Auch, wenn die Frist zur Einlegung der Klage verstrichen ist, gibt es eine Möglichkeit, dennoch eine Entscheidung in der Sache zu erhalten. Dazu ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nötig. Wir erklären, welche Rechtsfolgen daran geknüpft sind und welche Voraussetzungen die Wiedereinsetzung hat.

Unser Video: Bundesfinanzhof: Ablauf der FG-Klage und der Revision beim BFH

In diesem Video erklären wir, den finanzgerichtlichen Instanzenzug.

Inhaltsverzeichnis


1. Relevanz der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Rechtsbehelfe sind grundsätzlich in bestimmten Fristen einzulegen. Jedoch kann es sein, dass es dem Steuerpflichtigen unmöglich war, die Rechtsbehelfsfrist einzuhalten. In diesem Fall kann ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Auch die rechtsmittelführende Behörde kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erheben.

Die Wiedereinsetzung hat zur Folge, dass die nachgeholte Prozesshandlung als fristgerecht bewirkt gilt. Dadurch ist die Bestandskraft oder Rechtskraft rückwirkend beseitigt. Kann die Wiedereinsetzung bei versäumter Klagefrist nicht gewährt werden, so ist die Klage unzulässig.

Geregelt ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in dem § 56 FGO für gesetzliche Fristen nach der FGO. Für die gesetzlichen Fristen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, einschließlich des Einspruchsverfahrens kommt demgegenüber der § 110 AO in Betracht.

2. Klagefrist

Bei Anfechtungsklagen und Verpflichtungsklagen beträgt die Klagefrist gemäß § 47 Absatz 1 FGO einen Monat. Dabei beginnt sie grundsätzlich mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Zur Wahrung dieser Frist muss die Klageschrift bis zum letzten Tag der Frist um 24 Uhr dem zuständigen Finanzamt zugehen. Dabei ist die Klageschrift zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Finanzamts gelangt, dass der Amtswalter Kenntnis nehmen kann. Die elektronisch übermittelte Klage ist gemäß § 53a Absatz 5 Satz 1 FGO eingegangen, sobald das Dokument auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Geräts gespeichert ist. Daraufhin ist dem Absender der elektronischen Klage der Eingangszeitpunkt vom Gericht zu bestätigen. 

§ 47 Absatz 2 FGO erleichtert das Verfahren. Demnach ist die Klagefrist auch dann gewahrt, wenn die Klage rechtzeitig bei der Ausgangsbehörde oder Rechtsbehelfsbehörde angebracht wird. Dafür genügt, dass die Klage in einem verschlossenen und postalisch an das Finanzgericht adressierten Briefumschlag in den Briefkasten des Finanzamts eingeworfen oder beim Finanzamt abgegeben wird.

Ist dem angefochtenen Verwaltungsakt oder der angefochtenen Rechtsbehelfsentscheidung keine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, so läuft die Klagefrist gemäß § 55 Absatz 1 FGO nicht.

Keine Fristen gibt es für die Einlegung von Leistungsklagen und Feststellungsklagen. Jedoch ist auch der Einspruch gegen den Steuerbescheid im außergerichtlichen Verfahren innerhalb einer Monatsfrist nach Bekanntgabe des Steuerbescheids einzulegen.

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3. Voraussetzungen für Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

3.1. Gesetzlich versäumte Frist 

Um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren zu können, muss eine gesetzliche Frist versäumt worden sein. Auf diese versäumte Frist ist das Begehren dann auch zu präzisieren.

Fristversäumung setzt voraus, dass die maßgebliche Frist wirksam in Lauf gesetzt wurde und das Fristende überschritten ist, ohne dass die jeweilige Prozesshandlung vorgenommen wurde.

3.2. Ohne Verschulden

Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist weiterhin, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist einzuhalten. Dabei schließt jedes Verschulden und damit auch einfache Fahrlässigkeit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Kläger muss sich das Verschulden seines Bevollmächtigten gemäß §§ 155 FGO, 85 Absatz 2 ZPO in der Regel zurechnen lassen. Auch die Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten ist ihm daher zuzurechnen. Jedoch sind ihm Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post nicht zuzurechnen.

3.3. Kausalität

Das Hindernis muss für die Fristwahrung ursächlich geworden sein. Entfällt das Fristwahrungshindernis schon vor dem Ablauf der gesetzlichen Frist fehlt es an der Kausalität. Dann kann aber die Kürze der Restfrist als neues Hindernis gelten.

3.3. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Zudem muss der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt haben. Die zur Begründung des fehlenden Verschuldens dienenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung kann jedoch auch im weiteren Verfahren erfolgen. Zum Tatsachenvortrag gehört, dass der Antragsteller substantiiert, schlüssig, widerspruchsfrei und im Wesentlichen vollständig vorträgt, was die Fristversäumung erklären und entschuldigen soll. Zum schlüssigen Vortrag derartiger Tatsachen ist das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, genau zu beschreiben und die Ereignisse, die das Unverschulden begründen sollen, darzulegen.
Der Antrag kann auch gestellt werden, wenn bereits eine Entscheidung, die auf die Säumniswirkung gestützt ist, ergangen ist. Die Wiedereinsetzung kann diese Entscheidung rückwirkend beseitigen. 

Jedoch ist die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag zulässig, wenn die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt wird. Damit ist aber lediglich der Antrag ersetzt. Die Rechtsprechung verlangt daher, dass der Antragsteller die Wiedereinsetzungsgründe auch dann innerhalb der Frist vorträgt und im Verfahren glaubhaft macht. 

Allenfalls im Ausnahmefall, ist die Wiedereinsetzung auch von Amts wegen geboten, wenn nicht anzunehmen ist, dass Wiedereinsetzung ausnahmsweise nicht gewollt ist, und wenn die Umstände des Falls Wiedereinsetzungsgründe vermuten lassen.

Über die Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. 

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3.4. Frist zur Antragstellung

Darüber hinaus gibt es eine Antragsfrist. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Bei der Versäumung der Frist zur Begründung beträgt die Frist jedoch einen Monat. Dem Zeitpunkt des Wegfalles des Hindernisses steht der Zeitpunkt gleich, ab dem ein fortbestehendes Hindernis nicht mehr unverschuldet ist. Wird die Frist unverschuldet versäumt kann insoweit erneut ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden. Der Kern der Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung ist innerhalb der Frist abzugeben. 

Nach Ablauf der Frist werden nur noch solche Ausführungen berücksichtigt, die unklare Angaben erläutern oder unvollständige Angaben ergänzen. Wesentlich neue Gründe werden hingegen nicht berücksichtigt.

Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung unter Beachtung der dafür allgemein vorgesehenen Förmlichkeiten nachzuholen.

3.5. Ausschlussfrist

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann aber nicht gestellt werden, wenn seit dem Fristversäumnis ein Jahr vergangen ist. Diese Frist ist absolut und nicht wiederum von § 56 FGO erfasst. Bei höherer Gewalt gilt die Frist jedoch nicht. Der Begriff „höhere Gewalt“ ist enger als der Begriff ohne Verschulden. Unter höherer Gewalt ist danach ein Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe – also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung – zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte.

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4. Beispiele für Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Ein unverschuldetes Hindernis kann Krankheit des Betroffenen oder des Bevollmächtigten sein, wenn sie plötzlich und unvorhersehbar auftritt und so schwerwiegend ist, dass es für diesen unzumutbar ist, die Frist einzuhalten oder rechtzeitig einen Vertreter zu bestellen. 

Die Sorgfaltspflicht des Prozessbevollmächtigen verlangt in Fristsachen zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu Aufgaben gehört es daher, durch entsprechende Organisation dafür zu sorgen, die Fristen ordnungsgemäß einzutragen und zu beachten. Deswegen stellen Büroversehen in der Regel kein unverschuldetes Hindernis dar.

Wer die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des Nichteingangs eines angeblich rechtzeitig abgesandten fristgebundenen Schreibens begehrt, muss genau darlegen, welche Person zu welcher Zeit (Tag, Uhrzeit) in welcher Weise (Einwurf in einen bestimmten Briefkasten oder Abgabe bei einer bestimmten Postfiliale) den Brief, in dem sich das fristgebundene Schreiben befunden haben soll, zur Post gegeben hat.


Steuerberater und Rechtsanwälte für Steuerverfahrensrecht

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Beratung zum Steuerverfahrensrecht spezialisiert. Im Rahmen von Klageverfahren und Einspruchsverfahren schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Laufende Steuerberatung

  1. Steueranmeldung 
  2. Verjährung von Steueransprüchen
  3. Korrektur von Steuerbilanzen

Betriebsprüfung

  1. Ablauf und Verfahren bei der Betriebsprüfung
  2. Richtiges Verhalten bei der Betriebsprüfung
  3. Bedeutung der Compliance für die Betriebsprüfung

Einspruch/Klage

  1. Einspruch richtig einlegen
  2. Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
  3. Klage vor dem Finanzgericht
  4. Aussetzung des Verfahrens des Verfahrens im Finanzprozess
  5. Revision vor dem Bundesfinanzhof gewinnen
  6. Steuerrechtsweg zum  Bundesverfassungsgericht

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

Standort
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Wenn Sie ein Unternehmen erben, dann haften Sie für dessen Altverbindlichkeiten. Für das Einzelunternehmen ist die Haftung in § 27 HGB geregelt. Wir erklären, wann und in welchem Umfang Sie haften, wie Sie dies beschränken können und welche Methode am geschicktesten ist.

Unser Video: Unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3

In diesem Video erklären wir, wie Sie ein Unternehmen steuerneutral erben können.

Inhaltsverzeichnis


1. Unternehmen erben: Haftung des Erben

1.1. Unternehmen erben & erbrechtliche Haftung

Wenn Sie Erbe sind, so treten Sie im Wege der Universalsukzession in die Rechtsposition des Erblassers ein (§ 1922 BGB). Der Erbe haftet dabei schon erbrechtlich gemäß § 1967 BGB für alle Schulden des Erblassers mit seinem ganzen Vermögen. Daher haftet er auch für die Geschäftsverbindlichkeiten. Zu der Haftungsmasse gehört dabei sowohl das geerbte Vermögen, als auch sein Privatvermögen. Jedoch kann der Erbe seine Haftung auf den den Nachlass beschränken, in dem er Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragt (§§ 1975 ff. BGB). Zudem kann der Erbe die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB erheben.

1.2. Daneben: Handelsrechtliche Haftung

§ 27 HGB begründet eine strengere Haftung des Erben im Fall der Fortführung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma. Gemäß § 27 Absatz 1 HGB findet der § 25 HGB entsprechende Anwendung, wenn ein Handelsgeschäft zum Nachlass gehört und der Erbe es fortführt. In § 25 HGB ist die Haftung desjenigen geregelt, der ein Handelsgewerbe im Wege eines rechtsgeschäftlichen Erwerb übernimmt.

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2. Voraussetzungen der handelsrechtlichen Haftung

2.1. Handelsgeschäft im Nachlass

Der Erbe haftet für Altverbindlichkeiten vorerst nur dann, wenn das Handelsgeschäft auch tatsächlich zu dem Nachlass gehört.

Das Handelsgeschäft gehört dabei dann nicht zum Nachlass, wenn der Erbe die Erbschaft ausschlägt beziehungsweise die Annahme wirksam angefochten hat. In diesem Fall greift daher die Haftung nach §§ 27 Absatz 1, 25 HGB nicht ein. Hat der Erbe seine Haftung hingegen nur erbschaftsteuerlich beschränkt, so befindet sich der Betrieb dennoch weiterhin im Nachlass. Daher schließt die bloße erbschaftsteuerliche Beschränkung die handelsrechtliche Haftung nicht aus, weil Sie das Unternehmen weiterhin erben.

2.2. Fortführung des Betriebs und der Firma

Damit der Erbe nach § 27 Absatz 1, § 25 HGB haftet, muss er auch das Handelsgeschäft und die Firma fortführen. Ändert er hingegen die Firma, so trifft ihn die Haftung nicht. Dabei ist die Firma aber noch nicht dann geändert, wenn allein ein Nachfolgezusatz hinzugefügt worden ist. Vielmehr muss er prägende Merkmale der Firma, also des Namens des Unternehmens ändern.

3. Unternehmen erben und Haftung ausschließen

3.1. Einstellung des Betriebs, § 27 Absatz 2 HGB

Der Erbe kann die Haftung nach § 27 Absatz 1 HGB ausschließen. Dies kann er jedoch nicht durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz. Er wird nur dann frei, wenn er von den in § 27 Absatz 2, § 25 Absatz 2 HGB geregelten Haftungsbeschränkungen Gebrauch macht.

Nach § 27 Absatz 2 HGB tritt die unbeschränkte Haftung dann nicht ein, wenn der Erbe das Geschäft innerhalb von drei Monaten nach Kenntniserlangung von der Erbschaft einstellt. Eingestellt ist der Betrieb dann, wenn das Geschäft vollständig beendet ist oder der Betrieb an einen Dritten ohne Firma veräußert wird. Wird der Betrieb hingegen inklusive der Firma an einen Dritten weiterveräußert, so liegt keine Einstellung im Sinne des § 27 Absatz 2 HGB vor, da sich der Erbe dann gerade die Firma wirtschaftlich zunutze macht.

3.2. Problem: Nachträgliche Firmenänderung

Der Erbe kann den Betrieb aber auch zunächst unter der ursprünglichen Firma fortführen und erst nachträglich die Firma ändern. Es stellt sich dann die Frage, ob diese nachträgliche Firmenänderung auch eine Einstellung im Sinne des § 27 Absatz 2 HGB darstellt. Nach der herrschenden Auffassung stellt die nachträgliche Firmenänderung keine freiwillige Einstellung dar. Daher schließt die nachträgliche Firmenänderung die Haftung nicht aus. Deswegen gibt der § 27 Absatz 2 HGB dem Erben nicht die Möglichkeit, bei Betrieb des Unternehmens zu überdenken, ob der Vorteil der Firma den Nachteil der Haftung überwiegt. Er muss vielmehr vor der Fortführung des Betriebs beurteilen, ob er die Firma beibehält.

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Wir erklären, wie Kinder drei Jahre nach der Übertragung keine Steuern auf die Unternehmensgewinne zahlen müssen.

3.3. Eintragung des Haftungsausschlusses ins Handelsregister

Eine weitere Möglichkeit, die Haftung bei Fortführung des Handelsgewerbes unter der ursprünglichen Firma auszuschließen, könnte es sein, einen entsprechenden Haftungsausschluss in das Handelsregister einzutragen. Diese Möglichkeit gibt es bei dem rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Handelsgewerbes gemäß § 25 Absatz 2 HGB.

Da § 27 Absatz 1 HGB auf den gesamten § 25 HGB verweist, könnte die Möglichkeit auch für die Haftung bei Erwerb durch Erbschaft gelten. Dagegen spricht zwar, dass es bei der Haftung des Erben nach § 27 HGB anders als bei der Haftung nach § 25 HGB keine Weiterhaftung des Vorinhabers (Erblassers) gibt. Zudem sind in dem § 27 Absatz 2 HGB strengere Anforderungen an den Haftungsausschluss aufgeführt.

Jedoch gibt es keinen Grund dafür, den Erben schlechter zu stellen als den rechtsgeschäftlichen Erwerber. Insbesondere könnte er kurz vor dem Tod des Erblassers den Betrieb noch rechtsgeschäftlich erwerben und würde dann leichter beschränkt haften können. Zudem dient die Eintragung des Haftungsausschlusses in das Handelsregister auch der Rechtssicherheit der Gläubiger. Diese können sich durch einen einfachen Blick in das Register versichern, ob der neue Betriebsinhaber haftet oder nicht. Zudem gibt es trotz Wegfall des ursprünglichen Schuldners anstelle des Erblassers die Haftung des Erben nach dem bürgerlichen Recht. Der Erbe haftet dabei jedenfalls immer mit dem Nachlass, da die Haftung sich insoweit nicht beschränken lässt.

Daher lässt sich auch, wenn Sie ein Unternehmen erben, die Haftung nach § 27 Absatz 1 HGB durch Eintragung in das Handelsregister beschränken. Die dafür erforderliche abweichende Vereinbarung zwischen dem Erben und dem bisherigen Inhaber (also dem Erblasser) ist zwar, wegen des Todes des Inhabers nicht mehr möglich. Jedoch ist eine einseitige Erklärung des Erblassers ausreichend.

4. Zusammenfassung: Unternehmen erben und Haftung beschränken

Der Erbe eines Betriebs haftet für die Altverbindlichkeiten des Betriebes sowohl erbschaftsrechtlich als auch handelsrechtlich. Jedoch kann der Erbe seine Haftung zivilrechtlich auf den Nachlass beschränken. Das betrifft dann aber noch nicht die handelsrechtliche Haftung. Um auch handelsrechtlich nicht mehr für die Betriebsverbindlichkeiten haften zu müssen, muss der Erbe gleichzeitig die handelsrechtliche Haftung beschränken. Dazu kann er die Fortführung des Geschäfts innerhalb von drei Monaten einstellen oder einen Haftungsausschluss in das Handelsregister eintragen lassen.


Steuerberater und Rechtsanwälte für Unternehmer

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung für Unternehmen spezialisiert. Bei dem Erwerb eines Unternehmen durch Erbschaft schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Unternehmensfortführung

  1. Haftung bei Unternehmensfortführung begrenzen
  2. Nachfolge bei Unternehmen geschickt regeln durch Fortsetzungsklauseln

Erbschaftsteuer

  1. Steuerbefreiung für Betriebsvermögen
  2. Beratung zum Erbschaftsteuerrecht (Freibeträge, Anzeigepflichten)
  3. Erstellung von Erbschaftsteuererklärungen
  4. Bewertung der Anteile an Personengesellschaften bei der Erbschaftsteuer

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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Ein Steuerbescheid wird regelmäßig vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Doch was heißt das eigentlich, worunter unterscheiden sich die beiden Instrumente der Finanzverwaltung und welche Risiken können sich daraus für den Steuerpflichtigen ergeben? All diesen Fragen geht dieser Beitrag nach.

Unser Video: Änderung/Aufhebung von Steuerbescheiden

In diesem Video erklären wir, welche Möglichkeiten die Finanzverwaltung hat, um einen Steuerbescheid nachträglich zu ändern.

Inhaltsverzeichnis


1. Vorbehalt der Nachprüfung erklärt

Die Steuer kann gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden. Der Vorbehalt der Nachprüfung ist eine Nebenbestimmung zu dem Steuerbescheid als Verwaltungsakt. Sie führt zu einer weitergehenden Korrekturmöglichkeit und damit zu einer Suspendierung der materiellen Bestandskraft. Das Finanzamt braucht den Steuerfall bei der Steuerfestsetzung vorerst nicht abschließend zu prüfen. Somit ermöglicht der Vorbehalt der Nachprüfung bereits, bevor die Sachlage und Rechtslage abschließend geklärt ist, die Steuerfestsetzung. Somit ähnelt die Vorbehaltsfestsetzung einer Steueranmeldung. Der Vorbehalt der Nachprüfung erfasst stets den ganzen Bescheid. 

Ziel des Vorbehalts der Nachprüfung ist es, die Steuerveranlagung im Massensteuerverfahren zu beschleunigen. Dadurch ist es möglich, schneller die Steuer erstmals festzusetzen und dadurch zu bewirken, dass Abschlagszahlungen früher fällig sind. Umgekehrt kommt es aber auch zu schnelleren Erstattungen für den Steuerpflichtigen, woraus sich das Risiko ergibt, dass dieser Rückzahlungen zurückerstatten muss.

2. Vorläufiger Steuerbescheid erklärt

Ein Steuerbescheid kann gemäß § 164 AO auch vorläufig erlassen werden. Die Steuer darf nur vorläufig festgesetzt werden, wenn ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer eingetreten sind. Dabei muss die Finanzbehörde aber angemessene Aufklärungsbemühungen angestellt haben, unter denen dennoch Unsicherheiten verbleiben, die zurzeit nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwand beseitigt werden können. Der Erlass eines vorläufigen Steuerbescheids entbindet die Finanzbehörde anders als der Vorbehalt der Nachprüfung daher nicht von ihrer Amtsermittlungspflicht.

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3. Voraussetzungen für den Vorbehalt der Nachprüfung

3.1. Formelle Anforderungen

Der Vorbehalt der Nachprüfung bedarf keiner Begründung. Jedoch muss er für den Steuerpflichtigen aus dem Steuerbescheid klar erkennbar sein.

3.2. Vorbehalt der Nachprüfung: Tatbestandliche Voraussetzungen

Der Steuersachverhalt darf noch nicht abschließend überprüft sein, um die Steuer unter Vorbehalt der Nachprüfung zu setzen. Unzulässig ist es daher, einen eigentlich schon abschließend geprüften Sachverhalt unter Vorbehalt der Nachprüfung zu regeln, um sich den Steuervorfall offen zu halten und leichter korrigieren zu können. Abgeschlossen ist eine Prüfung, wenn kein Prüfungsbedürfnis mehr besteht oder eine so intensive Prüfung stattgefunden hat, dass eine nochmalige Überprüfung unwahrscheinlich erscheint. Prüfung in diesem Sinne kann jede Art von Sachverhaltsermittlung oder rechtlicher Überprüfung umfassen. Eine Außenprüfung ist daher nicht zwingend erforderlich.

In der Verwaltungspraxis wird die Steuer beispielsweise dann unter Vorbehalt festgesetzt, wenn der Steuerpflichtige der regelmäßigen Außenprüfung unterliegt oder wenn beabsichtigt ist, eine Außenprüfung durchzuführen. Abschließend prüft dann der Außenprüfer, so dass Doppelarbeit vermieden wird.

Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt schließlich automatisch mit Ablauf der regulären Festsetzungsfrist des § 169 Absatz 2 Satz 1 AO. 

Auch der geänderte Steuerbescheid kann unter Vorbehalt der Nachprüfung gestellt werden. Allerdings kann der Änderungsbescheid nicht durch erstmaligen Vorbehalt verschärft werden. Jedoch ist der versehentlich unterlassene Vorbehaltsvermerk gemäß § 129 AO korrigierbar.

3.3. Ermessen für den Vorbehalt der Nachprüfung

Solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, kann die Finanzverwaltung die Steuer unter Vorbehalt der Nachprüfung festsetzen. Daher hat die Behörde Ermessen. Tatbestandlich verlangt § 164 AO nicht, dass die Finanzbehörde tatsächlich eine spätere Prüfung durchführt. Ermessensfehlerhaft ist der Vorbehalt der Nachprüfung aber dann, wenn die Amtswalter bei Festsetzung davon ausgeht, später keine endgültige Festsetzung durchzuführen. Erforderlich ist, daher dass sie ernsthaft weitere Prüfungshandlungen erwägt. Mangels Begründungspflicht sind jedoch Ermessensfehler kaum nachweisbar. Ermessensfehlerhaft ist es aber auch, wenn ein punktuell wirkender Vorläufigkeitsvermerk, der aus diesem Grund in die Rechte des Steuerpflichtigen weniger eingreift, gewählt hätte werden müssen.

Erkennt die Finanzbehörde nachträglich, dass sie eine endgültige Prüfung nicht mehr vornehmen wird, so hat sie den Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben. Die Aufhebung steht dann einer endgültigen Festsetzung gleich. 

3.4. Rechtsschutz des Steuerpflichtigen

Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen (§ 164 Absatz 2 Satz 2 AO). Die Finanzbehörde kann jedoch die Entscheidung über den Antrag bis zur abschließenden Prüfung des Falles hinausschieben.

3.5. Vorbehalt der Nachprüfung: Rechtswirkungen

Der unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Steuerbescheid hat bereits alle Wirkungen eines endgültig erlassenen Steuerbescheids. Er bildet daher die Grundlage für die Erhebung und Vollstreckung der Steuer. Zudem kann Steuerhinterziehung schon dadurch begangen werden, dass die Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nicht voll festgesetzt worden ist. Die Tat ist dann auch schon vollendet und nicht bloß versucht. Jedoch hat der Vorbehaltsvermerk im Gegenstand zur vorläufigen Festsetzung keine Auswirkungen auf den Ablauf der Festsetzungsfrist.

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4. Voraussetzungen für den vorläufigen Steuerbescheid

Anders als der Vorbehalt der Nachprüfung entbindet der Erlass eines vorläufigen Steuerbescheids nicht von der Ermittlungspflicht. Demnach darf der Steuerbescheid nur dann vorläufig erlassen werden, wenn die Voraussetzungen für das Entstehen der Steuer ungewiss sind. Darunter fällt beispielsweise die Ungewissheit über Tatsachen, wie den Wert eines Wirtschaftsguts oder die Einkünfteerzielungsabsicht.

Sind die Besteuerungsgrundlagen jedoch dauerhaft ungewiss, so sind sie zu schätzen oder es greifen die Regelungen der objektiven Beweislast. Demnach trägt das Finanzamt die objektive Beweislast für steuerbegründende und steuererhöhende Tatsachen. Der Steuerpflichtige trägt hingegen die Beweislast für steuerentlastende oder steuermindernde Tatsachen.

Der Vorläufigkeitsvermerk ist eine unselbstständige Nebenbestimmung und daher nicht isoliert anfechtbar. Jedoch kann die Finanzbehörde einen rechtswidrig gewordenen Vorläufigkeitsvermerk unter Beibehaltung des übrigen Bescheidinhalts aufheben. Der Vorläufigkeitsvermerk steht im Ermessen der Finanzbehörde und muss nicht den gesamten Teil des Steuerbescheids erfassen. 


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Laufende Steuerberatung

  1. Steueranmeldung 
  2. Verjährung von Steueransprüchen
  3. Korrektur von Steuerbilanzen

Betriebsprüfung

  1. Ablauf und Verfahren bei der Betriebsprüfung
  2. Richtiges Verhalten bei der Betriebsprüfung
  3. Bedeutung der Compliance für die Betriebsprüfung

Einspruch/Klage

  1. Einspruch richtig einlegen
  2. Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
  3. Klage vor dem Finanzgericht
  4. Aussetzung des Verfahrens des Verfahrens im Finanzprozess
  5. Revision vor dem Bundesfinanzhof gewinnen
  6. Steuerrechtsweg zum  Bundesverfassungsgericht

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Im Volksmund wird das Unternehmen an sich regelmäßig als Firma bezeichnet. Eigentlich ist die Firma aber lediglich der Name des Unternehmens. Über die Firma müssen Sie sich daher bei der Gründung des Unternehmens also Gedanken machen. Dabei sind aber einige Grundsätze zu beachten. Diese legen wir im Folgenden dar.

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In diesem Video erklären wir, wie Sie eine GmbH gründen.

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1. Definition der Firma

Gesetzlich ist die Firma in dem § 17 Absatz 1 HGB definiert. Demnach ist sie der Name unter dem der Kaufmann sein Handelsgeschäft betreibt. Sie ist daher lediglich der Name des Handelsgeschäfts und gerade nicht das Unternehmen selbst. Umgangssprachlich ist mit dem Begriff indes fehlerhaft regelmäßig das Unternehmen als solches gemeint. 

Bei einem Einzelkaufmann tritt die Firma neben den bürgerlichen Namen des Kaufmanns. Er führt daher zwei verschiedene Namen, sollte die Firma von seinem bürgerlichen Namen abweichen. Im Handelsverkehr ersetzt die Firma den bürgerlichen Namen. Außerhalb des Handelsverkehrs tritt der Kaufmann weiterhin unter seinem bürgerlichen Namen auf. Handelsgesellschaften haben hingegen nur einen Namen und zwar die Firma. Die Firma ist mit dem Unternehmen unlösbar verbunden. Sie kann daher nicht selbstständig veräußert werden. 

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Unternehmensgründung oder Firmierung Ihres Unternehmens?

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2. Firma richtig bilden

Wenn Sie ihr Unternehmen benennen wollen, gibt es einige Grundsätze, die bei der Firmenbildung zu beachten sind. Die Firma soll den Inhaber des Unternehmens individualisieren und den Rechtsverkehr schützen.

2.1. Unterscheidbarkeit der Firma

Deswegen muss die Firma den Unternehmensträger zutreffend angeben und darf nicht über ihn täuschen. Folglich muss sie zur Kennzeichnung geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen, sogenannter Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit (§ 18 Absatz 1 HGB). 

Demnach muss die Firma überhaupt als Namen für ein Unternehmen dienen können. Daher müssen der Firmenkern und der Firmenzusatz wörtlich bezeichnet sein, so dass Bildzeichen allein nicht ausreichen. Sie können bloß als zusätzliche Zeichen verwendet werden. 

Unterscheidungskraft hat eine Firma dann, wenn sie das Handelsgewerbe von anderen Unternehmen abgrenzt und das Unternehmen auf diese Weise individualisieren kann. Deswegen sind Bezeichnungen, die ausschließlich den Unternehmensgegenstand beschreiben – wie „Supermarkt“ – nicht zulässig. Zudem darf es sich nicht um Begriffe handeln, für die ein Freihaltebedürfnis besteht. Ein solches besteht, wenn die Allgemeinheit oder auch Mitbewerber die angedachte Firma zur ungehinderten Verwendung im Geschäftsverkehr benötigen. Auch Begriffen, die in der Alltagssprache vom Verkehr stets und nur in ihrem Ursprungssinn und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, fehlt die Unterscheidungskraft. Geringe Unterscheidungskraft besteht, wenn die Begriffe nicht ausschließlich in ihrem wörtlichen Sinn verstanden werden.

Verwechslungsgefahr besteht hingegen, wenn die Firmenkerne übereinstimmen und nur verschiedene Rechtsformzusätze hinzugefügt sind. Deswegen reicht es nicht aus, für die GmbH & Co. KG allein den Zusatz „Co. KG“ der Firma anzuführen und ansonsten die Firma der Komplementär-GmbH beizubehalten. Der Firmenkern der GmbH & Co. KG muss gegenüber der Komplementär-GmbH daher verschieden sein.

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2.2. Wahrheit der Firma

Nach dem Grundsatz der Firmenwahrheit darf die Firma gemäß § 18 Absatz 2 HGB keine irreführenden Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen.

Angaben sind dabei nachprüfbare Aussagen. Dabei ist häufig durch Auslegung zu ermitteln, welche Angaben die Firma macht. Nur selten enthält sie selbst konkrete Angaben. Die Angaben sind dann unzulässig, wenn sie zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet sind. Das ist dann der Fall, wenn sie bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine irrige Vorstellung über die Aussage der Firma hervorrufen. Dabei erkennt das Registergericht aber nur eine ersichtliche Eignung zur Irreführung als unzulässig an. Zudem muss die irreführende Angabe wesentlich für die angesprochenen Verkehrskreise sein. Dadurch wird verhindert, dass auch eine bloße Irreführung über unbedeutende oder nebensächliche geschäftliche Verhältnisse unzulässig ist. Dabei ist für Beurteilung der Wesentlichkeit auf die Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung abzustellen.

Zudem muss die Firma einen Rechtsformzusatz enthalten. Dieser muss die Gesellschaftsverhältnisse und Haftungsverhältnisse zutreffend wiedergeben.

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2.3. Firmenbeständigkeit

Eine ursprünglich zulässige Firma, die nunmehr unzulässig geworden ist, darf in bestimmten Fällen bestehen bleiben. Grund dafür ist, dass die Firma einen erheblichen Vermögenswert darstellen kann, welcher dem Unternehmensinhaber auch erhalten bleiben soll, wenn die Firma sich ändert. Änderungen können sich beispielsweise aus Namensänderungen in Folge von Heirat oder Rechtsnachfolge ergeben. Bei einem freiwilligen Ausscheiden eines Gesellschafters, dessen Namen in der Firma enthalten ist, ist gemäß § 24 Absatz 2 HGB die ausdrückliche Einwilligung zur Fortführung der Firma erforderlich.

2.4. Firmeneinheit

Der Kaufmann darf zur Vermeidung von Täuschungen im Rechtsverkehr für dasselbe Unternehmen nur eine Firma führen. Es gibt aber Ausnahmen, in denen der Einzelkaufmann unter verschiedenen auftreten darf. Möglich ist dies, wenn der Kaufmann mehrere Unternehmen betreibt, die organisatorisch voneinander getrennt und selbstständig sind. Diese Trennung liegt jedoch in aller Regel nicht vor, wenn die Unternehmen demselben Geschäftskreis angehören. Eine weitere Ausnahme des Grundsatzes der Firmeneinheit besteht, wenn der Kaufmann ein weiteres Handelsgeschäft erwirbt und unter dessen alter Firma fortführt. Dabei müssen die Unternehmen aber getrennt bleiben. Wird hingegen das neue Unternehmen mit dem bisherigen vereint, so ist die Fortführung mehrerer Firmen unzulässig. Jedoch hat die Führung zwei verschiedener Firmen nicht zur Folge, dass der Unternehmer zwei unterschiedliche Rechtssubjekte führt. Es handelt sich weiterhin um einen Rechtsträger, der nur unter zwei besonderen Bezeichnungen verschiedener Vermögensmassen geführt wird.

Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften hingegen dürfen nach herrschender Meinung nur eine einzige Firma führen, auch wenn sie mehrere selbstständige Unternehmen betreiben.

Zweigniederlassungen dürfen eine selbstständige Firma haben. Jedoch muss darin auch die Firma der Hauptniederlassung genannt sein und deutlich werden, dass es sich um eine Zweigniederlassung handelt.

2.5. Firmenöffentlichkeit

Die Firma muss zudem öffentlich kundgegeben werden. Das ist insbesondere durch die Eintragung im Handelsregister sichergestellt. Weiterhin sind in den Geschäftsbriefen die Firma, sowie der Rechtsformzusatz, der Ort der Handelsniederlassung, das Registergericht und die Handelsregisternummer anzugeben.


Rechtsanwälte und Steuerberater für Start-Ups

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zur Unternehmensgründung spezialisiert. Bei der Gründung eines Unternehmens schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

  1. Unternehmen gründen: OHG, GmbH (online) gründen, GbR Verein
  2. Personengesellschaft: Haftung der Gesellschafter, Vertretung nach außen, Abfindungen)
  3. Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
  4. Handelsbilanz erstellen
  5. Gesellschaftsvertrag optimal ausgestalten

Steuerrecht

  1. Besteuerung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften
  2. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH & Co. KG
  3. Besteuerung von Gewinnsausschüttungen

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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Gründungskosten sind die Kosten, die bei der Errichtung einer GmbH entstehen. Ob und in welchem Umfang die GmbH die Gründungskosten tragen darf, ist in der Praxis nicht immer ganz klar. Bei kleineren Gesellschaften ist oft kein Ansatz der Gründungskosten in der Eröffnungsbilanz zu finden. Wir erklären, in welchem Umfang die GmbH Gründungsaufwand übernehmen darf und wie diese in der Eröffnungsbilanz einer GmbH aufzunehmen sind.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Beratung von Unternehmen spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle zur Optimierung der Unternehmensstruktur aus. Aufgrund der aktuellen Resonanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
23. Februar 2019 GmbH gründen in Deutschland: Kosten / Schritte / Vorteile / Kapital / Dauer
07. September 2022 So bringen Sie das Stammkapital bei der Gründung einer GmbH richtig ein
20. Mai 2022 Gesellschafterliste bei der GmbH und ihre Legitimationswirkung (§ 16 GmbHG)
23. Mai 2023 Gründungskosten in der Eröffnungsbilanz einer GmbH (dieser Beitrag)

Unser Video:
GmbH gründen!

In diesem Video erklären wir, was Sie zur Gründung einer GmbH wissen müssen!

Inhaltsverzeichnis


1. Die Rechtsform der GmbH erklärt

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wird mit ihrer Eintragung in das Handelsregister gemäß § 13 Absatz 1 GmbHG eine juristische Person. Die Gläubiger einer GmbH können gemäß § 13 Absatz 2 GmbHG die Befriedigung ihrer Forderungen nur von der GmbH und nur aus dem Vermögen der GmbH verlangen und erreichen. Die Gesellschafter haben hingegen nicht für die Verbindlichkeiten der GmbH einzustehen. Um wiederum das Risiko der Gläubiger zu begrenzen, müssen die Gesellschafter sich zur Erbringung von Einlagen verpflichten, und diese versprochenen Leistungen tatsächlich und in vollem Umfang erbringen, sogenanntes Stammkapital.

Zum Eigenkapital der GmbH gehört nicht nur das Stammkapital, sondern auch die sonstigen vermögenswerten Leistungen, die im Zusammenhang mit der Gründung als Aufgelder von den Gesellschaftern geleistet werden. Diese sonstigen Einlagen unterliegen in ihrer Verwendung aber nicht den strengen gesetzlichen Bestimmungen des formalen Stammkapitals. Die gläubigerschützenden Kapitalaufbringungsvorschriften und Kapitalerhaltungsvorschriften finden auf solche Agios keine Anwendung.

Bei dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Gesellschaftern und Gläubigern einer GmbH sind aber auch die Belastungen des Eigenkapitals, die bei der Errichtung der GmbH entstehen, zu berücksichtigen. Diese sind insbesondere in den Notarkosten für den Gesellschaftsvertrag, für den Gesellschafterbeschluss, sowie für die Eintragung der GmbH in das Handelsregister und den Gerichtskosten für die Eintragung zu sehen. Die Kosten für die Errichtung können geringer werden, wenn das Musterprotokoll verwendet wird. Hier ist die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses zur Gründung der GmbH nicht erforderlich. All diese Kosten werden als Gründungskosten bezeichnet.

Fachberatung für
die Gründung einer GmbH?

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2. Unterscheidung: Gründungskosten und Kosten der Aufnahme der Geschäftstätigkeit

Als Gründungskosten scheiden jedoch solche Aufwendungen aus, die durch die Aufnahme der Unternehmenstätigkeit entstehen. Diese Aufwendung dienen nicht der Schaffung des Unternehmensträgers, sondern der Tätigkeit des Unternehmensträgers. Dazu zählen zum Beispiel Aufwendungen, die für die Beschaffung der Betriebsräumlichkeiten, des notwendigen Personals oder auch durch den Bezug von Waren, Rohstoffen und notwendiger Technik entstehen. Ebenso umfasst ist Aufwand für die Erstellung eines Unternehmenskonzepts oder eine Unternehmensplanung und hierauf entfallende Beratungskosten.

Es ist daher zwischen Gründungskosten und Kosten der Aufnahme der Geschäftstätigkeit zu unterscheiden. Vor der Errichtung der GmbH können sich Tätigkeiten der zukünftigen Gesellschafter sowohl auf die Gründung als auch auf die Aufnahme der Geschäftstätigkeit richten. Deswegen kann der Zeitpunkt der Gründung als Abgrenzung nicht angewendet werden. Im Einzelfall kann eine Abgrenzung daher schwerfallen, weil die Gründung einer GmbH aufgrund eines unternehmerischen Konzepts erfolgt und unternehmerisches Konzept und Gestaltung der GmbH als Unternehmensträger sich gegenseitig beeinflussen können.

Deutlich wird dies bei Sacheinlagen. Der Wert einer Sacheinlage kann sich zum einen nach ihrem Substanzwert bemessen. Dies bezeichnet einen zu erzielenden Verkaufserlös im Falle einer Veräußerung abzüglich möglichen Aufwands, der durch den Verkauf entsteht. Daneben kann sich der Wert einer Sacheinlage daraus ergeben, dass die Sacheinlage in ein Unternehmen eingebracht, dort genutzt und dann mit dem Wiederbeschaffungswert bewertet wird. Die Bewertung mit den Wiederbeschaffungskosten setzt eine unternehmerische Tätigkeit voraus. Damit ist die konkrete Entscheidung über die Geschäftsaufnahme als Teil der Gründung anzusehen.

Die Unterscheidung zwischen Gründungskosten und Kosten für die Aufnahme der Geschäftstätigkeit führt dazu, dass der Aufwand nach dem notariellen Akt uneingeschränkt von der Gesellschaft getragen werden muss, da sich nach der Errichtung der Gesellschaft die weitere Tätigkeit nur auf die Aufnahme der Geschäftstätigkeit richten kann. Die besonderen Vorschriften für die Gründungskosten dienen daher im Ergebnis dazu, die GmbH nur mit Aufwand, der bei und vor ihrer Errichtung entsteht zu belasten.

3. Gründungskosten bei der GmbH

3.1. Eintragung in das Handelsregister

Die Eintragung in das Handelsregister erfolgt aufgrund eines Antrags. Dieser ist gemäß § 7 Absatz 1 GmbHG bei dem Gericht zu stellen, dessen Handelsregister aufgrund des Sitzes der GmbH örtlich zuständig ist. Dem Antrag, der allgemein als Anmeldung bezeichnet wird, sollen gemäß § 8 Absatz 1 GmbHG der Gesellschaftsvertrag, die Legitimation und die Gesellschaftsliste beigefügt werden.

Sollen anstelle von Bareinlagen Sacheinlagen erbracht werden, sind weitere Unterlagen einzureichen. Dazu gehören die Verträge über die Übertragung der Sacheinlagen auf die neue Gesellschaft, der Sachgründungsbericht (§ 5 Absatz 1 Nummer 4 GmbHG) und weitere Unterlagen, aus denen das Handelsregister den Wert der Sacheinlagen ersehen kann.

Es entstehen Gebühren, die das Handelsregister für die Eintragung in das Handelsregister verlangt. Wenn Sacheinlagen von den Gesellschaftern erbracht werden, gehört der Aufwand für die Überprüfung des Wertes der Sacheinlagen, wie auch derjenige für die Übertragung des Eigentums auf die Gesellschaft, zu den Gründungskosten.

3.2. Gesellschaftsvertrag

Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags selbst bedarf gemäß § 2 Absatz 1 GmbHG der notariellen Form. Er ist von sämtlichen Gesellschaftern zu unterzeichnen. Der Gesellschaftsvertrag besteht sachlich aus zwei Teilen. Der eine Teil stellt die schuldrechtliche Vereinbarung der Gründungsgesellschaftern, eine GmbH errichten zu wollen, dar. Daneben beinhaltet der Vertrag die Bedingungen, unter denen die Gesellschaft im geschäftlichen Verkehr auftreten will und die Regelungen, die das Verhältnis unter den Gesellschaftern bestimmen.

Zwingender Inhalt des Gesellschaftsvertrags ist gemäß § 3 Absatz 1 GmbHG die Firma, der Sitz, der Gegensand der Gesellschaft, der Betrag des Stammkapitals und die Anzahl und die Nennbeträge der Geschäftsanteile einschließlich der Personen, die die Geschäftsanteile übernehmen.

Haben Sie Fragen zu
Gründungskosten bei der GmbH?

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Diese zwingenden Regelungen können die Gesellschafter in vielfältiger Weise ergänzen. Üblich sind dabei Festlegungen der Geschäfte, die eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen, Regelungen über das Ausscheiden aus der Gesellschaft und Bestimmungen über die Ermittlung der Abfindung eines Ausscheidenden. Mit diesen Bestimmungen wird im Wesentlichen das Verhältnis der Gesellschafter zueinander festgelegt.

3.3. Übersetzungskosten

Die Gründungsunterlagen sind bei dem Handelsregister in deutscher Sprache oder deutscher Übersetzung einzureichen. Deswegen muss der Notar bei der Errichtung der Gesellschaft sicherstellen, dass die einzelnen Gründer im hinreichenden Umfang der deutschen Sprache mächtig sind und verstehen, welchen Inhalt die Erklärungen aufweisen, die sie während der Gründungsversammlung abgeben. Daher können bei der Gründung weiterhin Aufwendungen für die Übersetzung von Gründungsunterlagen entstehen, wenn die Gründungsgesellschafter der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Auch in der Gesellschaftsversammlung, in der die Gründung der Gesellschaft beschlossen wird, kann es eines Dolmetschers bedürfen. Folglich handelt es sich bei den Kosten der Übersetzung um zwingend entstehende Kosten.

3.4. Gesellschafterliste

Die Gesellschafterliste muss zunächst erstellt werden und dann an das Handelsregister übermittelt werden. Der Aufwand dafür gehört zu den Gründungskosten.

3.5. Beratungskosten

Zu den weiteren Gründungskosten gehören auch die Beratungskosten, die anlässlich der Gründung der GmbH anfallen. Zu den Beratungskosten gehören solche, die aufgrund der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags entstehen und auch steuerliche oder betriebswirtschaftliche Beratungen. Selbst ein Gründungsgesellschafter kann sich bereits für seine Mühen und Aufwendungen, die ihm bei der Gründung der GmbH entstehen, entlohnen lassen. Die Voraussetzung für die Einstufung als Gründungskosten liegt in dem Tätigwerden aus Anlass der Gründung. Dann sind aber auch Tätigkeiten erfasst, die in keinem unmittelbaren zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit der Errichtung der GmbH stehen.

4. Grenzen der Übernahme von Gründungskosten

4.1. Darum kann die GmbH Gründungskosten übernehmen

Die GmbH ist mit einem festen Kapital ausgestattet, um die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter auszugleichen. Dieses soll durch die Übernahme von Gründungskosten grundsätzlich nicht gemindert werden. Bei einer Belastung durch den Gründungsaufwand wäre das von den Gesellschaftern versprochene Kapital bereits bei der Gründung vermindert. Daher haben grundsätzlich die Gesellschafter die Gründungskosten zu tragen.

Jedoch erkennt der BGH die Übernahme der Gründungskosten analog § 26 Absatz 2 AktG an. Nach dieser Bestimmung kann die Gesellschaft zur Übernahme des Gründungsaufwands verpflichtet werden, wenn der Gesamtaufwand, der zu Lasten der Gesellschaft an Aktionäre oder andere Personen als Entschädigung oder als Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung gewährt wird, in der Satzung gesondert festgesetzt ist. Mit der Einführung des Musterprotokolls zur Gründung einer GmbH gemäß § 2 Absatz 1a GmbHG lässt der Gesetzgeber die Übernahme mit der Ziffer 5 ausdrücklich zu. In den beiden Fassungen des Musterprotokolls ist angeführt, dass die Gesellschaft die mit der Gründung verbundenen Kosten trägt. Der Höhe nach ist die Übernahme beim Musterprotokoll auf einen Betrag von 300,00 Euro, höchstens der Höhe des Stammkapitals begrenzt. Darüberhinausgehende Kosten tragen die Gesellschafter.

4.2. Betragliche Begrenzung der übernehmenden Gründungskosten

Die GmbH soll aber nur die notwendigen Aufwendungen übernehmen können. Als notwendig werden Aufwendungen bezeichnet, die kraft Gesetzes entstehen oder nach Art und Umfang angemessen sind. In der Praxis werden Kosten bis zu 10 % des jeweiligen Stammkapitals als übernahmefähig angesehen. Bei Überschreitung dieser Grenze erfolgt im Regelfall eine nähere Prüfung durch die Registergerichte. Wenn die übernommenen Aufwendungen den Betrag von 60 % des Mindeststammkapitals überschreiten, sei die Grenze des Notwendigen jedenfalls überschritten. Daher müssten also den Gläubigern nach dem Gründungsakt ungeschmälert mindestens 10.000 Euro zur Verfügung stehen. Der Betrag den die GmbH übernehmen darf ist im Regelfall auf 10 % des Stammkapitals begrenzt. Für höhere Übernahmen durch die GmbH bedarf es einer besonderen Begründung.

Die Begrenzung auf einen Höchstbetrag von 300 € erscheint andererseits nicht unbedingt geboten, da die Regel-GmbH üblicherweise ein deutlich höheres Eigenkapital als die UG aufweist. Die stringente Begrenzung bei der UG erscheint geboten, weil der Gesetzgeber bei der Gründung nach dem Musterprotokoll auf einen ausformulierten Gesellschaftsvertrag für die UG verzichtet, so dass damit der Aufwand bei der Gründung einer UG deutlich vermindert wird.

5. Leistungen der Gesellschafter

Die Gesellschafter der GmbH können über das satzungsmäßige Stammkapital hinaus finanzielle oder sonstige Mittel als Eigenkapital zur Verfügung stellen. Dann bedarf es keiner strengen Begrenzung der Übernahme der Gründungskosten. Vielmehr haben die Gesellschafter der GmbH weitere Mittel zur Verfügung gestellt, ohne das formale Haftungskapital zu erhöhen. Diese Mittel hätten von den Gesellschaftern auch zurückbehalten und für die Zahlung der Gründungskosten verwendet werden können. Über das Eigenkapital, das nicht Stammkapital oder in der Satzung festgelegter Nachschuss ist, können die Gesellschafter daher frei verfügen.

6. Sonstige Vorgaben

Die Bestimmung, durch die Übernahme der Gründungskosten geregelt wird, ist in die Satzung aufzunehmen. Mit der Übernahme des Aufwands wird wirtschaftlich das von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Stammkapital gemindert, was den Gläubigern anzuzeigen ist. Daher reicht wohl die bloße Übernahme in das Gründungsprotokoll nicht aus. Bei einer Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag erscheint diese Bestimmung immer in einem aktuellen Dokument der GmbH und ist so einfacher für die Gesellschafter und die Gläubiger der Gesellschaft zu erkennen.

Unser Video:
Rechtsformvergleich

Im Video erklären wir Ihnen die Vorteile & Nachteile der GmbH und der GmbH & Co. KG.

7. Einstellen der Gründungskosten in die Eröffnungsbilanz

7.1. Was ist die Eröffnungsbilanz

Gemäß § 242 Absatz 1 HGB muss der Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes einen Abschluss erstellen, der das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellt (Eröffnungsbilanz). Als Handelsgesellschaft gilt gemäß § 13 Absatz 3 GmbHG erst die im Handelsregister eingetragene Gesellschaft. Jedoch wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Buchführungspflicht bereits mit der Errichtung der GmbH beginnt. Sie beginnt daher mit dem ersten Geschäftsvorfall, welche die Gründung der GmbH und die Erfüllung der Einlageverpflichtung darstellt. Der Zeitpunkt liegt vor, wenn die Gründungsgesellschafter und der beurkundende Notar das Gründungsprotokoll unterzeichnet haben. Die Unterschriftsleistung unter die Anmeldung der Gesellschaft beim Handelsregister sowie unter die Gesellschafterliste erfolgen nach dem Zeitpunkt der Errichtung.

In die Eröffnungsbilanz muss der Kaufmann gemäß § 242 Absatz 1 HGB einen Abschluss aufstellen, der die Verhältnisse seines Vermögens und seiner Schulden darstellt. Grundlage des Abschlusses ist das Verzeichnis (Inventar), in dem der Kaufmann seine Grundstücke, Forderungen und Schulden und den Betrag des baren Geldes und die sonstigen Vermögensgegenstände zu verzeichnen hat. Ergänzend sind der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben.

Nach der Unterzeichnung des Gründungsakts ist die Forderung der GmbH gegenüber den Gesellschaftern auf Zahlung der Einlageleistung entstanden. Insoweit besteht also eine Forderung, die die Vor-GmbH in ihr Inventar aufzunehmen hat. Bei einer GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 € entsteht damit ein Anspruch in dieser Höhe gegenüber den Gesellschaftern. Der Anspruch der Vor-GmbH entsteht bereits zu diesem Zeitpunkt, obwohl die GmbH also solche noch nicht im Handelsregister eingetragen ist.

7.2. Gründungskosten richtig ausweisen

Die Forderung auf die Erbringung der Einlage ist in der Bilanz gegen den Posten Gezeichnetes Kapital auszuweisen. Bei einer GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 € sind dann also 25.000 € gemäß § 42 Absatz 1 GmbHG als das gezeichnete Kapital anzusetzen. Das gezeichnete Kapital ist auf der Passivseite als erster Posten auszuweisen. Die nicht fällig gestellten Einlageverpflichtungen sind offen vom Posten Gezeichnetes Kapital abzusetzen (§ 272 Absatz 1 Satz 2 HGB) und beide Werte sind als Posten Eingefordertes Kapital auszuweisen.

Daneben sind die Gründungskosten bis zu der Höhe, die in dem Gründungsvertrag aufgeführt ist, in die Ergänzungsbilanz aufzunehmen. Dem Betrag liegt eine Schätzung der Gründungsgesellschafter zugrunde. Die genaue Höhe steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest und kann den im Vertrag angesetzten Betrag unterschreiten. Die Schuld der GmbH ist also zumindest der Höhe nach ungewiss. Daher ist der Verbindlichkeit aus der Schuldübernahme als ungewisse Verbindlichkeit gemäß § 241 Absatz 1 HGGB unter der Rückstellung auszuweisen. Daher kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe die Gesellschafter bereits Gründungsverpflichtungen beglichen haben.

Die Gründungskosten bedürfen eines Gegenpostens, damit die Bilanz ausgeglichen ist. Der Aufwand ist als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite abzugrenzen.

8. Fazit: So weisen Sie Gründungskosten richtig aus

Den Aufwand für die Errichtung einer GmbH haben die Gründungsgesellschafter zu tragen. Sie können aber vorsehen, dass die GmbH die Gründungskosten übernimmt. Dies erfordert eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag der GmbH. Übernehmen darf die GmbH nur die für die Errichtung notwendigen Aufwendungen, zu denen der Aufwand für die Erstellung des Gesellschaftsvertrags, sowie der Aufwand für das Protokoll der Gesellschafterbeschlüsse über die Errichtung, sowie die notarielle Beurkundung des Beschlusses und die Gerichtskosten für die Eintragung gehören. Es genügt die Angabe über die Übernahme der Gründungskosten und die Angabe des Betrages, bis zu dem eine Übernahme erfolgen soll. In der Eröffnungsbilanz ist der Aufwand zurückzustellen. Es ist in gleicher Höhe ein Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Wenn Sie dazu weitergehende Fragen haben, so kontaktieren Sie uns gerne.


Steuerberater und Rechtsanwälte für Unternehmer

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zur Unternehmensstrukturen spezialisiert. Beim Gründen von Gesellschaften und Optimieren von Gesellschaftsstrukturen schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

GmbH

  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
  3. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
  4. Steueroptimierung bei Gewinnausschüttungen (Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren)
  5. Steuervorteile der Immobilien-GmbH
  6. Vermeidung von Betriebsaufspaltungen
  7. Strategische Beratung bei Kapitalgesellschaften (Erwerb eigener Anteile, disquotale Gewinnausschüttung, Organschaft, Holdingstrukturen)

Handelsrecht

  1. Kaufmannseigenschaft nach dem HGB
  2. Besonderheiten für Kaufmänner
  3. Rechtsfolgen bei einer fehlerhaften Gesellschaft
  4. Handelsregister und seine Publizitätswirkungen

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Steuerbescheide und Feststellungsbescheide können, sofern der Bescheid nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Absatz 1 AO) oder vorläufig (§ 165 AO) ergangen ist, nur berichtigt, geändert beziehungsweise aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung einer Berichtigungsnorm oder Änderungsnorm (§§ 129, 172 ff. AO) erfüllt sind. Deswegen kommt der Frage, ob ein endgültig ergangener Steuerbescheid beziehungsweise ein Feststellungsbescheid noch berichtigt oder geändert werden kann eine erhebliche Bedeutung zu. Die Beurteilung ist im größten Maße streitanfällig. Wir erklären daher, unter welchen Voraussetzungen auch bei Vorliegen eines endgültigen Steuerbescheids oder Feststellungsbescheids noch eine nachträgliche Steuerbescheid Änderung zu Lasten, wie aber auch zugunsten des Steuerpflichtigen möglich ist.

Unser Video:
Änderung/Aufhebung von Steuerbescheiden

In diesem Video erklären wir, wie Steuerbescheide korrigiert werden können.

Inhaltsverzeichnis


1. Feststellungsbescheid und Steuerbescheid Änderung

1.1. Notwendigkeit der Korrektur von Steuerbescheiden

Steuerverwaltungsakte entfalten mit ihrer Bekanntgabe und Wirksamkeit Selbstbindungswirkung für die erlassende Finanzbehörde. Deswegen kann die Finanzverwaltung zum Schutz des Vertrauens des Inhaltsadressaten die einmal getroffene Entscheidung grundsätzlich nicht mehr ändern. Jedoch garantiert das Steuerverfahren als Massenverfahren keine Rechtsrichtigkeit. Deswegen kann es zu unrichtigen Steuerbescheiden und damit zur Verletzung der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung kommen. Daher besteht Interesse an der Korrektur des Steuerbescheids.

Diese widerstreitenden Interessen bringen die Korrekturnormen der §§ 129, 172 ff. AO in Ausgleich. Demnach können endgültig ergangene Steuerbescheide unter gewissen Voraussetzungen korrigiert werden. Dabei ist der Steuerbescheid endgültig, wenn er nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht oder nicht vorläufig ergangen ist. Daher durchbrechen die Korrekturvorschriften die materielle Bestandskraft.

Die Anfechtung beziehungsweise der Einspruch gegen einen Steuerverwaltungsakt ist demgegenüber von der Korrektur zu unterscheiden. Sie ist nur innerhalb der Rechtsbehelfsfristen möglich. Danach kann der Steuerpflichtige nur noch bei dem Finanzamt beantragen, den Steuerbescheid zu korrigieren.

1.2. Allgemeine Korrektureinschränkungen

Für alle Steuerverwaltungsakte gelten bestimmte Korrektureinschränkungen. Verfahrensfehler und Formfehler können nicht korrigiert werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden konnte. Keine Korrektur erfolgt zudem, wenn ein rechtswidriger in einen rechtmäßigen Verwaltungsakt umgedeutet werden kann. Die Korrektur ist auch während des außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens zulässig, jedoch bei Steuerbescheiden und diesen gleichgestellten Bescheiden nur bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist.

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Korrektur Ihres Steuerbescheides?

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2. Steuerbescheid Änderung: Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten (§ 129 AO)

2.1. Bloße Berichtigung möglich

Von den Begriffen „Aufhebung“, „Rücknahme“, „Wiederruf“ und „Änderung“ unterscheidet sich der Begriff „Berichtigung“. Die Berichtigung betrifft nur das äußere Erscheinungsbild des Verwaltungsakts. Alle Begriffe werden jedoch unter „Korrektur“ zusammengefasst.

2.2. Mechanischer Fehler erforderlich

Steuerbescheide und Feststellungsbescheide können nach § 129 AO berichtigt werden, sofern ein Schreibfehler, Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit vorliegt. Offenbare Unrichtigkeiten im Sinne von § 129 AO sind mechanische Versehen, wie beispielsweise Eingabefehler oder Übertragungsfehler. Der Bundesfinanzhof wendet § 129 AO auch auf Fehler an, bei denen die Unrichtigkeit des Verwaltungsakts dem Steuerpflichtigen unerkennbar ist.

Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung, Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts eine offenbare Unrichtigkeit aus. Daher können Tatsachenirrtümer und Rechtsirrtümer nicht zu einer Berichtigung nach § 129 AO führen. Eine Berichtigung ist auch ausgeschlossen, wenn das Finanzamt feststehenden Akteninhalt bewusst nicht zur Kenntnis nimmt. Dies gilt auch, wenn sicher anzunehmen ist, dass bei gebotener Kenntnisnahme ein mechanischer Übertragungsfehler bemerkt oder vermieden worden wäre. Dann ist nicht allein der mechanische Übertragungsfehler für die Unrichtigkeit des Bescheids ursprünglich geworden, sondern zugleich ein Fehler bei der Willensbildung.

Ob ein mechanisches Versehen oder ein Tatsachenirrtum beziehungsweise ein Rechtsirrtum vorliegt, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Aktenlage zu ermitteln. Lässt sich dies nicht abschließend klären, trifft das Finanzamt die objektive Feststellungslast, wenn es sich auf die Berichtigungsvorschrift beruft. Deuten die Gesamtumstände auf ein mechanisches Versehen hin und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Fehler auf rechtliche oder tatsächliche Erwägungen zurückzuführen ist, so kann das Finanzamt berichtigen.

Ein Körperschaftsteuerbescheid ist beispielsweise offenbar unrichtig, wenn der Steuerpflichtige Zeile 44a der Körperschaftsteuererklärung nicht ausgefüllt hat, obwohl sich aus den, dem Finanzamt vorliegenden Steuerbescheinigungen und der Anlage WA zur Körperschaftssteuererklärung ergibt, dass der Steuerpflichtige eine Gewinnausschüttung aus einer GmbH erhalten hat.

2.3. Übernahmefehler

§ 129 AO ist auch anwendbar, wenn das Finanzamt einen Fehler übernimmt, der dem Steuerpflichtigen bei der Erfüllung seiner Erklärungspflicht und Mitwirkungspflicht unterlaufen ist, und sich so zu eigen macht. Beruht die fehlerhafte Eintragung in der Steuererklärung jedoch auf einem Tatsachenirrtum oder Rechtsirrtum des Steuerpflichtigen, so liegt kein mechanischer Fehler vor. Ein solcher eröffnet daher die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO nicht.

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Steuerverfahrensrecht?

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3. Steuerbescheid Änderung: Grundnorm des § 172 AO

§ 172 AO ist die Grundnorm über die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden und diesen gleichgestellten Bescheiden. Dabei wird als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt, dass der Bescheid rechtswidrig ist. Nach § 172 Absatz 1 Satz 2 AO gilt die Korrekturmöglichkeit auch für die Einspruchsentscheidung, die den Steuerbescheid bestätigt oder ändert.

3.1. Antrag auf schlichte Änderung

In § 172 AO sind in den Nummern einige Fälle aufgezählt, in denen der Steuerbescheid korrigiert werden kann. Die wichtigsten sind dabei wohl die Fälle der Nummer 2. Der Bescheid kann gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a) AO aufgrund eines Änderungsantrags zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden. Der Antrag muss auf eine bestimmte Änderung gerichtet sein.

Das Ermessen der Finanzbehörde für eine Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a) AO ist auf null reduziert, wenn die Voraussetzungen der Korrekturnorm vorliegen. Dazu muss die Steuerfestsetzung rechtswidrig sein. Die Ablehnung einer erneuten Sachprüfung und Rechtsprüfung nach Erlass der Einspruchsentscheidung ist jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn der Steuerpflichtige seinen Änderungsantrag innerhalb der Klagefrist zumindest auch auf Tatsachen oder rechtliche Erwägungen stützt, über die die Behörde im Einspruchsverfahren noch nicht entschieden hat.

Die nur punktuell wirkende schlichte Änderung hat als Alternative zum Einspruch wegen beachtlicher Nachteile nur geringe praktische Bedeutung. Im Einzelfall kann der schlichte Änderungsantrag aber vorteilhaft sein, weil er formlos zulässig ist und die Bestandskraft des Ausgangsbescheids nur eingeschränkt durchbricht.

3.2. Steuerbescheid Änderung möglich in den gesetzlich geregelten Fällen

Wohl wichtigste Korrekturnorm ist der § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d) AO. Demnach ist die Korrektur möglich, soweit dies gesetzlich zugelassen ist. Die gesetzlich zugelassenen Fälle sind überwiegend in den § 173 – § 175b AO geregelt. Es finden sich aber auch außerhalb der AO Korrekturvorschriften.

4. Steuerbescheid Änderung wegen neuer Tatsachen § 173 AO

Bei der Änderungsvorschrift wegen neuer Tatsachen ist in erster Linie streitig, ob es sich tatsächlich um eine Tatsache handelt, die nachträglich bekannt geworden ist und deshalb die Durchbrechung der Bestandskraft rechtfertigt. Doch auch, wenn neue Tatsachen vorliegen, kann das Finanzamt an einer Bescheidänderung zu Lasten des Steuerpflichtigen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert sein. Eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige die nachträgliche Bekanntgabe nicht grob schuldhaft verursacht hat. Nach einer Außenprüfung ist die Bescheidänderung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

4.1. Tatsache

Es muss dem Finanzamt eine Tatsache nachträglich bekannt geworden sein. Negativ von den Tatsachen abzugrenzen sind bloße Schlussfolgerungen, also insbesondere Schätzungen, Urteile der Logik und juristische Subsumtionen, die die steuerrechtliche Würdigung des Sachverhalts betreffen.

4.2. Nachträgliches Bekanntwerden

Nachträglich bekannt sind Tatsachen oder Beweismittel, wenn sie im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vorhanden, aber noch nicht bekannt waren. Wenn eine Tatsache dem Finanzamt bereits beim Erlass eines vorangegangenen Änderungsbescheids bekannt war, ermöglicht § 173 Absatz 1 Nummer 1 AO keine auf diese Tatsache gestützte weitere Änderung des Bescheids. Der Finanzbehörde gilt nur der Inhalt der Akten als bekannt, die in der zuständigen Dienststelle für den Steuerpflichtigen geführt werden.

Innere Tatsachen, wie die Einkünfteerzielungsabsicht werden nachträglich bekannt, wenn die Finanzbehörde nach Erlass des Steuerbescheides Kenntnis über Hilfstatsachen erhält, die einen sicheren Schluss auf die innere Haupttatsache ermöglichen.

4.3. Rechtserheblichkeit

Zudem muss zu erwarten sein, dass das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders entschieden hätte. Daher müssen die Tatsachen rechtserheblich sein. Die Rechtsprechung verneint die Rechtserheblichkeit, wenn das Finanzamt auch bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen anderen Steuerbetrag festgesetzt hätte. Der hypothetische Kausalverlauf bezieht sich auf die konkrete Entscheidungssituation des zuständigen Amtsträgers. Diese ist unter Umständen anhand der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses veröffentlichten Verwaltungsvorschriften und der in der Verwaltungspraxis für anzuwenden erklärten Rechtsprechung (BStBl. I, II) unter Umständen zu objektivieren.

4.4. Einschränkungen der Korrekturmöglichkeit

4.4.1. Abhängig von Belastung oder Begünstigung des Steuerpflichtigen

Inwieweit die Korrektur des Bescheids eingeschränkt ist, ist davon abhängig, ob der Bescheid zugunsten oder zulasten des Steuerpflichtigen zu korrigieren ist. Das beurteilt sich danach, ob die Steuerlast sich für den Steuerpflichtigen erhöht oder verringert.

Für die Frage, ob eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache zu einer höheren (dann § 173 Absatz 1 Nummer 1 AO) oder niedrigen (dann § 173 Absatz 1 Nummer 2 AO) Steuer führt, kommt es bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einer Personengesellschaft darauf an, ob und wie sich die Besteuerungsgrundlage für jeden einzelnen Feststellungsbeteiligten erhöhen oder verringern. Die steuerlichen Auswirkungen in den Folgebescheiden sind hingegen für die Änderung nach § 173 Absatz 1 AO nicht maßgeblich.

4.4.2. Steuerbescheid Änderung zulasten des Steuerpflichtigen

Ist der Finanzbehörde die Tatsache wegen Verletzung ihrer Ermittlungspflichten unbekannt geblieben, so darf sie den Bescheid nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen korrigieren. Hat jedoch der Steuerpflichtige seinerseits die ihn treffenden Mitwirkungspflichten verletzt, so gilt die Einschränkung der Steuerbescheid Änderung nicht, wenn zwischen der Ermittlungspflichtverletzung und der Mitwirkungspflichtverletzung ein innerer Zusammenhang besteht. Die Pflichtverstöße kompensieren sich daher nur, wenn sie sich auf dieselbe Tatsache oder auf dasselbe Beweismittel beziehen.

4.4.3. Steuerbescheid Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen

Auch die Änderung eines formell bestandskräftigen Steuerbescheides zugunsten des Steuerpflichtigen kann eingeschränkt sein. Möglich ist dies zum einen, wenn der Steuerpflichtige wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand erhalten kann. Zum anderen kann der Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen korrigiert werden, wenn ihn an dem verspäteten Bekanntwerden der Tatsachen kein grobes Verschulden trifft.

4.4.4. Steuerbescheid Änderung nach einer Außenprüfung

Aufgrund einer Außenprüfung ergangene Bescheide können gemäß § 173 Absatz 2 AO nur in den Fällen der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung aufgehoben oder geändert werden. Solche Steuerbescheide genießen höhere Bestandskraft, weil der Sachverhalt im Rahmen der Außenprüfung ausgiebig überprüft werden kann. Die Änderungssperre besteht nur insoweit, als der Bescheid aufgrund einer Außenprüfung ergangen ist. Maßgebend für deren Umfang ist der Inhalt der Prüfungsanordnung.

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5. Steuerbescheid Änderung: Schreibfehler und Rechenfehler

Nach § 173a AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreibfehler oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat. Die Fehler müssen mithin nicht offenkundig sein.

§ 173a AO betrifft daher vor allem Fälle, in denen der Steuerpflichtige sich in Nebenrechnungen zur elektronischen Steuererklärung, die er dem Finanzamt nicht übersandt hat, verrechnet. Führen bei der Erstellung der Steuererklärung unterlaufene Schreib- oder Rechenfehler dazu, dass der Steuerpflichtige der Finanzbehörde unrichtige rechtserhebliche Tatsachen mitteilt, ist der fehlerhafte Steuerbescheid nach § 173a AO (unabhängig von den Voraussetzungen des § 173 AO) aufzuheben oder zu ändern. 

Fehler oder Unvollständigkeiten im Rahmen der Datenübertragung an das Finanzamt sind hingegen von der Korrekturvorschrift nicht umfasst. Auch das bloße Vergessen eines Übertrags selbst ermittelter Besteuerungsgrundlagen in der Steuererklärung ist kein Schreibfehler oder Rechenfehler im Sinne des § 173a AO. Letzterer Fehler, führt zu einer Korrektur nach § 173 AO.

6. Widerstreitende Steuerfestsetzungen

Nach § 174 Absatz 1 AO kann die Finanzbehörde einen Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen bei Mehrfachberücksichtigung eines Sachverhalts ändern.

Eine klassische Mehrfachberücksichtigung liegt beispielsweise vor, wenn der Sachverhalt bei mehreren sich gegenseitig ausschließenden Steuerarten, Bewertungsarten oder anderen Objekten zugeordnet wird. Beispielsweise kann eine Zuwendung bei demselben Steuerpflichtigen sowohl bei der Einkommensteuer als auch der Erbschaftsteuer unterworfen worden sein. Entsprechendes gilt auch, wenn der Sachverhalt in mehreren Perioden berücksichtigt wurde. Kein Fall des § 174 Absatz 1 AO ist hingegen, die doppelte Erfassung einer Einnahme im Einkommensteuerbescheid.

Daneben kann der Sachverhalt auch bei mehreren Steuerpflichtigen zugeordnet sein, obwohl nur ein Steuerschuldner in Betracht kommt. Denselben Steuerpflichtigen können aber auch mehrere Finanzämter in Anspruch genommen haben.

Die Korrektur zugunsten des Steuerpflichtigen erfolgt auf Antrag. Zulasten des Steuerpflichtigen hingegen ist der Steuerbescheid von Amts wegen zu korrigieren. Jedoch ist dies nur möglich, wenn die fehlerhafte Berücksichtigung des Sachverhalts auf einem Antrag oder einer Erklärung des Steuerpflichtigen beruht.

Zudem kann eine Steuerfestsetzung geändert werden, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden ist, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen ist und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Objektiv muss ein Alternativverhältnis zwischen den beiden Steuerbescheiden dagegen nicht vorliegen.

7. Änderung von Folgebescheiden

Nach § 175 Absatz 1 Nummer 1 AO ist ein Steuerbescheid oder Feststellungsbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit die Finanzbehörde einen Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für diesen Bescheid zukommt, erlässt, aufhebt oder ändert.

8. Steuerbescheid Änderung aufgrund rückwirkender Ereignisse

Nach § 175 Absatz 1 Nummer 2 AO ist ein Steuerbescheid zu korrigieren, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Dabei ist regelmäßig problematisch, was ein rückwirkendes Ereignis darstellt. Der Bescheid war zunächst rechtmäßig, wird aber mit Eintritt der Ereignisses rechtswidrig. Dazu muss eine Tatsache steuerliche Wirkung für die Vergangenheit haben. Fälle sind die der zivilrechtlichen Rückwirkung, sowie der auflösenden Bedingung, aber auch gerichtliche Entscheidungen.


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Die offene Handelsgesellschaft (OHG) ist eine Personengesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der – im Gegensatz zu der Kommanditgesellschaft (KG) – bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist (§ 105 Absatz 1 HGB). Bei der KG hingegen haftet der Kommanditist beschränkt für die Verbindlichkeiten der KG. In diesem Beitrag erklären wir, wie Sie eine OHG gründen, was passiert, wenn der Gesellschafterkreis wechselt und wie die Gesellschaft endet.

Unser Video: OHG einfach erklärt: Wesentliche Merkmale und Abgrenzung zur GbR

In diesem Video erklären wir, die OHG und ihre Vorteile und Nachteile.

Inhaltsverzeichnis


1. Grundlagen zur OHG

1.1. Ausgestaltung der OHG

Die OHG ist eine Personengesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der – im Gegensatz zur KG – bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist (§ 105 Absatz 1 HGB). Die OHG ist als Personengesellschaft keine juristische Person. Sie kann aber gemäß § 124 Absatz 1 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sowie vor Gericht klagen und verklagt werden. Daher ist die OHG eine teilrechtsfähige Personengesellschaft. Sie ist auch Trägerin eines vom Privatvermögen ihrer Gesellschafter zu trennenden Gesellschaftsvermögens. Dieses unterliegt der gesamthänderischen Bindung.

1.2. Abgrenzung offene Handelsgesellschaft zur GbR

In Abgrenzung zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) können die Gesellschafter also nicht jeden beliebigen Zweck im Sinne des § 705 BGB verfolgen, sondern müssen den Betrieb eines Handelsgewerbes beabsichtigen (§ 105 Absatz 1 HGB). Der Betrieb eines Handelsgewerbes unterscheidet daher die beiden Rechtsformen grundlegend von einander.

1.3. Abgrenzung offene Handelsgesellschaft zur Kapitalgesellschaft

Bei der OHG kann jeder Gesellschafter nur einen Gesellschaftsanteil an der OHG halten. Die Anteile der Gesellschafter sind daher immer gleich groß. Dies ist Ausprägung des für alle Personengesellschaften geltenden Grundsatzes der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft. Bei der Kapitalgesellschaft hingegen können die Anteile auch divergieren. In einem weiteren Beitrag, haben wir die Vorteile und Nachteile der OHG zu anderen Rechtsformen näher erklärt (OHG: Definition – Haftung – Vorteile – Nachteile).

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2. Offene Handelsgesellschaft gründen

2.1. Wirksamwerden der OHG

Bei der Gründung einer OHG ist kein förmliches Gründungsverfahren, wie bei einer Kapitalgesellschaft vorgesehen. Die OHG setzt zunächst, wie jede andere Gesellschaftsform auch, einen Vertrag voraus, durch den sich mehrere Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes zusammenschließen (§ 105 Absatz 2 HGB, §705 BGB), sogenannter Gesellschaftsvertrag.

Im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern untereinander entsteht die OHG damit in dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschaftsvertrag voll wirksam wird. Im Außenverhältnis zu Dritten tritt die Wirksamkeit der OHG mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (§ 123 Absatz 1 HGB) oder mit der Aufnahme der Geschäfte (§ 123 Absatz 2 HGB) ein. Bei letzterem wird die Gesellschaft im Außenverhältnis nur wirksam, wenn alle Gesellschafter dem Geschäftsbeginn ausdrücklich oder konkludent zugestimmt haben. Zudem muss die Gesellschaft dafür ein Handelsgewerbe mit kaufmännischen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 1 Absatz 1 HGB beitreiben, sogenannter Ist-Kaufmann.

Daher wirkt die Handelsregistereintragung bei einer OHG, die bereits durch die Geschäftsaufnahme aktiv ein Handelsgewerbe betreibt, deklaratorisch. Konstitutiv für die Wirksamkeit im Außenverhältnis wirkt sie hingegen, wenn noch kein Handelsgewerbe betrieben wird.

2.2. Der Gesellschaftsvertrag einer OHG

Der Gesellschaftsvertrag kann konkludent geschlossen werden. Für den Abschluss des Gesellschaftsvertrag sind die allgemeinen Regeln des Vertragsrechts maßgeblich. Für seine Wirksamkeit gelten insbesondere die Vorschriften des Allgemeinen Teil des BGB. Leidet der Gesellschaftsvertrag an einem Mangel so liegt eine fehlerhafte Gesellschaft vor, was zur Folge haben kann, dass eine Rückabwicklung der Gesellschaft nur für die Zukunft (ex nunc) in Betracht kommt.

2.3. Gemeinsamer Zweck

Die OHG muss, wie jede andere Gesellschaft ein gemeinsamen Zweck verfolgen. Bei der OHG ist dieser aber auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet. Insofern ist ein Gewerbe jede selbstständige, planmäßige, nach außen in Erscheinung tretende, erlaubte, auf Dauer ausgeübte und auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete Tätigkeit unter Ausschluss der freien Berufe. Nach § 1 Absatz 2 HGB ist jedes Gewerbe zugleich Handelsgewerbe, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb nicht erfordert.

3. Wechsel im Gesellschafterbestand

Die offene Handelsgesellschaft hängt in ihrer Existenz nicht von dem personellen Fortbestand des ursprünglichen Gesellschafterstammes ab. Der Kreis der Gesellschafter kann sich daher im Laufe der Zeit verändern. Bisherige Gesellschafter können aus der OHG ausscheiden, neue Gesellschafter eintreten oder Gesellschaftsanteile rechtsgeschäftlich übertragen oder auch vererbt werden.

3.1. Ausscheiden von Gesellschaftern

Der Gesetzgeber hat den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft gesetzlich geregelt. Ausscheidensgründe sind in dem § 131 Absatz 3 HGB geregelt.

3.1.1. Tod eines Gesellschafters

Demnach endet die Gesellschafterstellung grundsätzlich mit dem Tod des Gesellschafters. Eine Fortführung mit den Erben als Gesellschafter findet also nicht statt. Jedoch treten die Erben als Erbengemeinschaft in die Rechtsposition des ausgeschiedenen Erblassers ein und betreiben die Auseinandersetzung mit den übrigen Gesellschaftern. Dabei haben sie einen Anspruch auf das Abfindungsguthaben (§ 738 BGB, § 105 Absatz 3 HGB). Der Anteil des Verstorbenen hingegen wächst den übrigen Gesellschaftern zu.

Regelmäßig sind in dem Gesellschaftsvertrag aber Bestimmungen dazu getroffen, was im Fall des Todes eines Gesellschafters geschieht und die gesetzliche Regelung abgedungen. In Betracht kommen insbesondere Vereinbarungen einer Fortsetzung der Gesellschaft mit allen (einfache Nachfolgeklausel) beziehungsweise mit bestimmten Erben (qualifizierte Nachfolgeklausel).

Zudem lässt sich den Erben auch das Recht einräumen, die Aufnahme in die Gesellschaft zu verlangen. Für diesen Fall enthält § 139 HGB eine Sonderregelung. Dadurch soll verhindert werden, dass den Gesellschaftern die unbeschränkte persönliche Haftung des § 128 HGB aufgezwungen wird. Die Erben können ihren Verbleib in der Gesellschaft davon abhängig machen, dass ihnen unter Belassung ihres bisherigen Gewinnanteils die Stellung von Kommanditisten eingeräumt und der auf sie entfallende Teil der Einlage des Erblassers als Kommanditeinlage anerkannt wird. Dann wird die OHG aber zu einer KG. Lehnen die übrigen Gesellschafter den Antrag des Erben ab, ist der Erbe berechtigt, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft zu erklären.

Zu den unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters haben wir einen eigenen Beitrag (Tod eines Gesellschafters: Auflösung oder Fortbestand der Gesellschaft? Fortsetzungsklauseln – So regeln Sie die Nachfolge) veröffentlicht.

3.1.2. Insolvenzverfahren

Zudem scheidet der Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gesellschafters eröffnet wurde. Das Abfindungsguthaben des Gesellschafters fällt dann zugunsten seiner Gläubiger in die Insolvenzmasse.

Mitunternehmerschaften: Besteuerung von GbR, OHG, KG und GmbH & Co. KG

In diesem Video erklären wir, wie Personengesellschaften besteuert werden.

3.1.3. Kündigung durch den Gesellschafter

Der Gesellschafter kann seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft auch kündigen und so aus der Gesellschaft ausscheiden. Ein Kündigungsrecht gibt es im Falle der außerordentlichen und ordentlichen Kündigung.

Eine ordentliche Kündigung kann, wenn im Gesellschaftsvertrag keine besonderen Regelungen getroffen worden sind, gemäß § 132 HGB ohne besonderen Grund erklärt werden. Die Kündigungsfrist beträgt bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft sechs Monate zum Schluss des Geschäftsjahres.

Die Möglichkeit, außerordentlich, aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuscheiden, gehört zu den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts. Deswegen besteht das Recht als ultima ratio, wenn die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses für den betroffenen Gesellschafter unzumutbar ist.

Auch ein Privatgläubiger eines Gesellschafters kann die Gesellschafterstellung gemäß § 135 HGB kündigen. Ziel dessen ist es, sich aus dem Abfindungsguthaben des ausscheidenden Gesellschafters zu befriedigen. Daher setzt die Kündigung voraus, dass der Gläubiger nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters die Pfändung und Überweisung des diesem Gesellschafter bei dessen Ausscheiden zustehenden Abfindungsanspruchs erwirkt hat. Das Kündigungsrecht kann zudem zum Schutz der Gläubiger im Gesellschaftsvertrag nicht beschränkt werden.

3.1.4. Beschluss der Gesellschafter

Weiterhin kann es auch durch Beschluss der Gesellschafter zum Ausscheiden eines Gesellschafters kommen. Dieser Beschluss setzt grundsätzlich Einstimmigkeit voraus. Ein Ausschluss gegen den Willen des Betroffenen ist grundsätzlich nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch Ausschließungsklage nach § 140 HGB möglich. Jedoch kann auch eine zwangsweise Ausschließung des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Diese Hinauskündigungsklausel darf aber nicht willkürlich in das Ermessen der übrigen Gesellschafter gestellt werden.

Weitere Ausscheidensgründe können im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Dabei kann es sich etwa um das Erreichen einer bestimmten  Altersgrenze, die Unfähigkeit zur weiteren Mitarbeit in der Gesellschaft oder die Heirat ohne Vereinbarung von Gütertrennung handeln. Eine privatautonome Regelung muss aber entweder durch einen aus dem Gesellschaftsverhältnis ableitbaren sachlichen Grund gerechtfertigt sein oder an einen automatisch eintretenden Ausscheidensgrund anknüpfen, wie etwa das Lebensalter.

3.2. Eintritt von Gesellschafter in die offene Handelsgesellschaft

In die OHG können neue Gesellschafter eintreten. Voraussetzung dafür ist der Abschluss eines Aufnahmevertrags zwischen dem Eintretenden und allen bisherigen Gesellschaftern. Im Innenverhältnis führt dies dazu, dass alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichte erworben werden. Im Verhältnis zu Dritten wird der Eintritt mit Eintragung des neunen Gesellschafters in das Handelsregister oder mit Fortführung der Geschäfte mit Zustimmung des neuen Gesellschafters wirksam. Gleichzeitig tritt die akzessorische Haftung nach §128 HGB ein, die sich gemäß §130 HGB auch auf die Altverbindlichkeiten der Gesellschaft erstreckt. Hieraus können sich für einen neu eintretenden Gesellschafter vor allem bei Vorhandensein ihm bislang unbekannter Altverbindlichkeiten erhebliche Haftungsrisiken ergeben.

3.3. Rechtsgeschäftliche Übertragung der Mitgliedschaft

Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters kann auch zugleich mit dem Ausscheiden eines bisherigen Gesellschafters erfolgen. Dies kann zum einen durch die Kombination von Austritt und Eintritt der Betroffenen erfolgen. Dann liegt keinen Rechtsnachfolge vor. Zu einer solchen kommt es aber, wenn der Gesellschafter seinen Anteil unmittelbar durch Rechtsgeschäft an den Eintretenden überträgt. Die Übertragung ist an die Zustimmung aller Gesellschafter gebunden. Diese kann aber auch vorab im Gesellschaftsvertrag erteilt werden. Auch in diesem Fall besteht die Haftung des Ausscheidenden gemäß § 160 HGB fort. Zudem muss der Eintretende gemäß § 130 HGB für die Altverbindlichkeiten der OHG einstehen.

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4. Offene Handelsgesellschaft beenden

Die OHG kann beendet werden. Dabei ist zwischen den Phasen der Auflösung, Auseinandersetzung und Vollbeendigung zu unterscheiden.

4.1. Offene Handelsgesellschaft auflösen

Bei der Auflösung bleibt die offene Handelsgesellschaft zunächst bestehen. Allein der Gesellschaftszweck ändert sich von einer werbenden Tätigkeit hin zu einem auf Auseinandersetzung gerichteten Gesellschaftszweck. Allerdings können die Ansprüche einzelner Gesellschafter gegen die Gesellschaft oder Mitgesellschafter nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden. Sie werden vielmehr nur noch als Rechnungsposten im Rahmen der Auseinandersetzung berücksichtigt. Die Auseinandersetzung zielt auf Aufhebung der Gesamthandsgemeinschaft und Verteilung des Gesellschaftsvermögens, soweit es nicht zur Befriedigung der Gläubiger verwendet wird.

Um die OHG vor der Zerschlagung zu retten, ist eine Auflösung nur eingeschränkt möglich. Die Auflösungsgründe sind in dem § 131 HGB geregelt und können aber im Gesellschaftsvertrag erweitert werden. Möglich ist die Auflösung einer auf Zeit eingegangenen OHG mit Zeitablauf. Zudem ist die Auflösung durch Beschluss der Gesellschafter möglich. Dieser ist grundsätzlich einstimmig zufassen. Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der OHG hat die Auflösung der OHG zur Folge. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann die Gesellschaft unter den Voraussetzungen des § 144 HGB fortgesetzt werden. Zudem ist die Auflösung der OHG durch gerichtliche Entscheidung nach Erhebung einer Auflösungsklage möglich. Das Erfordernis eines Urteils, soll Klarheit im Hinblick auf den Auflösungszeitpunkt schaffen.

4.2. Auseinandersetzung

Die Auseinandersetzung erfolgt im Wege der Liquidation (§§ 145 ff. HGB), soweit der Gesellschaftsvertrag keine andere Form der Auseinandersetzung vorsieht. Ziel der Liquidation ist es, das Gesellschaftsvermögen zu Geld zu machen. Aufgabe der Liquidatoren ist es daher laufende Geschäfte der Gesellschaft zu beenden, Forderungen einzuziehen, übriges Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen. Liquidatoren sind grundsätzlich die Gesellschafter der OHG. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung aller Gläubiger nicht aus, sind die Gesellschafter verpflichtet, Nachzahlungen zu erbringen. Das nach Berichtigung der Schulden verbleibende Vermögen ist nach dem Verhältnis der Kapitalanteile auf die Gesellschafter zu verteilen.

Um jedoch eine Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern sind anstelle der Liquidation im Gesellschaftsvertrag regelmäßig die Übernahme des Unternehmens durch einen Gesellschafter bei gleichzeitiger Abfindung der übrigen oder die Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten vorgesehen. Bis zum Abschluss der Auseinandersetzung haben die Gesellschafter die Möglichkeit, mit Wirkung ex nunc die Fortsetzung der Gesellschaft zu beschließen und die Geschäfte weiter zu führen.

Der Abschluss der Auseinandersetzung also, wenn das Aktivvermögen vollständig verteilt ist, führt zur Vollbeendigung der Gesellschaft, so dass die Existenz der OHG als Rechtsträger endet. Die Haftung der Gesellschafter gemäß § 128 HGB besteht jedoch trotz Beendigung der Gesellschaft fort.


Steuerberater und Rechtsanwälte für Unternehmen

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung für Unternehmen spezialisiert. Bei dem Entwickeln der optimalen Gesellschaftsstruktur schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

Personengesellschaften

  1. Besteuerung von Personengesellschaften nach dem Transparenzprinzip
  2. Abgrenzung der GbR zur Bruchteilsgemeinschaft
  3. Haftung der Personengesellschafter
  4. Geschäftsführung bei den Personengesellschaften (GbR)
  5. Stille Beteiligungen
  6. Doppelstöckige Mitunternehmerschaften

Kapitalgesellschaften

  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
  3. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
  4. Steueroptimierung bei Gewinnausschüttungen (Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren)

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Gesellschafterbeschlüsse kommen regelmäßig fehlerhaft zustande. Dennoch sind sie grundsätzlich wirksam, wenn sie nicht ausnahmsweise nichtig sind. Den Gesellschaftern steht dann lediglich ein Anfechtungsrecht zur Verfügung. Was Gesellschafter bei der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses beachten müssen erklären wir im Folgenden. 

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Beratung von GmbH-Gesellschaftern spezialisiert. Dabei beraten wir unsere Mandanten zur Reduktion der Steuerlast aber auch zu gesellschaftsrechtlichen Themen. Aufgrund der aktuellen Resonanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema

GmbH-Gesellschafter: Geschäftsführergehalt oder Gewinnausschüttung?
13. Januar 2022 Fremdgeschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer? Steuerrechtliche/ arbeitsrechtliche/ versicherungsrechtliche Beurteilung
20. Mai 2022 Gesellschafterliste bei der GmbH und ihre Legitimationswirkung (§ 16 GmbHG)
07. September 2022 So bringen Sie das Stammkapital bei der Gründung einer GmbH richtig ein
13. Mai 2023 Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen bei der GmbH (dieser Beitrag)

Unser Video: Die richtige Strategie für Gewinnausschüttungen beim GmbH-Gesellschafter

Wir erklären, welche die richtige Strategie für Gewinnausschüttungen beim GmbH-Gesellschafter ist.

Inhaltsverzeichnis


1. Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses

Durch die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses wird dieser durch das stattgebende Anfechtungsurteil rückwirkend vernichtet. Die Anfechtung eines Beschlusses ist für die Aktiengesellschaft (AG) in § 248 AktG geregelt. Auf die GmbH werden diese Regelungen grundsätzlich analog angewandt. Der Abstimmungsvorgang bei der GmbH soll aber nicht den gleichen hohen Anforderungen für die Organisation unterliegen, wie der bei der Aktiengesellschaft. Da die Organisation und das Verfahren daher nicht so streng geregelt sind, ist die Anfechtungsklage seltener begründet. Die Anfechtung unterliegt engeren Voraussetzungen. Die Regelungen zur AG werden daher modifiziert.

2. Voraussetzung der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses

2.1. Fehler, die zur Anfechtung berechtigen

Die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses der GmbH unterliegt strengen Voraussetzungen. Der Gesellschafter muss zunächst anfechtungsbefugt sein. Es können alle Mängel des Beschlusses, die nicht schon zur Nichtigkeit des Beschlusses geführt haben, zur Anfechtung berechtigen. Dazu zählen daher inhaltliche oder verfahrensmäßige Verstöße gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag. Es können daher auch Verstöße gegen die guten Sitten, das Gleichbehandlungsgebot oder die Bindung an den Gesellschaftszweck gerügt werden. Schwerwiegende Fehler führen zur Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses. Sie müssen deswegen nicht mehr angefochten werden, sondern sind sofort unwirksam.

Nach § 255 Absatz 2 AktG ist auch ein Beschluss über effektive Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss bei unangemessen niedrigen Ausgabebeträgen oder Mindestbeträgen anfechtbar. Diese Regelung ist entsprechend auf die GmbH anwendbar. Die Anfechtung der Feststellung des Jahresabschlusses ist in der GmbH unbeschränkt möglich. Die aktienrechtliche Einschränkung in § 257 Absatz 1 Satz 2 AktG ist mangels vergleichbarer Kompetenzverteilung der Organe nicht auf die GmbH übertragbar. Typische Fehler sind dabei Unterbewertungen und die Unterlassung gebotener Rückstellungen und die Überschreitung von Bewertungsspielräumen.

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2.2. Verfahrensmängel

Verfahrensmängel müssen für das Beschlussergebnis von Relevanz sein, damit die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses in Betracht kommt. Es wird grundsätzlich danach gefragt, ob die Verletzung von Verfahrensvorschriften bei einer idealtypischen Betrachtung des Abstimmungsvorgangs zu einem ausreichend schweren Legitimationsdefizit geführt hat. Entscheidend ist demnach, ob es – bei wertender Betrachtungsweise – möglich oder ausgeschlossen ist, dass sich der Verfahrensfehler auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat. Praktisch regelmäßig auftretender Verfahrensmangel ist die fehlende oder fehlerhafte Information und die Verletzung des Auskunftsrechts des Gesellschafters. Daher ist der Gesellschafterbeschluss in diesem Fall anfechtbar, wenn die Informationen für einen objektiv urteilenden Durchschnittsgesellschafter erforderlich war. Es kommt also darauf an, ob der begangene Verfahrensmangel die Informationsinteresse oder Partizipationsinteressen der Teilnahmeberechtigten und Abstimmungsberechtigten berührt. Immer, wenn der Verfahrensfehler zur Folge hatte, dass sich nicht mehr alle Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft sachgemäß beteiligen konnten, ist Anfechtbarkeit gegeben.

Zu Verfahrensmängeln zählen auch einfache Einberufungsfehler. Dazu zählt beispielsweise die Verletzung der gesetzlichen Ladungsfrist oder die Ladung an unzumutbaren Orten oder zu unzumutbaren Zeiten. Zu Verfahrensfehlern bei der Durchführung gehören beispielsweise die Verletzung des Teilnahmerechts und Rederechts, das Abweichen von der Tagesordnung oder das unzulässige Beeinflussen der Stimmabgabe. Fehler bei der Beschlussfassung zum Beispiel die Nichtzählung wirksamer oder Mitzählung unwirksamer Stimmen können nur mittels Anfechtungsklage geltend gemacht werden.

2.3. Anforderungen an den Gesellschafter

Er darf seine Anfechtungsbefugnis zudem nicht verloren haben. Dies geschieht regelmäßig durch die unterstützende Abstimmung. Es wäre treuwidrig dem Gesellschafter in diesem Fall noch ein Anfechtungsrecht zuzustehen. Ferner muss es zu einer Rechtsverletzung des Gesellschafters gekommen sein und er darf nicht auf die Rüge verzichtet haben. Zuletzt muss die Klage innerhalb der Klagefrist eingereicht sein. Ein Widerspruch zu Protokoll während der Beschlussfassung ist bei der GmbH anders bei der AG nicht Voraussetzung.

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3. Problematische Fälle der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses

3.1. Rüge der Verletzung von Partizipationsrechten eines Mitgesellschafters

Problematisch ist insbesondere, wenn ein mangelhaft geladener Gesellschafter die Verletzung von Partizipationsrechten eines Mitgesellschafters rügt. Dann könnten die anderen Gesellschafter in ihrem Recht auf Diskussion und Aussprache auch mit dem rechtswidrig ausgeschlossen Gesellschafter verletzt sein. In der Rechtsprechung ist aber nicht geklärt, inwiefern fremde Rechtsverletzungen und Folgemängel gerügt werden können. Nach der neueren Rechtsprechung ist der Gesellschafter dann nicht anfechtungsbefugt.

3.2. Fragerecht als kollektives Recht?

Ferner ist umstritten, ob das Fragerecht des Gesellschafters ausschließlich einen individuellen Charakter hat oder ob es auch der kollektiven Willensbildung der Gesellschafterversammlung dient.

Ein Aktionär muss nämlich Fragen in der Hauptversammlung stellen, womit das Fragerecht kollektiven Einschlag erhält. Die Hauptversammlung kann dann die Frage wahrnehmen. Das kann Einfluss auf die Willensbildung haben. Bei der AG wird deshalb vertreten, dass eine Aktionärsfrage auch dann zu beantworten ist, wenn der fragende Aktionär die Versammlung verlassen hat (worin eine konkludente Rücknahme der Frage gesehen wird), solange nicht die Hauptversammlung darauf hingewiesen wurde, dass eine solche Rücknahme erklärt wurde. Denn erst der Hinweis ermöglicht den anderen Aktionären sich Frage zu eigen zu machen. Erst dann soll die Heilung des Anfechtungsmangels eintreten. Vorsorglich sollten sich die anderen Aktionäre die Frage daher aber in einem solchen Fall immer zu eigen machen.

3.3. Vorsorgliche Rüge von Informationsmängeln

In der Praxis sollten Sie zudem Informationsmängel vorsorglich rügen. Grund dafür ist, dass bei der AG der Gesellschafter sein Anfechtungsrecht verwirkt haben soll, wenn zahlreiche Fragen gestellt wurden, so dass es naheliegend ist, dass seine Frage bloß untergegangen ist. Entsprechendes gilt auch, wenn der Vorstand oder der Versammlungsleiter ausdrücklich nachfragt, ob Fragen noch nicht beantwortet sind und der Gesellschafter die fehlende Aufklärung nicht rügt.

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4. Ausschluss der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses

Die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses kann ausgeschlossen sein. Das ist aber nur für Verstöße gegen dispositives Gesetzesrecht möglich. Zudem können Regelungen in der Satzung zu bloßen Ordnungsvorschriften erklärt werden die nicht zur Anfechtung berechtigen.

5. Rechtsfolgen der Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses

Ist ein Gesellschafterbeschluss lediglich anfechtbar, so ist er rechtlich wirksam und deshalb bis zur Nichtigerklärung durch richterliches Gestaltungsurteil als gültig zu behandeln.

Für den Vollzug des Gesellschafterbeschlusses durch die Geschäftsführer kann aber nicht nur die erhobene Anfechtungsklage, sondern bereits die Anfechtbarkeit als solche – sofern mit der Anfechtung zu rechnen ist – ein Hindernis darstellen, welches nach pflichtgemäßen Ermessen zu beurteilen ist.

Das Registergericht muss nicht angefochtene Beschlüsse grundsätzlich eintragen. Angefochtene Gesellschafterbeschlüsse dürfen hingegen nur nach pflichtgemäßen Ermessen hinsichtlich der vom Registerrichter eigenverantwortlich zu prüfende Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage eingetragen werden. Wenn die Erfolgsaussichten nur schwer zu beurteilen sind, so kann das Registergericht die Eintragung aussetzen. Dasselbe gilt wenn nicht der Beschluss als solcher, sondern seine Rechtsfolgen einzutragen sind. Dazu gehört beispielsweise die Bestellung oder Abberufung eines Geschäftsführers.


Rechtsanwälte und Steuerberater für Gesellschafter einer GmbH

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Beratung von Gesellschaftern einer GmbH spezialisiert. Dabei beraten wir nicht nur zu steuerlichen Themen sondern auch zur Verwirklichung ihrer Teilnahmerechte in der Gesellschaft. Dazu schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

GmbH – Besteuerung

  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
  3. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
  4. Steueroptimierung bei Gewinnausschüttungen (Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren)
  5. Steuervorteile der Immobilien-GmbH
  6. Vermeidung von Betriebsaufspaltungen
  7. Strategische Beratung bei Kapitalgesellschaften (Erwerb eigener Anteile, disquotale Gewinnausschüttung, Organschaft, Holdingstrukturen)

GmbH – Gesellschafter

  1. Durchgriffshaftung auf den Gesellschafter
  2. Erstattungspflicht der Gesellschafter bei unzulässigen Auszahlungen aus der GmbH
  3. Wettbewerbsverbot
  4. Ausschluss eines Gesellschafters
  5. Bedeutung des Wegzugs eines Gesellschafters
  6. Abfindung des Gesellschafters richtig regeln

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Beim Unternehmenskauf müssen Sie sich auch darüber Gedanken machen, wie Sie für die Altverbindlichkeiten des Unternehmens haften. Deswegen erklären wir, wann und in welchem Umfang Sie haften.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Beratung für Unternehmen spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle auch zum Kauf eines Unternehmens aus. Aufgrund der aktuellen Resonanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
07. November 2019 GmbH kaufen: Steuern sparen beim Asset-Deal und Share-Deal
14. August 2020 Der Unternehmenskaufvertrag – Inhalte eines Share-Deals
23. April 2021 Firmenanteile kaufen – Kaufpreis in Ergänzungsbilanz abschreiben
07. Dezember 2022 Steuerklauseln beim GmbH Kauf: Regelungen zur Betriebsprüfung
17. Februar 2019 GmbH-Verlustvorträge kaufen: 6 neue Strategien zur Verlustnutzung

Unser Video: Unternehmenskauf finanzieren und trotz Share Deal Steuern sparen – So geht’s

In diesem Video erklären wir, wie Sie Ihren Unternehmenskauf finanzieren können.

Inhaltsverzeichnis


1. Unternehmenskauf beim Einzelunternehmen

1.1. Problem der Haftung beim Einzelunternehmen

Schließt der Einzelunternehmer ein Geschäft im Namen seines Unternehmens ab, so ist nicht das Unternehmen der Geschäftspartner geworden. Vielmehr ist der Inhaber persönlich berechtigt und verpflichtet. Anders ist das lediglich bei den Handelsgesellschaften und juristischen Personen. Diese sind rechtsfähig und können daher Träger von Rechten und Pflichten sein.

Der Handelsverkehr geht allerdings davon aus, dass Gläubiger von Geschäftsverbindlichkeiten diese grundsätzlich gegen das Unternehmen als solches geltend machen können. Dabei ist ihnen gleichgültig, wer der jeweilige Inhaber ist. Aufgrund dieser Verkehrsanschauung gibt es die Regelungen in den §§ 25, 27, 28 HGB. Danach gehen unter den dortigen Voraussetzungen Verbindlichkeiten auf den neuen Unternehmensinhaber über. Das Gesetz trifft dabei eine Unterscheidung zwischen drei Fällen: Dem Inhaberwechsel kraft Rechtsgeschäft (§ 25 HGB), dem Inhaberwechsel durch Erbfolge (§ 27 HGB) und dem Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmannes (§ 28 HGB).

1.2. Haftungsregel beim Unternehmenskauf: § 25 Absatz 1 Satz 1 HGB

Gemäß § 25 Absatz 1 Satz 1 HGB haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für die Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, wenn er das Geschäft unter der bisherigen Firma fortführt. Dabei handelt es sich um einen gesetzlichen Schuldbeitritt. Die Haftung des früheren Inhabers bleibt deswegen unberührt. Jedoch haftet dieser gemäß § 26 HGB grundsätzliche nur fünf Jahre.

2. Unternehmenskauf: Firmenfortführung durch den Erwerber

Gemäß § 25 Absatz 1 Satz 1 HGB haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für die Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, wenn er das Geschäft unter der bisherigen Firma fortführt. Die Norm betrifft damit die Frage, von wem der Gläubiger einer Forderung gegen das Handelsgeschäft im Fall der Übernahme durch einen Dritten die Leistung verlangen kann.

Voraussetzung dafür ist, dass ein Handelsgeschäft unter Lebenden erworben wird und unter der bisherigen Firma fortgeführt wird. Zudem darf die Haftung des Erwerbers nicht ausgeschlossen sein.

Liegen die Voraussetzungen des § 25 HGB nicht vor beispielsweise, weil der Betrieb nicht fortgeführt wird, kann der Anschein der Fortführung eines fast namensgleichen Unternehmens aber auch eine Haftung nach den allgemeinen Rechtsscheinsregeln begründen.

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2.1. Handelsgeschäft

Nach dem Wortlaut des § 25 HGB muss der erworbene Betrieb ein Handelsgeschäft sein. Auf einen nichtkaufmännischen Betrieb kann die Norm nicht angewandt werden, weil bei diesem kein Haftungsausschluss nach § 25 Absatz 2 HGB in das Handelsregister eingetragen werden kann. Der nichtkaufmännische Unternehmer würde ansonsten verschärfter haften, als der kaufmännische Unternehmer.

2.2. Erwerb unter Lebenden

Ein Erwerb unter Lebenden liegt vor, wenn der Rechtsträger wechselt. Die bloße Umbenennung eines Unternehmens führt nicht zur Anwendung des § 25 Absatz 1 HGB. Bei einer solchen Firmenänderung besteht die Haftung für Altschulden ohnehin, weil sich der Rechtsträger nicht ändert.

Jedoch reicht für den Erwerb jeder rein tatsächliche Erwerb aus. Daher ist kein dinglicher Erwerb und kein wirksamer schuldrechtlicher Vertrag erforderlich. Es reicht folglich, wenn ein zeitlich beschränkter Erwerb, wie Pacht oder Nießbrauch vorliegt. Grund dafür ist, dass die Haftung entscheidend auf der Fortführung des Unternehmens beruht.

Beim Erwerb des Handelsgeschäfts im Insolvenzverfahren greift die Haftungsvorschrift des § 25 Absatz 1 HGB hingegen nicht ein. Dann sollen sich die Insolvenzgläubiger nur aus der vom Erwerber erbrachten Gegenleistung befriedigen, nicht aber durch Rückgriff auf das sonstige Vermögen des Erwerbers.

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2.3. Fortführung des Handelsgeschäfts nach dem Unternehmenskauf

Der Erwerber muss das Geschäft fortführen und die Firma beibehalten.

Das Handelsgeschäft ist fortgeführt, wenn zumindest der, den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern desselben übernommen wird. Dadurch muss sich der nach außen für den Rechtsverkehr in Erscheinung tretende Tatbestand als Weiterführung des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellen. Daher greift die Haftung auch, wenn nur einzelne Vermögensbestandteile oder Betätigungsfelder von der Übernahme ausgeschlossen werden, solange nur der wesentliche Kern übernommen wird. Im Einzelfall ist folglich genau zu prüfen, welcher Teil den wesentlichen Kern ausmacht.

2.4. Zudem: Fortführung der bisherigen Firma

Zudem muss das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt werden. Jedoch ist dabei eine wortgetreue und buchstabengetreue Übereinstimmung zwischen alter und neuer Firma nicht erforderlich. Entscheidend ist allein, ob der Geschäftsverkehr die neue Firma noch mit der alten identifiziert. Es genügt daher, dass der Kern der Firma und die prägenden Zusätze übernommen werden.

Bei der Beurteilung, ob der prägende Zusatz übernommen wurde, gibt es gewisse Leitlinien. Ein Familienname gehört regelmäßig zum Firmenkern oder ist zumindest ein prägender Zusatz. Führt ein Einzelkaufmann neben seinem Familiennamen auch seinen Vornamen als Firmenbestandteil, so sind beide Bestandteile gleichermaßen prägend. Wird im Zuge einer Übertragung zwar der Nachnahme beibehalten, aber der Vorname ausgetauscht, liegt in der Regel eine derart gravierende Veränderung vor, dass der Geschäftsverkehr von einem gänzlich anderen Unternehmensträger ausgehen muss. Jedoch stellt die Änderung des Rechtsformzusatzes beispielsweise von „e.K.“(eingetragener Kaufmann) zu „GmbH“ keine gravierende Änderung der Firma dar. Denn der Rechtsverkehr sieht die Unternehmen als identisch an, auch wenn der Rechtsträger gewechselt hat.

Entscheidend ist zudem allein die tatsächliche Firmenfortführung. Daher ist es unerheblich, ob im Handelsregister eine andere Firma eingetragen wurde oder, ober die Fortführung im Innenverhältnis zum Veräußerer berechtigt ist, also dieser insbesondere gemäß § 22 HGB zugestimmt hat.

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2.5. Kein Haftungsausschluss

Erwerber und Veräußerer können die Haftung durch Vereinbarung ausschließen. Gegenüber Dritten wird diese Vereinbarung aber nur wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht worden ist oder dem Dritten vom Erwerber oder Veräußerer mitgeteilt worden ist. Dies müsste allerdings unverzüglich nach der Übergabe erfolgen, da der Übergang der Verbindlichkeiten und Forderungen kraft Gesetzes im Zeitpunkt des Geschäftsübergangs erfolgt. Die Eintragung des Haftungsausschlusses ist allerdings nur zulässig, wenn eine Haftung nach § 25 Absatz 1 HGB ernsthaft in Betracht kommt.

Ein nachträglicher Haftungsausschluss ist nicht möglich, außer er erfolgt unverzüglich nach der Geschäftsübernahme. Der neue Geschäftsinhaber kann sich auch nicht durch eine Anfechtung des Übernahmevertrags im Innenverhältnis lösen. § 25 HGB knüpft die Haftung allein an die tatsächliche Übernahme und Fortführung des Geschäfts samt der Firma an. Diese ist ein reiner Realakt und kann daher nicht angefochten werden. Die Anfechtung kommt nur für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen und rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen in Betracht.

3. Forderungsübergang beim Unternehmenskauf

Der neue Betriebsinhaber haftet aber nicht nur. Vielmehr gelten gemäß § 25 Absatz 1 Satz 2 HGB die im Betrieb begründeten Forderungen den Schuldnern gegenüber als auf den Erwerber übergegangen. Die Norm betrifft daher die Frage, an wen der Schuldner im Falle der Übernahme des Handelsgeschäfts durch einen Dritten leisten muss.

3.1. Fortführung der Betriebs und der Firma mit Zustimmung

Dazu muss wieder ein Handelsgeschäft unter Lebenden erworben werden und unter der bisherigen Firma fortgeführt werden. Jedoch muss auch die Einwilligung des bisherigen Inhabers in die Fortführung der Firma durch den Erwerber (§ 22 HGB) vorliegen. Anders als bei § 25 Absatz 1 Satz 1 HGB muss die Fortführung daher auch im Innenverhältnis des Erwerbes zum Veräußerer zulässig sein.

3.2. Forderungsübergang nicht ausgeschlossen

Die Forderung geht nach allgemeinen Regeln nicht über, wenn die Übertragung der Forderung durch Vereinbarung zwischen Veräußerer und dem Schuldner ausgeschlossen oder von dessen Zustimmung abhängig gemacht ist. Veräußerer und Schuldner müssten also ein Abtretungsverbot vereinbart haben. Grundsätzlich sind solche Abtretungsverbote gemäß § 399 Variante 2 BGB möglich. Jedoch kann eine Abtretung trotz der Vereinbarung des Abtretungsverbots gemäß § 354a Absatz 1 HGB wirksam sein. Danach kann eine Geldforderung, deren Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen worden ist, gleichwohl wirksam abgetreten werden, wenn das Rechtsgeschäft, das die Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft ist. Daher sind Abtretungsverbote unbeachtlich, wenn das zugrundeliegende Rechtsgeschäft für beide eine Handelsgeschäft (§ 343 HGB) ist, also beide Kaufmänner sind und die Vermutung des § 344 Absatz 1 HGB nicht widerlegt wurde.

Außerdem erfasst der Übergang nur solche Forderungen, die ohne Wahrung einer besonderen Form übertragen werden können und überhaupt übertragbar sind. Die Abtretungsvoraussetzungen müssen erfüllt sein, da die Fiktion der Abtretung nach § 25 Absatz 1 Satz 2 HGB nicht weitergehen kann als eine wirklich erfolgte Abtretung. Zudem darf auch zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber des Handelsgeschäfts keine abweichende Vereinbarung getroffen worden sein, welche im Handelsregister eingetragen oder dem Dritten vom Veräußerer oder Erwerber mitgeteilt ist (§ 25 Absatz 2 HGB).

Sind die Voraussetzungen des Forderungsübergangs erfüllt, so kann der ursprüngliche Betriebsinhaber die Forderung nicht mehr geltend machen.


Steuerberater für Unternehmen

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung für Unternehmen spezialisiert. Beim Unternehmenskauf schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

  1. Verkauf einer GmbH: Trotz Share Deal Steuern sparen; variablen Kaufpreis vereinbaren; Umsatzsteuerliche Bewertung des Anteilsverkaufs
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Seit dem 01. August 2022 ist es möglich, eine GmbH online zu gründen. Dazu gibt es ein Verfahren bei dem online Beurkundungen und Beglaubigungen durchgeführt werden. Zudem kann dieses Verfahren auch auf andere Vorgänge angewendet werden.  Wir erklären, wie dies funktioniert und was Sie dabei beachten sollten.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung für GmbHs spezialisiert. Dabei entwickeln wir für unsere Mandanten die optimale Gesellschaftsstruktur. Aufgrund der aktuellen Resonanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Unser Video:
GmbH gründen in Deutschland

In diesem Video erklären wir, wie Sie in Deutschland eine GmbH gründen und was Sie dabei zu beachten haben.

Inhaltsverzeichnis


1. GmbH online gründen: Hintergrund

Sie können nunmehr eine GmbH online gründen, da seit dem 01.08.2022 Willenserklärungen mittels Videokommunikation beurkundet werden können. Auch die Beglaubigung von qualifizierten elektronischen Signaturen ist online möglich. Die Beurkundung unterscheidet sich von der Beglaubigung dadurch, dass sie die offizielle Feststellung der Richtigkeit von Aussagen und Dokumenten betrifft. Dagegen betrifft die Beglaubigung die Feststellung der Richtigkeit von Unterschriften und Abschriften.

Der Anwendungsbereich dieses Online-Verfahrens bezieht sich überwiegend auf Anmeldungen zu öffentlichen Registern und auf die Gründung einer GmbH. Doch auch Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen sind nunmehr in diesem Verfahren möglich. Jedoch ist der Anwendungsbereich beschränkt. Wir erklären folgend inwieweit der Anwendungsbereich beschränkt ist.

Die Neuregelungen beruhen auf dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie. Dieses dient dem Zweck insbesondere die Gründung von Gesellschaften und das Treffen satzungsändernder Beschlüsse durch den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren zu vereinfachen. Dadurch soll insbesondere der Kostenaufwand und Zeitaufwand minimiert werden. Dennoch sollen auch die hohen Standards des notariellen Beurkundungsverfahren weiterhin gewährleistet sein.

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2. GmbH online gründen

2.1. Zuständigkeit der Bundesnotarkammer

Gemäß § 78p BNotO ist es Aufgabe der Bundesnotarkammer ein Videokommunikationssystem für Zwecke der Urkundstätigkeit zu betreiben. Daher ist ausschließlich die Bundesnotarkammer für das Verfahren zuständig. Diese ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts strukturiert und wird in Erfüllung ihrer Aufgabe als mittelbare Staatsverwaltung tätig. Daher ist eine Beurkundung über andere, von privaten Dritten zur Verfügung gestellte Videokommunikationssysteme nicht zulässig.

2.2. GmbH online gründen: Verfahren

Für die Beurkundung wird dann eine elektronische Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen. Die Niederschrift wird als rein elektronisches Dokument errichtet. Die Videokommunikation muss dabei eine persönliche Identifizierung und die Anbringung einer Signatur an das zu beurkundende Dokument gewährleisten. Einzelheiten regelt § 16c BeurkG und die näheren Bestimmungen über den technischen Betrieb des Videokommunikationssystems eine Rechtsverordnung.

3. Anwendungsbereich des Online-Beurkundungsverfahrens

3.1. GmbH online gründen

Der Anwendungsbereich mittels Video-Kommunikation ist derzeit begrenzt. Ein videobasiertes Beurkundungsverfahren durch den Notar kann gemäß § 16a Absatz 1 BeurkG nur erfolgen, soweit dies durch Gesetz zugelassen ist. Gleiches gilt gemäß § 40a Absatz 1 Satz 2 BeurkG auch für eine elektronische Signaturbeglaubigung.

Vorerst können Sie eine GmbH online gründen. Entsprechendes gilt auch für die UG. Dabei ist auch die Verwendung von Musterprotokollen zur Gründung einer GmbH in einem videobasierten Beurkundungsverfahren möglich. Es wurde sogar ein neues Musterprotokoll für die Online-Gründung eingeführt, welches nicht nur auf drei Gesellschafter und einen einzigen Geschäftsführer beschränkt ist.

Der Kostenvorteil bei der Gründung im vereinfachten Verfahren nach § 105 Absatz 6 GNotKG findet jedoch für dieses neue Musterprotokoll keine Anwendung, da die mögliche Zahl der Gesellschafter und Geschäftsführer über diejenige im Musterprotokoll für das vereinfachte Verfahren hinausgeht. Um von dem Kostenvorteil für die Gründung im vereinfachten Verfahren Gebrauch zu machen, kann aber unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 Absatz 1a GmbHG auf das vereinfachte Verfahren auch im Fall einer Online-Gründung zurückgegriffen werden.

3.2. GmbH online gründen mit Sachagio

Sie können auch eine GmbH online gründen mit Sachagio. Dann dürfen andere Formvorschriften nicht entgegenstehen. Zu solchen Vorschriften zählen beispielsweise die §§ 311b, 2033 BGB oder § 15 GmbH. Das heißt also die Übertragung eines Grundstücks, die Verfügung eines Miterbens übers seinen Nachlass oder die Abtretung eines Geschäftsanteils. Zudem können bei der Sachgründung beurkundungsbedürftige Erfüllungsgeschäfte nicht mit online beurkundet werden. Die Bargründung mit Sachagio ist zudem erst ab dem 01.08.2023 in diesem Verfahren möglich.

3.3. Einstimmig gefasste satzungsändernde Beschlüsse

Satzungsändernde Beschlüsse sind ab dem 01.08.2023 in den Anwendungsbereich des notariellen Online-Verfahrens einbezogen. Die Beurkundung mittels Videokommunikation ist jedoch nur zulässig, wenn die satzungsändernden Beschlüsse einstimmig gefasst werden. Wird dagegen der Beschluss als Mehrheitsentscheidung gegen eine Minderheit der Gesellschafter gefasst, so ist allein das Präsenzverfahren zulässig. Die Online-Beurkundung ist bei satzungsändernden Beschlüssen zudem nur zulässig, sofern andere Formvorschriften nicht entgegenstehen. Zu solchen zählt beispielsweise die Bestellung der Geschäftsführung.

3.4. Kapitalmaßnahmen und zusammenhängende Erklärungen

Der Beschluss über die Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung wird über die Änderung des Gesellschaftsvertrag gefasst. Der Notar kann den Vorgang der Beschlussfassung gemäß §§ 36, 37 BeurkG beurkunden (Tatsachenprotokoll). Eine Online-Beurkundung eines Beschlusses als Tatsachenprotokoll ist aber nicht möglich.

Unzweifelhaft kann die Beurkundung des Beschlusses aber auch nach den Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen gemäß § 8 BeurkG erfolgen. Bei dieser Verfahrensart ist dann die Beurkundung des Beschlusses über die Herabsetzung oder Erhöhung des Stammkapital und die Beurkundung oder Beglaubigung der Erklärung über die Übernahme eines Geschäftsanteils in einer Urkunde möglich. Erfolgt die Beschlussfassung einstimmig, kann ein solchermaßen gefasster Beschluss ab dem 01.08.2023 auch mittels Videokommunikation beurkundet werden.

Zur Vermeidung von Medienbrüchen bei einer Kapitalerhöhung stellt § 57 Absatz 3 Nummer 2 GmbHG klar, dass die Einreichung einer mit einer qualifizierten Signatur versehenen Übernehmerliste zulässig ist. Demnach ist für die Erklärung zur Übernahme eines Geschäftsanteils anlässlich von Kapitalerhöhungen ab 1.8.2023 gemäß § 55 Absatz 1 Satz 2 GmbHG ein Online-Verfahren zulässig.

3.5. Keine Zulässigkeit für andere GmbH-Vorgänge

Nicht möglich ist eine Online-Beurkundung beispielsweise für die Abtretung von Gesellschaftsanteilen einer GmbH sowie die diesbezügliche Verpflichtung hierzu. Erfolgt der Erwerb von Gesellschaftsanteilen im Wege der Kapitalerhöhung, so ist ein videobasiertes Beurkundungsverfahren jedoch zulässig. Für Umwandlungsvorgänge hingegen ist ein Online-Verfahren nicht vorgesehen, es ist weiterhin eine physische Präsenz der Beteiligten bei der Urkundsperson erforderlich.

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3.5. Kein Online-Verfahren für andere Rechtsformen und Beurkundungsfälle

Zudem sieht das Gesetz kein videobasiertes Beurkundungsverfahren für sonstige Rechtsformen vor. Daher ist dieses Verfahren bei Aktiengesellschaften und rechtsfähigen Personengesellschaften nicht möglich. Auch für andere Rechtsgebiete ist das Online-Verfahren nicht eröffnet. Dazu zählen beispielsweise Grundstückskaufverträge, Auflassungen, Eheverträge, notarielle Testamenterstellung oder andere Vorgänge.

4. Online Beglaubigungen bei einer GmbH/UG

4.1. GmbH online gründen: Gründungsvollmacht

Nach § 40 Absatz 1 Satz 2 BeurkG kann die Beglaubigung einer Signatur mittels Videokommunikation nur erfolgen, soweit dies durch Gesetz zugelassen ist. Die notarielle Beurkundung einer Gründungsvollmacht kann gemäß § 2 Absatz 2 Satz 2 GmbHG seit dem 01.08.2022 mittels Videokommunikation erfolgen.

4.2. Erklärung zur Übernahme eines GmbH-Geschäftsanteils

Die notarielle Beurkundung oder Beglaubigung der Erklärung zur Übernahme eines Geschäftsanteils anlässlich einer Kapitalerhöhung kann gemäß § 55 Absatz 1 Satz 2 GmbHG ab dem 1.08.2023 mittels Videokommunikation erfolgen.

4.3. Registeranmeldung

Es ist weiterhin möglich, die Registeranmeldung durch eine schriftliche Erklärung und Beglaubigung der Unterschrift vorzunehmen. Diese Urkunde mit dem Vermerk über die Unterschriftsbeglaubigung wird dann von dem Notar eingescannt. Durch den elektronischen Beglaubigungsvermerk und die abschließende eigenhändige Signatur beglaubigt der Notar die Übereinstimmung der Bilddatei mit der ihm vorliegenden beglaubigten Unterschrift gemäß § 39a BeurkG. Diese elektronische Beglaubigung genügt gemäß § 12 Absatz 2 Satz 2 HGB.

Es gibt zwei Verfahrensvarianten nach denen die Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur erfolgen kann. Dabei beglaubigt der Notar die Signatur der anmeldenden Person durch Anerkennung entweder in Gegenwart (sogenannte Präsenzbeglaubigung) oder mittels des von der Bundesnotarkammer nach § 78p BNotO betriebenen Videokommunikationssystems (Fernbeglaubigung).

Die Beglaubigung im Rahmen des Präsenzverfahrens wird so vorgenommen, dass das zu beglaubigende Dokument bereits mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist oder vor Ort versehen wird und diese sodann in Gegenwart des Notars anerkannt wird.

Bei der Fernbeglaubigung sind öffentliche Beglaubigung in bestimmten Fällen durch die neu geschaffene Variante der Videokonferenz ohne zwingende Präsenz zulässig. Durch die Möglichkeit der Signaturbeglaubigung mittels Videokommunikation entfällt die Notwendigkeit, bei einem Notar persönlich erscheinen zu müssen.

Das Online-Verfahren erfolgt über das von der Bundesnotarkammer betriebene Videokommunikationssystem. Der Notar bestätigt durch seinen Beglaubigungsvermerk nebst seiner elektronischen Signatur, dass die vor ihr mittels Videokommunikation erschiene Person und eindeutig identifizierte Person die auf ihren Namen lautende qualifizierte elektronische Signatur anerkannt hat. Dieses Verfahren gibt es bei allen Anmeldungen zum Handelsregister unabhängig von der Rechtsform, zum Partnerschaftsregister und zum Genossenschaftsregister

Ab dem 01.08.2023 kann die elektronische Signatur mittels Online-Verfahren dann auch für Anmeldungen zum Vereinsregister und ab dem 01.01.2024 für Anmeldungen zum Gesellschaftsregister für rechtsfähige GbRs genutzt werden.

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5. GmbH online gründen: Sonstige Hinweise

5.1. Einschränkung bei der freien Notarwahl

Anders als im analogen Verfahren kann man bei dem Online-Verfahren nicht jeden Notar wählen. Die Beteiligten müssen einen Notar aufsuchen, der seinen Amtsbereich am Sitz der juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft hat oder am Wohnsitz beziehungsweise Sitz eines organschaftlichen Vertreters der betroffenen juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft hat. Nicht entscheidend ist dabei jedoch, ob der organschaftliche Vertreter auch einzelvertretungsberechtigt ist. Bei Gesamtvertretung genügt daher der Anknüpfungspunk bereits bei einem der Gesamtvertreter, um den Amtsbereich für die Beglaubigung oder Beurkundung zu eröffnen. Mit dieser örtlichen Beschränkung der notariellen Zuständigkeit soll verhindert werden, dass eine zu starke überregionale Konzentration von Urkundstätigkeiten mittels Videokommunikation bei einzelnen Notaren eintritt.

5.2. Kosten

Das GNotKG stellt die Beurkundung in Form der elektronischen Niederschrift einer physischen Niederschrift kostenrechtlich gleich. Ebenfalls kommt es zu einer Gleichstellung der Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur mittels Videokommunikation gemäß § 40a BeurkG mit der Beglaubigung von Unterschriften und Handzeichen. Verteuerungen gegenüber der Präsenzbeurkundung oder Präsenzbeglaubigung ergeben sich, wenn Sie eine GmbH online gründen mit Ausnahme der Auslagenpauschale daher nicht.

§ 78q BNotO regelt die Finanzierung des Videokommunikationssystems durch Erhebung von Gebühren. Die Notare sind zur Zahlung der Gebühren gegenüber der Bundesnotarkammer als Betreiber des Videokommunikationssystems verpflichtet. Der Urkundsnotar kann die für die Inanspruchnahme des Videokommunikationssystems der Bundesnotarkammer erbrachten Urkundstätigkeiten gezahlten Gebühren auf die Beteiligten umlegen und zwar als Auslagen.

Erhoben werden fallbezogene Pauschalen von 25 € für das Beurkundungsverfahren und 8 € für die Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur. Nicht umlegen kann die Urkundsperson die in § 2 Absatz 1 NotViKo-GebS festgesetzte monatliche Grundgebühr.


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  1. Besteuerung von Personengesellschaften nach dem Transparenzprinzip
  2. Abgrenzung der GbR zur Bruchteilsgemeinschaft
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