Absatz 2 Nummer 4 UStG). Die Steuer entsteht dann nach § 13 Absatz 1 Nummer 5 UStG.  

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2. Sonderfall: Entstehung der Umsatzsteuer nach § 13b UStG

Da wir dem Reverse-Charge-Verfahren bereits einen eigenständigen Beitrag gewidmet haben, beziehen wir uns hier nur auf die Entstehung der Umsatzsteuer. Nach § 13b Absatz 1 UStG entsteht die Steuer im Voranmeldungszeitraum der Ausführung, wenn ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer eine nach § 3a Absatz 2 UStG (B2B-Umsatz) im Inland steuerpflichtige sonstige Leistung erbringt.

Beispiel: Der deutsche Unternehmer U beauftragt den polnischen Logistikunternehmer L mit dem Transport von Waren. L erbringt an U eine nach § 3 Absatz 9 UStG steuerpflichtige Leistung, die am Ort des Empfängers (in Deutschland) ausgeführt wird. Damit findet § 13b Absatz 1 UStG Anwendung.

Für die folgenden steuerpflichtigen Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens aber im Folgemonat der Ausführung:

  • Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland (EU-Ausland und Drittland) ansässigen Unternehmers (§ 13b Absatz 2 Nummer 1 UStG)
  • Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer, sofern der Lieferung kein Insolvenzverfahren zugrunde liegt (§ 13b Absatz 2 Nummer 2 UStG)
  • Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (regelmäßig nur bei Ausübung der Option nach § 9 Absatz 1 und 2 UStG steuerpflichtig (§ 13b Absatz 2 Nummer 3 UStG)
  • Bauleistungen und Werklieferungen im Zusammenhang mit Grundstücken; hierzu gehören insbesondere Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung oder dem Rückbau von Gebäuden dienen (§ 13b Absatz 2 Nummer 4 UStG)

Steuerschuldner ist der Empfänger der jeweiligen Leistung (§ 13b Absatz 5 Satz 1 und 2 UStG).

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  1. Umsatzsteuerliche Bewertung des Share Deals und Asset Deals
  2. Beurteilung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
  3. Durchführung der Vorsteuerabzugsberichtigung nach § 15a UStG
  4. Ausarbeitung von Vermeidungsstrategien für den Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO
  5. Beurteilung von Optionsmöglichkeiten nach § 9 UStG
  6. Begründung umsatzsteuerlicher Organschaften

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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